Vilhelm Moberg - Der Roman von den Auswanderern. Eine schwedische Chronik

Es gibt 32 Antworten in diesem Thema, welches 10.573 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

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    Ich bin gerade total begeistert von diesem Buch. Die Auswanderer ist der erste von vier Teilen einer Chronik über eine schwedische Familie, die um 1850 herum nach Nordamerika auswandert. Im ersten Teil des Buches lernt man die Hauptpersonen kennen, taucht ein in schwedische Traditionen und das harte Leben der Bauern. Karl Oskar übernimmt den Hof des Vaters und alle Hände voll zu tun, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Nach seiner Heirat mit Kristina vergrößert sich die Familie innerhalb weniger Jahre um drei Kinder. Die Aussichten sind äußerst schlecht und da es Karl Oskar ohnehin nicht leicht fällt, sich unterzuordnen oder anzupassen, erscheint ihm die Hoffnung auf ertragreiches Eigentum in Amerika viel versprechend. Es finden sich noch einige Nachbarn aus seiner Gemeinde, die aus unterschiedlichsten Gründen der Heimat den Rücken kehren wollen. War das Leben schon hart und oft unmenschlich, so steigert sich die Dramatik noch während der Überfahrt auf einem Schiff, das manche Auswanderer nicht mehr lebend verlassen. Auch die Gruppe um Karl Oskar wird davon betroffen. Der Bericht über die Seereise nimmt einige Zeit in Anspruch und zeigt ohne Ausschmückung, wie grausam die Zustände an Bord waren, nicht nur in physischer, sondern auch in psychischer Hinsicht für Menschen, die vorher kaum jemals auch nur die Grenzen ihres Dorfes überschritten hatten.


    Mit einfachen Worten beschreibt Vilhelm Moberg Landschaft, Menschen und Abläufe in der Dorfgemeinschaft und setzt auch das Stilmittel ein, seine Protagonisten selbst zu Wort kommen zu lassen, um ihre Beweggründe und Empfindungen aus eigener Sicht zu schildern. Es stecken so viele Ängste und Freuden, Hoffnungen und Erwartungen in ihnen, und wenn man als Leser mit dem heutigen Wissen die Naivität mancher junger Leute betrachtet, die in Amerika wirklich für alles eine Lösung oder Hilfe erwarten, kann man nicht anders als mit ihnen zu bangen.


    Sprachlich wie inhaltlich sehr ansprechend und eigentlich eine ganz einfache, leise Geschichte, aber eine, die mich sehr bewegt hat. Leider gibt es die Bücher nur antiquarisch und nicht gerade günstig, aber unsere Bücherei hat sie noch ganz hinten im Magazin, woraus ich sie nun eines nach dem anderen ans Licht holen werde.


    5ratten



    Die Bücher waren die Vorlage zu dem Musical Kristina från Duvemåla, das in Schweden seit 1995 erfolgreich ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Vielen Dank für deinen Eindruck!
    Ich kenne bisher nur das tolle Musical, habe die Bücher aber schon lange auf meiner Wunschliste stehen. Das Problem ist, wie du geschrieben hast, dass es die Bücher kaum noch gibt. Aber ich halte immer mal ein Auge offen, ob ich sie sonst irgendwo zu einem annehmbaren Preis finde.

  • Die Bücher stehen bei mir auch schon seit Jahren (auf schwedisch) im Regal. Muss die Reihe endlich auch mal in Angriff nehmen, danke fürs Erinnern. :smile:


    Wirklich schade, dass es die Bücher nicht mehr auf deutsch gibt. Auf englisch sind sie erhältlich, da weiß ich aber natürlich nicht, wie die Übersetzung ist.


    (Das Musical ist wirklich toll - ist aber ja auch von BB von ABBA :zwinker: )

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

  • Auf Schwedisch hab ich den zweiten oder dritten Band, mehr hatte ich damals nicht gefunden.
    Aber stimmt, ich könnte auch mal nach der englischen Übersetzung suchen und mir die anschauen.
    Na ja, irgendwann werde ich das auch lesen, ich bin zuversichtlich!

  • Ja, auf schwedisch ist es momentan auch vergriffen, hab damals zum Glück beim Bokrea zugeschlagen :zwinker: Aber in Bibliotheken müsste es die Bücher doch geben.

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  • (Das Musical ist wirklich toll - ist aber ja auch von BB von ABBA :zwinker: )


    Über das Musical bin ich auch auf die Bücher gekommen.



    Ja, auf schwedisch ist es momentan auch vergriffen, hab damals zum Glück beim Bokrea zugeschlagen :zwinker: Aber in Bibliotheken müsste es die Bücher doch geben.


    Sehr gefragt sind sie aber nicht, denn wie oben schon geschrieben stehen sie bei unserer Bücherei im Magazin, was bedeutet, dass sie kaum noch ausgeliehen werden, aber als zu wertvoll erachtet werden, um sie auszumustern. Ausleihen kann man sie zum Glück aber trotzdem. Nach dem tollen ersten Band werde ich mir die anderen auch holen. Ich bin noch ganz im Bann der Überfahrt nach Amerika. Sie mag sich für manche Leser vielleicht etwas ziehen, aber so war auch die Seereise für die Auswanderer, und auf diese Weise wird die Eintönigkeit gut dargestellt.


    Zur Übersetzung kann ich nichts sagen. Schwedisch zu lesen ist keine Option für mich. Das reicht bestenfalls für leichte Kinderbücher. Aber das Deutsche gefällt mir stilistisch gut. Es passt in seiner Schlichtheit gut zu den einfachen Menschen, von denen es erzählt.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • @ Doris:
    Wenn ich genau überlege, habe ich immer nur in Unibibliotheken geschaut (die hatten die Bücher immer). Bei Stadtbibliotheken sieht es natürlich anders aus.
    In Deutschland scheinen Die Auswanderer eh eher unbekannt zu sein. Dies gilt auch für den Film, trotz prominenter Besetzung (ohne jetzt näher auf den Film eingehen zu wollen ( :zwinker: ), aber dadurch wird ja oft mehr Aufmerksamkeit geschaffen) und doch auch für das Musical.


    Wie bist Du auf das Musical (und somit die Bücher) gestoßen?

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  • Ich bin seit 1974 leidenschaftlicher ABBA-Fan, da beschäftigt man sich auch über die Gruppe hinaus über mit allem, was mit ihnen zu tun hat. Bennys Orkester finde ich auch super :smile:

  • 1999 wurde Mobergs Auswanderer-Suite in einer großen Umfrage von den schwedischen Bibliotheksbenutzern zum besten schwedischen belletristischen Buch des 20. Jahrhunderts gewählt. Das will schon was heißen, wenn man bedenkt, dass die Bücher auch zur Jahrtausendwende schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hatten; sie wurden und werden hierzulande trotz ihres Alters immer noch häufig gelesen.


    Die ersten 3 der 4 Bände habe ich vor vielen Jahren mit noch mäßigen Schwedischkenntnissen gelesen, was aber meinem Gefallen keinen Abbruch getan hat. Gerade der erste Band "Auswanderer" hat mich mit seiner eindringlichen Schilderung der recht elenden Lebensbedingungen der småländischen Kleinbauern fasziniert und einige Szenen stehen mir noch plastisch vor Augen. Eine Wieholek wäre wirklich angesagt.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • 1999 wurde Mobergs Auswanderer-Suite in einer großen Umfrage von den schwedischen Bibliotheksbenutzern zum besten schwedischen belletristischen Buch des 20. Jahrhunderts gewählt. Das will schon was heißen, wenn man bedenkt, dass die Bücher auch zur Jahrtausendwende schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hatten; sie wurden und werden hierzulande trotz ihres Alters immer noch häufig gelesen.


    Es ist ja auch ein wichtiges Stück schwedischer Geschichte. Kann der Erfolg auch mit dem Musical zusammenhängen, das 1995 erstmals aufgeführt wurde und dem Buch vielleicht zusätzlich Popularität verlieh? Nicht, dass es das nötig hätte.


  • Es ist ja auch ein wichtiges Stück schwedischer Geschichte. Kann der Erfolg auch mit dem Musical zusammenhängen, das 1995 erstmals aufgeführt wurde und dem Buch vielleicht zusätzlich Popularität verlieh? Nicht, dass es das nötig hätte.


    Ach stimmt, an die Entstehungszeit des Musicals hatte ich nicht gedacht. Das hat sicher das Seinige zur Beliebtheit der Bücher beigetragen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

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    Die schwedischen Auswanderer um Karl Oskar und Kristina sind nun in New York angekommen. Es ist schwer, sich zurecht zu finden, denn sie haben wenig Geld und keiner spricht die fremde Sprache. Ihr nächstes Ziel ist Taylor Falls in Minnesota, wo der Sohn einer Frau aus ihrer Gruppe lebt. Nach einem kürzeren Aufenthalt mit einigen Zwischenfällen geht die Reise also weiter. Wieder besteigen sie Schiffe, um voranzukommen, diesmal aber über Flüsse und Seen. In Taylor Falls erwartet sie eine kleine schwedische Gemeinde, die zusammen mit Amerikanern hier lebt. Karl Oskar sucht das beste Stück Land, das er finden kann, denn nach dieser langen Reise will er sich für immer niederlassen. Er wird fündig am See Ki-Chi-Saga, der etwas weiter entfernt von den anderen Farmen liegt und von bestem Ackerland umgeben ist. Obwohl sich hier auch Indianer aufhalten, baut Karl Oskar sein Blockhaus. Problematisch wird der bevorstehende Winter, denn sie sind zu spät angekommen, um noch Saatgut auszubringen. Der erste Herbststurm bietet nur einen Vorgeschmack auf das, was sie erwartet und den schwedischen Winter weit übertrifft.


    Der zweite Band erzählt vom ersten Jahr der Siedler in der Neuen Welt. Es ist ein langer Weg und eine ausführliche Beschreibung, die nur sparsam mit Höhepunkten versehen ist, doch es wird nie langweilig, weil die Ängste, die Erwartungen und das Heimweh der Auswanderer immer gegenwärtig sind. Andere Menschen wären vielleicht längst verzweifelt, doch Karl Oskar und Kristina, die ärmsten unter den Auswanderern, finden immer wieder Kraft in ihrem Glauben an Gott und vertrauen darauf, dass es auf irgendeine Weise weiter geht. In diesem unerforschten Land gibt es besten Ackerboden in Hülle und Fülle, und Karl Oskar, der in der Heimat einer der ärmsten Bauern war, ist fest entschlossen, hier sein Glück zu machen und der Familie ein sorgloses Leben zu bieten.


    Entsprechend ihrer jeweiligen Mentalität gehen die neuen Siedler auf sehr unterschiedliche Weise an das Abenteuer Amerika heran. Die Spanne reicht vom geschickten Taktieren mancher Frauen über die tatkräftigen Familienväter bis hin zu den naiven Methoden und wagemutigen Plänen der jungen, allein stehenden Männer. Manche von ihnen erreichen Zwischenetappen auf dem Weg zum großen Ziel, aber wie es weitergeht, steht noch in den Sternen. Die schwedische Heimat bleibt immer gegenwärtig und vieles im neuen Umfeld wird mit dem alten Zuhause verglichen. Einziger Kontakt zu den Zurückgebliebenen sind Briefe, deren Beantwortung zwangsläufig monatelang auf sich warten lässt.


    Auch in diesem Buch bleibt Vilhelm Moberg seinem schlichten, eingängigen Stil treu. Ausführlich und einem Auge für Kleinigkeiten schildert er das Land und die Menschen und entwickelt behutsam die einzelnen Charaktere weiter. Obwohl sie ähnlich zurückhaltend sind wie die ganze Handlung, kommt gut zum Ausdruck, unter welchem Druck sie stehen und dass für sie nicht nur ihre Zukunft, sondern zuerst ihre Existenz überhaupt auf dem Spiel steht. Es ist unmöglich, nicht mitzufiebern bei diesem Kampf um Anerkennung, Anpassung und Sicherstellung der Existenzgrundlagen.


    5ratten

  • @ Doris: Danke für die Rezi. :winken: (und fürs Erinnern :zwinker: )

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

  • Boh, ist der erste Band krass teuer!!! Wahnsinn!


    Nee, Korrektur, habe beim ZVAB ein akzeptables Exemplar soeben erstanden. :smile: Nu bin ich ja mal gespannt.

    Gruß suray

    Einmal editiert, zuletzt von suray ()

  • Nicht nur der erste Band ist so teuer. Leider werden die Bücher nicht mehr aufgelegt, dann entstehen solche Preise. Ich bin auch schon auf der Suche nach einer finanzierbaren Ausgabe, denn diese Chronik hätte ich nur zu gerne in meinem Regal.


    suray, magst du schreiben, wie hoch "akzeptabel" ist?

  • Durchaus, vor allem angesichts der anderen Preise, die sich für eine komplette Ausgabe auch schon mal auf über 300 € belaufen.

  • Ja, das ist wirklich unglaublich, wie teuer die zum Teil sind. Da frag ich mich aber auch schon, warum manche die dann so günstig verticken? Gutmenschen? :zwinker:

    Gruß suray

  • Entweder das, oder sie wissen nicht, wie die Preise für die Bücher im Allgemeinen sind. Immerhin verkaufen sie ihre Exemplare im Gegensatz zu den anderen.