Caitlín R. Kiernan - The Drowning Girl

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.666 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aurelia.

  • Hallo ihr Lieben!


    Es ist wieder soweit. Ich lese seit ein paar Stunden ein Buch, das mich so begeistert, dass ich schon mittendrin etwas dazu sagen muss. Dabei bin ich nicht mal sicher, ob ich meine Gefühle überhaupt in Worte fassen kann. Es ist einfach soooo gut.


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    Inhalt:
    India Morgan Phelps, von ihren Freunden Imp genannt, ist schizophren. Sie kann sich ihrer eigenen Erinnerungen nicht sicher sein und versucht durch Niederschreiben ihrer Geschichte Sinn in die seltsamen Dinge zu bringen, die ihr widerfahren sind. Ob sie dabei mythischen Wesen, Geistern oder noch viel seltsameren Kreaturen begegnet... Wer weiß?


    Was ich (bisher) denke:
    Ich wette mit euch, dass ihr es nicht schafft, fünf Seiten dieses Buches zu lesen und es wieder wegzulegen. :breitgrins: Imp erzählt in Ich-Form und per alter Schreibmaschine ihre Geistergeschichte, wie sie es nennt. Dass sie verrückt ist (auch ihre Worte) erzählt sie uns gleich auf den ersten Seiten. Diese Ich-Erzählung fühlt sich zuerst wie ein Ergießen von verworrenen Gedanken an. Imp springt von Ereignis zu Ereignis, unterbricht sich selbst, führt manchmal auch auf dem Papier Selbstgespräche oder schreibt von sich in der dritten Person.


    Langsam erfährt man aber, dass - wenn es einen Anfang geben muss - alles mit dem Gemälde "The Drowning Girl" zusammenhängt, das sie als 11-jähriges Mädchen gesehen hat. Und irgendwie auch mit dem Zeitpunkt, an dem sie ihre Freundin kennen lernte. Das Spannende dabei ist, dass Imp selbst nicht weiß, welche Version ihrer Erinnerungen korrekt ist und in ihrem Kopf z.B. zweimal das erste Treffen mit einem weiteren Charakter zu finden ist. Sie ist die ultimative unverlässliche Erzählerin - nur, dass sie uns das von vorneherein sagt.


    Mir gefällt auch, wie Mythologie langsam in die Geschichte gewoben wird, auch wenn ich keine Ahnung habe, was noch kommt und ob es wirklich eine Geistergeschichte wird oder nicht. Aber von mir aus kann Imp auch nur davon erzählen, wie sie aufsteht, frühstückt, arbeitet und wieder schlafen geht - es ist einfach unglaublich mitreißend und spannend, Zeichen zu suchen, was die Wahrheit ist (und ob das überhaupt wichtig ist).
    Ich lese jetzt im Bett weiter, werde aber vielleicht morgen sogar schon fertig. Das ist wieder so ein Buch mit Sog-Wirkung. Schlaf ist da nebensächlich. :breitgrins:

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Gnaa, Wendy! :grmpf:


    Mit Ich-Erzählern hab ich es ja immer noch nicht so, aber mal ein richtig gut gemachter unzuverlässiger Erzähler? Das wäre mal was. Genau an diesem Punkt ärgere ich mich nämlich meistens über die anderen, für meinen Geschmack, schlechten bzw. schlecht geschriebenen Ich-Erzähler.


    Und Schizophrenie ist als Thema natürlich für sich alleine schon interessant.
    Seufz. Ich notier mir das Buch mal bzw. schubs es auf der Merkliste nach oben. Das ist einer der Nebula-Nominierten, richtig? Da hätte ich ja sogar Chancen, dass es in gut sortierten Fantasy-Buchhandlungen rumliegt. :breitgrins:

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.

  • Huhu Llyren!


    An dich und Holden hatte ich gleich gedacht, als es mich gestern gepackt hat. Ich glaube, das könnte was für euch beide sein. :zwinker: Wie erwartet bin ich auch heute mit dem Buch fertig geworden und bin immer noch ein bisschen mitgenommen.


    Meine abschließende Meinung:
    Es ist schwierig zu erklären, worum es in The Drowning Girl geht. Selbst Imp, die Ich-Erzählerin ist sich nicht ganz sicher. Denn India Morgan Phelps, von allen nur Imp genannt, stammt aus einer Familie von Irren - so zumindest sieht sie das. Nette Umschreibungen ihrer Krankheit spart sie sich lieber, sie nennt sich, ihre Mutter und ihre Großmutter verrückt. Beide haben sich selbst das Leben genommen, somit bleibt nur Imp zurück, die mit ihrer Schizophrenie kämpft. Besonders, wenn es um die Ereignisse vor zweieinhalb Jahren geht, als Imp eine Frau namens Abalyn und später Eva Canning kennen lernte.


    Um selbst mehr Sinn in ihre (teilweise doppelten) Erinnerungen zu bringen, schreibt Imp ihre Gespenstergeschichte nieder. Als Leser sehen wir genau das Resultat dieses Unterfangens. Imp unterbricht sich selbst, fügt Ausschnitte aus Zeitungsartikeln, wissenschaftlichen Werken und selbst geschriebene Kurzgeschichten ein. Sie zitiert häufig Gedichte und Lieder und schimpft mit sich selbst, wenn sie versucht, das Ende hinauszuzögern.


    Was sich in Imps Kopf abspielt ist spannender als jeder Thriller. Es hätte schon gereicht, ihr beim Entwirren ihrer Erinnerungen zuzusehen, doch die Autorin mischt gekonnt Mythologie, Kunst, Geschichte und Psychothriller und bietet uns auf jeder Seite Details, die Fakt und Fiktion verschwimmen lassen. Imp erwähnt viele Künstler, Autoren und Musiker, die es tatsächlich gibt, dann wieder andere, die frei erfunden sind. Die Art und Weise wie fiktive Gemälde beschrieben sind, lässt sie aber so lebendig wirken, dass ich lange gegoogelt habe, bis ich es glauben wollte. :redface:


    Zitat

    I didn’t set out to appease the Tyrrany of Plot. Lives do not unfold in tidy plots, and it’s the worst sort of artifice to insist that the tales we tell – to ourselves and to one another – must be forced to conform to the plot, A-to-Z linear narratives, three acts, the dictates of Aristotle, rising action and climax and falling action and most especially the artifice of resolution.


    Es war aber nicht nur Imps Krankheit und ihre zersträuten Erinnerungen, die es unmöglich machten, das Buch wegzulegen. Auch ihre Beziehung zu Abalyn lag mir sehr am Herzen. Zuerst interessierte mich nur die simple Wahrheit, welche Eva-Geschichte ist die "echte", wie hat alles geendet? Mit der Zeit wurde ich aber in die ganz eigene Mythologie gesogen und habe mir selbst Theorien und Szenarien ausgemalt. Ich persönlich liebe es ja, wenn Autorin mich eine Weile hinhalten, wenn mir nicht alles auf dem Silbertablett serviert wird und ich selbst raten muss. Caitlín R. Kiernan scheint eine dieser Autorinnen zu sein (die ich liebe!), die ihren Lesern einen Teil der Kreation eines Romans überlässt. Sie versorgt uns mit genug Beschreibungen und Informationen um unsere eigene Fantasie anzuregen. Manche Details sind klar beschrieben, andere sind den düsteren Ecken unseres Gehirnes überlassen... und wir wissen alle, dass nichts so erschreckend ist wie das Ungewisse oder das, was man sich anstelle eines "Monsters" ausmalt.


    Ein Juwel von einem Buch. Ich habe die anderen Nebula-nominierten Romane zwar noch vor mir, aber mit The Drowning Girl mitzuhalten wird sehr, sehr schwierig werden. Caitlín R. Kiernan hat mich durch und durch faszinieret. Dieser Horror-Fantasy-Psychothriller hat mich zugleich verstört und faszininiert und wie das Lied der Sirenen nicht mehr losgelassen, bis ich die letzte Seite gelesen hatte.


    5ratten

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    Einmal editiert, zuletzt von Wendy ()

  • Was ich noch erwähnen wollte: Es ist sooo erfrischend, dass hier lesbische Charaktere und transsexuelle Charaktere vorkommen, aber die Geschichte sich nicht um ihre Sexualität dreht. Sie sind halt lesbisch oder transsexuell, das gehört zu ihnen als Personen und hat natürlich zu ihrer Entwicklung als Menschen beigetragen - für diese Geschichte ist es aber nebensächlich. Oft liest man ja Bücher, in denen sich alles um die Sexualität der Protagonisten dreht um gewisse Themen zu behandeln. Imp ist aber einfach lesbisch und damit hat es sich. Das ist nicht nur erfreulich zu lesen, sondern trägt, wie ich finde, auch dazu bei, jüngeren oder verängstigten Menschen näherzubringen, dass alle Leute Menschen sind, egal ob sie nun Frauen oder Männer (oder gar niemanden) sexuell anziehend finden. Mehr als so mancher "Problemroman" für Jugendliche.

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  • The Drowning Girl hat übrigens gerade den Tiptree Award gewonnen. :klatschen:
    Und ich hab inzwischen drei weitere Caitlín R. Kiernan bzw. Kathleen Tierney (ein Pseudonom derselben Autorin) Bücherb gekauft. Hihi.

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  • Wendy: Das ist ja klasse! :klatschen:
    Das Buch steht wegen deiner überzeugenden Rezi schon auf meiner Wunschliste! :breitgrins: