"Mein Kampf" soll nicht erscheinen dürfen

Es gibt 64 Antworten in diesem Thema, welches 12.272 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

  • Ich war auch schon auf die kommentierte Fassung gespannt und hätte sie mir auf jeden Fall gekauft.
    Eben, WEIL ich mich für einen kritischen Geist halte und gerne möglichst viele authentische Fakten erfahren möchte, um mir ein Urteil bilden zu können (wobei ich zugeben muss, dass ich in Bezug auf (Neo-)Nazis bereits seit Kindertagen ein ziemlich unumstößliches, wenn auch unfreundliches Urteil im Kopf habe, das in der eigenen Familiengeschichte begründet liegt....).


    Dass ein Verbot jemanden, der Exkremente im Geist und im Herzen kultiviert, zum guten Menschen umpolt, halte ich für eine Illusion. Gerade heutzutage ist es ja kein Problem, rechte "Literatur" vollkommen anonym aus dem Ausland bzw. aus Neonazi-Kreisen zu beziehen.


    Eine Entmythologisierung wäre leichter zu vollbringen, wenn man Dinge auf den Tisch legt und offen anspricht. Eine Welle der Diskussion durch's Land jagen lässt (sowas geschieht ja wöchentlich bei wesentlich banaleren Anlässen auch....),statt hinter vorgehaltener Hand zu flüstern und die Kinder "möglichst unschuldig" zu halten, indem man sie nicht damit konfrontiert. Das ist ja wie bei Harry Potter, wo man sich scheut Valdemorts Namen auszusprechen, damit einem ja nichts Böses geschieht! Das ist doch nur noch albern.


    Dinge verlieren ihren Schrecken, wenn man sich ihnen stellt. Das war schon immer so. Und wer die Hintergründe und Fakten nicht kennt, ist verführbar. Darum: WISSEN SCHAFFEN. Gute, historisch beschlagene, offen-geistige Kommentatoren gut für gute Arbeit bezahlen.


    DAS wäre der einzige Weg, um die geisteskranke Schießbudenfigur aus Österreich vom Sockel zu holen.
    Lasst die Menschen doch lesen, welchen Schrott der Typ (ich weigere mich, "Herr" zu schreiben, ihr merkt es...) zusammengequirlt hat!
    Wie soll man DENKEN lernen, wenn man die Konfrontation mit Inhalten staatlich verboten bekommt?


    Ich hoffe immer noch, dass ich es noch erleben werde, eine gut kommentierte Ausgabe in Händen zu halten, damit ich meinem Neffen zeigen kann, wie das Samenkorn aussieht, das millionenfachen Tod und Verwüstung über die halbe Welt gebracht hat.

    Einmal editiert, zuletzt von hundeherz ()

  • Was mir an den bisherigen Argumenten pro Veröffentlichung nicht so gut gefällt, ist, dass das Buch auf einen Sockel gehoben wird. Ohne eine kommentierte Ausgabe sei quasi Hitler nicht zu verstehen. Ich widerspreche einer solchen Ansicht ganz massiv. Das Buch wäre sicher für einen Oberstufenschüler mit Gewinn für ein noch tieferes Verständnis zu lesen, aber der Normalbürger bräuchte es nicht, wobei ich es ihm nicht vorenthalten will. Wenn ich hier lese, dass Kinder dumm gehalten werden, dann verdreht das die Tatsachen jeglichen Schulunterrichts. Das Thema NS kommt in mindestens vier Jahrgängen im Unterricht vor, es werden Originalzeugnisse von Verfolgten etc gelesen, Filme gesehen, Gedenkstätten besucht. Also da bedarf es nicht unbedingt einer kommentierten Ausgabe. Nicht dafür. Es geht beim Verbot m.E. keinesfalls um die Einschränkung einer rechten Szene. Es geht um das Aussenbild. Da könnten dann zu den Jahrestagen des Zweiten Weltkriegs Schaufenster mit allerlei Literatur zum Krieg dekoriert werden und in dessen Mitte steht auch Mein Kampf. Ein Buchhändler mit ein wenig Empathie wird auf diese Geschmacklosigkeit wohl verzichten, aber das ist das Schreckgespenst vor dem die Politik und auch ich Angst haben.


    Auch heute muss niemand MK lesen, um über Hitler Bescheid zu wissen. Es gibt viele gute Biografien. Tausende von Augenzeugenberichten.


    Gruß Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • @klassikfreund


    Man braucht das Buch ganz sicher nicht für das Verständnis, da gebe ich Dir vollkommen recht, außerdem gibt es da wesentlich bessere Bücher bzw Medien, zumindest mMn. Es stimmt aber nicht, dass das Thema generell in 4 Jahrgangsstufen durchgenommen wird, das war in meiner Schulzeit noch der Fall, heutzutage aber nicht mehr, weder an der Schule, an der ich arbeite noch an der Schulen, auf die meine Kinder gehen bzw gegangen sind. Ich bin mir nicht sicher, ob das gut oder schlecht ist, bei uns waren damals schon einige ziemlich genervt. So wie jetzt meist , frühestens in der 8. Klasse das Thema mal zu erwähnen, finde ich allerdings zu spät und im Ausmaß zu wenig, hängt aber natürlich auch von der Lehrkraft ab.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Heute in der FAZ ein bewegener Bericht über die Verfilmung von "Lauf Junge, lauf". Buch und Film erzählen die Geschichte des heute 79jährigen Yoram Friedman, der während seine Eltern deportiert wurden, nur mit viel Glück sich allein im Wald und bei verschiedenen Bauern durchgeschlagen hat. Eines Tages kam er bei einem Bauern mit der Hand in eine Dreschmaschine. Obwohl man sofort ins Krankenhaus ging, hat sich der polnische Arzt geweigert den Jungen zu behandeln, weil er ihn für jüdisch hält. Erst am nächsten Morgen kommt der Chefchirurg, ihm bleibt aber nichts anderes mehr übrig als den Arm zu amputieren. Der Arzt verrät den Jungen an die Gestapo, so muss er wieder fliehen und überlebt einarmig allein im Wald.


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Nur dieser eine Zeuge ist notwendig, um den Irrsinn rechten Gedankengutes zu verstehen. Wer diesen Film nicht versteht, der wird erst recht nicht auf akademische Kommentare einer kommentierten Mein Kampf Ausgabe mit dem Nachdenken anfangen. In der rechten Szene wird eine solche Ausgabe daher nichts bewirken. Und alle anderen können ja mal dem obigen Buch anfangen.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Es geht ja auch nicht darum nur mit Mein Kampf ein besseres Verständnis für die Zeit zu bekommen. Ein Bild besteht aus verschiedenen Pixeln und Mein Kampf stellt einen dar. Und ja ich bin der Meinung das man sich einer Zeit nur dann annähern kann wenn man ein Differenziertes Bild davon bekommt, das hat man aber nur dann wenn man verschiedene Blickwinkel und Standpunkte zu sehen bekommt und nicht nur eine Seite. Also auch unangenehme Texte, das macht man ja im Unterricht z.B durch die Propagandatexte und bespricht sie dann. Das lässt man ja auch nicht unkommentiert...