Lena Gorelik - Die Listensammlerin

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  • Gerade weil es zum Schluß doch Spannungen zwischen Flox und Sofia gab, hätte ich gerne gewußt, wie es mit den beiden weitergeht. Er war immer so geduldig und verständnisvoll, und gerade wenn es darauf ankommt, "zickt" er.


    Jetzt mußte ich direkt noch mal ins Buch schauen, weil ich nicht wußte, was du meinst. Seine etwas ironischen Bemerkungen auf den letzten Seiten?
    Ich finde, Flox "zickt" zu keiner Zeit und dass während der OP seine Nerven blank liegen, ist doch wohl nur allzu verständlich. Flox ist für mich der liebenswürdigste Charakter des ganzen Buches.
    Sofia hingegen zickt ganz ordentlich, das ganze Buch hindurch immer wieder... Dafür hat ihre Umgebung (und wohl auch der/die Leser/in) viel mehr Verständnis - vielleicht, weil Gezicke bei Frauen ja normal ist? :rollen: Gefällt mir nicht, diese unterschwellige Botschaft, die hier transportiert wird.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • kaluma: genau die meine ich. Auch wenn die Bemerkungen an sich gesehen nicht schlimm sind, passen sie für mich nicht zu dem Flox, den ich bis dahin kennen gelernt habe. Gerade in stressigen Situationen zeigt sich, wie wir wirklich sind und von daher meine ich, dass Flox vielleicht nicht so tiefenentspannt ist, wie er bis jetzt rübergekommen ist.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo,


    ich habe soeben den Prolog gelesen (spät, aber immerhin) und ich denke, dass mich dieses Buch von meiner erschreckenden Leseflaute, des vergangenen Monats heilen wird.


    Der Prolog gefiel mir gut und ich freue mich schon jetzt, noch mehr von Onkel Grischa zu lesen. Ich mag Menschen, die nicht mit dem Strom schwimmen und sich selbst gegenüber ehrlich sind. Er fällt aus der Reihe, aber er schadet niemandem damit, ausser all jenen, die Angst um ihn haben. :breitgrins:


    Mir ist nur noch nicht so ganz klar, wer der Erzähler ist, aber das wird sich wohl im nächsten Kapitel klären.


  • kaluma: genau die meine ich. Auch wenn die Bemerkungen an sich gesehen nicht schlimm sind, passen sie für mich nicht zu dem Flox, den ich bis dahin kennen gelernt habe. Gerade in stressigen Situationen zeigt sich, wie wir wirklich sind und von daher meine ich, dass Flox vielleicht nicht so tiefenentspannt ist, wie er bis jetzt rübergekommen ist.


    Hier kann ich dir mal wieder nicht folgen. Ich denke nicht, dass sich in stressigen Situationen das wirkliche Ich einer Person zeigt.


    Natürlich kann Flox nicht tiefenentspannt sein, während seine Tochter am Herzen operiert wird. Und er bekommt sich ja auch sofort wieder in die Gewalt. Jeder darf mal die Fassung verlieren, Sofia bekommt doch auch vom Psychologen ständig gesagt, dass es okay ist, wenn sie nicht funktioniert. Dann darf Flox das auch.


    Wenn man die Personen des Buches nach ihrem Verhalten in Streßsituationen einschätzen würde, käme Sofia aber wesentlich schlechter weg (man denke nur an die Szene am Strand, als Anna verschwunden war).

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  • Hallo Tina,


    schön, dass du noch einsteigst! :klatschen:



    Der Prolog gefiel mir gut und ich freue mich schon jetzt, noch mehr von Onkel Grischa zu lesen. Ich mag Menschen, die nicht mit dem Strom schwimmen und sich selbst gegenüber ehrlich sind. Er fällt aus der Reihe, aber er schadet niemandem damit, ausser all jenen, die Angst um ihn haben. :breitgrins:


    Grischa als jemand, der ehrlich zu sich selbst ist und niemandem schadet?? Da habe ich wohl einen ganz anderen Prolog gelesen als du...


    Ich finde es interessant, wieunterschiedlich man ein Buch lesen kann und bin gespannt auf deine weiteren Leseeindrücke.

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  • Hier kann ich dir mal wieder nicht folgen. Ich denke nicht, dass sich in stressigen Situationen das wirkliche Ich einer Person zeigt.


    Wenn nicht dann, wann sonst? Ich gebe dir ein persönliches Beispiel: ich halte mich für ziemlich entspannt. Und trotzdem passiert es mir leider immer wieder, dass ich hektisch und laut werde, wenn es wirklich darauf ankommt. Das zeigt mir, dass ich eben doch nicht so entspannt bin, wie ich es gerne hätte. Genauso ging es mir bei Flox.

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  • Ich habe jetzt die ersten beiden Kapitel gelesen und ich mag es, wie Lena Gorelik, ohne groß um den heißen Brei zu reden, die Gedanken ihrer Protagonistin zu Papier bringt.


    Altenheim sind wirklich schlimm und deprimierend und auch wenn die Gedanken der Erzählerin bezüglich ihrer Großmutter schlimm sind, so sind sie doch erschreckender Weise nachzuvollziehen.


    Sehr gut konnte ich mich mit dem Hosenproblem identifizieren. :breitgrins:


    Nun bin ich gespannt wie es mit Onkel Grischa weitergeht. Anscheinend haben die beiden das Listenschreiben gemeinsam.

  • Ich bin mittlerweile mitten im 9. Kapitel und so langsam kommen wir der Geschichte Grischas wohl näher, auch wenn er anscheinend bei Mutter und Großmutter ein Tabu-Thema ist. Um so neugieriger bin ich jetzt auf ihn, denn ich möchte unbedingt wissen, was geschehen ist, dass man vor dem Kind nicht von ihm spricht. Übrigens bin ich auch skeptisch, was den Tod von Sofias Vater anbelangt. Ich glaube auch da wird mit der Wahrheit eher gespart.
    Ich finde es merkwürdige, wie viele Diskrepanzen es zwischen Mutter und Tochter gibt und dabei sind sie sich doch in so vielem so ähnlich. Beide sammeln. Die eine Listen, die andere Sammelbilder. Wenn die Mutter die Tochter zum Psychologen schleift, weil sie Listen schreibt, dann hätte sie sich aber ebenfalls einen Termin ausmachen können, wenn sie als erwachsene Frau Fußballbilder sammelt.
    Vielleicht aber ist es genau das, was es uns so schwer macht mit anderen klar zu kommen. Sie sind zu ähnlich und erinnern uns an unsere eigenen Macken, die wir ja immer gerne verdrängen.
    Dieser straffe Terminplan bei der Parisreise ist in meinen Augen auch nichts anderes als eine Liste.
    Trotzdem finde ich die Mutter jetzt nicht unsympathisch. Ich glaube sie hat einiges im Leben erlebt, dass ihre Schrullen rechtfertigt. :smile:
    Ich hoffe ja immer, dass der verhuschten Großmutter mal was über Grischa herausrutscht.

  • Wenn nicht dann, wann sonst?


    Vor allem in den Mühen der Ebene, im Alltagsleben. Natürlich auch in schwierigen Situationen. Aber wenn jemand einmal die Fassung verliert, schließe ich von da nicht gleich auf den Gesamtcharakter der Person. Da muss sich schon einiges ansammeln.




    Ich gebe dir ein persönliches Beispiel: ich halte mich für ziemlich entspannt. Und trotzdem passiert es mir leider immer wieder, dass ich hektisch und laut werde, wenn es wirklich darauf ankommt. Das zeigt mir, dass ich eben doch nicht so entspannt bin, wie ich es gerne hätte. Genauso ging es mir bei Flox.


    Ich verstehe schon ungefähr was du meisnt. Aber man kann ja auch mal zeitweise unentspannt sein, obwohl man im Wesentlichen ein entspannter Mensch ist. Jeden kann man auf irgendeine Weise zur Weißglut treiben.

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  • Was die Szene am Strand anbelangt, kann ich einfach kein Verständnis aufbringen. Ich finde es schlimm, dass man sich hinsetzt und eine Liste schreibt, während die Gefahr besteht, dass sich das eigene Kind in Lebensgefahr befindet.


    Warum Grischa in der Familie so ein Tabu-Thema ist, scheint jetzt so langsam klar zu werden, aber man muss bedenken, dass es auch Zeiten waren, in welchem man mit diesen Themen eher verhalten umging.


  • Was die Szene am Strand anbelangt, kann ich einfach kein Verständnis aufbringen. Ich finde es schlimm, dass man sich hinsetzt und eine Liste schreibt, während die Gefahr besteht, dass sich das eigene Kind in Lebensgefahr befindet.


    Bei der Szene habe ich mich natürlich gefragt, wie ich als Mutter reagiert hätte. Wahrscheinlich (hoffentlich) anders, aber ich kann auch ein kleines bisschen verstehen, dass Sofia die Liste schreibt. Lieber den Zorn der Suchenden auf sich ziehen, als sich womöglich einer schrecklichen Wahrheit stellen zu müssen. Ich finde es traurig, dass sie sich in solchen Situationen immer zurückzieht und nicht um Hilfe bitten kann.

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  • Ich habe es jetzt auch endlich geschafft, das Buch anzufangen und es quasi in einem Rutsch gelesen, deshalb jetzt die Kommentare auch etwas geballter:


    Grischa fand ich gar nicht unsympathisch, zumindest nicht aus dem Prolog heraus. Er scheint mir einer dieser Menschen zu sein, die über diesen gewissen undefinierbaren Charme verfügen, aufgrund dessen man ihnen mehr verzeiht als anderen.


    Im weiteren Verlauf fand ich seinen Teil der Geschichte oft relativ anstrengend zu lesen, weil mir nie so richtig klar wurde, was er und seine Freunde da eigentlich genau planen. Das habe ich erst relativ spät wirklich kapiert :redface: Gemocht hab ich ihn aber trotzdem. Er hat sich sicherlich manchmal egoistisch verhalten, vor allem, als er sich aus allem, was mit dem Dahinsiechen seines Vaters zu tun hatte, fast komplett herausgezogen hat, aber ein stückweit konnte ich das durchaus verstehen. Ihn hat die Situation angewidert und überfordert, und er hatte sowieso zu dem Zeitpunkt schon einen schweren Stand in der Familie. Was Toscha zu ihm gesagt hat, war ja wohl unmöglich!


    Wieso Grischa in Sofias Familie immer noch totgeschwiegen wurde, habe ich auch nicht ganz verstanden, aber ich schätze, er galt gleich doppelt als schwarzes Schaf und Schandfleck: er war Dissident, der für seine politischen Ansichten und Handlungen eingesperrt und getötet wurde, UND er war homosexuell.


    Sofia selbst hat mich mit der Zeit echt genervt. Ihre Listen mochte ich ja gerne, ich bin selber Listenfan und habe in meiner Teenagerzeit sehr gerne Listen und anderes Zeug geschrieben, was aber außer manchmal meiner Schwester keiner lesen durfte. Dass Sofia ihre Listen vor der Mutter weggeschlossen hat, konnte ich somit absolut nachvollziehen und fand es übel, dass die sie deshalb gleich zum Psychiater geschleppt hat. Die Mutter empfand ich als ziemlich erdrückend und übergriffig; kein Wunder also, dass Sofia versucht hat, sich auf diese Weise einen kleinen Freiraum zu erobern.


    Die hohe Erwartungshaltung ihrer Mutter an das Mutter-Tochter-Verhältnis kam mir aus eigener Erfahrung sehr bekannt und sehr nervig vor. Ich glaube, Sofia fühlt sich von ihrer Mutter permanent unter einen gewissen Leistungsdruck gesetzt, ihre Erwartungen von der heilen Familie zu erfüllen. Furchtbar!


    Frank hatte da das bessere Händchen, fand ich, auch wenn es Sofia mit zunehmendem Alter schwerer gefallen ist, ihre Zuneigung zu ihrem Stiefvater auszudrücken.


    Dass Sofia sich allen Ernstes hinsetzt und in ihre Listenwelt verschwindet, während alle Welt die verschwundene Anna am Strand sucht, war auch für mich ein starkes Stück. Sorry, das ist schon ein wenig abnormal in meinen Augen!


    Flox erschien mir immer wie ein Fels in der Brandung, der allen guttut - Sofia, Anna, seiner Schwiegermutter (dass er aus Sympathie ein Panini-Album gekauft hat, fand ich ja allerliebst). Mehr als einmal habe ich seine Geduld mit Sofia bewundert. Es ist sicher sehr schwer, als Mutter mit einer solchen Erkrankung des Kindes klarzukommen, aber ich habe sie generell als extrem negativ empfunden. Sie fühlt sich seit Annas Geburt oder schon seit der Schwangerschaft vom Leben betrogen und schafft es nicht, in irgendwas das Gute und Schöne zu sehen. Solche Menschen finde ich ausgesprochen anstrengend.


    Dann noch die Sache mit der Oma - das hat Lena Gorelik gut beschrieben, Sofias Abneigung gegen das Altenheim, ihren Ekel, ihren Widerwillen und ihr schlechtes Gewissen. Die Bushaltestelle hat mir gefallen; ich hatte das auch schon mal irgendwo gelesen, dass das dementen Menschen helfen kann.


    Das Ende hat mir auch nicht besonders gefallen. Die ganze Spannung, die ganze Warterei im Krankenhaus - umsonst? Ich hätte mir schon gewünscht, wenigstens zu wissen, ob Anna aus der Narkose aufwacht. Dass Sofia in dieser Situation endlich wieder zu schreiben beginnt, war mir ein bisschen zuuu "künstlerisch wertvoll".

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Mensch, warst Du aber schnell.
    Ich habe nur noch ein Kapitel vor mir, aber das werde ich morgen lesen, wenn ich wieder zu Hause bin, denn dann kann ich die Renzension auch besser schreiben.


    Wie gesagt, bin fast am Ende mit dem Buch, aber ich hatte mir was anderes erhofft. Dummerweise kann ich nicht wirklich sagen, was es ist, das mich stört.
    Vielleicht, weil mie die Protagonistin ein wenig auf die Nerven geht. Die Geschichte um Grischa wiederum finde ich spannend und sehr interessant.
    Ich bin jetzt gespannt, wie die OP der kleinen Anna ausgehen wird. Das ist übrigens der Teil des Buches, der mich am meisten berührt. Ich bin immer wieder dankbar dafür ein gesundes Kind zu haben und mit dem Gedanken zu leben, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass es jederzeit stirbt wäre für mich unerträglich, auch wenn man es als Mutter letzendlich doch erträgt.