Thomas Hardy - Der Bürgermeister von Casterbridge/The Mayor of Casterbridge

Es gibt 33 Antworten in diesem Thema, welches 6.894 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

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    Ich spare mir die Amazon-Inhaltsangabe, weil ich sie nicht besonders aussagekräftig finde, und wünsche uns einfach ganz viel Spaß in der Leserunde :smile: Die Regeln kennt Ihr ja - bitte klar kennzeichnen, wo Ihr Euch gerade im Buch befindet, Spoiler ggf. markieren und auf inhaltsleere Postings à la "Ich fange gleich an zu lesen" verzichten.


    Teilnehmer:


    Doris
    finsbury
    Valentine
    Weratundrina

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Vielen Dank für die Einrichtung des Threads, Valentine. Es hat sich ja alles etwas verzögert, was mir aber auch entgegenkommt, da ich beruflich stark eingespannt bin und nur am Wochenende ein bisschen Zeit zum Schreiben habe.
    Dann fang ich mal an. Ich bin noch nicht so weit wie Weratundrina, sondern erst mit dem sechsten Kapitel fertig.
    Der schöne karge Hardy- Stil fällt auch bei diesem Roman sofort auf. Überwiegend in Außensicht werden die Handlungen der Personen geschildert, und es bleibt dem Leser überlassen, sich das Innenleben der Personen vorzustellen. Wobei Hardy schon im Erzählerkommentar ganz klarmacht, was er gut findet und was nicht. Henchard verkauft seine Frau und sein Kind - ob im Suff oder nicht, spielt keine Rolle: Das ist schlecht und wird sich wohl rächen.
    Nun wird er in Kapitel 6 in seiner neuen Glorie als Bürgermeister gezeigt, wenn auch als Abstinenzler aufgrund seiner damaligen Tat scheinbar geläutert, bleibt er dennoch ein zwielichtiger Geschäftsmann, der schlechtes Getreide verkauft und sich vor den Folgen drückt. Eine schön gebrochene Figur hat Hardy da geschaffen, ich bin gespannt, wie es mit ihm weitergeht. Susan, seine Frau, scheint eine zwar furchtsame, dann aber doch aktive Frau zu sein, die ihr Leben in die Hand nimmt, gerade wenn man denkt, dass sie nicht weiter weiß.

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Ich habe jetzt endlich ein Exemplar aufgetrieben und konnte sogar schon anfangen, während ich auf meinen Räderwechsel gewartet habe :smile: Bis Kapitel 5 bin ich vorgedrungen.


    Ich hatte mir den Klappentext nicht durchgelesen und war somit ganz schön entsetzt, was da im ersten Kapitel passiert ist. Dass es zwischen den beiden, die da vertraut, aber schweigend unterwegs sind, nicht zum Besten steht, ließ sich erahnen, aber dass der Mann allen Ernstes im Suff seine Frau meistbietend versteigert, war so ziemlich das letzte, womit ich gerechnet hätte :entsetzt:


    So krass diese Szene ist, so schien Susan sogar ein wenig froh zu sein, ihrem Ehemann zu entkommen, denn anscheinend stand die Ehe von Anfang an unter keinem guten Stern. Michael hingegen hat mächtige Gewissensbisse, als er wieder nüchtern ist, vermisst vor allem seine kleine Tochter und schwört einen heiligen Eid, keinen Alkohol mehr anzurühren. (Ich dachte ja erst, der würde auch noch in der Kirche randalieren ...) Fast hat er mir dann auf seiner vergeblichen Suche ein wenig leid getan.


    Fast zwanzig Jahre später sind Mutter und Tochter zurück, weil Susan Michael suchen will, in dem Glauben, dass sie zu ihrem rechtmäßigen Ehemann zurückkehren sollte, wohl auch aus finanziellen Gründen. Interessant, dass Elizabeth nie erfahren hat, dass Richard Newson nicht ihr Vater ist. Susan wollte sie wahrscheinlich nicht anlügen, ihr aber auch verständlicherweise nicht die Wahrheit sagen.


    Michael hat es indessen zu etwas gebracht und sich nicht, wie Susan angenommen hat, zu Tode getrunken. Ich bin gespannt auf das erste Zusammentreffen der beiden. Wahrscheinlich wird er kein großes Interesse daran haben, sich zu den beiden zu bekennen, denn für ihn steht ja viel auf dem Spiel.


    Ganz abgesehen von der Handlung bin ich wieder ganz hingerissen von Hardys Schilderungen. Die abendliche Stadt mit den durcheinander schlagenden Uhren, den Läden, die alle gleichzeitig schließen, der Musikkapelle und dem Festmahl konnte ich mir genauso wunderbar vorstellen wie das bunte Lager der Schausteller auf dem Jahrmarkt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo zusammen,


    endlich wieder mal Thomas Hardy in einer Leserunde, das macht doch Laune. :smile:


    Ich wusste auch mal vor einigen Jahren nach dem Lesen einer Rezension, dass eine Frau quasi versteigert wird, hatte es aber schon wieder vergessen und war deshalb ähnlich entsetzt wie du, Valentine. Wie in einigen anderen Hardy-Romanen haben wir es gleich wieder mit einer komplizierten Beziehung zu tun. Dass Susan sich nicht groß dagegen wehrte, lässt den Rückschluss zu, dass es ihr ganz recht war, von ihrem Mann wegzukommen. Er selbst dachte wohl bis zuletzt, dass sie nur blufft und sich letztlich der Versteigerung widersetzt. Ich frage mich, warum der Käufer ausgerechnet ein Matrose sein musste. So viel Geld dürften die nicht verdient haben, um Frauen zu auszulösen.


    Die Ankunft der beiden Frauen Jahre später in Casterbridge ist Hardy, wie ich ihn liebe. Seine Schilderungen der Straßen und Häuser lassen ein so lebendiges Bild des Städtchens entstehen, dass man sich förmlich hineinversetzt fühlt.


    5. Kapitel Henchard ist nun also Bürgermeister, Händler und einflussreich. Wie er es wohl vom Heuschnitter zum Bürgermeister gebracht hat? Wahrscheinlich kaum auf redliche Art und Weise. Von dem jungen Schotten werden wir bestimmt noch einiges hören. Wer so ausführlich vorgestellt wird, verschwindet später nicht sang- und klanglos.


    Ich kann mir nicht helfen, aber der Name Elisabeth-Jane kommt mir wie das viktorianische Pendant des "Kevin" unserer Zeit vor. :breitgrins:


  • 5. Kapitel Henchard ist nun also Bürgermeister, Händler und einflussreich. Wie er es wohl vom Heuschnitter zum Bürgermeister gebracht hat? Wahrscheinlich kaum auf redliche Art und Weise.


    Darauf bin ich auch gespannt. Vielleicht war ja seine Schandtat auch tatsächlich der Auslöser einer Wandlung?


    Zitat

    Ich kann mir nicht helfen, aber der Name Elisabeth-Jane kommt mir wie das viktorianische Pendant des "Kevin" unserer Zeit vor. :breitgrins:


    :five: Über den Bindestrich bin ich auch gestolpert :breitgrins:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Darauf bin ich auch gespannt. Vielleicht war ja seine Schandtat auch tatsächlich der Auslöser einer Wandlung?


    Könnte gut sein. Bei der Sache mit dem Getreide hatte ich nicht das Gefühl, dass er die Bauern wissentlich betrogen hat. Und sein Gelübde, nicht zu trinken, hat er ja bislang auch eingehalten.

  • ICh hab nich großartig weiter gelesen, da ich wieder dazu übergegangen bin abends meinem Mann vorzulesen.
    Dann kommt man zwar nicht so weit, aber es ist total schön, wenn man direkt über Dinge reden kann.
    Bei einem Leserundenbuch hat das nun den Vorteil, dass ich nicht so vorwärts renne.


    Hatte auch erwartet, dass sich ein Hardy langsamer lesen lässt als ein Krimi, aber gar nicht.
    Er ist total klar und flüssig gut zu lesen und soooooo wunderschön in der Sprache und der Landschafts- und auch Personenbeschreibung. Wenn ich grad an das grausige "Farben der Revolution/Tochter des Advokaten" denke, das ich kürzlich abgebrochen habe so kann man hier direkt vergleichen wie unterschiedlich Sprache sein kann, auch wenn sie ähnliche Worte benutzt.


    Hatte Susan nicht angedeutet, wenn er nochmal so etwas vorhat, dass sie dann gehen wird?
    Bisher habe ich den Eindruck, dass die gute Frau etwas unterbelichtet ist? Wie kann sie denn annehmen, dass so ein Verkauf rechtens ist und mit dem Matrosen mitgehen und brav Ehefrau zu spielen und ihre Tochter zu belügen?
    Ich denke auch, dass sie Henchard auf Dauer einfach zu dumm war und er zwar aus einer Alkohollaune heraus, aber eben doch auch aus Überdruss diese Tat begangen hat.
    Immerhin hat er seinen Eid einghalten und ist abstinent geblieben.
    Ich glaub gar nicht so sehr, dass er mit faulen Tricks in diese Position gekommen ist. Bisher habe ich aber auch noch nicht mehr darüber erfahren. Die Weizensache hat er mMn tatsächlich nicht absichtlich so gemacht.
    Die Tochter hat nur Augen für die Männerwelt. Herrje. So richtig warm werd ich mit den weiblichen Akteuren nicht.
    Henchard selbst find ich interessant und ich denke, dass seine Reue und sein Wandel echt ist.


    Ich weiss gar nicht wie das bei Leserunden ohne Abschnittsmarkierung läuft. :redface:
    Es ist in der Zwischenzeit noch ein weiterer Charakter aufgetaucht, der bestimmt massgeblich die GEschehnisse beeinflussen wird.


    Werd gleich noch ein wenig weiter lesen.

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~



  • Hatte Susan nicht angedeutet, wenn er nochmal so etwas vorhat, dass sie dann gehen wird?
    Bisher habe ich den Eindruck, dass die gute Frau etwas unterbelichtet ist? Wie kann sie denn annehmen, dass so ein Verkauf rechtens ist und mit dem Matrosen mitgehen und brav Ehefrau zu spielen und ihre Tochter zu belügen?


    Nein, Susan wusste, dass sie nicht einfach wie eine Leibeigene verkauft werden kann. Aber die Beziehung zwischen den beiden war da schon nicht mehr so gut, dass etwas passieren musste. Eine Möglichkeit war, sich aufzugeben und völlig unterzuordnen, aber Susan beschloss, die Gelegenheit zu ergreifen, von Henchard wegzukommen. Ziemlich emanzipiert für eine Frau dieser Zeit. Die Tochter diesbezüglich zu belügen war einfacher als ihr die Wahrheit zu sagen.



    Die Tochter hat nur Augen für die Männerwelt.


    Na ja, mit achtzehn Jahren... Da sind andere junge Frauen schon verheiratet und Mutter. Ich finde, dass Elisabeth in der Hinsicht ganz normal ist. Außerdem hat sie von sich aus angeboten, für ihre Unterkunft zu arbeiten. Das war bestimmt nicht, um näher an die Männer in der Wirtsstube heranzukommen.



    Ich weiss gar nicht wie das bei Leserunden ohne Abschnittsmarkierung läuft. :redface:


    Gib einfach an, zu welchem Kapitel du gerade schreibst, dann kann jede für sich entscheiden, ob sie das liest und sich eventuell Spoiler einhandelt.

  • Ich hatte wohl eher die Verwunderung von Henchard um Kopf der sich nicht erkläre n konnte wie Susan *nicht* tot sein konnte. Ich finde es sehr blauäugig dass sie mitgegangen und auch nich geblieben ist und gar nicht emanzipiert.

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~



  • Ich hatte wohl eher die Verwunderung von Henchard um Kopf der sich nicht erkläre n konnte wie Susan *nicht* tot sein konnte. Ich finde es sehr blauäugig dass sie mitgegangen und auch nich geblieben ist und gar nicht emanzipiert.


    Deine Ansicht wird auch durch den Erzählerkommentar Hardys,als es zu dem Verkauf kommt und das Gespräch zwischen Susan und Henchard, als sie sich wiedersehen, unterstützt. Ich bin jetzt mit dem 15. Kapitel fertig. Inzwischen ist die Familie wieder zusammen, und zwischen Henchard und Farfrae gibt es erste Unstimmigkeiten. Henchard ist nicht mehr der Platzhirsch, der kompetente und wesentlich umgänglichere Farfrae wird von der Bevölkerung bevorzugt. Wie sich das wohl auf den cholerischen Bürgermeister auswirken wird?


  • Ich hatte wohl eher die Verwunderung von Henchard um Kopf der sich nicht erkläre n konnte wie Susan *nicht* tot sein konnte. Ich finde es sehr blauäugig dass sie mitgegangen und auch nich geblieben ist und gar nicht emanzipiert.


    Ich hatte den Eindruck, als wäre sie genauso froh, Henchard loszuwerden, wie umgekehrt. Wobei er es offensichtlich bereut hat.


    Ich habe mich heute schon ordentlich geärgert, als ich in den Anmerkungen meines Buches einem Spoiler aufgesessen bin. Schon komisch, dass dort wesentliche Ereignisse vorweggenommen werden. Wer die Insel-Ausgabe dieses Buches liest, sollte vorsichtig sein, wenn er sich überraschen lassen möchte.

  • Was meinst du mit Anmerkungen.?

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~



  • Was meinst du mit Anmerkungen.?


    In meiner Ausgabe des Insel Verlags gibt es etwa zehn Seiten Anmerkungen und Erläuterungen zum Text. Die lese ich immer fortlaufend mit. In einer wurde darauf hingewiesen, dass Hardy mehrere Überarbeitungen seines Manuskriptes vorgenommen hat und in einem Fall auch konkret, was er gegenüber einer früheren Version verändert hat. Das wollte ich mir in diesem Buch gerne selbst erlesen.


    Im Kapitel 11 sind sich Susan und Henchard wieder näher gekommen und das Tempo, in dem das vonstatten ging, lässt vermuten, dass sie beide recht froh darüber sind. Mir geht das alles ein bisschen zu schnell. Es gibt keine länger andauernde Annäherung, keine Vorwürfe. Ihr Problem von damals wurde nie aufgearbeitet, da ist es erstaunlich, dass sie sich jetzt so reibungslos wieder finden. Auch gibt es noch keine Erklärung, wie Henchard so erfolgreich wurde. Das wäre doch auch sehr interessant.

  • Solche Spoiler sind echt ärgerlich. Ich habe diesmal eine Ausgabe ohne Anmerkungen (was Vor- und Nachteile hat).


    Ich bin inzwischen bis Kapitel 20 gekommen, war aber am Wochenende unterwegs und werde erst heute abend detaillierter schreiben können. Nur schon mal so viel: Hardy schafft es immer wieder, mich zu überraschen :smile:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • So, jetzt noch mal etwas ausführlicher ...


    Doris, ich bin auch immer noch gespannt, ob uns Hardy verraten wird, wie Henchard es so weit bringen konnte.


    Kapitel 12


    Dass Henchard Farfrae gegenüber so offen über seine Vergangenheit redet, hat mich ein wenig gewundert. Ob ihn das eines Tages noch ärgern wird?


    Die Geschichte mit der Frau aus Jersey hat mich überrascht, mir kam Henchard wie ein ziemlich eingefleischter Junggeselle vor. Dass Susan zurückgekehrt ist, spielt ihm insofern in die Karten, als er die Dame aus Jersey wohl nicht unbedingt gerne ehelichen wollte.


    Kapitel 14


    Als von Henchards Bewunderung für die Schönheit seiner Tochter die Rede war, habe ich kurz befürchtet, da könne sich eine inzestuöse Beziehung anbahnen, zumal Elizabeth ja immer noch nicht weiß, dass er ihr Vater ist. Das wäre mir einen Tick zu melodramatisch gewesen. Das feine Knistern zwischen Elizabeth und Farfrae gefällt mir da schon besser.


    Kapitel 15


    Uh ... damit, dass er Henchard öffentlich widerspricht, hat sich Farfrae schätzungsweise keinen Gefallen getan, obwohl es löblich von ihm ist, dass er die Demütigung für Whittle beenden will. Dass dann auch noch ausdrücklich nach ihm und nicht nach seinem Chef verlangt wird, als es um die Begutachtung geht, kommt zu einem ziemlich schlechten Zeitpunkt. Meist geht es nicht gut aus, wenn ein Untergebener kompetenter als der Chef eingeschätzt wird.


    Kapitel 16


    Das musste wohl so kommen :traurig: Doof, dass sich die beiden nicht einfach zusammengetan und gemeinsam etwas organisiert haben. Das Wetter begünstigt Farfraes Feier, und selbst Susan und Elizabeth amüsieren sich dort prächtig, während Henchards eigene Freiluftveranstaltung buchstäblich ins Wasser fällt. Nach dem Riss, der sich schon zuvor zwischen ihm und seinem Angestellten aufgetan hat, war zu erwarten, dass jetzt ein endgültiger Bruch stattfindet. Aber es ist schon irgendwie gemein von Henchard, das in der Öffentlichkeit auszutragen, wo sich Farfrae nicht wehren kann.


    Kapitel 17


    Noch gemeiner ist sein Schreiben an Farfrae. Ich kann mir schon vorstellen, dass er es nicht gerne sieht, dass Elizabeth etwas mit ihm anfängt, aber trotzdem finde ich es fies, ihnen einen Knüppel zwischen die Beine zu schmeißen, nur weil er sauer über Farfraes Erfolg ist. Der verhält sich ja sehr rücksichtsvoll seinem alten Meister gegenüber.


    Am Ende es Kapitels ist mir der Name "Everdene" aufgefallen, als von den Großbauern und Händlern in der Gegend die Rede war. Das ist doch sicher eine Anspielung auf Bathsheba Everdene aus "Far from the Madding Crowd".


    Kapitel 18


    Dass Susan diejenige war, die Elizabeth und Farfrae zusammen in die Scheune gelockt hat, macht das ganze Kuddelmuddel ja noch trauriger. Und jetzt taucht auch noch die Jersey-Lady auf. Ich bin gespannt, welche Rolle sie noch spielen wird.


    Kapitel 19


    Das wird ja immer tragischer und verzwickter! Gerade hat Henchard Elizabeth von den Umständen damals in der Kneipe erzählt, erfährt er, dass sie gar nicht seine Tochter ist. Was für ein Geflecht von Lügen und Halbwahrheiten, Scham und Schande.


    Wieso wollte Susan, dass der Brief erst an Elizabeths Hochzeitstag geöffnet würde? Was hätte das dann gebracht?


    Kapitel 20


    Henchard packt Elizabeth plötzlich ganz schön hart an, gerade, als sie beginnt, ihn als ihren Vater zu akzeptieren. Sicher bricht sich da sein Zorn über die Scharade Bahn, die Susan ihm vorgespielt hat und die Furcht, Elizabeth könne ihm, der jetzt zur besseren Gesellschaft gehört, mit ihrer ungeschliffenen Handschrift und ihrem Dialekt Schande machen.


    Sein Rückzieher gegenüber Farfrae - steckt da dann doch eine Spur schlechtes Gewissen dahinter?


    Dass Elizabeth ausgerechnet mit Lucetta ins Gespräch kommt und sich von ihr anstellen lässt, ist ja auch eine reichlich pikante Entwicklung ...

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Kapitel 14
    Als von Henchards Bewunderung für die Schönheit seiner Tochter die Rede war, habe ich kurz befürchtet, da könne sich eine inzestuöse Beziehung anbahnen, zumal Elizabeth ja immer noch nicht weiß, dass er ihr Vater ist.


    Den Gedanken hatte ich auch. Ich kenne zwar auf Anhieb keine Bücher, in denen das schon vorgekommen wäre, aber in der Realität gab es sowas schon.



    Kapitel 17
    Noch gemeiner ist sein Schreiben an Farfrae. Ich kann mir schon vorstellen, dass er es nicht gerne sieht, dass Elizabeth etwas mit ihm anfängt, aber trotzdem finde ich es fies, ihnen einen Knüppel zwischen die Beine zu schmeißen, nur weil er sauer über Farfraes Erfolg ist. Der verhält sich ja sehr rücksichtsvoll seinem alten Meister gegenüber.


    Das ist schon wie der Anfang eines Kalten Krieges. Henchard kann nicht verkraften, dass Donald mit seinen Ideen bei den Kunden und Bürgern besser ankommt. Gemeinsam könnten sie richtig groß werden, doch Henchard ist zu egoistisch, den Erfolg zu teilen oder gute Ideen anzuerkennen. Wie heutzutage: Manche Erfolgsstrategien werden von altgedienten Geschäftsleuten über ihre Lebensdauer hinaus ausgelutscht, und innovative Geister scheitern mit ihren Vorschlägen mangels Einfluss oder aus Loyalität gegenber dem Boss. Henchard sollte einsehen, dass Entwicklung und Fortschritt auch positive Ergebnisse zeitigen können. Irgendwann ist es Zeit für die nächste Generation. Und dann erwartet Henchard auch noch Loyalität von Elizabeth-Jane. Das ist der falsche Weg.



    Am Ende es Kapitels ist mir der Name "Everdene" aufgefallen, als von den Großbauern und Händlern in der Gegend die Rede war. Das ist doch sicher eine Anspielung auf Bathsheba Everdene aus "Far from the Madding Crowd".


    Ja, das wird auch in den Anmerkngen erwähnt. Hardy lässt mehrere Figuren in unterschiedlichen Romanen wieder in Erscheinung treten.



    Kapitel 18
    Dass Susan diejenige war, die Elizabeth und Farfrae zusammen in die Scheune gelockt hat, macht das ganze Kuddelmuddel ja noch trauriger. Und jetzt taucht auch noch die Jersey-Lady auf. Ich bin gespannt, welche Rolle sie noch spielen wird.


    Und noch trauriger ist es, dass sich Susan so plötzlich aus der Handlung verabschiedet, gerade wie es Henchard in den Kram passt. Das finde ich doch arg konstruiert.



    Kapitel 19 ...


    So weit bin ich noch nicht.

  • Ich war gestern und vorgestern erst am späteren Abend daheim und dann fehlte mir die Muse, noch viel zu schreiben. Gelesen habe ich trotzdem bis einschließlich Kapitel 27.


    Die Verhältnisse zwischen Elizabeth-Jane und Henchard sind nun geklärt und da Henchard sie nicht gerade zuvorkommend behandelt, beschließt sie, ihn zu verlassen. Die Stelle bei Lucetta kommt ihr da gerade recht. Es ist auch höchste Zeit, dass sie sich auf eigene Beine stellt, sonst ist sie von Henchard abhängig. Es ist eine seltsame Beziehung zwischen Hechard und Lucetta. Ich bin mir nicht schlüssig, ob das noch echte Gefühle sind oder mehr die Hoffnung auf Vorteile durch ihre Bekanntschaft.


    Kapitel 23 Lucetta, Henchard und auch Farfrae sind in ihren Gefühlen ziemlich wankelmütig. Und dazwischen steht Elizabeth-Jane als Spielball ihrer Launen. Sie muss noch einiges dazulernen, aber bei solchen Vorbildern dürfte das nicht lange dauern.


    Henchards Bemerkung im 25. Kapitel "Man wird in diesem Leben nie nach dem beurteilt, was man ist, sondern nach dem, wie es scheint..." könnte sich als Orakel erweisen. Seine Leidenschaft für Lucetta ist zum Teil sicher auch darauf zurückzuführen, dass sie ihn plötzlich nicht mehr will. Dieses unerreichbar sein macht sie erst richtig begehrenswert. Vielleicht ist es auch Berechnung ihrerseits. Es ist ein großer Kontrast zwischen den beiden Frauen; die eine so planmäßig, die andere naiv. Ich halte da im Moment alles für möglich. Hardy hat uns ja auch vorher schon mit unerwarteten Wendungen überrascht.


    Im 26. Kapitel wird Jopp wieder eingestellt. Mit seiner Hilfe will Henchard durch gut kalkulierten Handel Farfrae ausstechen. Das wäre zwar legal, aber doch ein ganz bewusstes Ausstechen des Konkurrenten und somit zumindest moralisch fragwürdig. Dieses Verhalten könnte ein Hinweis darauf sein, wie Henchard in den vergangenen Jahren zu seinem Vermögen gekommen ist. Es sieht so aus, als würde er das nicht zum ersten Mal machen.


    Im 27. Kapitel wird es dann aber doch kritisch, als Henchard Lucetta durch Drohungen quasi zwingt, einer Heirat mit ihm zuzustimmen. Sie sagt sogar mit Elizabeth-Jane als Zeugin zu, aber so sicher wäre ich mir an Henchards Stelle nicht. Wie kann er erwarten, dass sie ehrlich ist, wenn er solche Mittel auffährt?


    Ein ziemliches Hin und Her ist das im Moment. Unmöglich zu sagen, wer mit wem am Ende zusammen sein wird.




    Kapitel 19
    Wieso wollte Susan, dass der Brief erst an Elizabeths Hochzeitstag geöffnet würde? Was hätte das dann gebracht?


    Wahrscheinlich, weil sie dann nicht mehr von Henchards Wohlwollen abhängig ist. Susan kannte ihn gut und konnte seine Reaktion voraussehen. Welcher Vater füttert schon gerne ein Kuckuckskind durch, wenn er sich mit seiner Frau nicht mehr einig ist?



    Kapitel 20
    Sein Rückzieher gegenüber Farfrae - steckt da dann doch eine Spur schlechtes Gewissen dahinter?


    Eigentlich würde ich ein schlechtes Gewissen dahinter vermuten, aber langsam halte ich von Henchard nicht mehr viel und unterstelle ihm nichts Gutes.



    Edit: Aus einem "ich" ein "ihn" gemacht.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()


  • Wahrscheinlich, weil sie dann nicht mehr von Henchards Wohlwollen abhängig ist. Susan kannte ich gut und konnte seine Reaktion voraussehen. Welcher Vater füttert schon gerne ein Kuckuckskind durch, wenn er sich mit seiner Frau nicht mehr einig ist?


    Stimmt, das ergibt natürlich Sinn. Soweit hatte ich gar nicht gedacht. Damals war eine unverheiratete Frau ja noch viel abhängiger von ihren Eltern.


    Ich habe nun bis Kapitel 32 gelesen.


    Hardy überrascht mich häufig mit seinen Wendungen, gerade was Beziehungen angeht, aber hier werden die Karten ja permanent neu gemischt! Dass er Lucetta so unter Druck setzt, hat mich auch nicht gerade für Henchard eingenommen. Zuvor hatte ich auf beiden Seiten den Eindruck, dass jeder eigentlich den anderen gar nicht mehr heiraten will, aus Pflichtbewusstsein und Prinzipientreue aber glaubt, es tun zu müssen. Dass es Lucetta da genauso geht wie ihm, scheint Henchard dann aber ziemlich zu stinken, und er versucht sie zu zwingen. Dass sie zu dem Zeitpunkt bereits mit Farfrae verheiratet ist, war dann die ultimative Überraschung für mich. Ich dachte, nach der Enthüllung über Elizabeths wahren Vater könne mich hier nichts mehr umhauen, aber damit hatte ich gar nicht gerechnet.


    Elizabeth ist inzwischen eher in die Rolle einer beobachtenden Randfigur gedrängt worden. Ihr vermeintlicher Vater zeigt ihr die kalte Schulter, Lucetta mag sie zwar, betrachtet sie aber bestenfalls als nette Gesellschaft, und mit Farfrae läuft zwischenmenschlich praktisch gar nichts mehr, gerade mal zivilisierte Höflichkeit, wie mir scheint. Das muss doch ganz schön wehtun, sie erscheint aber eher resigniert und schicksalsergeben, viel zu sehr für eine so junge Frau.


    Mit Henchards Ansehen, Erfolg und Vermögen geht es so rapide bergab, wie es einst bergauf gegangen sein muss. Ein schlechter Deal hier, eine Fehleinschätzung da, und dann platzt die Bombe und der "Verkauf" seiner Frau kommt ans Licht. Dass dieser Skandal nach fast zwanzig Jahren so einschlägt, gerade weil die Sache so lange totgeschwiegen wurde, kann ich mir gut vorstellen. Extra bitter ist, dass Farfrae nicht nur ein heißer Kandidat für das Amt des Bürgermeisters ist, sondern auch noch Henchards Geschäft übernommen und in sein Haus eingezogen ist, nachdem er ihm ja schon die Frau weggeschnappt hat. Dass Henchard das nicht lange mit Fassung trägt, wundert mich nicht. Gerade Farfraes sicher gut gemeinte Angebote, einstweilen bei ihm unterzukommen oder sich einige Möbelstücke auszusuchen, an denen er hängt, empfindet er bestimmt wie Hohn.


    Dass ausgerechnet jetzt die Frist seines Enthaltsamkeitsgelübdes ausläuft, ist sicherlich kein gutes Vorzeichen.


    Was mir hier besonders gut gefallen hat, war die Beschreibung der beiden Brücken, auf denen die Leute von Casterbridge oft über ihre Schwierigkeiten nachsinnen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Bin in Kapitel 27, habe aber kaum Zeit zum Lesen, geschweige denn zum Schreiben.


    Aber ich möchte doch eine Sache erwähnen: Was mir sehr gefällt und was ich für einen genialen Schachzug Hardys halte, ist die Lage von Lucettas Haus: Hardy bereitet hier für seine breit schildernde Erzählweise eine wunderbare Bühne!

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()


  • Wahrscheinlich, weil sie dann nicht mehr von Henchards Wohlwollen abhängig ist. Susan kannte ich gut und konnte seine Reaktion voraussehen. Welcher Vater füttert schon gerne ein Kuckuckskind durch, wenn er sich mit seiner Frau nicht mehr einig ist?


    Korrektur: Natürlich kannte nicht ich Susan, sondern Susan kannte Henchard gut.



    Hardy überrascht mich häufig mit seinen Wendungen, gerade was Beziehungen angeht, aber hier werden die Karten ja permanent neu gemischt! Dass er Lucetta so unter Druck setzt, hat mich auch nicht gerade für Henchard eingenommen. Zuvor hatte ich auf beiden Seiten den Eindruck, dass jeder eigentlich den anderen gar nicht mehr heiraten will, aus Pflichtbewusstsein und Prinzipientreue aber glaubt, es tun zu müssen.


    Es war aber auch kompliziert damals. Wenn man sich als Frau einmal einem Mann versprochen hatte, war man wohl für alle Zeiten vergeben und festgelegt. Nur durch den Tod des Mannes dürfte man aus diesem Bündnis unbescholten herauskommen. Ich denke aber, dass das vor allem in ländlichen Gegenden der Fall war, wo jeder jeden kannte. In Großstädten gab es auch Scheidungen, da war man irgendwann wieder mit gutem Gewissen auf dem Heiratsmarkt verfügbar.



    Elizabeth ist inzwischen eher in die Rolle einer beobachtenden Randfigur gedrängt worden. Ihr vermeintlicher Vater zeigt ihr die kalte Schulter, Lucetta mag sie zwar, betrachtet sie aber bestenfalls als nette Gesellschaft, und mit Farfrae läuft zwischenmenschlich praktisch gar nichts mehr, gerade mal zivilisierte Höflichkeit, wie mir scheint. Das muss doch ganz schön wehtun, sie erscheint aber eher resigniert und schicksalsergeben, viel zu sehr für eine so junge Frau.


    Ja, sie ist so etwas wie der Spielball der einzelnen Parteien. Es ist viel, das sie ertragen muss. Das Hin und Her mit ihrem Vater, eine aussichtsreiche Partie dahin und dann ist ja auch noch ihre Mutter gestorben, das darf man nicht vergessen. Sie geht ein bisschen unter, aber sie ist auch das geborene Opfer. So lange sie nicht selbst etwas dagegen tut, werden die anderen keine Rücksicht nehmen.



    Mit Henchards Ansehen, Erfolg und Vermögen geht es so rapide bergab, wie es einst bergauf gegangen sein muss. Ein schlechter Deal hier, eine Fehleinschätzung da, und dann platzt die Bombe und der "Verkauf" seiner Frau kommt ans Licht. Dass dieser Skandal nach fast zwanzig Jahren so einschlägt, gerade weil die Sache so lange totgeschwiegen wurde, kann ich mir gut vorstellen. Extra bitter ist, dass Farfrae nicht nur ein heißer Kandidat für das Amt des Bürgermeisters ist, sondern auch noch Henchards Geschäft übernommen und in sein Haus eingezogen ist, nachdem er ihm ja schon die Frau weggeschnappt hat.


    Dass der Skandal einschlägt, glaube ich auch, aber Henchards größeres Problem wird sein, dass ihm nun alles abhanden gekommen ist, was er sich in den 20 Jahren erarbeitet hat, inklusive seines guten Rufes. Kein Wunder, dass er auf Farfrae nicht mehr gut zu sprechen ist.



    Was mir hier besonders gut gefallen hat, war die Beschreibung der beiden Brücken, auf denen die Leute von Casterbridge oft über ihre Schwierigkeiten nachsinnen.


    Und immer mit der Möglichkeit, gleich etwas dagegen zu tun... :sauer:.


    Ich bin auch erstaunt über die Wendungen in der Handlung. So manches kommt mir sehr konstruiert vor, auch wenn es sich dabei überwiegend um Kleinigkeiten handelt. Durch die meist ruhige und abwartende Haltung der Protagonisten erscheint die Geschichte nicht besonders dramatisch, aber genau betrachtet schaffen die vielen kleinen Begebenheiten langsam eine explosive Stimmung mit Henchard als Bombe mittendrin, die jederzeit hochgehen kann. Er gefällt mir als Figur nicht so gut. Mal ist er hasserfüllt, mal empfindsam gegenüber ein- und derselben Person, das ist zu gegensätzlich und passt nicht zusammen.