Gustav Weil - Tausend und eine Nacht; Arabische Erzählungen, Band 1-4

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    Der Orientalist Dr. Gustav Weil wagte sich 1836 als erster an eine vollständige und werkgetreue Übersetzung der berühmten Geschichtensammlung aus dem Arabischen ins Deutsche. 1865 legte er eine überarbeitete, insgesamt vier Bände umfassende Version vor, die bis heute noch nachgedruckt wird.


    In seiner Einleitung legt er kurz die Entstehungsgeschichte der Sammlung dar. Ursprünglich in Persien entstanden, blieb außer der Rahmenhandlung rund um Schehersad und dem eifersüchtigen Sultan Scheherban nicht viel übrig. Die meisten Erzählungen wurden von späteren, aus dem 15ten und 16ten Jahrhundert stammenden Märchen überlagert, die eindeutig aus dem islamischen Kulturkreis stammen.


    Weils Fassung ist für Kinder aufgrund des Stils, des Inhalts und der sich widerspiegelnden Weltanschauung nicht geeignet. Wer seinem Nachwuchs die berühmten Märchen rund um Ali Baba, Sindbad oder Aladin vorlesen möchte, sollte unbedingt zu einer kindgerechten Bearbeitung greifen.

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  • Bevor ich mich im nächsten Beitrag näher mit den Erzählungen des ersten Bandes beschäftige, möchte ich vorher noch folgendes festhalten:


    Wie schon erwähnt, entstand die Sammlung im 15ten und 16ten Jahrhundert, einer Zeit also, in der in Europa religiös motivierte Kriege tobten und Menschen auf Scheiterhaufen verbrannt wurden. Wenn ich mich also kritisch mit den Texten auseinander setze und mich an ein dem modernen Menschen hoffentlich befremdenden Weltbild stoße, dann möchte ich diese Aussagen in keinsterlei Weise als diffamierend gegenüber einer Religionsgemeinschaft im allgemeinen oder besonderen beziehungsweise einem anderen Kulturkreis verstanden wissen.

  • Gustav Weil - Tausend und eine Nacht, Band 1


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    In der Rahmenhandlung der Geschichtensammlung beschließt der bei seinem Volk ob seiner Gerechtigkeit beliebte König Scheherban, dass er seinen jüngeren Bruder König Schahseman gerne wieder einmal sehen würde. Also lädt er ihn auf einen Besuch ein. König Schahsemann macht sich freudig auf die Reise, bemerkt aber nach ein paar Stunden, dass er zu Hause etwas vergessen hat und kehrt noch einmal um. Dort angekommen, erwischt er seine Gattin beim Ehebruch mit einem schwarzen Sklaven. Außer sich vor Zorn erschlägt er beide und macht sich auf den Weg zu seinem Bruder.


    Bei Scheherban angekommen, bläst er erstmal Trübsinn wegen der Schlechtigkeit seiner verstorbenen Gattin, behält aber den Grund seiner schlechten Laune für sich. Erst als er entdeckt, dass verglichen mit Scheherbans Königin seine Frau eine Heilige war, hebt sich seine Laune wieder. Diese betrügt nämlich ihren Ehemann in einer Orgie mit zwanzig Sklaven und zwanzig Sklavinnen. Scheherban ist verständlicherweise außer sich vor Wut und Schmerz und macht sich mit seinem Bruder auf den Weg, um wieder einen klaren Kopf zu erhalten. Unterwegs treffen sie auf eine junge Frau, die von einem Geist entführt wurde und seither in einer Kiste verschlossen war. Sie kommt nur an die frische Luft, wenn dieser Geist - ihr aufgezwungener Ehemann - die fest versperrte Kiste vom Meeresgrund holt und in ihrem Schoß schläft. Aus Rache zwingt sie jeden Mann, dem sie begegnet, ihren Willen auf und verlangt als Andenken einen Ring. 98 Ringe hat sie schon gesammelt, mit den Ringen der beiden Könige hat sie die hundert voll.


    Derart von der Schlechtigkeit der Frauen überzeugt, ermordet Scheherban zu Hause seine Gattin und ihre Sklaven. Er schwört, von nun an jede Nacht eine andere zu heiraten, um ihr am Morgen nach der Hochzeitsnacht den Kopf abschlagen zu lassen. So will er sich vor weiterem Ehebruch schützen.


    Ab diesem Moment beginnt das große Morden unter den Töchtern der Reichen und Edlen des Reiches, bis sich Schehersad, die Tochter des Veziers, freiwillig meldet. Sie beginnt ihm Geschichten zu erzählen, bricht aber immer am Morgen an der spannendsten Stelle ab. Da Scheherban das Ende der Geschichte erfahren möchte, gewährt er ihr jeden Tag aufs neue einen weiteren Tag zu leben, damit sie zu Ende erzählen kann.

  • Quer durch den ersten Band zieht sich bei vielen Erzählungen ein frauenfeindlicher und/oder rassistischer Grundtenor. Die wirklichen Bösen sind entweder Frauen, Menschen mit dunkler Hautfarbe oder Ungläubige, wobei hier nicht Christen oder Juden sondern Feuer-, Sonnen- oder ähnliches-Anbeter gemeint sind.


    Stellvertretend für viele Geschichten kann "Die Geschichte der drei Äpfel" herangezogen werden. Ein Mann ist glücklich mit seiner Frau verheiratet. Eines Tages erkrankt sie schwer. Als sie Gelüste nach einem Apfel plagen, macht er sich aus Liebe zu ihr auf den weiten Weg nach Baßrah und besorgt ihr dort drei Äpfel, da diese in ihrer Heimatstadt gerade nicht erhältlich sind. Kurz darauf sieht er am Basar einen schwarzen Sklaven mit einem Apfel, welcher vor ihm damit prahlt, dass er diesen von seiner Geliebten geschenkt bekommen hätte. Ohne sie zur Rede zu stellen, erschlägt sie der Gatte in seinem Zorn, zerstückelt sie und wirft sie dann verpackt in einer Kiste in den nächsten Fluß.


    Später stellt sich heraus, dass besagter Sklave den Apfel von dem Sohn der Verstorbenen gestohlen und den Witwer belogen hat. Als die Leiche gefunden wird, stellt sich der Witwer, damit kein Unschuldiger seinetwegen sterben muss, nennt aber als eigentlichen Schuldigen den lügenhaften Sklaven. Da besagter Sklave dem Vezier des Landes gehört, kann dieser ihn mit einer Geschichte beim Kalifen Harun Arraschid freikaufen. Weil dem Kalifen die Geschichte so gut gefällt, schenkt er dem Sklaven die Freiheit. Damit der Witwer auch nicht leer ausgeht, bekommt er einer der schönsten Sklavinnen des Kalifen sowie weitere Reichtümer zum Trost.


    Ehrlich, bei dieser Erzählung sind mir die Haare zu Berge gestanden. Eine Frau wird straffrei erschlagen und der wirkliche Bösewicht (der arme Ehemann hat sie ja nur wegen einer arglistigen Täuschung ermordet) ist natürlich ein Sklave mit dunkler Hautfarbe.


    Mir ist bewusst, dass auch bei den Grimmschen Märchen Frauen sehr oft in die Rolle des Bösen gedrängt werden. Es wimmelt auch darin gar nicht zu knapp an Hexen, garstigen Stiefmüttern und gemeinen Feen. Wahrscheinlich bin ich zu pingelig, aber die oben beschriebene Erzählung war der Höhepunkt einiger ähnlich gelagerten Geschichten und ist mir wirklich sauer aufgestoßen.

  • Der erste Band ist eine Mischung aus Abenteuer- und Liebesgeschichten, sowie solche mit einem humoristischen Einschlag. Zu den bekanntesten gehört die "Geschichte Sindbads, des Seefahrers" und die "Geschichte des Fischers mit dem Geiste". Die sicherlich traurigste ist die "Geschichte Ali´s Ibn Bekkar und Schems Annahar".


    In dieser wird das Ideal der großen einzig wahren Liebe auf die Spitze getrieben. Ali Ibn Bekkar verliebt sich auf den ersten Blick in Schems Annahar und umgekehrt. Zu ihrer beiden Pech ist sie die Lieblingssklavin des Kalifen Harun Arraschid, womit es ihnen unmöglich wird ein gemeinsames Glück zu finden. Da noch nicht einmal freundschaftliche Treffen im Bereich des Machbaren liegen und ihre drei diesbezüglichen Versuche jedesmal scheitern, erkranken beide schwer an Liebeskummer, bis sie schließlich daran sterben.


    Den Erzählungen gemeinsam ist die altmodische, bildhafte Sprache. Es werden viele Verse rezitiert und schöne, wenn auch ungewöhnliche Vergleiche gezogen. Schöne Menschen werden zum Beispiel gerne mit dem Mond verglichen, wie an dieser Stelle:


    [quote author=Geschichte Ali´s Ibn Bekkar und der Schems Annahar; Tausen und eine Nacht, Band 1]Als einst der junge Prinz bei ihm saß, sahen sie zehn junge Sklavinnen, schön wie der Mond [...]; aus ihrer Mitte strahlte ein Mädchen, das den Vollmond beschämte.[/quote]


    Meistens folgen solchen Stellen die oben erwähnte Verse, die die Schönheit der betreffenden Person noch detailverliebter beschreiben.


    Oft wiederkehrende Personen sind der Kalif Harun Arraschid und sein Vezier Djafar, wobei sie meistens eine Nebenrolle in der Rahmenhandlung spielen. Reichtümer spielen selbstverständlich eine große Rolle, werden aber selten näher beschrieben. Ein bisschen hatte ich schon befürchtet wie umberto Ecos Baudolino sagen zu müssen:


    [quote author=Umberto Eco - Baudolino, 12. Kapitel: Baudolino schreibt den Brief des Priester Johannes, Seite 166]wenn ihr mir noch einmal mit einem Topas kommt, schluck ich ihn runter und kacke ihn aus dem Fenster raus[/quote]


    konnte aber meine diesbezüglichen Ängste als unbegründet erkennen. :zwinker:

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    Erschienen:


    November 2013
    Seitenzahl: 1872
    Verlag: Nikol Verlag
    Hardcover: 19,90 €
    ISBN: 3868202137


    Der Autor


    Gustav Weil war ein deutscher Orientalist. Von 1828 bis 1830 studierte er Geschichte und Philosophie an der Universität Heidelberg und 1830 kurz bei Silvestre de Sacy in Paris. Von dort ging er als Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung nach Algier und reiste dann 1831 nach Kairo weiter, wo er sich bis 1835 aufhielt. Von 1836 bis 1845 hatte er Lehraufträge an der Universität Heidelberg und war Bibliothekar in der Universitätsbibliothek Heidelberg. 1845 wurde er als erster Jude in Deutschland und gegen den Widerstand der Universität außerordentlicher Professor für Orientalische Sprachen, 1861 endlich ordentlicher Professor in Heidelberg. (Wikipedia)


    1001 Nacht – Tausendundeine Nacht


    Die beiden Ausgaben (Band 1 und der Ergänzungsband 2) beinhalten eine vollständige und vor allem werkgetreue, erste deutsche Übersetzung aus den arabischen Originaltexten. Übersetzt wurden sie vom Orientalisten Gustav Weil, welcher von 1808 bis 1889 lebte. Sie birgt neben zahlreichen Illustrationen alle bekannten Geschichten der morgenländischen Erzählungen. Im Fokus stehen Ali Baba und die vierzig Räuber, Sindbad, der Herrscher über die See und natürlich Aladin und die Wunderlampe. Eine Geschichte die wahrscheinlich jedes Kind kennt. Die einzelnen orientalischen Märchen sind eingebettet in die Geschichte rund um den König Schehrijar, der bisher jede Frau nach der Hochzeitsnacht umbrachte. Dies tat er, weil er einst von einer Frau betrogen wurde. Doch als er dann die wunderschöne Schehrezad heiratet, wendet sich das Blatt. Denn sie erzählt ihm jede Nacht eine Geschichte und der König ist mehr als neugierig, wie die Märchen ausgehen. So geht es 1001 Nächte lang..


    Fazit


    Ins Auge gefallen ist mir der zweiteilige Schuber, welcher 19,99€ kostet, wegen seiner wunderschönen Aufmachung. Ich finde die Covergestaltung sehr hübsch und auch die Buchrücken der beiden dicken Bücher sind toll gestaltet. So bilden sie ein zauberhaftes Duett im Bücherregal. Dazu kommt, dass diese beiden Bände im Schuber die erste vollständige, werkgetreue, deutsche Übersetzung der orientalischen Märchen darstellen. Das finde ich besonders ansprechend, denn ich finde sie genauso spannend, wie die Märchen der Gebrüder Grimm und man sollte sie auf jeden Fall im Schrank stehen haben. Die Rahmengeschichte des Königs gefällt mir sehr gut, sie bildet eine tolle Überleitung zwischen den einzelnen Märchen.


    Der Schreib- und Erzählstil der Märchen ist angenehm, allerdings durch die vielen arabischen Namen etwas schwierig. Nach einiger Zeit kam ich jedoch gut in die Bücher rein und gewöhnte mich an die verschiedenen Begriffe. Allerdings ist der Schreibstil durch das Alter der Märchen und des Autors nehme ich an, auch etwas anstrengend. Ich musste die Bücher nach jedem Märchen einmal aus der Hand legen, um dabei und konzentriert bleiben zu können. Allerdings sorgen auch die schönen Illustrationen in den Büchern für Auflockerung.


    Nicht so gut gefallen hat mir der Schuber. Der ist leider kaum, dass ich ihn aus der Folie genommen habe, durch die schweren Bücher kaputt gegangen. Die dünne Pappe ist eingerissen und musste geklebt werden. Sieht man von vorn nicht, ist aber ein wenig schade.


    Besonders gut gefällt mir wiederum, dass die Märchen in die Rahmengeschichte eingebettet ist. Ich wusste bisher nicht, was 1001 Nacht eigentlich beinhaltet und dachte, dass man die orientalischen Märchen einfach so bezeichnet. Aber im Grunde genommen geht dieser Name auf die Rahmengeschichte zurück. Das kommt in den Büchern sehr gut hervor. Für mich sind diese orientalischen Märchen echte Klassiker, die man auf jeden Fall im Regal haben sollte.


    4ratten
    http://immer-mit-buch.blogspot…t-in-jeder-nacht-ein.html