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Titel: Carry On
Autorin: Rainbow Rowell
Das Buch:
Einer alten Prophezeiung zufolge ist der 18-jährige Simon Snow der Auserwählte, der die Welt der Magier vor dem Untergang retten wird. Mit dieser Aufgabe fühlt sich Simon gelinde gesagt leicht überfordert, denn obwohl er über unglaubliche magische Kräfte verfügt, kann er diese nicht kontrollieren und ist ständig damit beschäftigt, nichts in Brand zu setzen.
Auch sonst beginnt sein Abschlussjahr in der "Watford Scholl of Magicks" eher suboptimal: Seine Freundin macht Schluss mit ihm, sein Zimmergenosse und Erzrivale ist ein machthungriger Vampir, der anscheinend gerade versucht, eine Rebellion gegen den führenden Magier anzuzetteln und dann ist da draußen auch noch ein Monster, das aussieht wie Simon im Alter von 11 Jahren und tote, magielose Löcher in die Atmosphäre reißt. Und das ist erst der Anfang...
Meine Meinung:
"Carry on" ist mein erstes Buch von Rainbow Rowell, und ich habe es von der ersten Seite an geliebt. Man muss nicht vorher "Fangirl" gelesen haben, in der das Simon-Snow-Universum ebenfalls eine Schlüsselrolle spielt; "Carry on" ist eine eigenständige Erzählung. Anfangs bestand der Reiz für mich darin, die beabsichtigten Parallelen zu "Harry Potter" zu finden (Simon ist Vollwaise; die Schule für Zauberei; das Nebeneinander von Magiern und "Normalen"....), aber schnell war ich so gefesselt von den liebenswerten Figuren und kreativen Einfällen der Autorin, dass ich bald gar nicht mehr darüber nachdachte und vollkommen in Simon Snows Welt eintauchen konnte.
Obwohl das Buch für die Zielgruppe der 13-19jährigen gekennzeichnet ist, hatte ich zu keiner Zeit das Gefühl, "zu erwachsen" dafür zu sein. "Carry on" spricht alle Altersgruppen an, vorausgesetzt, sie bringen Humor und Ausdauer mit und wissen besondere Figuren mit Hang zum Exzentrischen, liebevolle Details und intelligente Dialoge zu schätzen.
Anfangs stand ich den häufigen Perspektivwechseln kritisch gegenüber, doch hier erfüllen sie durchaus ihren Zweck, denn nicht jeder in Simons Umgebung ist das, was er zu sein scheint. Neben Simon, seinem Zimmergenossen und Rivalen Baz (der mit vollem Namen "Tyrannus Basilton Grimm-Pitch" heißt, was für ein Schicksal!) sowie Simons bester Freundin Penny kommen auch Personen zu Wort, deren Rolle in der Geschichte der Leser erst nach und nach auf die Spur kommt.
Man braucht schon etwas Geduld, um den roten Faden in der Geschichte erkennen zu können, denn anfangs rückt der Kampf der Magier gegen den Widersacher, genannt "The Insidious Humdrum", oft in den Hintergrund angesichts der kleineren und größeren Katastrophen, in die Simon immer wieder mit vollem Anlauf hineinstolpert. Gut, dass er dabei die patente Penelope, genannt Penny an seiner Seite hat.
Penny ist für mich neben der Ziegenhirtin Ebeneza alias "Ebb" eine der großartigsten Figuren in "Carry on":
Aus einer exzentrischen, gebildeten Familie mit indischen Wurzeln stammend, ist Penny so unglaublich klug, witzig, emanzipiert, abenteuerlustig, begabt mit magischen Kräften und besorgt um Simons Wohlergehen (und damit das genaue Gegenteil zu Simons perfekter, etwas farbloser Dauerbeziehung Agatha), dass man sie einfach lieben muss.
Wie kann man auch eine Figur wie Penny nicht anbeten, die das zur Schuluniform gehörende Cape so gerne trägt, weil sie sich darin fühlt wie Stevie Nicks (die Frontfrau von "Fleetwood Mac")? Oder die Agatha beim Verzieren der Pfefferkuchen kritisch fragt, warum die Pfefferkuchenfrauen unbedingt rosa sein müssen?
So wie Penny hat Rainbow Rowell jeder Figur eine unverwechselbare Persönlichkeit verpasst. Simon Snow ist der perfekte Antiheld, der täglich an sich selbst und den Erwartungen seiner Umwelt verzweifelt. Ich wusste beim Lesen oft nicht, ob ich ihn lieber in den Arm nehmen und ihm etwas leckeres zum Essen machen oder ihn schlagen möchte, weil er oft so atemberaubend naiv und unbedacht handelt, dass es kaum auszuhalten ist.
Über Baz, den mutmaßlichen Vampir (nein, er glitzert nicht) aus einer der führenden konservativen Magierfamilien fange ich erst gar nicht an zu schreiben, sonst wird diese Rezension nie mehr ein Ende finden....
Man kann natürlich darüber diskutieren, ob die ganzen Referenzen an Pop- und Rockmusik sowie Zeitkolorit vergangener Jahrzehnte zu 18jährigen Protagonisten passen, aber ich habe diese kleinen Juwelen sehr genossen. So trägt etwa der Zauberspruch, den Simon im Duell gegen seinen mächtigen Gegner benutzt, deutlich Anleihen von Queens epochalem Song "Bohemian Rhapsody". Allein das Repertoire an Zaubersprüchen müsste man in Ruhe googeln, um wirklich alle Referenzen verstehen zu können.
Dass ich dieses grandiose Buch erst jetzt komplett durchgelesen habe, liegt daran, dass ich immer wieder Kapitel übersprungen habe, um schneller zu erfahren, wie es nun mit der ambivalenten Situation zwischen Simon und Baz weitergeht. Dies war für mich der spannendste Handlungsstrang von "Carry on", aber auch die vorher ausgelassenen Kapitel um die Suche nach dem wahren Mörder von Baz' Mutter und den Kampf der gegensätzlichen magischen Familien untereinander fügen sich nahtlos in die Geschichte ein, wenn man ihnen genügend Aufmerksamkeit gönnt.
Es gibt Bücher, in deren Universen man so intensiv eingetaucht ist, dass es einem danach sehr schwer fällt, sich auf andere Lektüre einzulassen und überlegt, ob man das Buch nicht einfach gleich noch mal lesen sollte - "Carry on" gehört definitiv dazu!
Leider ist "Carry on" noch nicht übersetzt worden, aber wer "Harry Potter" mitsamt magischen Wesen und Fachbegriffen gemeistert hat, für den sollte "Carry on" mit seiner doch sehr am "normalen" Leben orientierten Welt nicht schwer zu verstehen sein.
Ich vergebe begeisterte
plus
und überlege ernsthaft, das Buch gleich im Anschluss noch mal zu lesen....
amazonlink ergänzt Lg Holden