Antje Wagner - Unicorns don't swim (20.06. - 10.07.2016 )

@ alle

Ich freu mich total, dass alle Bücher angekommen sind und ich wünsche euch allen eine Lesezeit mit (hoffentlich) vielen Überraschungen! :smile:

@ tara01092012

Du bist ja eine Speedy Gonzalez des Lesens!
Vielen lieben Dank für deine Einschätzung - und ich kann das verstehen, dass man - wenn man mit anderen Erwartungen - an eine Lektüre geht, verwirrt oder enttäuscht ist. Es ging mir selbst einmal so mit einem angeblichen Mystery-Film: Ich erwartete Geheimnis und Rätsel, aber dann war es einfach nur ein Splatterfilm mit viel Qual und Blut. Ich schätze, dass er als Splatterfilm sogar richtig gut war, aber er war eben nichts für mich - ich hab Mystery erwartet. Und DANN kann es geschehen, dass man manchmal einem Buch oder Film eine enttäuschte Bewertung gibt, einfach, weil man eine Banane erwartet, aber eine Schüssel Erdbeeren bekommen hat. (Wenn man mit der Erdbeererwartung rangegangen wär, hätte sie einem vielleicht total gut geschmeckt, aber man war gerade scharf auf Bananen *g*)

Du hattest ja geschrieben, dass du dich auf ein Buch über Mädchen in verschiedenen Lebenssituationen gefreut hast - es ist aber KEIN Mädchenbuch. Jedenfalls kein typisches. Das ist das Anliegen dieses Buchs. Es ist ein Buch, das Geschlechterrollen thematisiert. Und ich weiß nicht, aber es könnte sein, dass das Buch anders auf dich gewirkt hätte, wenn du mit diesem Blick rangegangen wärst. :smile:
Daher hab ich auch Vorwort dazu geschrieben - um diesen Fokus "einzuleiten".

Es gibt zwar einige Bücher in der Kinderliteratur, die sich auf Gender und Geschlechterrollen fokussieren, aber leider kaum etwas so Explizites im Jugendbuch- bzw. All-Age-Bereich. Und wenn, dann kommt es häufig irgendwie "moralisierend" daher (was ich blöd finde).

Als Herausgeberin dieses Buch ist mir das einfach aufgefallen - dieser Mangel. Und ich hab die Autorinnen daraufhin angesprochen. Ich hab sie gefragt, ob sie mir die Geschichten schreiben könnten, die das Fernsehen und die Bücher meist aussparen. Dass sie mir die Mädchen (oder auch Jungs) in den Mittelpunkt holen, die wenn überhaupt, dann im Allgemeinen nur an den Rändern der Medien vorkommen. Da sehr, sehr oft in TV/Büchern/Werbung ein ähnlicher Mädchentyp bzw. ein ähnliches Erwartungsbild über eine Geschlechterrolle reproduziert wird, wird auf diese Weise eine Art Normalität "hergestellt", die ja einfach nicht stimmt. Und den Mädchen und Jungs, die sich darin nicht wiederfinden, fehlen Identitifikationsfiguren und -geschichten. Was sehr schade ist.
So entstand dieses Buch.

Du meintest (sinngemäß), dir wären die Geschichten nicht spannend genug. Ich kann das verstehen (wie gesagt: mir war der "Mystery"-Film auch nicht "mystery" genug) - wenn man mit anderen Erwartungen rangeht, fehlt womöglich das *übliche Abenteuer*. Aber wenn man das Durchbrechen der Gewohnheit/das Überraschtwerden als ein *Abenteuer* ansehen möchte - dann ist das Buch ganz schön abenteuerlich.

Ich wollte mit diesem Buch gern die LeserInnen mit ihren eigenen (oft unbewussten) Erwartungen an Geschlechterrollen konfrontieren. Denn selbst, wenn wir uns für gendersensibel und aufgeklärt halten, merken wir manchmal, dass uns bestimmte eingeimpfte Denk- und Sehmuster ganz schön prägen - und oft, ohne dass uns das bewusst ist und ohne dass wir das wollen. Das "Abenteuer" des Buchs besteht darin, dass wir in allen Geschichten auf unser (musterhaftes) Denken und unseren Blick treffen - und manchmal ist das eben ein Frontalzusammenstoß und kann ein sehr großes Aha-Erlebnis auslösen.

Dass wir überhaupt in Mustern denken, fällt uns ja eigentlich nur dann auf, wenn wir "auflaufen". Wenn wir irritiert werden. Wenn uns eine Überraschung aus dem "ausgelatschten" Trott rausholt, in der unser Denken und unsere Sicht gespurt ist. (Gespurt durch Bilder, Geschichten, Behauptungen über Geschlechterrollen, die wir überall präsentiert bekommen und die man mehr oder weniger unhinterfragt annimmt.) Oft will man das ja gar nicht wahrhaben, dass wir "gespurt" gucken, man will ja fortschrittlich und aufgeklärt sein - und da bringt einen ein Irritationsmoment, eine Überraschung, ein kleiner Schock dazu zu merken: "Oh, das hab ich jetzt ehrlich überhaupt nicht erwartet, weil das eben nicht in dem generellen Blick/Denken über Geschlechterrollen drin war". Und dann merkt man, dass man sehr wohl gefangen ist/war.

Das Buch versucht, exakt diese Momente der Irritation zu erzeugen. Mit jeder einzelnen Geschichte. Überall steckt ein (oder mehrere) Moment(e) des kurzen (oder langen) Zusammenzuckens drin. Wo man als LeserIn vielleicht denkt: Aha. Oder: Uff.
Mal sind diese Irritationen witzig, mal erschreckend, mal traurig, aber immer gibt es diese "Überraschung".

Wir gesagt: Es ist kein Mädchenbuch im üblichen Sinne - es ist ein Buch über Mädchen, die uns über die Fallstricke unseres in bestimmten Erwartungen denkenden Hirns straucheln lassen. Im Jugendbuchbereich ist das leider ein eher rares Anliegen, daher dachte ich: Es wird wirklich Zeit für so ein Buch. :smile:

@ alle

Ich bin gerade im Urlaub mit einem grottenschlechten Internet. Ich sitze gerade im Internetcafé, um endlich mal was zu schreiben. Ich würde das auch gern weitermachen, nur bitte wundert euch nicht, wenn ich mal nicht sofort antworten sollte. Ich bin normalerweise sehr schnell im Antworten, aber normalerweise ist mein Internet auch nicht so schneckenlangsam ... :-/

Habt bitte ein nachsichtiges Auge.

Ganz liebe Grüße, die Antje :smile:

@ Dani

Nein, nein - ich will nicht bei den Rezensionen mit dabei sein. :smile: Jeder hat seine eigene Meinung und die ist heilig. Ich hatte nur versprochen, mich hier als Herausgeberin und Mitautorin auch blicken zu lassen und mitzudiskutieren. (Eigentlich war ja mal eine Leserunde angedacht.)

Ich möchte einfach wie alle anderen mit dabei sein. Und dann - wie die anderen mit meinen Worten - wieder im Nirvana verschwinden. Ich bin Teil dieser Leseaktion - sonst nichts.

Die Rezensionen stehen für sich - unangetastet. Das wäre nicht schön, wenn ich mich da zu Wort melden würde, finde ich - Lesereindrücke sind heilig. Und Geschmäcker sind komplett verschieden. Mir gefällt auch nicht immer das, was andere wieder mögen, und ich bin manchmal begeistert von etwas, dem andere nichts abgewinnen können. Ich finde das toll - wären wir alle gleich, wäre es ziemlich langweilig.

Ich würde nur gern aktiv hier mit dabei sein.

Boah - dank euch allen für diese echt tollen Besprechungen!!! Ich bin völlig von den Socken und freu mich wie verrückt.