Olivier Adam - An den Rändern der Welt:

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    Originaltitel: Les Lisières


    Paul ist ein erfolgreicher Schriftsteller, der Umzug in die Bretagne hat ihm gegen seine Depression geholfen, seine Kinder helfen noch mehr. Doch dann trennt seine Frau sich von ihm und die Erkrankung seiner Mutter lässt ihn in sein bisher gemiedenes Elternhaus in den Pariser Vororten zurückkehren.


    „An den Rändern der Welt“ wirkt sehr autobiographisch, Autor und Hauptfigur sind beide Schriftsteller, geboren im Banlieue, leben in der Bretagne, … - was von dem Rest echt ist, weiß man natürlich nicht. Ich habe das Buch als Urlaubslektüre in der Bretagne gelesen, doch echte Urlaubslektüre war es nicht, dazu sind die angesprochenen Themen viel zu komplex, die Hauptfigur zu unglücklich und mit (selbst gemachten) Problemen beladen und auch die Gegend ist nur Nebendarsteller.


    Insgesamt finde ich, schreibt Adam jedoch einige sehr kluge Sachen, wenn Paul zum Beispiel seine Haltung zu „Immigranten“ mit der seiner Eltern vergleicht. Seine Eltern sehnen sich nach der guten alten Zeit, voller Sicherheit und setzen die dunkelhäutigen Menschen in ihrer Umgebung mit der neuen Unsicherheit gleich, auch wenn diese gar nichts dazu beitragen, sondern die Unsicherheit durch generell veränderte Wirtschaftsbedingungen etc. verursacht ist. Er selbst ist in einer anderen Zeit groß geworden, für ihn war die Welt schon immer bunt und beim Umzug in die Bretagne war er von der rein weißen Bevölkerungsstruktur zunächst tatsächlich irritiert, das Erstarken von Marie Le Pen kann er nicht nachvollziehen.


    Fremdheit ist ein ganz großes Thema dieses Romans, denn nicht nur leiden seine Eltern unter der empfundenen Überfremdung, gleichzeitig wird die Entfremdung zwischen der Paul und seiner Ursprungsfamilie dargestellt. Und nicht nur von ihnen hat er sich entfremdet, seine Ausbildung, seine Intellektualität und das relativ viele Geld, was er verdient, machen ihn zu einem Fremden unter seinen früheren Schulkameraden, größtenteils in prekären Verhältnissen lebend, die er nun wiedertrifft. Gleichzeit hat er sich aufgrund seiner Herkunft aber auch niemals in den intellektuellen Kreisen wohl gefühlt, die ihm als erfolgreichem Schriftstellen gesellschaftlich nun „zustehen“. Aufgrund der noch stärker auf Eliten ausgerichteten Struktur der französischen Gesellschaft spricht der Autor dabei Probleme an, die meiner Meinung nach in Deutschland nicht ganz so stark hervortreten, in Ansätzen aber durchaus vorhanden sind.


    „An den Rändern der Welt“ gefiel mir weniger literarisch (auch wenn es sprachlich angenehm und vollkommen in Ordnung war) oder von der Geschichte her (so viel passiert gar nicht), sondern vielmehr durch seine Betrachtung der Welt. Das Buch animiert ganz nebenbei dazu, seine eigene Position in der Gesellschaft und die durch die eigene Herkunft bestimmten Vorurteile und Einstellungen wahrzunehmen und vielleicht auch mal zu analysieren.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Klingt gut - ist zumindest schon mal auf die Wunschliste gekommen! :winken:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Von Adam habe ich schon "Klippen" und "Keine Sorge, mir geht's gut" gelesen - beides keine kuscheligen Wohlfühlbücher, aber beide ziemlich gut. Das hier merk ich mir mal.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das Buch hatte ich gestern in der Bibliothek in der Hand und war noch unsicher... aber Dank deiner Rezension nehme ich es beim nächsten Mal viellecht doch mit, wenn es mir wieder begegnet.
    Danke! :zwinker: