Stefan Kruecken - Sturmwarnung

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    Jürgen Schwandt, geboren 1936 in Hamburg, hatte es schon in seiner Kindheit und Jugend nicht einfach, aber die Jahre im Zweiten Weltkrieg und die Zeit danach in der zerbombten Stadt lehrten ihn, nicht einfach abzuwarten, sondern sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und sich durchzubeißen, egal was kommt. In der Nachkriegszeit versorgte er mit Schwarzmarktgeschäften die Familie, bis er mit 16 Jahren seinen größten Traum verwirklichte und zum ersten Mal auf einem Schiff anheuerte. Als er mit Mitte 30 heiratete, hatte er längst das Kapitänspatent, wechselte dann aber in eine halbwegs geregelte Tätigkeit beim Hafenzollamt.


    Die See ist eine harte Schule für einen einfachen Matrosen, zumal in den frühen Jahren, als die Handelsschifffahrt nach dem Krieg wieder auf Touren kam. Schwere körperliche Arbeit bis zur Erschöpfung bei jedem Wetter und nur kurze Zeiten der Erholung, und selbst die Landgänge waren anstrengend, wenn auch in anderer Hinsicht. Ein Kind von Traurigkeit war er ganz gewiss nicht. Der Zusammenhalt an Bord hatte einen hohen Stellenwert. Kameradschaft wurde groß geschrieben, egal, wie unterschiedlich die Kameraden auch waren.


    Der Blick von Kapitän Schwandt auf dem Cover ist nicht gerade einladend, aber im Buch zeigt er auch eine humorvolle oder ironische Seite. Auf seinen Fahrten lernte er viele Menschen kennen und machte sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen, was ihn ein großes Maß an Toleranz und Menschlichkeit lehrte. Für ihn sind alle gleich, unabhängig von ihrer Herkunft. Immer wieder wird deutlich, dass er ein sehr kritischer Mensch ist und mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält. Dabei hat er auch zur aktuellen Flüchtlingspolitik einiges beizutragen. Auch über eigene Fehler, vor allem in menschlicher Hinsicht, spricht er ganz offen. Er ist direkt und ehrlich, und das auf eindrucksvolle Weise. Vielleicht sind seine Kolumne bei der Hamburger Morgenpost und sein Blog deshalb so erfolgreich.


    Das Buch ist schön ausgestattet mit Fotos und Zeichnungen vor jedem neuen Abschnitt. Die Kapitel sind meist kurz gehalten und gehen nicht zu sehr ins nautische Detail; das Leben als Abenteuer an sich überwiegt. Zum Schluss gibt es ein paar Ausschnitte aus seiner Kolumne, die einen Überblick zu den Themen präsentieren, die ihn beschäftigen.


    Jürgen Schwandt hat etwas zu erzählen, und das beherrscht er auch. Unterhaltsame Lektüre, nicht nur für Seefahrer.


    5ratten

  • Danke für Deine schöne Rezi, Doris, das Buch ist direkt auf die Wunschliste gewandert.


    Ich kenne Kapitän Schwandt von Facebook als sehr direkte und engagierte Stimme gegen Fremdenhass :daumen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Danke für Deine schöne Rezi, Doris, das Buch ist direkt auf die Wunschliste gewandert.


    Danke!


    Ich kenne Kapitän Schwandt von Facebook als sehr direkte und engagierte Stimme gegen Fremdenhass :daumen:


    Man merkt, dass ihm das am Herzen liegt. Er scheint ja nun in der Öffentlichkeit häufiger aufzutauchen. Gut, dass er diese Plattform dafür nutzt, sich dagegen auszusprechen und nicht nur über seine eigene Vergangenheit plaudert.

  • 1936 in Hamburg geboren, erlebt Jürgen Schwandt den Krieg und die darauffolgenden Hungerjahre als prägende Kindheitserfahrung. Mit einfallsreichen Tricks hilft er schon als Junge mit, das Überleben der Familie zu sichern.


    Mit 16 heuert er dann auf einem Schiff an und durchläuft die übliche Ausbildung zum Matrosen, hauptsächlich auf Schiffen, die im Nordatlantik zwischen Europa und Amerika verkehren. Er lernt sein Handwerk auf die harte Tour - Stürme, Eisberge, knappe Rationen - und beschließt, sein Kapitänspatent zu machen.


    Ewig knapp bei Kasse schlägt er sich während dieser Ausbildung durch und verbringt dann einige Jahre auf See, bis er der Familie zuliebe den Überseefrachter gegen ein Zollschiff tauscht.


    Kapitän Schwandt ist vielen Facebook-Nutzern als engagierte Stimme gegen Rechts bekannt. Hier erzählt er seine bewegte Lebensgeschichte mit knorrigem Humor und Selbstironie und verschweigt dabei auch nicht dunklere Kapitel wie seinen Kampf mit der Flasche, und er räumt auf mit romantisch verklärten Phantasien über den Seemannsalltag. Das Leben an Bord besteht im wesentlichen aus harter Arbeit, kurzen Nächten, schlechtem Essen und viel Alkohol, von den Gefahren, die durch Wind und Wetter drohen, ganz zu schweigen. Und doch spürt man in jeder Zeile, dass ihm die Seefahrt im Blut liegt und wie sehr er dieses Leben geliebt hat.


    Seine weltoffene Einstellung ist sicherlich auch davon geprägt, dass er jahrelang um die Welt gereist ist und mit Menschen aus aller Herren Länder zusammengearbeitet hat. An Bord eines Schiffes zählt schließlich nur, dass die Mannschaft an einem Strang zieht, alles andere ist zweitrangig. Für Rassisten und andere geistige Brandstifter findet er sehr deutliche Worte und äußert sich auch kritisch und offen zu anderen Entwicklungen in der Gesellschaft.


    Das Buch ist im übrigen nicht nur inhaltlich lesenswert, sondern auch schön aufgemacht mit teils ganzseitigen Fotos und Zeichnungen - eines, das man immer wieder gerne in die Hand nimmt.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich habe Herrn Valentine so von dem Buch vorgeschwärmt, dass er sich das Hörbuch besorgt hat. Ich habe es jetzt auch gehört und kann es als Ergänzung zum Buch nur wärmstens empfehlen.


    Es handelt sich nämlich nicht um eine 1:1-Lesung der Buchtexte, sondern eine Aufzeichnung einer Live-"Lesung" bzw. Plauderstunde mit dem Käptn, der im übrigen genau die Stimme hat, die man sich vorstellen würde: tief, rauh, knarzig, etwas hanseatisch angehaucht und irre sympathisch.


    Einige Episoden aus dem Buch kommen vor, anderes ist frei erzählt - schade, dass es nur zwei CDs sind. Ich hätte ihm noch stundenlang zuhören können.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Einige Episoden aus dem Buch kommen vor, anderes ist frei erzählt - schade, dass es nur zwei CDs sind. Ich hätte ihm noch stundenlang zuhören können.


    Das kann ich mir gut vorstellen. Ich habe ihn öfter in Talkshows gesehen...als es ihm gesundheitlich besser als momentan ging und er konnte wirklich innerhalb von Sekunden das ganze Publikum in seinen Bann ziehen und Augen zum Leuchten bringen.


    Einfach nur durch seine ehrliche, direkte und vom Herzen kommende Art :herz: .

  • Sturmwarnung: Das aufregende Leben des Kapitäns Jürgen Schwandt.

    Auf See und in den Häfen


    Autor: Stefan Krücken


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    Klappentext

    Ein Leben wie ein ewiges Abenteuer: Orkane auf See, Stürme im

    Rotlicht der Häfen. Momente zwischen Leben und Tod. Kapitän Jürgen

    Schwandt, Jahrgang 1936, hat alles erlebt. Aufgewachsen in den Trümmern Hamburgs, ging er früh zur See - und tauchte ein in jene exotische Welt aus Fernweh und Sternenstaub, von der er immer geträumt hatte. Dabei lernte er auch früh die Schattenseiten der Seefahrt kennen: den unbarmherzigen Ozean und die harte Arbeit.

    STURMWARNUNG ist eine liebevoll und mit Augenzwinkern erzählte

    Lebensgeschichte. Eine turbulente Biografie voller Weisheit, Toleranz

    und Zigaretten.



    Meine Meinung:


    Ich habe dieses Buch mit großem Vergnügen gelesen, denn es ist sehr flüssig und unterhaltsam geschrieben.

    Dem Autor und Journalist, Stefan Krücken, muss man ein großes Kompliment machen, denn er hat nicht nur einen flüssigen Schreibstil, sondern auch die Lebensgeschichte von Kapitän Jürgen Schwandt chronologisch in eine klare Reihenfolge gebracht.


    Der Start ins Leben war für Jürgen Schwandt durch Hunger und Entbehrungen geprägt. Sehr eindrucksvoll beschreibt der spätere Kapitän wie er schon als Kind kämpfen musste um zu überleben. Die Kriegsjahre und auch die Nachkriegsjahre waren für ihn eine entbehrungsreiche Zeit.

    Die Differenzen mit seinem Vater trieben ihn förmlich aus seinem Elternhaus.

    Er ging zur See und damit begann der nächste Kampf.


    Man bekommt beim Lesen sehr schnell ein Gefühl dafür was sich zwischen den Zeilen verbirgt. Da konnte ich förmlich die Seekrankheit mit den Magenschmerzen und den wackligen Beinen spüren, aber auch seelische Tiefpunkte in den ersten Jahren, in denen bestimmt auch ein paar Tränen geflossen sind. Dies musste gar nicht erzählt werden, denn der aufmerksame Leser konnte es zwischen den Zeilen lesen.

    Mit dieser harten Ausbildung auf See ist Jürgen Schwandt zu einer starken Persönlichkeit geworden. Wind, Wellen und eine bedingungslose Kameradschaft an Bord haben ihm bestätigt, dass er der Seefahrt treu bleiben und Kapitän werden will.


    Während eines Orkans im Nordatlantik landet das Schiff des Kapitäns im Auge des Orkans. Eine gefürchtete Situation unter Seeleuten, denn nur sehr wenige Schiffe sind aus dem Auge wieder heraus gekommen.

    Wer so eine Situation überlebt hat, der schaut danach weit über den Horizont und sieht vieles im Leben mit anderen Augen.


    Die Zeit als Schiffsjunge, Moses u.s.w. waren natürlich auch von schönen Frauen in fremden Häfen, Alkohol, Zigaretten und so mancher Schlägerei begleitet. Diese Episoden erzählt der Kapitän gerne und bestätigt damit auch das Klischee des typischen Seemannsleben der damaligen Zeit.


    An diesem Buch hat Stefan Krücken zusammen mit Kapitän Schwandt gearbeitet, das merkt man beim lesen oft. So hoch die Toleranzgrenze bei Kapitän Schwand für alle menschlichen Schwächen und Dummheiten auch ist, so erbarmungslos ist jedoch sein Kampf gegen die neuen, braunen Strömungen in unserer Parteienlandschaft. Immer wieder findet der Leser Aussagen vom Kapitän in dem Buch, die ihn auffordern, diesen Strömungen energisch entgegen zu treten.


    Auch gab es Kapitel in denen der Kapitän grundsätzlich einsieht das er ein alter Mann ist, aber dennoch die >Generation Wischfinger< und überhaupt die ganze moderne Technik kritisiert.

    Diese Passagen habe ich dann einfach seinem Alter zugeschrieben und wohlwollend als Ausrutscher akzeptiert.


    Kapitän Schwandt, es heißt nicht ohne Grund im Volksmund:

    „Jede Zeit hat ihre eigenen Lieder“


    Die Lieder von Hans Alberts, Lale Andersen und Freddy Quinn sind längst verklungen, auch wenn es die gute alte Haifischbar heute noch gibt.


    An diesen Stellen im Buch hätte ich dem Kapitän gerne ein Tuch gereicht, um die rosarote Brille zu putzen.


    Es gibt aber auch noch ein paar andere Kritikpunkte für mich.

    So wurde manche Episode aus dem Leben des Kapitäns leider nicht zu Ende erzählt oder manches mal auch nur kurz angerissen. Das war sehr schade.

    Ich hätte gerne gewusst, ob der >kleine König< nach dem Krankenhausaufenthalt in einem Kriegs-Gebiet, wieder gesund an Bord zurück kam. Auch hätte ich gerne gewusst, wie es seiner Mutter und Oma bei seiner ersten Rückkehr ging. Über seine Familie und dem Verhältnis zu seinen Eltern und Geschwistern, wurde nach den ersten Kapiteln nie wieder gesprochen.

    Auch wurde nicht viel über seine Zeit beim Hauptzollamt und über seine Frau gesprochen.


    Daher würde ich dieses Buch nicht als Biografie bezeichnen, dafür ist es viel zu kurz und es fehlen auch zu viele Stationen im Leben des Kapitäns.

    Ich würde es aber als Unterhaltungsroman mit wahren und abenteuerlichen Geschichten jedem Leser gerne empfehlen.


    Der Kapitän erzählt uns sein Leben als Seefahrer in kleinen Episoden, die in einer Zeit angesiedelt sind, die es in dieser Form nicht mehr geben wird.

    Schon deshalb ist das Buch sehr interessant.


    Besonders gut hat mir die Gestaltung des Buches gefallen mit Illustrationen von Hans Baltzer und schönen Fotos von Andree Kaiser. Da hat man sich im Ankerherz-Verlag wirklich viel Mühe gegeben. Leider kommen diese Bilder und Fotos in der e-Book Ausgabe nicht so toll rüber, aber man kann sich diese Fotos auch im Internet anschauen.


    Nach der Veröffentlichung des Buches >Sturmwarnung< war der Kapitän häufig Gast im Radio und Fernsehen. Auch gab es Treffen mit dem damaligen Hamburger Oberbürgermeister Olaf Scholz und ein schönes Gespräch mit Frank Elstner in der Sendung >Menschen Hautnah<. Diese Videos kann man sich im Internet anschauen und die Kolumnen, die der Käpt`n für die Hamburger Morgenpost schrieb, kann man in dem Buch >Klare Kante< oder in den kürzeren e-Books >Hier spricht der Käpt`n < 1 und 2 nachlesen.


    Diese Kolumnen sind so witzig und treffend geschrieben, dass man wirklich oft Tränen lacht.

    Der Humor von Kapitän Schwandt ist unschlagbar, ich habe oft gelacht oder mit einem grinsen im Gesicht die Geschichten gelesen.


    Wer gerne ans Meer fährt und sich für die Seefahrt interessiert, findet mit diesem Buch garantiert die passende Lektüre.


    4ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Annette B. : ich habe Dein Posting mal an den bestehenden Thread angehängt.


    Als "Unterhaltungsroman" würde ich das Buch nicht einsortieren, da es keine erfundenen Geschichten sind. Auch wenn es keine klassisch strukturierte Autobiographie ist, sondern eher im Plauderton erzählte Lebenserinnerungen - aber gerade das macht den Charme des Buches ja aus.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen