FAZ-Artikel: Als Schriftsteller leben und überleben

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 1.951 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mabra.

  • Das ist doch ziemlich traurig. Ist das im Ausland deutlich anders? Arbeiten so viele Menschen mit an der Buchveröffentlichung, dass für jeden nur ein paar Krümel übrig bleiben oder bleibt der größte Batzen Geld an einem der Beteiligten hängen, der nicht der Autor ist? Immerhin hat der Autor bei längeren oder anspruchsvolleren Büchern auf jeden Fall den größten Batzen Arbeit investiert!


    Self-Publishing kann ich mir als Alternative nicht vorstellen, wenn ich mir bei amazon die E-Book-Erscheinungen und deren Preise ansehe. Titel und Klappentext schrecken oft ab, ganz zu schweigen vom Cover, und für die Autoren bleibt bei Preisen von 1,50€ und dem Zufall, dass jemand das Buch findet und auch kauft, ja auch wenig übrig.


    In dem Fall würde mich interessieren, was Ann Castro so übrig geblieben ist. Die hat gleich mal einen "Verlag" gegründet, ihr Buch (Paperback) komplett selbst herausgebracht und nimmt für ein Buch zwischen 25€ (Sachbuch) und 15 € (Erzählung).
    Und dann verkauft sie so etwas hier


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    für 15 €, das aussieht wie eine Werbebroschüre, 76 groß beschriebene Seiten hat und für Leser des ersten Clickertrainingbuches auf einer Seite oder maximal zwei Seiten zusammengefasst hätte werden können.


    Ich fand die Masche ja immer dreist - Leser und "Kunden" anwerben, damit sie bloß gut rezensieren, was dann auch alle brav taten, immer auf das Buch verweisen, wenn mal jemand eine Frage hatte, und jede "negative" = Nicht-5-Sterne-Rezension kommentieren (lassen), damit sich Interessenten verunsichert fühlen oder glauben, es handele sich bei den Rezensenten um dumme Leute ("sachlich falsch!") oder Neidhammel.
    Irgendwann schrieb sie mal, sie würde mit 2500 € netto mit Onlineshop (Vogelkram) und Buchverkäufen pro Monat machen. Keine Ahnung, was so ein Onlineshop abwirft, der einen engen Kundenkreis und teure, spezialisierte Produkte hat (wie viele Vogelhalter gibt es, wie viele kaufen in dem Shop, wie viele regelmäßig und mehr als Futter, wie viele Futter ausschließlich dort...), aber diese Aussage spricht doch dafür, dass der Buchverkauf von um die 8-10 Titel, Umfang 76 bis 200 Seiten maximal, sich doch lohnen könnte, wenn man "selbst verlegt" und weiß, wie man Werbung macht. Wobei die Verkäufe vermutlich sofort einbrechen würden, wenn die Facebookseite, die Fernsehsendungen mit Werbung und die Rezensionskommentare wegfallen würden. Oder es Konkurrenz gäbe, die das Ganze in einem umfangreichen Buch ausführlicher und teilweise freundlicher beschreiben würde.


    Möglicherweise macht sie alles richtig und als Autor muss man heute aggressives Marketing betreiben, eine Fanbasis aufbauen, die neue Fans wirbt und dabei aggressiv vorgeht (Leute beschämen oder verunsichern, wenn sie die Bücher des Autors nicht gut finden, nicht lesen etc., so nach dem Motto "waaas?! Das MUSST du gelesen haben, das ist Standardlektüre zu diesem Genre! Wenn du das nicht kennst, lachen dich alle aus! Außerdem wirst du nie wieder so ein schönes/ spannendes/ lehrreiches etc. Buch wie DIESES lesen!"



    Allerdings: Die Deutschen lesen 7 bis 8 Bücher im Jahr. Also einige lesen gar keines. Andere dafür 20 bis 40 oder mehr. Eigentlich kaufen wir doch noch recht viele Bücher. Vielleicht sollte man das wieder ankurbeln. Möglicherweise hat der Trend, Gutscheine im weitesten Sinne zu verschenken, den Trend, Bücher zu verschenken abgelöst, so dass wieder mehr gekauft würde, wenn Bücherschenken wieder attraktiver würde?
    Wer früher nicht wusste, was er schenken sollte, schenkte einen Büchergutschein. Heute schenkt man Gutscheine für Möbelhäuser und Parfümerien, App-Gutscheine, Zalandogutscheine... da bleibt für die Bücher nicht mehr so viel übrig.



    LG von
    Keshia



    PS
    Wenn ihr so etwas lest, habt ihr dann auch ein schlechtes Gewissen bei Gebrauchtkäufen und Büchereibüchern?

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

    Einmal editiert, zuletzt von Keshia ()

  • Nein, kein schlechtes Gewissen. Ich kaufe auch nicht jedes Buch auf Lesungen, selbst wenn ich den Autor um eine Signatur im Album bitte.

  • John Wray saß auf dem Blauen Sofa auf der Buchmesse. Ein einziges Buch wurde hinterher signiert. Das zeigt wie schwierig das Geschäft is. Und er wird in einem großen Verlag veröffentlicht. Tut mir dann schon irgendwie leid.

  • Wenn ihr so etwas lest, habt ihr dann auch ein schlechtes Gewissen bei Gebrauchtkäufen und Büchereibüchern?


    Nein. Denn selbst wenn ich neue Bücher kaufe, sind deren Autoren meist seit Jahrhunderten tot. Allerdings unterstütze ich so immer noch Herausgeber, Übersetzer und Verleger, die meist noch leben. Und wenn ich antiquarische Bücher kaufe, dann welche, die im Neubuchhandel nicht (mehr) erhältlich sind.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Arbeiten so viele Menschen mit an der Buchveröffentlichung, dass für jeden nur ein paar Krümel übrig bleiben oder bleibt der größte Batzen Geld an einem der Beteiligten hängen, der nicht der Autor ist?


    Kurz gesagt: Ja. Es arbeiten so viele Menschen mit, die alle nicht reich werden. Es braucht nach dem Autor einen Lektor, einen Schriftsetzer, einen Korrektor, einen Grafik-Designer, einen Drucker, eine Spedition, ein Lager, einen Vertrieb mit Werbung, eine Auslieferung, einen Buchgroßhändler und einen Buchhändler, bevor das Buch beim Leser landet.


    Bei all denen macht es letzlich nur die Menge an Büchern, die sie betreuen, drucken, setzen, gestalten, kaufen und verkaufen, um davon leben zu können.


    Bloß der Autor erhält von der ganzen Truppe eben als einziger nur die Einkünfte seines eigenen Buches. Daher ist Schreiben kein 'Beruf', den man leicht zum Bestreiten des Lebensunterhaltes wählen kann. Darauf gibt es m. E. auch keinen Anspruch. Insofern ist das System auch nicht 'ungerecht'. Es sei denn, die Kunden wären bereit, sehr viel mehr Geld für Bücher zu bezahlen.

  • Und in Ergänzung zu Tomke: Es gibt einfach so viele Schriftsteller, die alle davon leben wollen. Man schaue sich nur mal die Liste der von mir besuchten Schriftsteller (im Messethread) an. Wenn ich das richtig überblicke, gibt es hier nicht wenige Leser, die keinen einzigen Autor meiner Besuchs-Liste je gelesen haben. Und bei diesen Lesern handelt es sich schon um Viel-Leser. Es gibt einfach so viele Möglichkeiten, Literatur auszuwählen.