H.G. Wells - Wenn der Schläfer erwacht

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    Wenn der Schläfer erwacht von H.G. Wells


    Klappentext:
    Graham passiert, wovon viele träumen: Einmal Herr der Welt sein. Allerdings ist die Art und Weise etwas merkwürdig und gefährlich, denn der junge Engländer fällt eines Tages in einen totenähnlichen schlaf und wacht exakt 203 Jahre später wieder auf - im London des 22. Jahrhunderts. Doch ihm bleibt kaum Zeit, den Schock des Aufwachens in dieser neuen Welt des Fortschritts und der technischen Wunder zu überwinden und seine neue Stellung zu genießen.
    Dieser Roman von 1899 ist ein prophetisches Buch der großartigesten Visionen. H.G. Wells zeichnet darin den Idealisten, der an den Realitäten der Macht scheitern muß, eingekleidet in eine grandiose Abenteuergeschichte.


    ***


    Ich bin inzwischen gut über die Hälfte des Buches und bin wirklich sehr angetan davon. Was Wells da auf verhältnismäßig wenige Seiten (228 Seiten) ausbreitet, würde heutzutage wahrscheinlich mindestens eine Dystopie-Trilogie füllen. Dabei ist es absolut faszinierend, was er 1899 bzw. 1911 (er selbst hat das Buch 10 Jahre nach Ersterscheinen überarbeitet) vorhergesehen hat. Windparks , Fernsehen, direkte Ton/und Bildübertragung, also sowas wie Skype in etwa und noch so einiges mehr. Gleichzeitig ist es eine Art allgemeingültige Erzählung über Revolutionen, Regierungsformen und Umbrüche, dabei aber auch absolut flüssig zu lesen.
    Natürlich ist auch einiges in Wirklichkeit anders gelaufen, es gibt noch Eisenbahnen, die wurden in dem Buch bereits absgeschafft, alles Städte sind komplett überdacht usw , andererseits, unsere riesigen Einkaufscenter sind ja schon sowas in der Art und wir haben ja noch 100 Jahre Entwicklung vor uns ^^ .
    Neben all diesen Vorausahnungen stellt aber eigentlich die Kritik an Gesellschaftsystemen und Machtstrukturen den eigentlichen Mittelpunkt der Geschichte dar. Graham erwacht - zu einem sehr instabilen Zeitpunkt als der reichste Mann der Welt, dem die halbe Welt "gehört". Vieles ist im Umbruch, das Volk revoltiert unter der Führung des mysteriösen "Ostrog" gegen den "großen Rat" , der die momentane Regierung bildet.
    "Der Schläfer" Graham selbst ist Legende und niemand rechnete mehr mit seinem Erwachen, gleichzeitig bildet er das Zentrum der aktuellen Regierungsform, der "große Rat" hatte sich vor 150 Jahren aus der Treuhändergruppe von Grahams Vermögen (von dem er nicht einmal wußte daß er es besitzt) herausgebildet. Alle widerstreitenden Mächen buhlen um seine Unterstützung, er selbst wird aber kaum gefragt, soll nur Marionette für die jeweiligen Machthaber sein.
    Erzählt wird das sehr anschaulich über die Gedankenwelt und Erlebnisse des "Schläfers" .

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



    Einmal editiert, zuletzt von Firiath ()

  • "Wenn der Schläfer erwacht"
    von H.G. Wells



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    228 Seiten
    Erstveröffentlichung "When the Sleeper wakes" von 1899, vom Autor 1911 überarbeitet
    meine Ausgabe übersetzt von: Ida Koch-Loepringen



    Autor:
    Herbert George Wells wurde am 21.9.1866 in Bormley, Kent geboren und starb am 13.8.1946 in London. Zunächst versuchte er sich mäßig erfolgreich als Tuchhändlerlehrling, später studierte er für drei Jahre u.a. Physik, Chemie, Biologie und andere Naturwissenschaften, machte einen Abschluß in Zoologie. Er engagierte sich auch intensiv politisch. Gesundheitliche Gründe zwangen ihn später zu ausschließlich sitzender Tätigkeit so daß er seine bereits in Studienjahren entdeckte schriftstellerische Tätigkeit ausweitete. Bald darauf erschienen seine ersten Romane.



    Klappentext:
    Graham passiert, wovon viele träumen: Einmal Herr der Welt sein. Allerdings ist die Art und Weise etwas merkwürdig und gefährlich, denn der junge Engländer fällt eines Tages in einen totenähnlichen schlaf und wacht exakt 203 Jahre später wieder auf - im London des 22. Jahrhunderts. Doch ihm bleibt kaum Zeit, den Schock des Aufwachens in dieser neuen Welt des Fortschritts und der technischen Wunder zu überwinden und seine neue Stellung zu genießen.
    Dieser Roman von 1899 ist ein prophetisches Buch der großartigesten Visionen. H.G. Wells zeichnet darin den Idealisten, der an den Realitäten der Macht scheitern muß, eingekleidet in eine grandiose Abenteuergeschichte.



    ***



    Was H.G. Wells da auf verhältnismäßig wenige Seiten ausbreitet, würde heutzutage wahrscheinlich mindestens eine Dystopie-Trilogie füllen. Dabei ist es absolut faszinierend, was er an technischen Entwicklungen vorhergesehen hat. Windparks , Fernsehen, unmittelbar Ton/und Bildübertragung und noch einiges mehr. Gleichzeitig ist es eine Art allgemeingültige Erzählung über Revolutionen, Staatsformen und Umbrüche und deren Schwierigkeiten, dabei aber auch absolut flüssig zu lesen.


    Trotz sämtlicher technischer Details und Zukufntsvisionen stellen die Gedanken zu Gesellschaftsystemen und Machtstrukturen den eigentlichen Mittelpunkt der Geschichte dar. Graham erwacht - zu einem sehr instabilen Zeitpunkt als der reichste Mann der Welt, dem mehr oder weniger die Welt "gehört". Vieles ist im Umbruch, das Volk revoltiert unter der Führung des mysteriösen "Ostrog" gegen den "großen Rat" , der die Regierung bildet.


    "Der Schläfer" Graham selbst ist Legende und niemand rechnete mehr mit seinem Erwachen. Gleichzeitig bildet er das Zentrum der aktuellen Regierungsform, der "große Rat" hatte sich vor 150 Jahren aus der Treuhändergruppe von Grahams Vermögen (von dem er nicht einmal wußte daß er es besitzt) herausgebildet. Alle widerstreitenden Mächte buhlen um seine Unterstützung, er selbst wird aber kaum gefragt, soll nur Marionette und Aushängeschild für die jeweiligen Machthaber sein.


    Erzählt wird das alles sehr anschaulich über die Gedankenwelt und Erlebnisse des "Schläfers" . Anfangs ist Graham vollkommen überfahren von dieser neuen Welt und seinem Schicksal, wird aber sofort in den Strudel der Ereignisse hineingezogen die sein Aufwachen auslöst . Schon steckt er mitten in einer Revolution.


    Kurzzeitig versucht er sich in Realitätsflucht, läßt sich auf das Spiel ein, ihn mit angenehmen Dingen zu beschäftigen, damit er nur ja nicht zu genau hinsieht, wovon er da als „Herr“ gefeiert wird. Er begeistert sich für die Errungenschaften der neuen Technik, will unbedingt Pilot werden, endlich fliegen, ein Traum seines alten Lebens der sich erfüllt mit den "Aeroplanen". Hier mutet es für den modernen Leser schon nostalgisch an wie diese Fluggeräte aufgebaut sind. Auch die Rohrpost in inzwischen doch überholt, auch die Emanzipation ist inzwischen, zum Glück, doch ein bisschen weiter (obwohl Wells schon erkannt hat daß sich das was tun wird) . Aber genau so etwas macht für mich u.a. auch den Charme solch älterer Lektüre aus.


    Wie im Zeitraffer zieht eine 200-jährige fiktive Geschichte am Leser vorbei, in welche man viel hinein interpretieren könnte, da ist u.a. von einem „Führer“ die Rede und später von einem weltumspanneden Krieg von Sozialismus und Arbeiterklassen, von der Integration bisher gefürchteter Völker, von dem Ausgrenzen anderer. Mal herrscht der „große Rat“ ,mal herrscht der Führer, letztlich herrscht immer Geld und der Wille zum Machterhalt, die bejubelten "Heilsbringer" fallen auch schnell wieder in Ungnade und Graham der Schläfer versucht mitten in all dieser Wirren immer wieder zurück zu sich und seinen alten, noch dem viktorianischen Zeitalter entstammenden Idealen zu finden, zu erkennen was nun richtig und was falsch ist. Vorheragen haben immer schon davon gelebt interpretationsfähig zu sein, so auch hier, es bleibt jedem selbst überlassen was er als Vorahnung, was als reine schriftstellerische Fiktion annehmen will.


    Deutliche Anklänge der Ideen und Gedanken in Huxleys „Brave new World“ (1923) und Orwells „1984“ (1949) finden sich jedenfalls bereits in diesem älteren Werk von Wells. Manipulation erfolgt in seiner Zukunft durch Hypnose, willentlich und käuflich für den Einzelnen oder unbewußt für "die Massen" und teilweise ähnlich wie bei Orwell durch Dauerbeschallung mit sogenannter Information. Über Kinder und ihre Erziehung denkt man in diesem Londen des 22. Jahrhunderts ähnlich wie in Huxleys schöner neuer Welt.


    Letzlich erkennt Graham daß die wirklichlichen Probleme der Menschheit, trotz allen, vordergründig blendenden Fortschritts, nicht gelöst sind, die Welt und die Jahrhunderte sich weiterhin an dem Satz „Alle Menschen sind gleich“ reiben.


    Ein kleiner Kritikpunk, der mir immer mal wieder durch den Kopf ging beim Lesen, ist die doch arge Straffung der Handlung: Das Geschehen fliegt in eiliger Hast vorbei, wie ein Husarenritt durch 200 Jahre in wenigen Tagen. Andererseits: Unglaublich was man auf 228 Seiten unterbringen kann und bezogen auf das Ende der Geschichte wird die Hast auch wieder plausibler.


    Eine Buch, das zu lesen sich auf jeden Fall lohnt, flüssig und spannend zu lesen, eine große abenteuerliche Geschichte auf wenigen Seiten und dennoch von tieferem Gehalt und jeder Menge Stoff um Darüber nachzudenken. Für mich ist bei solchen Klassikern immer wieder die Fähigkeit Einzelner zum folgerichtigen Weiterdenken von zu seiner Zeit aktueller Entwicklungen und Tendenzen faszinierend. Interessant wäre zu wissen wer heute diese Weiterdenker sind, die vielleicht in 100 Jahren gelesen werden, mit dem Gedanken ".. und das hat er alles vorhergesehen?" .



    4ratten

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



  • Meine Meinung

    Was H.G. Wells da auf verhältnismäßig wenige Seiten ausbreitet, würde heutzutage wahrscheinlich mindestens eine Dystopie-Trilogie füllen

    Das stimmt. Wells fasst sich für meinen Geschmack oft zu kurz, auch hier hat er sich aufs Wesentliche beschränkt. Dabei hätte ich gerne mehr über die neue Welt gelesen, in der der Schläfer erwacht und auch gerne mehr erfahren, warum sie sich in diese Richtung entwickelt hat.


    Interessant fand ich, wie viel sich von den Errungenschaften der neuen Welt sich wirklich bei uns wiederfindet oder wiedergefunden hat. Auch kamen mir einige Motive schon bekannt vor, wobei ich nicht mehr sagen kann, aus welchem Buch genau. Offensichtlich beschäftigt nicht nur Wells die Idee, wie es mit der Gesellschaft weitergeht.


    Von allen Romanen, die ich bis jetzt von H.G. Wells gelesen habe, ist dieser derjenige, der mir am besten gefallen hat.

    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Auch kamen mir einige Motive schon bekannt vor, wobei ich nicht mehr sagen kann, aus welchem Buch genau.

    George Orwells "1984"? Aldous Huxleys "Brave New World"? Jewgeni Samjatins "Wir"? William Morris’ "News from Nowhere"? Edward Bellamys "Looking Backward, 2000-1887"? Louis-Sébastien Merciers "L’An 2440, rêve s’il en fut jamais"?


    Da ist ein ganzer Klüngel von Geschichten, die teils auch von einander abhängen...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Es war ein Buch, das ich vor nicht so langer Zeit gelesen habe und die von dir genannten sind nicht dabei. Aber ich bin sicher, irgendwann fällt es mir wieder ein.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.