Sarah Perry - Die Schlange von Essex

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    Cora Seaborne ist noch sehr jung, als sie den älteren Michael heiratet. Er hat bestimmte Vorstellungen von seiner Ehefrau und will Cora nach seinen Wünschen formen. „Wäre das nicht etwas -ich breche dich und heile deine Wunden mit Gold.“ Nachdem er verstorben ist, fühlt sich Cora frei, das zu tun, was ihr beliebt. Sie reist nach Essex und streift dort durch die Gegend, immer auf der Suche nach besonderen Funden. Die Bewohner der Gegend haben Angst vor einer geflügelten Seeschlange und alles Schlimme und Unerklärliche, was geschieht, wird vermeintlich von diesem Ungeheuer verursacht. Durch Bekannte lernt Cora den Pfarrer William Ransome und seine Familie kennen. Während Cora als Anhängerin Darwins alles mehr aus dem wissenschaftlichen Aspekt betrachtet, beruft sich Will auf seinen Glauben an Gott.
    Dieses Buch wurde ausgezeichnet mit dem Britischen Buchpreis 2017 für den besten Roman des Jahres. Obwohl mich der außergewöhnliche Schreibstil der Autorin mit den vielen Bildern durchaus begeistert hat und ich dieses Buch mag, kann ich dennoch nicht in solche Begeisterungsstürme ausbrechen. Einiges finde ich ein wenig langatmig dargestellt, so dass ich immer wieder auch einmal schwer tat mit dem Lesen.
    Alle Charaktere von Cora angefangen sind sehr eigenwillig, aber auch sehr menschlich. Nachdem ihr Mann ihr nicht mehr handgreiflich klar machen kann, wie sie zu leben hat, tut sie das, wozu sie Lust hat, ohne auf das Gerede der Leute zu achten. Obwohl sie ihren verschlossenen und eigenartigen Sohn liebt, lässt sie ihn machen und hält Distanz. Ohne das Kindermädchen Martha, das auch eine gute Freundin für Cora ist, hätte Cora das alles wahrscheinlich nicht ertragen. Aber auch Will ist nicht der typische Pfarrer. Er ist eine liebevoller Vater und Ehemann und hat auch einige Marotten. Cora hat es ihm angetan und sie kommen sich immer näher. Daneben gibt es aber noch eine ganze Reihe anderer Personen, die ihre Eigenheiten haben und oft sogar etwas schrullig sind.
    Der Roman spielt in einer Zeit, als die Industrialisierung auch das Elend der Menschen in den Städten verstärkt. Martha kämpft gegen Standesunterschiede und dafür, dass es diesen Menschen in London besser geht.
    Obwohl der Disput „wissenschaftliche Erkenntnis gegen die Glaubenslehre der Kirche“ eine wichtige Rolle spielt, geht es auch um Beziehungen und die Liebe. Aber es gibt kein Liebesgeplänkel und kein romantisches Getue. Auch das Ende finde ich sehr passend.
    Ein schöner historischer Roman, der aber so ganz anders war, als ich aufgrund des Klappentextes erwartet hatte. Anders als der Titel des Buches denken lässt, nimmt die Schlange auch nur eine Nebenrolle ein. Es ist garantiert kein Buch, dass man mal so eben herunterliest. Auf dieses Buch muss man sich einlassen. Trotzdem kann ich das Buch nur empfehlen.


    4ratten

  • Danke für die Rezi :winken: Das Buch ist mir gleich in zwei Feuilletons aufgefallen. Notiert ist es schon und lesen werde ich es sicherlich. Dann ist es umso schöner, noch eine positive Meinung dazu zu lesen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

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    "Wenn wir der Versuchung widerstehen, dann gewöhnlich deshalb, weil die Versuchung schwach ist und nicht, weil wir stark sind." (François VI. Duc de La Rochefoucauld)

    London 1893:
    Die junge Cora Seaborne will mit ihrem Sohn Francis nach dem Tod ihres Mannes ein neues Leben beginnen. Sie freut sich auf ihre neu gewonnene Freiheit, den ihre Ehe mit ihrem Mann Michael war nicht gerade einfach gewesen. Sie hatte nie in diese Gesellschaft Londons gepasst. Darum ist sie auch froh, dass sie ein paar Tage in Aldwinter bei Essex verbringen kann, dort lernt sie auch das Pastorenehepaar Ransome kennen. Auf Anhieb versteht sie sich mit Stella Ransome sehr gut. Doch in Aldwinter geht das Gerücht, um das es von der Schlange von Essex heimgesucht wird. Immer wieder verschwinden Tiere oder werden tot aufgefunden, am Neujahrsmorgen findet man dann noch die Leiche eines jungen Mannes. Für Cora, die die Lehre Darwins liebt, ist sofort klar, dass es bestimmt eine unbekannte Tierart sein würde, die sich ihr irgendwann offenbaren wird. Pfarrer Will Ramsone hingegen glaubt nicht an Legenden und mystische Dingen, er denkt, dass es für das ganze eine einfache Erklärung gibt. So entwickelt sich zwischen den beiden eine besondere Beziehung, die in Diskussionen, Briefen bis hin zur Liebe führt. Doch diese Liebe steht unter keinem guten Stern den Will ist verheiratet und Stella ist dazu noch schwer erkrankt. Trotzdem wird ihre Begegnung ihr Leben verändern.


    Meine Meinung:
    "Etwas Geteiltes ist ein Ding, das zerrissen wurde und gleichzeitig ist es das, was zwei Menschen verbindet." (Auszug aus dem Buch) Dieses literarische Werk spielt zu viktorianischen Zeit Englands, als es viele Nöte in Form von Hunger, Armut und gleichzeitig der Spalt zwischen Arm und Reich immer mehr auseinanderdriftet. Wohnungen in London sind Mangelware oder zu teuer, Legenden werden in den kleinen Orten Englands verbreitet, viele werden durch Aberglaube beherrscht. Die Autorin hat dies alles in ihrem Buch aufgegriffen und in ihrem Roman verarbeitet. Es geht also nicht nur um die Legende eines Meerungeheuers, das es damals wirklich gab, sondern auch um die Lebensumstände zu dieser Zeit. Aber auch der Glauben, die Naturwissenschaft und wie selbst ein Pfarrer an die Grenzen seines Glaubens kommt, wird hier aufgezeigt. Der Schreibstil ist sehr schön, blumig, bildhaft, aber teilweise auch wieder nicht einfach. Dieses Buch kann man nicht einfach nur so zu Unterhaltung lesen und es wird sicher auch nicht jedermanns Geschmack sein. Meiner Ansicht kommt die Autorin nicht an Charles Dickinson heran, da ich seine Bücher sehr schätze. Trotzdem bin ich beeindruckt, wie diese junge Autorin diese damalige Zeit schildert. Vielleicht hätte man das eine oder andere Kapitel etwas abkürzen können und auch das Ende hat mich ein wenig enttäuscht zurückgelassen. Aber allemal ist es ein sehr guter zeitgenössischer Roman, dem ich 4 vom 5 Sterne gebe.

  • Mir hat das Buch nach minimalen Einstiegsschwierigkeiten doch anfänglich gut gefallen. Ich fand die Charaktere Cora Seaborne und Luke Garrett sehr ansprechend und war auf ihre Entwicklung gespannt. Außerdem mochte ich die mystische Atmosphäre durch die sagenumwobene Schlange von Essex.


    Mein Hauptproblem mit dem Buch war dann, dass meine Erwartungshaltung durch den Klappentext irgendwie nicht erfüllt wurde. Ich fand die Liebesgeschichte, die im Prinzip eine Dreiecksgeschichte ist, leider nicht so romantisch, wie erwartet. Der dafür wichtige Charaktere Will hat mir jedoch gut gefallen, letztendlich sogar mit Dr. Garrett am interessantesten. Die titelgebende Schlange sorgt für die einzige Spannung im Buch, allerdings auf etwas verrückte Art und Weise. Beispielsweise war ich beim Lesen einer Szene in der Schule von Aldwinter sehr verstört, weil ich nicht verstanden hatte, weshalb die Kinder aufeinmal so hysterisch lachen. Zunächst dachte ich, etwas überlesen zu haben, aber nein, die Situation wird erst später erklärt.


    Anderes Problem des Buches sind die vielen Charaktere, bzw. der Versuch, ihnen allen viel Präsenz einzuräumen. Sie sind interessant gestaltet (obwohl mir zum Beispiel Cora eigentlich die ganze Zeit unsympathisch blieb) und vielschichtig, verlängern das Buch aber dadurch ungemein.


    Fazit


    Für meinen Geschmack driftet die Autorin in zu viele kleine Einzelheiten und zu viele Charaktere ab, die das Lesen irgendwann zu einer zähen Angelegenheit machten. Für mich war es irgendwie auch unausgewogen, worum es eigentlich gehen soll. Es werden einfach auch viele Themen/Reibungspunkte angesprochen: Frauen vs. Männer, Religion vs. Wissenschaft, Liebesgeschichte, Wohnungssituation in London, Medizin zur damaligen Zeit (was ich am interessantesten fand) und dann noch die mystische Schlange.


    Meiner Meinung nach muss man es nicht unbedingt lesen.


    2ratten

  • Meine Meinung


    The Essex serpent spielt mit dem Aberglauben der Menschen. Obwohl die Geschichte in einer Zeit spielt, in der Geschichten wie die der Schlagen eher zu den alten Legenden gehören, ist die Kreatur für die Menschen in Aldwinter real. Alles Schlimme, was ihnen zustößt, wird auf die Schlange geschoben. Und man könnte es fast glauben, denn auch die Autorin verstärkt mit ihrem Stil diesen Eindruck. Da hilft es nicht, dass manche Ereignisse logisch erklärt werden können. Die Furcht ist zu groß.


    Im Lauf der Zeit wird es für Will Ransome immer schwieriger, dem alten Aberglauben mit den Worten der Bibel entgegen zu treten. Das mag auch daran liegen, dass seine persönliche Situation immer schwieriger wird. Irgendwann ist er an einem Punkt gelangt, an dem sich seine Gedanken nicht sehr von denen der übrigen Bewohner von Aldwinter unterscheiden.


    Es ist eine Geschichte von alt gegen neu. Alter Aberglauben gegen neue Erkenntnisse, neue Heilmethoden. Wo immer die beiden aufeinander treffen, gibt es Konflikte. Ob es die Anwendung von Hypnose ist oder eine neue Operationsmethode- alle muss hart erkämpft werden und führt nicht immer zum gewünschten Effekt, manchmal eher zum Gegenteil.


    Anderes Problem des Buches sind die vielen Charaktere, bzw. der Versuch, ihnen allen viel Präsenz einzuräumen. Sie sind interessant gestaltet (obwohl mir zum Beispiel Cora eigentlich die ganze Zeit unsympathisch blieb) und vielschichtig, verlängern das Buch aber dadurch ungemein.


    Gerade das hat mir an The Essex serpent gut gefallen. Jeder Charakter war lebendig beschrieben und hatte einen wichtigen Platz in der Geschichte, auch wenn er nicht ständig präsent war. Ich finde nicht, dass die Beschreibungen das Buchverlängert haben, sondern bereichert.


    Ich hatte von The Essex serpent eine etwas andere Geschichte erwartet, die mehr in Richtung Phantasy geht. ein Genre, in dem ich mich nicht immer wohlfühle. So aber hat mich Buch angenehm überrascht.
    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Mir hat "Die Schlange von Essex" in der deutschen Übersetzung nicht gefallen. Bevor ich mich da durchquäle, bringe ich das Buch lieber wieder zurück in die Bibliothek. :)

  • Mir hat "Die Schlange von Essex" in der deutschen Übersetzung nicht gefallen.

    Das ist schade. Lag es an der Übersetzung oder generell am Buch? Ich habe die englische Ausgabe gelesen, sie hat mir sehr gut gefallen. Vielleicht wäre die etwas für dich.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Kirsten: Es lag wahrscheinlich an der Übersetzung. Vielleicht probiere ich es mal in der englischen Originalversion. :)

  • Auf dieses Buch hat mich das schöne Cover aufmerksam gemacht, das allerdings nur teilweise zum Inhalt passt, und die im Klappentext angerissene Thematik hat mich zum Kauf veranlasst.

    Die Inhaltsangabe wurde oben schon mehrfach gut geleistet, deshalb spare ich sie mir. Das Buch hat mich nicht enttäuscht, aber auch nicht begeistert. Es ist leicht zu lesen, nicht so durchschnittlich wie viele andere Bücher mit ähnlichen Settings, aber es hat auch Mängel.

    Gut haben mir, wie dir Kirsten, die Charaktere gefallen, die Ärzte, Bewohner des Fischerortes, der Bettler von Colchester und auch die Kinder, besonders der kleine Autist Francis, dessen Besonderheit man damals noch nicht erklären konnte, das ist besonders schön herausgearbeitet. Mit den Frauen hatte ich meine Schwierigkeiten: Stella ist mir zu ätherisch-übermenschlich, Martha zu inkonsequent dargestellt, ihre Entwicklung geht mir am Ende zu hopplahopp. Das gilt auch für Cora, ein interessanter Charakter, deren Widersprüchlichkeit ich durchaus als authentisch empfinde. Aber, das wurde schon oben mehrfach deutlich: Sie ist sperrig, und es fällt schwer, sie zu mögen. Daher überrascht dann ihre große Anziehungskraft auf andere Menschen. Auch ihre Leidenschaft für die Naturwissenschaften ist nicht wirklich tief, denn sie dilettiert auf allen möglichen Feldern und schmeißt dann auch wieder hin. Natürlich kann man das damit erklären, dass sie als Frau damals keine Chance auf eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung hatte, aber der Zugang zu Büchern war da, und Naturwissenschaften verlangen Systematik, die sehe ich bei ihr nicht. Der stärkste und sicherlich "romantischste" Charakter ist Luke Ransome. Der Schluss ist in Ordnung, aber das Buch insgesamt lässt mich nicht so recht zufrieden zurück. Aber ich werde nach einem der Quellenbücher fahnden, das Sarah Perry in ihrem Nachwort nennt: "Inventing the Victorians" von Matthew Sweets, denn die Widersprüchlichkeit der dargestellten spätviktorianischen Epoche wird im Roman sehr gut deutlich und verlangt nach mehr Information.