Sigridur Hagalin Björnsdottir - Blackout Island

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    Blackout Island ist eines der Bücher, die einem die Kehle zuschnüren, eine Gänsehaut verursachen und einen nachts nicht gut schlafen lassen. Sigridur kreiert in ihrem Buch ein Szenario, das kaum realistischer und glaubhafter wirken kann. Und es ist so erschreckend.

    Von einem Tag auf den nächsten verliert Island jeden Kontakt zum Rest der Welt. Keine Flieger oder Schiffe kommen mehr an. Telefon und World Wide Web sind zusammengebrochen. Niemand weiß, was vor sich geht und auch der Leser wird darüber auch am Ende nicht aufgeklärt, was das beklemmende Gefühl nur noch verstärkt.


    Wie die Figuren tappt man im Dunkeln, weiß nicht, wie es weitergehen soll und möchte am liebsten vor den sich entwickelnden Grausamkeiten der Gesellschaft davon laufen.


    Der ehemalige Journalist Hjalti ist dabei nur eine Perspektive, die in Rückblicken aus Svangi erzählt, was eigentlich passiert ist und wie es dazu kam, dass er in einem einsamen Fjord ein einsames Überlebensdasein fristet. Seine ehemalige Lebensgefährtin, die Violinistin Maria ist die zweite Perspektive. Dazwischen gestreut sind Hjaltis Erlebnisse von Beginn des Blackouts bis zu seinem Leben in Svangi, und ab und zu ein paar Eindrücke von Hjaltis Bruder, der Arzt ist.


    Maria, die zwar die isländische Staatsbürgerschaft hat, aber aus einem spanischsprachigen Land kommt, hat zwei Kinder von zwei verschiedenen Männern. Eine Tochter, Margaret und einen Sohn, Elias, der noch dazu dunkelhäutig ist.


    In ruhigem Erzählstil führt Sigridur die Leserin durch die Geschichte und lässt sie erleben, wie Islands Bevölkerung im Angesicht der drohenden Nahrungsmittelknappheit verroht und dem Ausländerhass verfällt. Dabei wird es niemals eklig oder zu brutal. Es sind alles subtile Dinge. Die Tatsache, dass Marias 13 jährige Tochter rebelliert und sich einer Gruppe randalierender Jugendlicher anschließt, die am Ende die Mädchen an erwachsene Männer von der Rettungswacht ausliefern und es der Leserin selbst überlassen bleibt, wieviel Missbrauch sie da hinein liest. Oder Maria, die irgendwann einen sicheren Hafen gefunden zu haben scheint, der aber doch wieder mit sexuellen Diensten verbunden war. Es sind Dinge wie diese, die die Beklemmungen auslösen. Die schockieren und einem den Atem stocken lassen. Aber auch Menschen, die nicht isländisch aussehen, gestrandete Touristen, die in einem Flughafen zusammengepfercht werden wie Vieh, wo sie halb verhungern bevor man sie auf großen Schiffen aufs Meer hinaus treibt. Zurück in die Heimat. Aber nach den bis dahin erlebten Grausamkeiten konnte ich nicht mehr daran glauben, dass diese Menschen wirklich an ein Ziel gebracht wurden. Wenn ich die Augen schloss, sah ich die verlassenen Schiffe auf hoher See, antriebslos mit tausenden Menschen an Bord, die elendig verhungerten, verdursteten, ertranken…


    Es ist ein grausames Szenario, das hier gezeichnet wird. Es gibt kein echtes Happy End. Es gibt kein Glück, keine Freude, lediglich den harten Kampf ums Überleben in einem Land, das nur wenig Ressourcen bietet und in dem noch dazu monatelang keine Sonne scheint.

    Man will eigentlich gar nicht mehr wissen, was der Blackout ist. Oder was ihn verursacht hat. Man will eigentlich nur das Buch zur Seite legen und froh sein, dass man es gut hat. Und dann blickt man auf die Nachrichten und die Schlagzeilen in den Zeitungen und denkt sich nur, dass man hoffentlich schon längst tot ist, wenn es alles Realität wird.


    Fazit:

    Blackout Island hat mich immens beeindruckt. Es ist eines meiner absoluten Lesehighlights bis jetzt und eines der intensivsten Bücher, das ich je gelesen habe. Ich kann es nur empfehlen. Action, Spannung, Horrorszenarien sucht man vergebens. Der Rest wirkt auf die Leserin ganz von allein und spricht für sich selbst.


    5ratten



    [PS: ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dem Buch in dieser Kategorie richtig bin. Ich würde es unter Suspense einordnen, aber da gibt es kein eigenes Unterforum]

    ~~ noli timere messorem ~~

  • Ich finde das hier schon passend - es hat ja eine Art Mystery-Touch, wenn auch vielleicht nicht im üblichen Sinne.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen