Karen Duve - Fräulein Nettes kurzer Sommer

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    Karen Duves Darstellung einiger lebensbestimmender früher Jahre der Annette von Droste-Hülshoff ist ein (für mich äußerst gelungener) Balanceakt zwischen romanhafter und historisch korrekter Darstellung.

    Obwohl die Autorin großen Wert darauf legt, Handlungsweisen und Gedankenwelt der Personen "zeitgerecht" darzustellen, sind die Figuren doch in ganz hohem Maße innerlich lebendig und auch historische Persönlichkeiten erfrischend "unverstaubt" dargestellt.

    Alle außerhalb des direkten Umfelds von "Nette" beschriebenen Szenen dienen dem Verständnis der späteren titelgebenden Vorkommnisse, die Handlung wird also trotz der verwirrendenden Vielfalt der mütterlichen Verwandtschaft (der Stammbaum am Anfang des Romans ist da sehr hilfreich..) nie ausschweifend, sondern bildet ein organisches Ganzes. Der lakonische Erzählton hat mir sehr gefallen - er wird nie aufdringlich und verhilft dem Ganzen zu zahlreichen dezent humorvollen Stellen.

    Die intensive Personenrecherche von Karen Duve, einschließlich etlicher erhaltener wörtlicher Zitate einzelner "Prominenter", die organisch eingefügt sind, ergibt einen sowohl informativen als auch "gefühlten" Einblick in diese jetzt schon seit 200 Jahren vergangene Zeit und einen völlig neuen Blick auf Annette von Droste-Hülshoff. Für mich jedenfalls war sie vorher nur eine etwas melancholisch blickende steife Gestalt auf historischen Porträts oder dem 20DM-Schein. Überraschung: Sie war ein Nerd. Und sie wurde gemobbt.