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Der Krieg ist endlich vorbei, und Henny, Ida und Lina versuchen ihr Leben neu zu ordnen, Verluste zu verarbeiten und in vielerlei Hinsicht Neues aufzubauen. Die vierte im Bunde, Käthe, ist nach wie vor verschollen. Zwar hat Henny geglaubt, sie in der Straßenbahn gesehen zu haben, doch seitdem haben sich ihre Wege nicht mehr gekreuzt - falls es Käthe überhaupt war. Und falls Käthe überhaupt noch bereit ist, mit Henny zu sprechen, war doch Hennys zweiter Mann nicht unschuldig daran, dass Käthe und ihre Mutter seinerzeit abgeholt wurden.
Allzu viel möchte ich hier gar nicht über den Inhalt des zweiten Bandes um die vier Hamburger Frauen verraten, die alle um die Jahrhundertwende geboren wurden. Auch dieses Buch ist ein gelungenes Porträt seiner Zeit - diesmal stehen die 50er und 60er Jahre im Mittelpunkt. Aufbau aus den Kriegstrümmern, die Gründung der Bundesrepublik und der DDR, der schwindelerregende Aufschwung in den Wirtschaftswunderjahren, die schmerzhafte Trennung zwischen Ost und West und schließlich die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche, die die Studentenbewegung der späten Sechziger auslösen will.
Die Freundinnen aus dem ersten Teil stehen sich immer noch nahe, aber sie sind kein fast schon kitschig verschworenes Trüppchen. Sie haben ihre Konflikte untereinander und ihre Herausforderungen wie auch Glücksmomente im persönlichen Leben. Eine Ehe scheint an Langeweile einzugehen, eine andere ist von ungewollter Kinderlosigkeit überschattet, hier träumt eine frühreife Tochter von einer glanzvollen Modelkarriere, dort findet ein homosexueller junger Mann seinen Weg und seine große Liebe. Die wohlbekannten Protagonistinnen kämpfen mit dem Älterwerden, müssen Abschied von der Elterngeneration und rücken selbst an deren Stelle, während aus den Kindern des ersten Bandes Erwachsene werden mit eigenen Vorstellungen, Vorlieben und Ansichten. Kurz, erneut präsentiert Carmen Korn uns hier ein großes, buntes und detailreiches Stück echtes Leben mit vielen sympathischen oder zumindest gut gezeichneten Figuren.
Es geht etwas glamouröser zu in diesem Band als im ersten, auch wenn es nach wie vor viele höchst bodenständige Protagonisten gibt - die Musik spielt eine tragende Rolle, vor allem auch die neuen Klänge, die, geprägt von Elvis und den Beatles, neuerdings aus dem immer beliebter werdenden Radio schallen, und auch die glitzernde Modewelt hat ihren Part.
Wie schon im ersten Teil kommen sehr viele Aspekte und einiges an Drama in einem kleinen Personenkreis zusammen, was manchmal ein bisschen unrealistisch erscheint, aber um einer guten Geschichte willen absolut hinnehmbar ist, zumal auch der zweite Band ausgesprochen gut unterhält und gleichzeitig ziemlich anschaulich vermittelt, was die junge Bundesrepublik in ihren ersten Lebensjahren bewegt hat, auch wenn der Fokus viel stärker auf den Erlebnissen der Charaktere ruht als auf dem geschichtlichen Hintergrund.