Kate Atkinson - Transcription/Deckname Flamingo

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 757 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

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    Frisch von der Schule weg wird Juliet Armstrong 1940 vom MI5 rekrutiert und einer Abteilung zugeteilt, die ein Nest von faschistischen Sympathisanten auszuheben versucht. Hauptsächlich besteht ihre Arbeit darin, Abhörprotokolle zu tippen, wenn sich ihr Kollege in der Nachbarwohnung mit Kontakten aus jenen Kreisen trifft, die ihn für einen Gleichgesinnten halten - einerseits fühlt sich das schon irgendwie aufregend an, oft genug ist es aber einfach nur anstrengend und gleichzeitig ein bisschen langweilig. Doch dann wandelt sich alles, als Juliet mit einer falschen Identität ausgestattet und in höhere gesellschaftliche Kreise eingeschleust wird, wo sie insbesondere die glühende Faschistin Mrs. Scaife ins Visier nehmen soll.


    Zehn Jahre später arbeitet Juliet als Produzentin beim Schulfunk der BBC. Eine ziemlich unglamouröse Angelegenheit, die nicht mal ein Büro im altehrwürdigen Broadcasting House mit sich bringt, aber Juliet ist es gar nicht so unrecht, jetzt ein eher unspektakuläres Leben zu führen. Allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass die Vergangenheit sie einholen und sogar in Gefahr bringen könnte. Aber auch - oder gerade? - beim Geheimdienst bleibt offenbar nichts für immer verborgen.


    Ich mag Bücher über weibliche Agentinnen, gerade während des 2. Weltkrieges, und ich schätze Kate Atkinson als großartige Erzählerin. Eine sehr gute Kombination also, die sich hier bietet, und ich wurde nicht enttäuscht.


    Juliets Geschichte ist kein klassischer Spionagethriller. Wir schauen ihr einfach bei dem über die Schulter, was sie tut, egal ob sie auf abenteuerlichem Wege flüchten muss, um nicht als Agentin aufzufliegen, oder bloß genervt ist vom x-ten miserablen Schulfunkmanuskript, das sie umschreiben muss, damit es überhaupt eine Chance hat, auch nur einem einzigen Schüler im Land zu gefallen. Kate Atkinson beherrscht die Kunst perfekt, Alltägliches genauso mitreißend zu schildern wie brisante Situationen in Diensten des MI5, und versteht es ausgezeichnet, ohne reißerische Tricks für Spannung zu sorgen, auch durch geschickt eingesetzte Zeitsprünge (wobei ich da ab und zu mal kurzzeitig etwas verwirrt war, es klärte sich aber immer rasch auf).


    Die Einblicke in Juliets Agentinnendasein im besonderen und die britische Gesellschaft zu Beginn des Krieges im allgemeinen sind faszinierend, was sicher auch daran liegt, dass die Autorin sich in jener Zeit bestens auskennt und mit vielen kleinen Details aufwartet, die vielleicht gar nicht so sehr auffallen beim Lesen, aber ungemein für Atmosphäre und Authentizität sorgen. Es wird auch sehr deutlich, wie sehr Juliet psychisch gefordert und belastet ist - der geringste Fehler, das kleinste Verplappern könnte das Aus bedeuten, und wem sie wirklich trauen kann, ist beileibe nicht immer klar.


    Am Ende ging es mir ein bisschen zu schnell mit ein paar Entwicklungen, aber bis dahin habe ich mich großartig unterhalten, viele interessante Dinge gelernt und mich zwischendurch auch köstlich amüsiert, denn so ernst das Thema ist, staubtrocken-schwarzer Humor schleicht sich immer wieder ein und sorgt für ein wenig Auflockerung.


    Abgerundet wird das Buch durch ein Nachwort, in dem die Autorin erläutert, was Fakt und was Erfindung ist, wovon sie besonders inspiriert wurde und auf welche Quellen sie sich gestützt hat. Besonders schön für Leseratten: es gibt auch einige Tips zum Weiterlesen, sowohl für Sachbuch- als auch für Romanleser*innen.


    Kate Atkinson ist für mich definitiv eine tolle Entdeckung, und ich freue mich, dass es noch einiges von ihr gibt, was ich noch nicht kenne.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das hört sich danach an, dass es auch was für mich sein könnte - bisher kenne ich Kate Atkinson nur dem Namen nach. Danke für die Rezi, liebe Valentine!

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    Julia Armstrong ist erst 17 als ihre Mutter stirbt und in England klopft der 2. Weltkrieg an die Tür. Sie beginnt für den MI5 zu arbeiten und nach kurzer Zeit ist si an einer Operation beteiligt, die Nazi-Sympathisanten belauscht, ihre Aufgabe ist es, die Protokolle zu tippen.


    1950: Der Krieg ist vorbei und alle wollen ihn vergessen, aber auch wenn Julia mittlerweile für den BBC arbeitet, ist sie wohl nicht vergessen worden - plötzlich tauchen alte Freunde oder auch Nicht-Freunde auf und sie fühlt sich bedroht.


    Am Ende zeigt sich, wer denn nun in Wirklichkeit für wen arbeitete, einiges davon hat mich irritiert, aber wahrscheinlich habe ich nur nicht ordentlich aufgepasst und es waren deshalb etwas zu viele Verwicklungen für mich.


    Ich mag aber vor allem die Alltäglichkeit dieses Romans. Während im Hintergrund das Weltgeschehen stattfindet geht es im Kleinen dann auch darum, wer den Tee kocht oder hinterher aufräumt (meistens die Frauen, wie auch Julia treffend feststellt). Das Aufeinandertreffen dieser Welten zu beschreiben, gelingt Atkinson hervorragend und wenn Julias Gedanken immer mal wieder ein Grinsen bei mir auslösten, ist das nur noch ein weiterer Pluspunkt.


    4ratten

  • illy: schön, dass es Dir auch gut gefallen hat!


    Die Zusammenhänge waren schon komplex, ich weiß auch nicht, ob ich alles richtig kapiert habe. Aber mich haben auch gerade die alltäglicheren Szenen beeindruckt. So was gut zu schreiben ist eine Kunst - die Atkinson wirklich großartig beherrscht.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Meine Meinung:


    Gefühlt habe ich eine Ewigkeit gebraucht, "Deckname Flamingo" zu lesen. Immer wenn ich es zur Hand genommen habe, habe ich darin wirklich gerne gelesen. Es ist sehr faszinierend geschrieben und ich lese gerne über weibliche Spione während des zweiten Weltkrieges. Außerdem war mir tatsächlich über die Operationen des MI5 gegenüber dem Right Wing in England nur wenig bekannt. Trotzdem fiel es mir ebenso einfach das Buch immer wieder für andre Lektüre zu unterbrechen.

    Manches hat mich auch ehrlicherweise verwirrt, Illy hat es ja schon angesprochen, ich habe tatsächlich nicht so ganz verstanden, wer denn nun für wen wann gearbeitet hat :lachen:

    Ich frage mich gerne mal, was eigentlich Spione machen, wenn sie keine Spione mehr sind. Bleiben sie für immer Spione/Spioninnen oder leben sie irgendwann ein anderes Leben? Julias Arbeit für den BBC fand ich spannend, da ich die Geschichte des Rundfunk generell interessant finde. Außerdem kommt auch gerade dadurch Humor in die Handlung, denn Julia hat einige recht Spitze Bemerkungen über ihre Arbeit auf Lager *g*


    Es gelingt der Autorin sehr gut, durch wenige Worte teilweise, in die jeweilige Zeit einzufinden. Wie Valentine schon bemerkte, schafft sie durch Kleinigkeiten Authentizität. Das gefiel mir ebenfalls sehr gut.

    Manches wirkt auf den ersten Blick etwas langweilig, die Arbeit einer Spionin wie Julia ist oft uninteressanter gewesen, als man sich das heute im Hinblick auf James Bond und Co. vorstellt. Ellenlanges abtippen von Protokollen, langweilige Gespräche die man nur deshalb führt, damit einem vertraut wird. Trotzdem merkt man auch, das die Rückblicke sich in gewisser Weise auf ein Ereignis zubewegen, das zeigt das Julia vielleicht nicht ganz so harmlos ist und vielleicht nicht ganz so in die Sache hineingestolpert ist, wie es aus ihrem Blickwinkel dargestellt wird. Ich habe nicht den Eindruck, sie wirklich kennen gelernt zu haben. Eher kenne ich die Rolle, die sie auch nach dem Krieg begonnen hat ein zu nehmen.


    Es hat mich wie gesagt oft dann nicht dazu gezogen, den Roman weiter zu lesen. Das hat sicher auch dazu beigetragen das ich über die zahlreichen Figuren ein wenig den Überblick verloren habe.


    Atkinson hat mich neugierig auf Spioninnen gemacht *gg*

    Aber ein echtes Highlight ist der Roman dann leider nicht geworden. Ich denke zum Teil lag das auch an den vielen Unterbrechungen. Trotzdem würde ich "Deckname Flamingo" empfehlen, vor allem dann, wenn man eher an historischer Authentizität als an Abenteuergeschichten a la James Bond interessiert ist.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • HoldenCaulfield : freut mich, dass Du insgesamt doch ein positives Fazit ziehst.


    Gerade, dass der Spionagekram oft eher öder Alltag als aufregendes Abenteuer war, hat mich in diesem Buch angesprochen. Aber verwirrt war ich auch öfter :breitgrins: Und ja, es ist nicht unbedingt ein Buch, das Unterbrechungen gut verträgt.


    Noch mal eine blöde Frage: heißt die Protagonistin in der deutschen Version wirklich Julia und nicht Juliet? Das ist ja echt albern.

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