Mary Pat Kelly - Of Irish Blood

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    Chicago, 1903. Nora Kelly ist jung, modebewusst und nicht auf den Mund gefallen und hat Glück, dass eine Auseinandersetzung am Arbeitsplatz nicht mit ihrem Rauswurf endet, sondern ihr eine neue Chance als Modedesignerin für einen Versandhauskatalog bietet. Ihr Glück scheint perfekt, als ihr auch noch der charmante Tim McShane begegnet und eine leidenschaftliche Affäre beginnt.


    Im Laufe der folgenden Jahre zeigt sich Tim mehr und mehr von seiner schlechtesten Seite, und als er Nora gegenüber gewalttätig wird und sie um ihr Leben fürchtet, ergreift sie die Flucht und landet in Paris, wo sie Anstellung bei einer Schneiderin findet, die sich als begabte Imitatorin der gefragtesten Modeschöpfer einen Namen gemacht hat.


    Nora ist überrascht, dass es in Paris eine lebendige Community irischstämmiger Menschen gibt, darunter zahlreiche Verfechter der Unabhängigkeit wie Maud Gonne, die ewige Geliebte des Dichters W. B. Yeats. Obwohl sie noch nie einen Fuß in das Land ihrer Vorfahren gesetzt hat, schlägt Noras Herz doch sehr für Irland, das sie aus den Erzählungen ihrer Großmutter kennt, die damals vor der großen Hungersnot nach Amerika geflohen ist, und sie lässt sich bereitwillig für die Sache rekrutieren.


    Unter den Pariser Iren ist auch der junge Professor Peter Keeley, der zur Geschichte irischer Familien forscht und Nora bald nicht mehr aus dem Kopf geht, sehr zur Freude von Pater Patrick, einem herzensguten Priester aus dem irischen Priesterseminar von Paris, der nichts lieber hätte, als die beiden eines Tages trauen zu dürfen. Doch Peter meint, er sei als armer Gelehrter kein guter Fang für eine Frau wie Nora.


    "Galway Bay", den Vorgängerband dieses Buches, der die Geschichte von Noras Großeltern- und Elterngeneration erzählt, habe ich richtiggehend geliebt und war deshalb sehr neugierig auf die Fortsetzung.


    Doch leider hält "Of Irish Blood" nicht, was Teil 1 verspricht. Das beginnt schon damit, dass ich mit Nora nicht wirklich warm geworden bin. Ich habe nicht verstanden, warum sie bei dieser merkwürdigen Beziehung nicht schon viel früher die Reißleine gezogen hat und fand sie auch sonst oft seltsam passiv, obwohl sie von anderen häufig eher als Powerfrau wahrgenommen wird.


    Das Passivitätsproblem zieht sich aber auch noch in anderer Hinsicht durch das Buch. Es tauchen zwar nicht nur die berühmtesten Iren des frühen 20. Jahrhunderts teils in größeren Rollen, teils in kurzen Gastauftritten auf, sondern auch sonst sehr viele bekannte Namen aus Kunst, Politik und Gesellschaft auf, von Henri Matisse über Gertrude Stein bis zu Harry Truman, doch dieses Namedropping wirkt recht früh ermüdend und trägt meist nichts Wesentliches zur Entwicklung der Story bei.


    Nora selbst erlebt die wichtigsten Geschehnisse der Zeitgeschichte größtenteils nur "über Bande" mit. Am lebendigsten fand ich ihre Zeit als Krankenschwester während des 1. Weltkrieges, da wirkte sie zupackend und engagiert und ihre persönliche Geschichte wurde interessanter. Doch als es vorwiegend um den irischen Unabhängigkeitskampf geht, ist sie nur dabei statt mittendrin - und oft genug nicht mal das, das Allermeiste erfährt sie aus Briefen und den Erzählungen anderer. Auch die anfangs nette Liebesgeschichte plätschert sehr fade vor sich hin und nimmt nie so richtig Fahrt auf.


    Mit diesem Buch hat die Autorin ziemlich viel Potential verschenkt. Der historische Background gibt einiges her - die Exil-Iren in Paris, der Krieg, der lange, steinige Weg zur Unabhängigkeit -, aber leider hat mich die Umsetzung nicht überzeugen können und ich fand es großenteils recht zäh zu lesen, weil über weite Strecken kein richtiger Schwung in die Geschichte kam, trotz vielversprechender Ansätze.


    Extrem genervt haben mich die sehr zahlreichen Fehler in den französischen Einsprengseln. Wenn nicht einmal Anfängerböcke wie "un cadeaux" vermieden werden können, hätte man es besser gleich gelassen mit den O-Tönen. Auch was die Recherche angeht, bin ich mir nicht immer sicher, wie sorgfältig die Autorin zu Werke gegangen ist. 1911 gab es meines Wissens noch keinen Ford Model T, und ich halte es auch für eher unwahrscheinlich, dass ein deutscher Offizier im 1. Weltkrieg schon von Ariern gefaselt haben sollte.


    Sehr wohlwollende 3 Ratten (eine halbe davon gibt's extra für den patenten Pater Patrick).


    3ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen