Patricia Eckermann - Elektro Krause

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 604 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von yanni.

  • Hier ein Buch, das mich heuer aus meiner Leseflaute gezogen hat und völlig überraschend für mich kam.


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    Klappentext:

    „Ich bin Krause,“ antwortete ich und registrierte, wie mein Herzschlag sich spontan verselbständigte. Nazis und Rassisten, ob tot oder lebendig, erkenne ich sofort. Dafür hat unsereiner einen feinen Radar. Dieses Exemplar hier war nur ein ekliger Rassist, also nicht lebensgefährlich, wie zum Beispiel die Nazis, die in Bielefeld ihr Unwesen trieben. Psychisch aber war er ebenso verletzend und unangenehm. Ich ballte die Fäuste und zählte bis zehn. Ich war nicht in dieses Dorf gekommen, um Nobbys Kundschaft noch weiter zu dezimieren.“

    Krause – Schwarz, Elektrikerin und Geisterjägerin a.D. – kommt in die rheinische Pampa. Ende der Achtzigerjahre, auf dem Dorf begegnen ihr dort viele Weiße mit Vorurteilen. Entsprechend schnell will sie eigentlich wieder raus aus ‚Milchschnittenhausen‘. Doch sie muss im Betrieb ihres Vaters Nobby aushelfen, denn der ist seit einem Arbeitsunfall nicht mehr derselbe., Krause ahnt, dass der Grund dafür kein einfacher Stromschlag war. Bei der Suche nach der wahren Unfallursache macht Krause nicht bloß unerfreuliche Bekanntschaft mit toten und lebendigen Nazis. Sie stößt auf eine okkulte Verschwörung, die ganz Deutschland bedroht…

    Eine unkonventionelle Geisterjägerstory, verbunden mit einem humorvoll analytischen Blick unter den verbeulten Familienteppich der alten BRD.



    Meinung:

    Krause ist einfach cool. So cool, dass ich auch eine Krause in meinem Leben haben will. Nein, in meinem Leben brauche. Und dann bitte gleich mit allen anderen coolen Nebenfiguren, die einfach nur schrullig und liebenswürdig sind und wesentlich mehr Tiefe haben, als es der erste Blick vermuten lässt. Sei es nun Madonnaverschnitt Frauke, Schrottplatzchefin und Künstlerin KaySer oder Büdchenpächter Costa. „Elektro Krause“ ist ein bisschen wie nach Hause kommen. Eigentlich eine ziemlich blöde Aussage, denn weder bin ich Schwarz noch habe ich in meinem Leben je Rassismuserfahrungen gehabt. Ich bin ne Milchschnitte. Aber trotzdem hat das Buch eine heimelige Atmosphäre. Ich habe mich einfach wahnsinnig wohl gefühlt in der Geschichte. Und dabei ist Krause alles andere als eine heimelige Person. Sie ist knallhart, ziemlich direkt und stellt sich schon aus Trotz jeder Ungerechtigkeit in den Weg.


    Patricia Eckermann trifft genau den Ton, den heute Fernsehserien wie Stranger Things treffen. Sie erwecken eine gewisse Nostalgie an die 80er und ein bisschen an die 90er. Nur mit dem Unterschied, dass in „Elektro Krause“ Dinge angesprochen werden, die Otto-normal-weiß-cis-Deutsche nicht wirklich auf dem Schirm haben. Und Krause spricht diese Dinge auch knallhart aus. Die zeigt nicht nur mir als Leserin, wie Alltagsrassismus wirklich aussieht, sondern auch, wie häufig er passiert. Sie beschönigt dabei nichts.


    Krauses Sprache ist dementsprechend hart und direkt, was mir die Figur jedoch nicht weniger sympathisch macht. Es ist ein unterhaltsamer Ritt mit viel Realitäts- und Privilegs-Check.


    Krause ist eben nicht nur Elektrikerin sondern auch Geisterjägerin. Ihr Vater Nobby ist weiß, ihre Mutter Alice Schwarz. Und bei Nobby hatte ich direkt Norbert Blüm vor Augen und sorry, ich kann mir nicht helfen, Krauses Vater Nobby wird vor meinem inneren Auge immer so aussehen. Es wird schnell klar, dass der Arbeitsunfall kein reiner Arbeitsunfall war, sondern was mit der Geisterjägertätigkeit von Nobby zu tun hat. Eigentlich hat Krause ja keinen Bock mehr auf Geister, aber herausfinden, was lost ist, will sie trotzdem.


    Ab hier sollte ich dann auch nichts weiter verraten, denn es ist unterhaltsam und entlockt an manchen Stellen den einen oder anderen Lacher.

    Das Ende jedoch, das muss ich gestehen, kam dann viel zu schnell und hier hätte ich mir persönlich noch so zwanzig oder dreißig Seiten mehr Story gewünscht. Das ist aber vielleicht auch mein einziger Kritikpunkt.


    Vom Gefühl her hätten Krause und ihre Crew das Potential für eine ganze Reihe und ich bin sehr gespannt, ob wir hier eine Fortsetzung erleben werden. Freuen würde es mich sehr.


    Als kleiner Hinweis meinerseits: Die Figuren des Buches sind sehr divers. Homosexualität und auch ein Mensch mit Behinderung spielen eine Rolle, ohne auf diese Merkmale reduziert zu werden. Davon können sich in meinen Augen viele Autor:Innen eine große Scheibe abschneiden.


    Bewertung:

    5ratten

    ~~ noli timere messorem ~~

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Eckermann - Elektro Krause“ zu „Patricia Eckermann - Elektro Krause“ geändert.
  • Danke für die Rezi, klingt interessant. Das Buch ist jetzt direkt auf meinem Merkzettel gelandet und wahrscheinlich wird Nobby, wie immer er im Buch beschrieben wird, bei mir dann auch wie Norbert Blüm aussehen - so eine Bildverküpfung krieg ich wahrscheinlich nicht mehr aus dem Kopf :lachen:

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



  • Patricia Eckermann hatte mir einen Stapel Bücher für unseren offenen Bücherschrank geschickt im Rahmen unserer Kunstaktion dort. Vor dem einstellen musste ich die natürlich lesen. Vorher kannte ich Eckermann und Müller auch nicht.

    ~~ noli timere messorem ~~

  • Da sieht man mal wieder auf welch seltsamen Weg manchmal an interessante Bücher kommt. :)

    Ich hab mal beim Verlag geschnuppert und gesehen, dass es sich dabei um Bücher des Monats handelt.