Marco Balzano - Wenn ich wiederkomme

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 481 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nicigirl85.

  • "Du sollst es mal besser haben"!


    Marco Balzano - Wenn ich wiederkomme


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Daniela arbeitet als Pflegekraft bei dem unter Demenz leidenden Giovanni in Mailand. Dafür hat sie in Rumänien ihren Mann und Kinder allein gelassen. Vor allem dem achtjährigen Manuel fällt der Abschied von seiner Mutter schwer. Er hat plötzlich Probleme in der Schule und gerät in falsche Kreise. Dabei hat Daniela die Familie verlassen, damit es ihre Kinder einmal besser haben. Durch ihren Lohn sollen Angelica und Manuel ein sorgenfreies Leben haben und eine gute Ausbildung machen.



    Marco Balzano arbeitet ein Thema auf, das auch im realen Leben an Brisanz einiges bietet. Frauen, die aus Osteuropa stammen und als Pflegekräfte überall in der westlichen Welt alte Menschen betreuen. Dies meist ohne festen Vertrag und damit ohne Krankenversicherung oder Erwerbsersatz. Harte Arbeit für einen Lohn, für die keine einheimische Pflegekraft gefunden werden könnte. Meist sind diese Frauen 6 Tage die Woche, Tag und Nacht für den Patienten verantwortlich und leben auch direkt mit ihm zusammen. Von Ausbeutung zu sprechen, liegt hier nahe. Dieser Aspekt nimmt einen großen Teil der Geschichte ein und hat mich schockiert. Vor allem, weil bekannt ist, dass viele osteuropäische Frauen genau so arbeiten. Zwar hat der Autor darauf verzichtet, detailliert die harte Arbeit zu schildern. Als Leser kann man sich jedoch zusammenreimen, wie belastend die Arbeit und vor allem die Isolation für die Frauen ist.


    Weniger hat mir der Einstieg in die Geschichte gefallen. Dort steht Manuel im Mittelpunkt, mit dem ich meine liebe Mühe hatte. Denn Manuel ist verwöhnt, fordert unentwegt, gerät in falsche Kreise, experimentiert mit Drogen und will das Gymnasium abbrechen. Dies klischeehaft unter dem Deckmäntelchen „verlassenes Kind“. Es kommt, wie es kommen muss. Manuel geschieht etwas, was seine Mutter zurück nach Rumänien fahren lässt. Von da an begleitet sie ihr schlechtes Gewissen, ihre Kinder im Stich gelassen zu haben. Was ihr auch Tochter Angelica konstant unter die Nase reibt. Mir hat Daniela unendlich leidgetan. Da verlässt sie ihr gewohntes Leben, arbeitet unter fast unmenschlichen Bedingungen, setzt ihre Ehe aufs Spiel, um ihren Kindern ein Studium zu ermöglichen. Die Kinder jedoch honorieren dies überhaupt nicht, sondern verurteilen ihre Mutter und benehmen sich wie verzogene Gören.


    Der Autor hat die Geschichte als Erzählung gestaltet, die direkte Rede wurde sehr rar eingesetzt. Dadurch wirkte die Geschichte auf mich emotionslos. Zwar spürt man zwischen den Zeilen, was eine Figur fühlt und wie es ihr geht. Ab und zu hätte ich mir jedoch eine tiefer gehende Regung oder einen emotional geführten Dialog gewünscht. Der Schreibstil ist einfach gehalten und ausdrucksstark. Das Buch ist in drei Teile gegliedert. In je einem Teil erfährt man die Sicht von Manuel, Daniela und Angelica, was die Geschichte einerseits vielseitig macht und andererseits zeigt, wie unterschiedlich die einzelnen Figuren mit dem großen Einschnitt im Familienleben umgehen.


    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Igela ()

  • Eine europäische Tragödie


    In einem anderen Land befindet sich Daniela und steckt dort fest, als es keine andere Möglichkeit mehr für ihre Familie gibt, zu überleben: die Rumänin ist nach Italien, genauer: nach Mailand aufgebrochen, um dort etwas Geld zu verdienen - das kann man nämlich zu Hause nicht mehr.

    Und sie macht sich quasi zur Leibeigenen durch ihren Job als Pflegekraft bei einem alten, dementen Mann: das ist eine Arbeit, die sie rund um die Uhr fordert. Nicht anders wird es beim nächsten Job als Kindermädchen: und das, obwohl sie dort sogar einen Vertrag hat.

    Geschildert wird die Geschichte aus zwei Perspektiven: aus ihrer eigenen und aus der ihres Sohnes, der noch ein Kind ist und sich komplett alleingelassen fühlt. Nicht nur von seiner Mutter, sondern auch von seinem Vater und seiner Schwester Angelica. Und dann stirbt auch noch der geliebte Opa.


    Eine Geschichte von Verlorenheit, von Ausweglosigkeit, von Ohnmacht. Dies alles, also das, was die Atmosphäre ausmacht, wird aus meiner Sicht eindringlich und schlüssig präsentiert. Nicht so die eigentliche Geschichte, bei der ich oft mal ins Stolpern geriet. Sie hat mich nicht so recht erreicht, diese traurige Geschichte, die in der Europäischen Union der Gegenwart wahrscheinlich Tag für Tag hunderte von Malen durchlebt wird.


    Wie ungerecht! Und zwar in jeder Hinsicht!

    3ratten

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Weibliche Gastarbeiter im Schatten der Gesellschaft...


    Nachdem ich "Ich bleibe hier" und "Das Leben wartet nicht" mit großer Begeisterung gelesen habe, war klar dass ich auch sein neustes Werk lesen wollen würde.


    In der Geschichte geht es um die Rumänin Daniela, die ihre Heimat verlässt, um ihren Kindern ein besseres Leben zu bieten. Sie geht einfach heimlich. Was hat das für Konsequenzen für die zurückgelassenen Kinder und auf die Partnerschaft? Und wie wird es ihr in der Ferne ergehen?


    Der Roman ist in drei Abschnitte gegliedert und man erlebt aus der Sicht von Daniela und ihren beiden Kindern wie sie das Weggehen empfinden. Im Fokus stand für mein Gefühl stets Daniela als die Flüchtige.


    Am meisten hat mich das Schicksal von Daniela berührt, wie roh die Arbeitgeber mit ihr umgehen, in welchen Klischees sie denken und was von ihr alles abgefordert wird. Beim Lesen hatte ich beinahe selbst seelische und körperliche Schmerzen, weil mir das Geschilderte so nahe ging. Vor allem glaubte ich zwischendrin, dass sie als Kindermädchen ihr Glück und ihre Zufriedenheit gefunden hat und dann kommt ihr das Leben dazwischen.


    Wie gewohnt ist der Erzählstil Balzanos eher unaufgeregt und nüchtern. Der Leser wird mehr durch die Geschehnisse als durch schöne Worte berührt. Mir gefällt diese Art, da die aktuellen Zeiten im echten Leben aufregend genug sind.


    Gut gefallen hat mir außerdem, dass man für jeden Protagonisten Partei ergreift. Zu Beginn konnte ich Tochter Angelica so gar nicht einschätzen und mochte sie nicht so wirklich, aber als sie zu Wort kommt, entwickelt man Verständnis und die bereits gebildete, eigene Meinung wendet sich nochmal.


    Fazit: Ein Thema, welches unbedingt offener und häufiger angesprochen gehört, denn der Gastarbeiter von heute ist eben nicht mehr nur der starke Mann vom Lande. Solide Unterhaltung, die bei mir noch lange nachwirken wird. Gern spreche ich eine Empfehlung aus.


    Bewertung: 4ratten

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)