Femi Kayode - Lightseekers

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    Titel: Lightseekers

    Autor: Femi Kayode


    Allgemein:

    464 S.; btb Verlag; 2022)


    Zitat

    Inhalt:

    In der nigerianischen Universitätsstadt Port Harcourt werden drei junge Studenten von einem Mob verfolgt und brutal umgebracht – ein Video der grausamen Morde kursiert in den sozialen Medien, und den Tätern wird der Prozess gemacht.

    Zu Prozessbeginn wird der Psychologe Dr. Philip Taiwo vom Vater eines der Opfer damit beauftragt, Licht in das Dunkel der schrecklichen Ereignisse zu bringen, die zum Tod seines Sohnes geführt haben. Taiwo, Spezialist für Massenpsychologie und Gewalt, hat lange im Ausland gelebt. In der abgelegenen Provinzstadt angekommen, muss er feststellen, dass ihm vieles fremd geworden ist in seiner Heimat, noch dazu weit weg von der Hauptstadt Lagos. Die Bewohner begegnen ihm mit Misstrauen. Und schnell wird Taiwo klar: Er ist nicht willkommen - und jemand setzt alles daran zu verhindern, dass er die Wahrheit aufdeckt.


    Meine Meinung:

    "Lightseekers" hat mir richtig gut gefallen. Das Liegt zum einen am handwerklichen Geschick des Autors, er weiß genau, wie er das Prinzip "Show, don't tell" perfekt umsetzen kann. Aber auch daran, wie die Geschichte aufgebaut wurde. Nach und nach ergeben sich immer weitere Details, die in sich miteinander verwoben wurden, und den Hintergrund der Tat bilden.

    Ich hatte ehrlicherweise keine besonders großen Kenntnisse über Nigeria, weder von der aktuellen Lage (bis auf die Queerfeindliche Gesetzgebung, die Homosexualität so stark unter Strafen gesetzt hat, das es unfassbar ist.) noch von historischen Entwicklungen der 50 Jahre bis heute. Der Roman hat diese Lücke teilweise schließen können, da ich mich dadurch auch selbst genauer mit einigen Punkten beschäftigt habe um wenigsten einen Überblick zu haben.

    Die Macht der Militärpolizei war für mich besonders erschreckend, obwohl sie eigentlich eher beiläufig erwähnt wird.


    Philip, der aufgrund seiner Ausbildung einen Vergleich zu den USA hat, ist teilweise auch davon beeinflusst, aber insgesamt ist er nicht überrascht. Ich finde seinen Blickwinkel interessant, weil er Aufgrund seiner Erfahrungen einen sehr differenzierten Blick einnehmen kann. Außerdem hat er als Psychologe zusätzlich noch ein Grundwissen, das ihm hilft, Situationen und auch seine Begegnungen mit den Menschen, die er zum Fall befragt, neben seiner persönlichen Meinung, auch wissenschaftlich einzuschätzen. Das finde ich hier eine besonders spannende Mischung. Vor allem, weil es hier um eine Tat geht, die so ganz anders funktioniert, als in vielen anderen Thrillern/Büchern die ich bisher so gelesen habe. Auch das macht den Roman für mich so reizvoll.


    Hinzukommt, es ist einfach total lebendig erzählt. Man ist mitten drin in den Ermittlungen. Gleichzeitig werden nach und nach immer neue Blickwinkel aufgezeigt. Verschiedene Gruppen, aber auch Einzelpersonen haben sehr unterschiedliche Interessen an dem Fall. Das ist auch deshalb interessant zu lesen, weil man so ganz nebenbei, die Dynamiken des Ortes besser versteht. Und auch, wie es letztendlich zum Lynchmord kommen konnte. Hier merkt man deutlich, das Femi Kayode selbst Psychologe ist, mit dem gleichen Schwerpunkt wie seine Hauptfigur. Trotzdem fühlte ich mich nicht belehrt, das nötige Grundlagenwissen für diese Aspekte wurde an genau den richtigen Stellen eingebaut.


    Der im Roman beschriebene Lynchmord, basiert übrigens auf Ereignissen aus dem Jahr 2012, als in Aluu, einer Gemeinde die in der Nähe der University of Port Harcourt liegt, vier junge Männer von einem Mob lebendig verbrannt wurden. Wie im Roman, bekam der Fall durch die Verbreitung in den sozialen Medien eine hohe Aufmerksamkeit und hat das Land sehr erschüttert. Der Fall kam vor Gericht, aber eine echte Antwort für die Gründe konnte anscheinend nicht ermittelt werden.


    Teilweise fand ich Philip aber etwas naiv, ich finde hi und da vertraut er einigen Figuren in seinem Umfeld zu schnell. Ich mochte aber, wie er mit seiner Familie umgeht und wie sie in die Geschichte eingebaut wird. Oft nervt mich das Privatleben von Ermittlerfiguren.. Aber hier wurde es schlüssig integriert.

    Spannend in einem Atemlos-Lesen Sinne ist der Roman eher nicht. Ein Gesellschaftlicher Blickwinkel auf viele Probleme, die Nigeria momentan immer noch hat, das ist "Lightseekers" aber definitiv. Kayode gelingt es Anhand der Ausganssituation einige wichtige Themen auf zugreifen, von der Frage, welche Rolle die sogenannten Bruderschaften/Kulte in Nigeria spielen, über den Umgang mit Homosexualität, aber auch warum die Familie aus den USA zurück nach Nigeria gezogen ist. Welche Probleme Polizeiarbeit mit Sich bringt, wenn Menschen das Gesetz lieber selbst in die Hand nehmen, weil sie der Polizei nicht trauen. Aber auch die Rolle von "Religion" , sowie Konflikte zwischen Christentum und Islam.


    Die Handlung spitzt sich immer stärker zu und es wird klar, irgendwann wird das Ganze eskalieren.

    Am Ende hätte ich mir vielleicht ein etwas anderes Ende gewünscht, gleichzeitig passte es dann doch gut dazu. Persönlich würde ich mir wünschen, noch mehr von Philip lesen zu können!

    Für mich jedenfalls definitiv ein Highlight und total spannender Einblick in Nigeria, aber auch generell ein gut konstruierte Thriller!


    5ratten

  • Danke für die Rezi, auf die war ich schon gespannt, seit ich gestern im Thread zum Lesewochenende Deine ersten Eindrücke gesehen habe. Das klingt echt interessant und ich möchte das Buch unbedingt auch lesen.