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Das Wetter könnte an diesem Sommerferientag in Schottland kaum miserabler sein, und die Ferienanlage am See, die aus ein paar kleinen Holzhütten besteht, hat schon bessere Tage gesehen. Es regnet ohne Unterlass, und in den meisten Behausungen ist die Stimmung entsprechend. Manche flüchten trotz des Regens ins Freie, um zu laufen oder zu paddeln oder zu spielen, ein junges Pärchen stellt fest, dass verregnete Urlaubstage nicht immer romantisch sein müssen und das ältere Ehepaar, das schon seit Jahrzehnten herkommt, muss sich bei dem Versuch, etwas zu unternehmen, widerwillig eingestehen, dass die Alterserscheinungen nicht mehr zu leugnen sind.
Sarah Moss lässt uns für kurze Zeit jeweils einen Blick in eins der Ferienhäuschen werfen, bevor sie unsere Aufmerksamkeit auf die nächste Figur und die nächste Hütte lenkt. Allen gemeinsam ist, dass die Abgeschiedenheit der Anlage gepaart mit dem Mistwetter an den Nerven zerren und bereits vorhandene Gefühle und Gedanken häufig ins Extreme verstärken, so verschieden die einzelnen Charaktere auch sein mögen und so unterschiedlich sie die Situation jeweils empfinden. Moss zeigt sich auch in dieser knappen, präzisen Form als Meisterin einer klaren, prägnanten und unprätentiösen Sprache und fühlt sich scheinbar mühelos in jeden Menschen aus ihrem Bilderbogen ein. Über den einzelnen Kapiteln stehen leicht rätselhaft klingende Überschriften, dazwischen gibt es kurze, wie Traumsequenzen oder Gedankenfetzen wirkende Einsprengsel, die erst ganz am Ende des Buches richtig zu deuten sind, was aber gar nicht stört, weil auch sie so großartig formuliert sind.
Ein klein wenig habe ich - zumindest in den ersten 3/4 des Buches - den ganz großen roten Faden vermisst, obwohl ich die kleinen Stimmungsbilder auch so sehr gerne gelesen habe und mir sehr gefiel, wie man mit jeder Drehung des Kaleidoskops eine neue Perspektive einnimmt und auch bereits zuvor erwähnte Personen aus neuen Blickwinkeln sieht. Das ist insbesondere innerhalb von Paar- oder Familienkonstellationen spannend, deren Wahrnehmung sich oft sehr grundlegend unterscheidet.
Am Ende gibt es doch noch ein - sehr überraschendes - Finale, zu dem viele (nicht alle) Handlungsfäden zusammenlaufen. Es war nicht ganz die alles verbindende Klammer, mit der ich gerechnet hatte, aber letztendlich reichte es mir schon, den See und die Ferienhäuser als solche zu betrachten, zumal ich multiperspektivische Erzählungen generell sehr mag und gleich noch mehr aus einer so wundervollen Feder wie der von Sarah Moss.