Alison Weir - Katheryn Howard: The Tainted Queen

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    Katheryn Howard ist sieben Jahre alt, als ihre Mutter im Kindbett stirbt und sich ihre vertraute kleine Welt praktisch über Nacht auflöst. Weil ihr Vater, häufig in dubiose und/oder erfolglose Geschäfte verstrickt, die Familie kaum ernähren kann, werden Katheryn und ihre Geschwister auf verschiedene Haushalte in der Verwandtschaft verteilt, und so wächst sie fortan bei ihrer Tante Margaret auf. Es ist ein lebhaftes, liebevolles Zuhause, auch wenn Katheryn nach wie vor ihren Vater vermisst.


    Für all die Ereignisse, Skandale und Umwälzungen am königlichen Hof interessiert sich Katheryn keinen Deut, nicht einmal, als sie älter wird und zu ihrer Großmutter geschickt wird, die einen ganzen Schwarm junger Mädchen in ihrem Haushalt beherbergt. Im Gegensatz zu ihrem neuesten Schützling ist Agnes Tilney stets am Puls der Zeit und hegt ehrgeizige Pläne für ihre (Stief)Enkelin. Aber die macht sich gar keine Gedanken über ihre Zukunft. Sie liebt Tanz, Musik, Spiele und schöne Kleider und lässt sich auf mehrere Liebeleien ein, von denen die Großmutter auf gar keinen Fall erfahren darf.


    Als der König nach dem Tod von Jane Seymour eine deutsche Fürstentochter heiratet, rechnen sich Katheryns Großmutter und ihr vom Ehrgeiz getriebener Onkel Thomas Howard, Herzog von Norfolk, gute Chancen aus, im Gefolge der neuen Königin eine oder gar mehrere junge Damen aus der eigenen Familie unterzubringen - und plötzlich findet sich die unbedarfte Katheryn am Hof von Henry VIII. wieder. Anna von Kleve als Königsgemahlin ist bald schon Geschichte, und der alte, kränkelnde Mann auf dem Thron beginnt Katheryn Avancen zu machen, womit sie zunächst gar nicht umzugehen weiß.


    Katheryn Howard ist unter Henrys zahlreichen Ehefrauen vermutlich diejenige, die am wenigsten ernst genommen wird und gemeinhin als ein ziemliches Hohlbrot gilt, das nichts als Vergnügungen aller Art im Kopf hatte und Henry auf seine alten Tage irgendwie den Kopf verdreht hat. Katheryns eigene Perspektive bekommen wir dabei eher selten zu hören oder sie wird ziemlich eindimensional dargestellt.


    Wie zu erwarten war, zeichnet Alison Weir ein differenzierteres Bild von Henrys fünfter Königin. Ja, Katheryn ist nicht die pfiffigste von ihnen, sie ist keine besondere Geistesgröße und ein bisschen naiv, aber sie ist auch viel zu jung, um das, was ihr an Bildung oder angeborener Klugheit fehlt, wenigstens durch Erfahrung wettmachen zu können und wird ziemlich abrupt in das Haifischbecken Königshof hineingeworfen, um den unendlichen Ehrgeiz ihres Onkels zu befriedigen und ihn wieder in ein besseres Licht zu rücken, nachdem Anne Boleyn, ebenfalls seine Nichte, nicht gerade Erfolgsgeschichte geschrieben hat.


    Mir hat Katheryn am Ende richtig leid getan. Besonders clever war es häufig nicht, wie sie agiert hat, und ich hätte mir öfter gewünscht, dass sie erst nachdenkt und sich dann wieder in irgendein amouröses Abenteuer stürzt, aber letztendlich war sie nur eine Marionette ihres Onkels, eine Schachfigur, die herumgeschoben und schließlich geopfert wurde, eine ziemlich tragische Figur.


    Hut ab vor Alison Weir, wie sie sich hier in Katheryn hineingedacht und ihre Handlungen plausibel gemacht hat. Es wäre ein leichtes gewesen, sie zum x-ten Mal zum hübschen, aber doofen Flittchen zu machen, das den alten König reizt, bis er ihr eine harte, aber ja doch irgendwie gerechte Strafe zuteil werden lässt. Die Katheryn, die wir hier kennenlernen, ist keine flache Karikatur, sondern ein im Grunde ihres Herzens unsicheres, Halt suchendes und mit der Situation am Hof auch reichlich überfordertes junges Mädchen, das einige dumme Entscheidungen trifft und dabei leider auch an die Grenzen des strikten Moralkompasses ihrer Zeit geht. Nach der Lektüre dieses Buches hätte ich ihr, auch wenn ich sie nicht immer sympathisch fand, nur eins gewünscht: in der heutigen Zeit leben zu dürfen, dann hätte zwar vielleicht nicht den beleibten Heini links liegen lassen, aber doch zumindest ihren Kopf behalten können.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Es hat zwei Anläufe und etwas Zeit gedauert, bis ich Katheryn Howards Geschichte auch beendet habe. Das liegt aber keinesfalls am Buch selbst, denn auch der fünfte Band der Reihe hat mir wieder sehr gut gefallen.


    Alles in allem kann einem Katheryn nur leid tun. Schon früh wird sie quasi nur hin und her geschoben, um irgendwo in der Familie untergebracht zu werden. Als sie dann am Hof des Königs unterkommt, bleibt sie zwar an diesem Ort, wird aber zum Spielball der Familie, die sie einsetzt, um selbst höhere Ziele, mehr Land, mehr Geld, bessere Ränge zu erreichen.

    Katheryn selbst wird von der Situation eher überrannt, ist plötzlich die Königin von England. Zum einen lebt sie in ständiger Angst, von der Vergangenheit (die sie dem König etwas verschwiegen hat) eingeholt zu werden; zum anderen hat sie sich in einen Mann verliebt, der nicht, wie ihr Ehemann, mehr als doppelt so alt ist wie sie.


    Dieses Versteckspiel hat sich am Ende für mich etwas gezogen, aber gut, das war halt, was Katheryn am meisten beschäftigte. Besonders klug war ihr Vorgehen natürlich nicht, denn es war ihr selbst eigentlich auch klar, dass der König irgendwann alles erfahren wird - erst recht, als ihr früherer Geliebter auch am Hof landet. Und Henry hat am Ende ja richtig "aufgeräumt" und viele zu Gefängnis oder zum Tode verurteilt.


    4ratten