Philippa Langley – The Princes in the Tower: Solving History's Greatest Cold Case

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    Inhalt (Amazon.de):

    In 1483, Edward V (age twelve) and his brother Richard, Duke of York (age nine), disappeared from the Tower of London. History has judged they were murdered on the orders of Richard III. This new book reveals the truth behind the greatest unsolved mystery in English history.


    Philippa Langley took the world by storm when, against all the odds and after a seven-year investigation, she discovered the grave of King Richard III (1452-1485) in a Leicester car park. A king finally laid to rest, the rediscovery and reburial of Richard III was watched by a global audience of over 366 million.


    Now, in The Princes in the Tower, Langley reveals the findings of a remarkable new research initiative: "The Missing Princes Project." In the summer of 1483, Edward V (age 12) and his brother Richard Duke of York (age 9), disappeared from the Tower of London. For over five hundred years, history has judged that they were murdered on the orders of their uncle, Richard III.


    Following years of intensive research in British, American, and European archives, Philippa has uncovered astonishing new archival discoveries that radically change what we know about the fate of the princes in the Tower. Established by Langley in 2016, "The Missing Princes Project" employs the methods of a cold-case police inquiry. Using investigative methodology, it aims to place this most enduring of mysteries under a forensic microscope for the very first time.


    In The Princes in the Tower, Langley narrates the painstaking investigative work and research of the project. By questioning received wisdom, she and her international team of researchers shed light upon one of history's greatest miscarriages of justice, in turn revealing a surprising and phenomenal untold story.


    Meinung:

    Schon Titel und Klappentext zeigen das Problem, das ich „fast schon historisches Gaslighting“ nenne, denn das Buch tut tatsächlich nichts dergleichen. Naja, OK, die müssen ja, vom Verlag her reißerisch sein, nicht? Doch schreibt Mrs. Langley selbst in ihrem Nachwort, dass ihr Projekt „uncovered documented proof of life for both missing individuals“ (S. 298 ebook) und propagiert diese Überzeugung auch in Interviews und ähnlichem.


    Anderes Beispiel, es gibt nur „the only explanation“ (S. 299 ebook) für das scheinbar bizarre Verhalten ihrer Mutter (der der Prinzen, nicht Mrs. Langleys!) später. Nein, es gibt praktisch nie nur eine Erklärung.


    Ein Dokument, das etwas beweist, was ihr nicht gefällt, wird verworfen, weil es nur eine Kopie eines beschreibenden Vorworts eines verlorenen Dokuments ist. OK, fair enough! Doch eine ihrer „Smoking guns“, das sog. Gelderland-Dokument, ist sogar weniger als das, ein – scheinbar? - übersetztes Dokument eines nicht näher definierterten, unbekannten Dokuments. Hier reicht ihr, dass es aus der richtigen Zeit stammt, um komplett aus dem Häuschen zu sein. Ja, so funktioniert das aber auch nicht, oder?!


    Ein anderes Beispiel, ein Briefautor wird als „probably an eyewitness“ bezeichnet, doch etwas später auf der selben Seite ist er bereits zum „eyewitness“ ohne „probably“ befördert worden (S. 36 ebook)! Kann jetzt ein ehrlicher Fehler sein, aber sollte nicht passieren.


    Das zieht sich aber leider durch das gesamte Buch, Quellen, die ihr nicht gefallen, werden sehr starker Kritik unterzogen und, wenn sie nicht bestehen (grundsätzlich nicht), werden sie verworfen. Fair enough! Jedoch, die Quellen, die ihr gefallen, für die gilt das nicht, manchmal sind das sogar die gleichen Chronisten, die vorher noch unglaubwürdig waren.


    Außerdem wird ihre gesamte Theorie, dass Edward V Lambert Simnel war und Richard of Shrewsbury Perkin Warbeck und dass sie mit Richards III Segen aus dem Land geschmuggelt wurden, nicht der gleichen logischen Durchleuchtung unterzogen, zB welches Motiv Richard III für so eine erstaunliche Tat gehabt haben mag oder was genau der Plan war. Hier hat sie sich ein bisschen ein Ricardianisches Ei gelegt, weil die Theorie für mich weitaus stimmiger wäre, wären sie vor Richard III geflüchtet, aber das passt halt nicht in das zu beweisende Bild.


    Auch wird die von Richard III behauptete Ungültigkeit der Ehe von Edward IV als Tatsache hingestellt, was so auch nicht stimmt. Zweierlei Maß.


    Es ist so schade, denn das Projekt, das hier präsentiert wird, ist unglaublich faszinierend und Mrs. Langley ist praktisch die Schutzheilige aller LaiInnen, die extrem von historischen Menschen fasziniert sind und lebt, wenn man so will, unser aller Traum. Sie ist eine Legende und jetzt untrennbar mit der Geschichte Richards III verbunden. Wunderbar. Aber das macht sie nicht unfehlbar.


    Im Prinzip beginnt das Problem gleich zu Beginn, als sie ihre Forschungsmethode der „police inquiry“ vorstellt. Aber dann hätte meiner Meinung nach Schritt 1 sein müssen, dass sie sich als befangen zurück zieht und jemand anderem die Auswertung der Funde überlässt, denn es ist sonnenklar, dass Mrs. Langley eben nicht mit offenem Geist an das Mysterium herangegangen ist, sondern das Pferd von hinten aufgezäumt hat, siehe auch Ricardianisches Ei.


    Wenn man all das ausblenden kann, ist das Buch eine fantastische, sehr interessante Zusammenfassung der Ereignisse nach dem Tod von Edward IV bis hin zu dem von Perkin Warbeck. Nur das mit der Quellendeutung sollte man vielleicht nicht so unhinterfragt übernehmen.


    Wir werden die Wahrheit sehr wahrscheinlich nie erfahren und vielleicht hat Mrs. Langley auch Recht. Aber dieses Buch, sowie die darin vorgestellten Indizien, kann nur ein weiteres Puzzlestück bleiben und von daher finde ich es sehr schade, dass die Präsentation hier dem Buch – und dem ganzen Projekt Rehabilitation Richards III – einen Bärendienst erweist.


    Das Projekt selbst und die intensive Recherche retten dem Buch für mich die Bewertung.

    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ich finde es eh oft schwierig, das die ganzen Laien daher gehen und Quellen irgendwiee hinbasteln und dann sagen Richard III muss es gewesen sein oder wars doch nicht... Auch wenn es meiner Meinung nach genauso andere Verdächtige gegeben hätte, die davon profitiert haben. Sich dann aber die Quellen so hin zu basteln, wie es einem gefällt... das machen weder ernstzunehmende Historiker:innen so noch Kriminalbeamte, die einen Kriminalfall zu beleuchten haben.


    Klar wäre es spannend heraus zu finden, was wirklich passiert ist. Aber die Wahrheit ist auch: Es gibt einfach keine objektiven Quellen die irgendetwas belegen könnten. Außer das die Prinzen verschwanden und man davon ausgehen konnte, das sie tot waren.

  • Die "Ermittlungen" an sich mit den modernen Polizeimethoden finde ich schon superspannend.


    Aber auch die werden nur sehr bedingt Licht ins Dunkel bringen können, dafür ist der Case einfach schon ein paar hundert Jahre zu cold ...

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich finde es eh oft schwierig, das die ganzen Laien daher gehen und Quellen irgendwiee hinbasteln und dann sagen Richard III muss es gewesen sein oder wars doch nicht... Auch wenn es meiner Meinung nach genauso andere Verdächtige gegeben hätte, die davon profitiert haben. Sich dann aber die Quellen so hin zu basteln, wie es einem gefällt... das machen weder ernstzunehmende Historiker:innen so noch Kriminalbeamte, die einen Kriminalfall zu beleuchten haben.


    Klar wäre es spannend heraus zu finden, was wirklich passiert ist. Aber die Wahrheit ist auch: Es gibt einfach keine objektiven Quellen die irgendetwas belegen könnten. Außer das die Prinzen verschwanden und man davon ausgehen konnte, das sie tot waren.

    Nein, stimmt, die Wahrheit wird man nie erfahren, nicht mal die jetzt allseits geforderten DNA-Tests der Tower- oder Windsor-Knochen würden irgendwas beweisen, außer, falls sie "es" wären, dass sie eben nicht lebendig aus dem Tower entkommen sind, aber noch nicht warum. Aber wenn man nichts findet, hieße das auch noch lange nichts.


    Ich glaube aber, dass es, ob für HistorikerInnen oder LaiInnen, schwer ist, keine Meinung zu haben. Aber ja, der Trick ist, die nicht anderen auf's Aug zu drücken und selbst immer offen zu bleiben, die eigene Meinung zu ändern. Und das hat mir hier eben gefehlt.

    Zum Thema Kriminalfall, wie gesagt, das war für mich schon mal Fehler Nr. 1, weil die ganzen guten Absichten für mich schon daran scheitern, dass Mrs. Langley eben sowas von nicht unbefangen ist. Da das Projekt großartig ist, warum nicht die Beweise von einem Komitee prüfen lassen? Aber gut, das ist dann wahrscheinlich auch eine Geldfrage, weil ich zur Finanzierung nichts finden konnte.

  • Ich glaube aber, dass es, ob für HistorikerInnen oder LaiInnen, schwer ist, keine Meinung zu haben. Aber ja, der Trick ist, die nicht anderen auf's Aug zu drücken und selbst immer offen zu bleiben, die eigene Meinung zu ändern. Und das hat mir hier eben gefehlt.

    Ich kann deine Kritik verstehen. Ich habe im letzten Jahr ihr Buch gelesen, wie sie das Grab von Richard III gefunden hat. Da konnte ich ihre Begeisterung zu dem Thema spüren, aber manchmal hatte ich auch das Gefühl, dass sie t rotz aller Recherchen auch an einer vorgefassten Vorstellung festgehalten hat.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.