Bill Kaulitz - Career Suicide

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    Autor: Bill Kaulitz

    Titel: Career Suicide

    Verlag: Ullstein

    Erschienen: 2021

    384 Seiten


    Klappentext laut Amazon:

    Als Gesicht der Band Tokio Hotel wurde Bill Kaulitz für sein exzentrisches Auftreten geliebt, belächelt, bewundert und gehasst wie kein Zweiter. Fans verehrten seinen androgynen Style, die Presse reagierte mit Ratlosigkeit und Spekulationen über seine sexuelle Identität. Als der Rummel um die eigene Person gefährliche Ausmaße annahm, floh Bill mit seinem Zwillingsbruder Tom nach Los Angeles.

    Von dort blickt er auf die ersten dreißig Jahre seines Lebens zurück. Aufgewachsen in der Nähe von Magdeburg, war Bill Anfeindungen und Unverständnis gewohnt, ließ sich aber nie beirren und verfolgte konsequent seine künstlerischen Visionen und seinen Traum eines Lebens abseits von provinzieller Enge. Zum ersten Mal erzählt er hier offen von seiner Kindheit im Nirgendwo, von Tokio Hotels überwältigendem Erfolg, aber auch von Eskapaden, Einsamkeit und der besonderen Beziehung zu seinem Bruder Tom.


    Meine Meinung:

    Ich hätte nicht gedacht, dass ich zu diesem Buch eine Rezension schreiben würde, aber es ist mir ein Bedürfnis. Vorab muss ich sagen, dass ich Tokio Hotel damals ambivalent gegenüber stand. Zu meiner Schulzeit, als die Jungs berühmt wurden, war man entweder totaler Fan oder hat sie gehasst, es gab quasi nichts dazwischen. Und bei uns in der Klasse war die einhellige Meinung: Die sind nichts für uns. "Durch den Monsun" fand ich tatsächlich insgeheim einen guten Song, aber ansonsten hatte ich mit der Band nichts zu tun, habe auch ihren Werdegang nicht wirklich verfolgt. Beim Lesen der Biografie ist mir deshalb aufgefallen, dass ich viele große Sachen gar nicht mitbekommen habe.


    Ich fand das Buch total interessant zu lesen, nachdem der Anfang etwas holprig und langatmig war, wurde es dann spannend den Aufstieg der Band und Bills persönlich Entwicklung zu verfolgen. Die vielen saloppen Formulierungen im Buch haben mir nicht so gut gefallen. Auch das Bill immer wieder (teils mehrfach auf einer Seite) erwähnt, dass alle homophoben Hater in Wirklichkeit nur Sex mit ihm haben wollten (er drückt das drastischer aus), ist etwas platt. Insgesamt halte ich Bill aber für eine sehr spannende Person und durch die Biografie wird vor allem deutlich, dass er einfach nur ein Mensch ist und damals als junger Teenager von den ganzen Ruhm völlig überrollt wurde. Er hatte schon früh damit zu kämpfen, dass er anders war als die anderen Kinder und nicht ins Schema passte. Immer wenn ich so etwas lese, hoffe ich, dass sich die Welt inzwischen etwas geändert hat und toleranter geworden ist, aber ich glaube leider, dass ein Junge mit ausgefallenen Klamotten und Kajal auch heute noch zum Mobbingopfer wird.


    Bill schreibt von seiner Kindheit, von seinen ersten Auftritten, von den Knebelverträgen, die sie damals unterschrieben haben (er bezeichnet sie als sittenwidrig), vom überraschenden Aufstieg der Band und den damit verbundenen Höhen und Tiefen, von Alkohol und Drogen, und von dem Traum der großen Liebe.


    Mir ist besonders die Szene im Kopf geblieben als Tokio Hotel bei den MTV Music Awards 2007 in München nominiert waren, gewannen und auftraten. Ich habe mir das Video jetzt im Nachgang angeschaut (ist auf Youtube zu finden) und es ist wirklich heftig, wie die ganze Halle sie voller Hass am Anfang ausbuht, anstatt sich einfach mitzufreuen, dass eine deutsche Band (auch) im Ausland so erfolgreich ist. Nach einer wie ich finde grandiosen Performance mit literweise Regen auf der Bühne jubelt das Publikum dann am Schluss. Das zeigt vielleicht ganz gut, wie ambivalent die Beurteilung dieser Band damals war. Und ich denke, auch wenn man sie nicht gut fand, kann man ihnen wirklich auch heute noch Respekt zollen.


    Gerne hätte ich noch ein bisschen mehr darüber gelesen, was die Bandmitglieder heute machen; das wird am Schluss mit der Hochzeit zwischen Tom und Heidi nur ganz kurz abgehandelt.


    Ich mag Autobiographien. Mich hat das Buch insgesamt tatsächlich bewegt und gefesselt. Ich wünsche Bill alles Gute und dass er sein privates Glück, das er schon aufgegeben hatte, vielleicht auch noch finden kann. (In aktuellen Interviews erklärt er zumindest, dass er aktuell verliebt sei).


    5ratten

  • Danke für deine Rezi! Das klingt wirklich spannend. Ich schau mal nach, ob ich mir das Buch in der Bücherei ausleihen kann.

  • Klingt spannend Zank

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • "Durch den Monsun" wurde tatsächlich gelegentlich im tschechischen Radio gespielt, und da laufen sehr selten deutschsprachige Lieder. Falco läuft hin und wieder und gelegentlich mal Rammstein. Sonst eigentlich nichts.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ja, der Song lief auch in Frankreich, was dort laut Bill wohl sehr ungewöhnlich ist, weil die Radiostationen bestimmt Quoten mit französischer Musik erfüllen müssen und die restliche Sendezeit eher an die ganz großen (amerikanischen) Künstler:innen geht.

  • Danke für deine Rezi! Das klingt wirklich spannend. Ich schau mal nach, ob ich mir das Buch in der Bücherei ausleihen kann.

    In eurer Onleihe ist es zur Zeit ausleihbar, falls du es als eBook lesen magst :)

    Als Print auch und ich muss gleich eh noch dienstlich eine Fernleihe abholen. :saint:

  • Ich hab's jetzt auch durch. Eine kurzweilige Lektüre und ich wusste auch vieles gar nicht, aber sehr spannend.


    Wie krass deren späte Kindheit und Jugend abgelaufen ist (Alkohol, Drogen, Sex, gleichzeitig vollkommene Isolierung wegen der Groupies), finde ich absolut gruselig. Ich habe viel Mitleid mit denen und finde so ein Leben absolut nicht erstrebenswert. Aus dieser Erfahrung heraus kann ich aber Bills teils sehr radikale Sicht verstehen. Auch wenn manche Vergleiche für mich hinken. Er sieht sich so ausgebeutet, dass er von moderner Sklaverei spricht. Na ja, er wurde übers Ohr gehauen bei den Verträgen, aber er hat so viel Kohle verdient, dass ich das jetzt nicht als Sklavenarbeit einstufen kann. Aber gut, es sind seine Sicht auf die Dinge, die er natürlich äußern kann, in seiner Autobiographie, aber ich würde sagen, man sollte auf jeden Fall seine Aussagen ein bisschen hinterfragen. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Avila ()

  • Alkohol, Drogen, Sex

    Das fand ich auch heftig. Vor allem ging das ja alles schon extrem früh los (teilweise vor ihrer Bekanntheit). Meine Kinder sollen mit 11 bitte stattdessen lieber Fußball spielen oder so ^^

    Ja deswegen habe ich auch "späte Kindheit" geschrieben, denn für mich waren sie in den ersten Jahre Kinder. Aber bei der unstetigen Kindheit zuvor mit teils sehr skurrilen Personen fand ich auch das fast schon folgerichtig.

  • Ich habe die Biografie daheim und werde zeitnah berichten, wie authentisch sie ist ;)

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich glaube schon, dass das Bills Ansicht ist. Aber die Dinge haben ja meistens immer mindestens zwei Seiten und bei manchen Reflektionen würde ich persönlich zu einem anderen Ergebnis kommen als er. Er hat ein sehr klares Bild vom Leben und was er sich vorstellt. Ich hatte das Gefühl, dass er die Welt sehr in schwarz/weiß sieht. Aufgrund seiner Geschichte aber auch nicht verwunderlich.

  • Die Musik von Tokio Hotel ist nicht ganz meine Wellenlänge, deshalb habe ich ihre Karriere nicht bewusst verfolgt. Natürlich habe ich ihren steilen Aufstieg mitbekommen und auch, wie schnell sie ins Fadenkreuz gerieten. Wie sich das anfühlte, hat Bill Kaulitz in seiner Biografie eindrucksvoll beschrieben.


    Am Anfang habe ich gedacht, dass mir die Lektüre schwerer fallen würde, als sie es tatsächlich getan hat, weil ich den Stil des Prologs gewöhnungsbedürftig fand. Aber auch, wenn ich bei Bills Sprache ein paar Mal mit den Augen gerollt habe, gefiel mir seine Biografie doch unerwartet gut. Allerdings musste ich gleich am Anfang schmunzeln, als er von "Jahrzehnten" geschrieben hat. Das klingt für einen gerade mal 30jährigen doch etwas lustig.


    Die Brüder haben schon immer die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zwillinge tun das häufig, aber bei Bill und Tomm war immer ein negatives Element dabei. Warum das so war, habe ich nicht verstanden. Da kommt es mir so vor, als ob Bill nicht alles erzählt hat. Im weiteren Verlauf habe ich immer wieder vergessen, wie jung ihm alles passiert ist. Ich fand es schade, dass der Band niemand zur Seite gestellt wurde, der diese jungen Menschen geführt und ihnen auch ein bisschen gezeigt hat, wie das Leben im Scheinwerferlicht ist. Es kam mir so vor, als ob die Brüder da alleine durchmussten. Sicher, sie hatten einander, aber für zwei gerade mal 16jährige ist das zu wenig. Aber auch, wenn sie nur wenig ausgelassen haben, hat es Bill doch geschafft, an einem Punkt in seinem Leben zu stehen, an dem er mit sich im Reinen ist. Allerdings kam er mir auch sehr einsam vor. Aber mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen und zumindest wirkt er jetzt glücklicher, als zu dem Zeitpunkt, als er seine Autobiografie geschrieben hat.

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die Brüder haben schon immer die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zwillinge tun das häufig, aber bei Bill und Tomm war immer ein negatives Element dabei. Warum das so war, habe ich nicht verstanden.

    Weil sie anders waren und "anders" selten geschätzt wird. Bill hatte ja schon als Kind seine Vorliebe für außergewöhnliche Styles und ehrlich gesagt wundert mich eher, wie glimpflich er damit durchgekommen ist. Und wenn du dann in einer Klasse nicht nur ein von Temperament und Eigensinnigkeit her auffälliges Kind hast, sondern gleich zwei - dann kriegt das noch mal eine ganz eigene Dynamik und da wundert mich nicht, dass die Mutter so oft bei den Lehrern antanzen musste. Sie hatten ja beide auch einfach eine große Klappe.

  • Am Anfang habe ich gedacht, dass mir die Lektüre schwerer fallen würde, als sie es tatsächlich getan hat, weil ich den Stil des Prologs gewöhnungsbedürftig fand.

    Das liegt am Autorenstil des Vorworts. Er hat ja auch das gehypte Buch "noch wach?" geschrieben, das ich abgebrochen habe, weil ich diesen Stil so unglaublich anstrengend finde.

  • Die Brüder haben schon immer die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zwillinge tun das häufig, aber bei Bill und Tomm war immer ein negatives Element dabei. Warum das so war, habe ich nicht verstanden.

    Weil sie anders waren und "anders" selten geschätzt wird. Bill hatte ja schon als Kind seine Vorliebe für außergewöhnliche Styles und ehrlich gesagt wundert mich eher, wie glimpflich er damit durchgekommen ist. Und wenn du dann in einer Klasse nicht nur ein von Temperament und Eigensinnigkeit her auffälliges Kind hast, sondern gleich zwei - dann kriegt das noch mal eine ganz eigene Dynamik und da wundert mich nicht, dass die Mutter so oft bei den Lehrern antanzen musste. Sie hatten ja beide auch einfach eine große Klappe.

    Ich kann mir auch vorstellen, dass da die Wahrnehmung von Bill ein wenig verzerrt sein könnte. ;)