Alexander Pechmann - Die Bibliothek der sieben Meere

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    Schon der Untertitel von Alexander Pechmanns "Die Bibliothek der sieben Meere" verrät, worauf sich die LeserInnen mit diesem Buch einlassen: "Mit Odysseus, Robinson Crusoe und Jane Austens Kapitänen unterwegs auf dem Ozean der Literatur" - nämlich auf eine Reise durch die maritime Literaturgeschichte. Diese ist thematisch gegliedert, die im Titel genannten sieben Meere bilden die einzelnen Kapitel: "Das Meer... der Mythen, des Unbekannten, der Abenteuer, der Arbeit, des Unheils, der Angst, der Leidenschaft".


    Zum Kauf dieses Buches verführt haben mich meine Vorliebe für den Mare-Verlag, die wunderschöne Gestaltung des Buches und natürlich der Autor Alexander Pechmann, den ich nicht nur für seine Übersetzungen, sondern auch seine eigenen Texte schätze, die oft an historische Vorbilder angelehnt sind.


    Im ersten Satz erwähnt Pechmann das Lieblingsbuch seines Großvaters, das diesen wahrscheinlich "auf all seinen Reisen" begleitet hat. Es handelt sich dabei um "Tom Cringles Log" von Michael Scott, das ab 1829 anonym in Fortsetzungen veröffentlicht wurde. Und es scheint ein typisches Beispiel für die Literatur der Meere zu sein:

    Zitat

    Auf den ersten Blick ein klassischer, heute vergessener Seeroman, doch bei näherer Betrachtung wirkt die Zuordnung weniger eindeutig. Ist es nun ein Roman oder eine Autobiografie, ein Reisebericht oder eine frei erfundene Abenteuergeschichte? Diese Fragestellung scheint für die Literatur der Meere nicht ungewöhnlich zu sein. Wir Landratten können meist nicht beurteilen, ob es sich um Seemannsgarn oder historische Fakten handelt. (S. 9)

    Im weiteren Verlauf des Prologs erläutert Pechmann, warum er sich für die themenbezogene Einteilung des Buches entschieden hat, statt etwa geographisch oder chronologisch vorzugehen. Zudem äußert er sich zur Zusammenstellung der erwähnten Bücher:

    Zitat

    Die Bibliothek der sieben Meere ist eine flüchtige Institution, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ewige Gültigkeit erhebt. Der Schwerpunkt liegt bei englischsprachigen Autoren und Werken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, da sie stilprägend für das gesamte Genre waren und sind. Bekanntes und Vergessenes stehen gleichberechtigt nebeneinander. Die Auswahl ist rein subjektiv; sie basiert auf meinen persönlichen Vorlieben und auf den gewaltigen Bücherbergen, sie sich seit den Tagen meines Urgroßvaters in den Regalen meiner Familie angesammelt haben. (S. 12)

    Besser kann für mich eine Geschichte der maritimen Literatur nicht beginnen, ich bin gespannt, welche Werke auftauchen werden. Im ersten Kapitel begegnet man schonmal wenig überraschend Homers Odyssee.

  • Ich habe den Prolog und die ersten beiden Kapitel gelesen, die jeweils noch einmal in vier Unterkapitel unterteilt sind. In diesen behandelt der Autor die Aspekte des Oberthemas genauer, zeigt aber immer wieder auch Verknüpfungen auf.


    Im Kapitel "Das Meer der Mythen" widmet er sich den Sagenkreisen rund um Odysseus, Sindbad, den alten Seemann und den fliegenden Holländer. Dabei ist es durchaus interessant zu sehen, welche literarischen Belege es für die Mythen gibt, und wer in seinen Bearbeitungen bei wem abgeschrieben hat. Dabei spielt allerdings der geographische Bezug zur See einer weniger wichtige Rolle, das ändert sich aber im zweiten Kapitel.


    "Das Meer des Unbekannten" beschäftigt sich mit den großen Entdeckern, Robinsonaden, Südseeträumen und den Wundern der Eismeere. Hier stehen nicht nur literarische Bearbeitungen im Fokus, sondern es werden auch Entdeckerberichte angesprochen, die diese angeregt haben. In diesem Kapitel ist mir deutlich stärker aufgefallen, wie dicht die Informationen in diesem Buch gepackt sind, das ist einerseits interessant, aber andererseits durchaus auch anstrengend.


    Wenn man das umfangreiche Literaturverzeichnis betrachtet und damit einen Eindruck bekommt, mit wie vielen Werken sich Alexander Pechmann in seinem Buch beschäftigt, ist schon klar, dass nicht alle umfangreich und detailliert beschrieben werden können. Das führt allerdings in einigen Passagen dazu, dass man wie gehetzt von Werk zu Werk stolpert, und jeweils nur wenige Sätze dazu fallen.

    Ein Beispiel, bei dem ich das schade finde, ist Arthur Conan Doyles Reisebericht "Heute dreimal ins Polarmeer gefallen", den ich vor einigen Jahren sehr interessiert gelesen habe. Conan Doyle beschreibt darin seine Erfahrungen als junger Schiffsarzt auf einem Walfänger, mit dem er 1880 ins Polarmeer aufbrach. Diesem gesamten Werk (das übrigens für die Ausgabe des Mare-Verlages von Alexander Pechmann selbst übersetzt wurde) lässt Pechmann hier genau einen Satz zukommen:

    Zitat

    Lediglich Arthur Conan Doyle hatte sich als Schiffsarzt weit genug in nördliche Gefilde gewagt, um seine Geschichte mit persönlichen Eindrücken würzen zu können. (S. 71)

    Vermutlich wird man als LeserIn dann bei anderen Werken, die ähnlich kurz erwähnt werden, auch ähnlich viel verpassen. Das ist ein bißchen schade und ich habe mich gefragt, ob dann nicht die Fokussierung auf weniger Titel sinnvoller gewesen wäre. Aber ich habe ja noch einige Kapitel vor mir, mal sehen, wie es weitergeht. Diese werde ich aber in mehreren Etappen lesen, um nicht von der großen Informationswelle überrollt zu werden.

  • Vielen Dank, Juva , schon diese Einblicke haben dafür gesorgt, das Buch auf meine Merkliste zu bringen.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • sondern auch seine eigenen Texte schätze, die oft an historische Vorbilder angelehnt sind.

    Ich kenne ihn ja bisher nur als Autor der zwei "Bücher über Bücher" "Die verlorene Bibliothek" und "Das Haus des Bücherdiebs".

    Ich habe mir seine Bücher jetzt mal auf Amazon angeschaut und zumindest die Cover seiner Romane gefallen mir schon mal sehr gut.

    Historische Romane lese ich ja eigentlich nicht so gerne, aber diese Inhaltsangaben klingen so gut, dass ich vielleicht mal über den Tellerrand schaue.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf

  • Das dritte Kapitel "Das Meer der Abenteuer" hat mir bisher am besten gefallen, und das nicht nur, weil hier die Piraten ihren großen Auftritt haben. Pechmann gelingt es, unterhaltsam und enorm kenntnisreich die Entstehung der Seefahrerliteratur ab Anfang des 19. Jhdts. zu beschreiben, und dabei auch zu verdeutlichen, dass viele Entwicklungen zusammenhängen, weil sich die Autoren (bis auf ein Beispiel hat man es hier tatsächlich nur mit Männern zu tun) auch gegenseitig beeinflusst haben.


    So gelangte James Fenimore Cooper nur deshalb zum Genre der Seeromane, "weil es sich über die nautischen und segeltechnischen Ungenauigkeiten in Sir Walter Scotts Der Pirat [...] geärgert hatte, eine melodramatische Liebesgeschichte über einen gestrandeten Seeräuber." (S. 85). Cooper selbst hatte unter anderem mit seinem Roman "Der rote Freibeuter" großen Erfolg, dieser war allerdings nicht uneingeschränkt: "Ein englischer Kritiker musste das Buch natürlich kindisch nennen, doch sogar der gestrenge Goethe las es mit großem Vergnügen, und Sir Walter Scott hielt Cooper für genial und seinen Roman für äußerst kraftvoll, beschwerte sich allerdings über den ausufernden Gebrauch nautischer Fachbegriffe, die er nicht verstand und die ihm die Lektüre verleideten." (S. 85). So schließt sich der Kreis an dieser Stelle, und es macht einfach Spaß, einen mit solch sorgfältig recherchierten Details gespickten Text zu lesen.

  • So gelangte James Fenimore Cooper nur deshalb zum Genre der Seeromane, ...

    Cooper kannte ich bisher tatsächlich nur mit den Lederstrumpfbücher.


    Aber "die Bibliothek der sieben Meere" ist nun auf meiner Wunschliste, danke für die Vorstellung.