Leo Tolstoi - Anna Karenina (Teil 7)

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  • Also jetzt mal ehrlich,was soll das denn :grmpf:
    Ich bin am Ende des 7 Teils und Anna wirft sich vor dem Zug. Das es so enden wird mit ihr war mir schon klar aber warum schon hier. Also ist das Buch jetzt zu Ende?..... Nein leider noch nicht :rollen:. weiter im Thread zum 8. Teil!


    Die 2. Hälfte des 7. Teils hat mir wieder sehr gut gefallen, wie Anna langsam zugrunde geht, Die Auswirkungen die die Drogen langsam auf sie haben. Ihr Selbstmord um Wronski zu bestrafen. Sehr gut hat Tolstoi sich hier in die Situation Annas versetzt. Sie wollte gar nicht sterben sondern mit ihrem Tod nur Wronski für sein Verhalten ihr gegenüber bestrafen.


    Als es dann zu spät ist, bereut sie noch kurz was sie gerade getan hat [b]Wo bin ich? Was tue ich? Weshalb? Sie wollte sich erheben, sich zurückwerfen, aber etwas Gewaltiges, Unerbittliches stieß gegen ihren Kopf und schleppte sie am Rücken mit fort. Herrgott, vergib mir alles! murmelte sie, da sie fühlte, daß ein Widerstand unmöglich sei[/b}

  • [quote author=Flor]
    Sie wollte gar nicht sterben sondern mit ihrem Tod nur Wronski für sein Verhalten ihr gegenüber bestrafen.
    [/quote]


    Eine sehr merkwürdige Art, jemanden zu bestrafen, oder? Wenn sie es aus purer Verzweiflung getan hätte, dann hätte ich vielleicht mehr Mitleid mit ihr gehabt, so aber erscheint mir diese Tat doch ziemlich egoistisch.
    Aber natürlich ist es traurig, dass Anna sterben musste, welche Motivation sie dafür auch immer hatte. Eine "gefallene Frau" wie sie hätte sowieso keine (gesellschaftliche) Zukunft mehr gehabt, das finde ich erschreckend. Mehr als einmal während des Lesens war ich froh, hier und heute zu leben und nicht damals.


    ***
    Aeria

  • Aeria
    Ich denke diese Art jemand anderen mit einem Selbstmord zu bestrafen ist gar nicht so ungewöhnlich.
    Viele Selbstmörder wollen doch gar nicht wirklich sterben, sondern sie wollen die Umweld wachrütteln, wollen Aufmerksamkeit und wollen eine Änderung von der jetzigen für sie ausweglosen Situation. Ich meine gerade im Teenageralter sind das doch die Gedanken. "Ich bringe mich um, weil meine Eltern und alle anderen sind sowieso scheiß....., die können dann ja sehen wie die ohne mich weiter leben müssen". Also eine Bestrafung an die Eltern die einen nicht verstehen können oder wollen.


    Und hier ist das doch ähnlich Anna fühlt sich unverstanden, sie versucht Wronski darauf aufmerksam zu machen, sie droht mehrmals sich umzubringen aber nicht passiert nichts ändert sich.


    Egoistisch?....natürlich ist dieses Verhalten von ihr egoistisch, aber ist Wronski nicht auch egoistisch?....


    Was hätte Anna denn noch tun sollen um Wronski wachzurütteln.?........Dazu kamen noch die Drogen, die ihre Sinne immer mehr benebelt haben.
    Nein, ich kann Anna gut verstehen. Sie hat um Hilfe gerufen aber keiner wollte sie hören. So tragisch wie das alles ist, sie hatte in meinen Augen keinen anderen Ausweg und sie hat ja auch erreicht was sie wollte.


    Was mich nur sehr stört, dass das Buch nicht hier endet, bzw. mit einer kurzen Beschreibung der Beerdigung und Wronskis Leid, nein wir müssen im 8. Teil noch die seelischen Ergüssen Ljewins ertragen :rollen:.


    Dadurch hat das Ende Annas leider nicht die Gewichtigkeit die es verdient hätte.


    Grüße
    Flor

  • Die erste Hälfte dieses Buches ist mal wieder typisch Lewin. Der rennt durch die Stadt, hat Selbstmitleid und Geldsorgen. Kein Wunder, da er ja seinen geliebten Landsitz verlassen musste und sich der verdorbenen und verderbenden städtischen Atmosphäre ausgeliefert ist :rollen: .
    Etwas sympathischer wird er mir in der Geburtsszene. Wie er da wie ein kopfloses Huhn verloren hin- und herläuft und überhaupt nicht weiß, was er mit sich anfangen soll - köstlich! Überrascht hat mich übrigens, dass er ohne weiteres das Geburtszimmer betreten durfte. Aus der älteren (vorwiegend englischen) Literatur bin ich es gewohnt, dass Männer (den Arzt ausgenommen) und insbesondere Väter dort Besuchsverbot haben, bis das Kind gewaschen und gewickelt in den Armen der erschöpften aber glücklichen Mutter liegt. Anscheinend gilt hier: andere Länder - andere Sitten.


    Die zweite Hälfte ist dann einfach atemberaubend. Anna geht endgültig an ihrer Situation zugrunde, und das schildert Tolstoi meisterhaft. Ihre fieberhaften, verwirrten Gedanken, die sich im Kreis bewegen und immer wieder auf die wichtigste Tatsache zurückkommen, nämlich dass Wronski ihr früher oder später untreu werden wird (übrigens stimme ich ihr darin zu; verlässlich schätze ich ihn nicht ein), zeigen ihre Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit deutlich. Dass sie sich schließlich vor den Zug wirft, ist da nur folgerichtig. Allerdings denke ich nicht, dass sie es nur tut, um Wronski zu bestrafen; das sehe ich eher als erwünschten Begleiteffekt. Hauptsächlich will sie mMn ihrem Leid ein Ende machen. Dass sie Wronski dadurch Leid zufügen kann, macht ihr den Tod nur noch attraktiver. Natürlich würde sie eigentlich doch gerne weiterleben, wie ihre letzten Gedanken, schon unter dem Zug liegend, zeigen, allerdings nicht unter den aktuellen Bedingungen.
    Hier zeigt Tolstoi wie schon gesagt sein großes Können und dadurch verschlechtert sich leider meine Meinung zu dem Rest des Buches, der im Vergleich langweiliger wirkt.


    Dass das Buch mit ihrem Tod noch nicht zu Ende ist, finde ich in Ordnung. Die Reaktion ihrer Umwelt auf ihren Selbstmord möchte ich gerne noch erfahren.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Dass das Buch mit ihrem Tod noch nicht zu Ende ist, finde ich in Ordnung. Die Reaktion ihrer Umwelt auf ihren Selbstmord möchte ich gerne noch erfahren.


    Als ich sagte ich würde mir wünschen das das Buch hier endet, bzw. mit einer Reaktion der Umwelt auf Annas Tod, da wusste ich schon das im 8. Teil nichts mehr diesbezüglich kommt. Und das finde ich sehr schade........weiter im Thread 8

  • Hallo!




    Natürlich würde sie eigentlich doch gerne weiterleben, wie ihre letzten Gedanken, schon unter dem Zug liegend, zeigen, allerdings nicht unter den aktuellen Bedingungen.


    Mir kam die ganze Szene so vor, als hätte sie sich ziemlich spontan entschieden vor den Zug zu springen. Anna hat zwar davor schon an den Tod gedacht, aber es nicht wirklich in Erwähnung gezogen. Umso krasser fand ich dann ihre letzten Gedanken. Sie schien regelrecht erschrocken über ihre Tat und bereute es wahrscheinlich auch.


    Die Zuspitzung der Situation zuvor fand ich auch meisterhaft von Tolstoi geschildert!


    fairy

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai