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Klappentext: (amazon)
"Die Verhandlung kann nicht stattfinden, weil ich heute meine Frau getötet habe. Und ich bin gekommen, weil ich dir alles erzählen will." Mit dieser verzweifelten Eröffnung beginnt das nächtliche Gespräch zwischen dem Richter und seinem späten Gast. – Erschöpft ist Christoph Kömüves mit seiner Frau von einer Gesellschaft heimgekehrt. Und als sei die tiefe Unruhe, die an diesem Abend auf ihm lastet, nur eine unerklärliche Vorahnung, erhält er überraschend Besuch von einem Gefährten aus Jugendzeiten: Imre Greiner, dessen Ehe mit der schönen, verwöhnten Anna Fazebas er am folgenden Morgen würde lösen müssen, bittet ihn zu sprechen. Kömüves ist dem Freund seit Jahren nicht mehr begegnet. Doch der angesehene Arzt kommt ohne Umschweife zur Sache, und er sucht Antwort auf eine Frage, die nur der Richter ihm geben kann.
Meine Meinung:
Als ich vor vielleicht drei oder vier Jahren erstmals das Buch in die Hand nahm und den Klappentext las, wollte ich die Geschichte sofort lesen, scheiterte damals jedoch am Geld. Diesmal fand ich das Buch zufällig in der Bibliothek und erinnerte mich sofort daran. So kam es also, dass ich meinen ersten Sándor Márai las.
Dem Klappentext zufolge hätte ich eine ganz andere Art von Erzählung erwartet - vielleicht etwas mehr in Richtung Thriller. Und so kam es auch, dass ich anfangs große Probleme mit der melancholischen, aber dennoch nüchternen Beschreibung (wie widersprüchlich) des Lebens des Richters Kömüves hatte. Erst als der Arzt Greiner auf den Plan trat, offenbarte sich mir die tiefsinnige Suche nach der Wahrheit und dem Sinn des Lebens (und der Liebe), an die mich dieses Buch mal wieder erinnert hat (was nicht abwertend gemeint ist!).
Anfangs treffen wir auf den Richter Kömüves, dessen Arbeitstag damit endet, dass er in den Fällen für den nächsten Tag die Unterlagen eines alten Bekannten (ich würde ihn nicht Freund nennen) und dessen Ehefrau findet, die er scheiden soll. So folgen wir dem Mann aus gutem Hause durch sein Leben, seine Karriere und seine Liebe(n). Schnell wird klar, dass Kömüves nicht nur Greiner, sondern auch dessen Frau Anna von früher kennt.
Als Kömüves mit seiner Frau Hertha am Abend von einer Gesellschaft nach Hause zurückkehrt, wartet das Hausmädchen und offenbart ihm, dass er Besuch habe: Imre Greiner will Kömüves unbedingt sprechen. So erfahren wir in der anderen Hälfte des Buches vieles vom Leben des selfmade-Mannes Greiner, der es von einem ungarischen Dorf in die renomierten Häuser Budapests geschafft hat und der fast ein Jahrzehnt mit seiner Frau Anna verheiratet war. Im Grunde besteht die ganze Geschichte aus zwei Monologen von zwei Männern, die sich eigentlich unabhängig voneinander mit ihren Leben - und damit auch mit dem Leben des jeweils anderen - beschäftigen.
Ich fand die Schilderungen der beiden Leben, die sehr unterschiedlich verliefen und dennoch immer wieder Schnittpunkte, auch unbewusste, hatten, sehr faszinierend. Während der eine (Kömüves) seine Beziehung zu seiner Ehefrau Hertha eigentlich nie hinterfragt und die Begegnungen mit anderen Frauen wie Anna als unbedeutend und zufällig abtut, sieht der andere (Greiner) in der Liebe zu seiner Frau Anna die Erfüllung aller irdischen Aufgaben - er ist ihr vollkommen verfallen, er liebt sie mit Haut und Haaren. Als er allerdings feststellt, dass Anna nicht das gleiche fühlt, bricht für ihn eine Welt zusammen, die nach Jahren des gegenseitigen Ertragens schließlich in der "Nacht vor der Scheidung" endet. Greiner hat nach dem Tod seiner Anna nur noch eine Frage an Kömüves - ohne die Antwort will er sich der Situation nicht stellen... Insgesamt ist es eine Geschichte über die Liebe, über den Sinn des Lebens und die Suche nach dem wahren Glück. Márai schreibt einfühlsam und nüchtern, beschreibend und poetisch. Seine Sprache ist leise, er klagt nicht an und wertet nicht. Ich habe dieses Buch sehr genossen, es hat mich oft an mich selbst erinnert und mir positive Gedanken gegeben. Dass muss nicht bei jedem so sein, aber empfehlenswert ist der Roman allemal. Deshalb gebe ich meinem ersten - und bestimmt nicht letzten - Márai fünf Ratten.
Ein kleines Zitat aus dem Buch:
"...Eine solche Begegnung geschieht nur einmal im Leben. Das Leben aber, weißt du, und der andere... Sie gehen manchmal weiter..."
Grüße,
die Lidscha