Allgemeine Infos zum Buch
Alterra – Die Gemeinschaft der Drei
Originaltitel: Autre Monde, L’Alliance des Trois
Von Maxime Chattam
Erschienen im PAN Verlag, 09.09. 2009
ISBN 978-3426283004
Hardcover mit Lesebändchen, 389 Seiten, 16,95 € [D]
Vom Hersteller empfohlen ab 14-15 Jahren
Inhalt
New York in naher Zukunft: der 14-jährige Matt schwankt zwischen Kindheit und Erwachsenwerden. Er liebt Rollenspiele und Fantasy, aber entdeckt auch neuerdings Interesse an Mädchen und leidet unter der bevorstehenden Trennung seiner Eltern. Die unbeschwerte Kindheit endet abrupt mit einem mysteriösen Unwetter. Zahlreiche unheimliche Blitze tasten die Straßen und Häuser ab und schlagen Matt bewusstlos. Als er aufwacht ist die Stadt totenstill und von einer dicken Schneeschicht bedeckt. Alle Erwachsenen und sämtliche Autos sind verschwunden. Glücklicherweise trifft Matt seinen Freund Tobias und sie machen sich gemeinsam auf die Suche nach weiteren Überlebenden. Schnell bemerken sie, dass außer einigen weiteren Kindern auch noch weniger harmlose Lebewesen durch die Straßen streifen. Bedrohliche Stelzenwesen suchen offenbar nach ihnen und sie fliehen unter weiteren Gefahren aus der Stadt. Das Land ringsum ist überwuchert mit Schlingpflanzen und monströsen Lebewesen, die ihnen das Vorankommen erschweren. Nach einer abenteuerlichen Reise landen Matt und Tobias in einer Gruppe von anderen Kindern, die sich „Pans“ nennen und auf einer geschützten Insel eine kleine Gesellschaft aufgebaut haben um gemeinsam den Gefahren zu trotzen, ihr Überleben zu sichern und langsam ein wenig Licht in das Dunkel der geheimnisvollen Veränderungen auf der Erde zu bringen. Wie sich heraus stellt, gibt es auch in anderen Regionen des Landes ähnliche Gemeinschaften von Kindern und Jugendlichen. Wagemutige „Weitwanderer“ unter den älteren Jugendlichen durchstreifen das Land um Informationen zu sammeln und sie zwischen den Pan-Gesellschaften auszutauschen. Für die Kinder besonders gefährlich sind die Gruppen von „Zyniks“, überlebende Erwachsene, die seltsam aggressiv geworden sind und nur das Ziel haben, Kinder zu entführen. Dann gibt es noch die einfältigen, aber nicht weniger aggressiven „Mampfer“, zu Monstern mutierte Erwachsene, sowie jede Menge gefährliche Fantasiegestalten.
Die größte Bedrohung lauert jedoch in der Gruppe der „Pans“ selbst, denn es gibt Hinweise auf eine Verschwörung, die eine Invasion der Zyniks zum Ziel hat. Doch wer gehört zu den Verrätern und welche Motive haben sie? Was hat es überhaupt mit der plötzlichen Katastrophe auf sich, die über die Erde herein gebrochen ist und warum wurden nur Kinder davon verschont? Was haben die langsam auftretenden übernatürlichen Fähigkeiten einzelner Kinder zu bedeuten? Und steht über den Zyniks und den anderen feindlichen Gruppierungen eine besonders böse Macht, ein Anführer, der noch viel schrecklicher ist als alle Monster zusammen? Gemeinsam mit der gleichermaßen hübschen wie intelligenten Ambre schließen sich Matt und Tobias zur „Gemeinschaft der Drei“ zusammen, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen …
Kritik
Eine bunte Collage bekannter Elemente aus zahlreichen Abenteuer- und Fantasyfilmen, Märchen und Mythen hat Maxime Chattam hier zusammengebastelt. Aber ich muss zugeben, das Ergebnis ist trotzdem zufrieden stellend. Die jungen Helden, allen voran Matt, sind zwar nicht besonders detailliert gezeichnet, bergen aber vielleicht gerade deswegen Identifikationspotential für gleichaltrige Leser und Leserinnen. Im Mittelpunkt stehen die Geheimnisse, all die unbeantworteten Fragen dieser neuen Welt nach der Katastrophe, einer anderen Welt. Warum der deutsche Verlag den Titel gleich der bekannten Naturkosmetikmarke von Rossmann benannt hat, ist mir schleierhaft und finde ich bedauerlich (aber man kann wohl davon ausgehen, dass Kinder sich dadurch nicht irritiert fühlen werden). Diese andere Welt ähnelt schon sehr einem Fantasy-Rollenspiel-Szenario mit geheimnisvoller Atmosphäre in einem dschungelartigen Dickicht, aus dem jederzeit fantasievolle Kreaturen hervorbrechen können. Stilecht führt Matt von Anfang an die klassische Helden-Waffe mit sich: ein Schwert, dass seine Eltern ihm zu Weihnachten geschenkt haben, ein Nachbau eines Schwertes aus dem Film „Herr der Ringe“. Und es verwundert auch nicht, dass die Kinder nach und nach individuelle, übernatürliche Fähigkeiten entwickeln, so wie man im Rollenspiel seinen Helden unterschiedliche Talente zuweist: Stärke, Gewandtheit, Beherrschung der Elemente, … ihr kennt das ja vielleicht.
Aber was soll’s, die Geschichte macht Spaß zu lesen! Die Kapitel sind kurz und enden mit Cliffhangern, die Sprache ist einfach gehalten und flüssig zu lesen. Es wird nicht zu viel und nicht zu wenig der Figuren und Umgebung beschrieben und die Handlung ist sehr spannend erzählt. Matt und seine Gefährten stolpern von Anfang bis Ende von einem ins nächste Abenteuer, kämpfen, fliehen, rätseln und entwickeln sich somit rollenspieltypisch weiter. Einige Geheimnisse werden gelüftet und machen die Geschichte im ersten Band einigermaßen rund, aber natürlich bleiben die ganz großen Fragen ungeklärt. Zum Schluss startet die Gemeinschaft der Drei in ein noch größeres, unbekanntes Abenteuer und man kann wirklich sehr gespannt sein auf die Fortsetzung.
Das Buch ist daher ein guter Unterhaltungsroman für Fantasy- und Spannung-liebende junge Leser. Für Erwachsene ist „Alterra – Die Gemeinschaft der Drei“ etwas zu flach und in der Sprache zu einfach. Man kann es lesen, wenn man sonst nichts Spannendes rumliegen hat, aber es gibt sicherlich bessere Jugendbücher, die auch Erwachsene fesseln können und mehr Tiefe haben (wenn ich allein schon an die Bücher von Michael Ende denke oder meinetwegen auch die Harry-Potter-Reihe).
Was mich etwas gestört hat, sind die doch teils recht brutalen Zwischenfälle, bei denen Kinder (wenn auch unfreiwillig) zu Mördern werden. Ich kann es akzeptieren, wenn Kinder in Jugendromanen zu Opfern „des Bösen“ werden, aber wenn Kinder selbst „das Böse“ in sich aktivieren um zu überleben und zum Helden zu werden, egal wie schlecht sie sich dabei fühlen … ich bin ja keine Pädagogin, aber das finde ich doch recht bedenklich. Daher würde ich das Buch besser nur Kindern, bzw. Jugendlichen mit einer gewissen Reife und Fähigkeit zur Selbstreflexion zu Lesen geben. Aber diese Leser wären dann wahrscheinlich mit anspruchsvollererer Fantasy besser bedient.
Etwas zwiegespalten bin ich also noch in meiner Bewertung dieses Buches. Am liebsten würde ich 3,5 Leseratten vergeben. Angesichts der wirklich schönen und hochwertigen Aufmachung des Buches runde ich mal großzügig auf 4 für die Fortsetzung hoffnungsvolle Ratten auf:
Fazit
Spannend geschriebener Fantasy-Roman für Jugendliche, der mit seiner Öko-Message gerade voll im Trend liegt. Erzieherisch anspruchsvolle Eltern sollten angesichts mancher Gewaltszene besser selbst erst einen Blick reinwerfen, bevor sie ihren Kindern dieses Buch schenken. Aber allein die schöne Umschlaggestaltung, die floralen Verzierungen auch auf den Innenseiten des Buches und das Lesebändchen, machen es bestimmt zu einem begehrten Schmuckstück auf jedem Jugendzimmer-Bücherbord.
Zum Autor
Der unter dem Künstlernamen Maxime Chattam bekannte Autor, geboren 1976 in Montigny-lès-Cormeilles in Frankreich, studierte in Paris Literaturwissenschaften, war anschließend als Buchhändler tätig und begann zu schreiben: 2002 erschien sein erster Thriller „Das Pentagramm“ (L'Âme du Mal), gefolgt von weiteren Thrillern für Erwachsene. Mit „Alterra“ schreibt er nun erstmals für eine jugendliche Leserschaft. Laut einem Interview auf der PAN-Verlags-Website stellt „Alterra“ tatsächlich eine Art Hommage an Chattams Vorbilder dar (die Parallelen zu den dort genannten Buch- und Filmtiteln sind fast schon unverschämt offensichtlich). Seine Vorliebe für die USA spiegelt sich in den amerikanischen Schauplätzen, Helden und seinem Künstlernamen wider (zu meinem Bedauern – Frankreich würde doch eine prima Fantasy-Katastrophen-Abenteuer-Kulisse abgeben). „Alterra“ war ursprünglich als Trilogie konzipiert, laut französischer Wikipedia ist nun wohl aber eine 7-bändige Serie geplant.