Beiträge von marilu

    Originaltitel: The Mobile Library Mysteries - Mr. Dixon disappears (Bd. 2)


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    Inhalt:
    Israel Armstrong, Jungbibliothekar aus Nord-London, lebt in Tumdrum, einem kleinen nordirischen Ort. Hier ist er als Fahrbibliothekar der Gemeinde angestellt. Er hat die Aufgabe übernommen, für das 100-jährige Jubiläum des Kaufhauses Dixon & Pickering eine Ausstellung zu organisieren. Doch schon der Aufbau seiner Schautafeln verläuft unglücklich. Wenige Minuten später muss er dann erfahren, dass sowohl Mr.Dixon, der Geschäftsführer des Familienbetriebs, und 100 000 Pfund verschwunden sind. Israel wird aufgrund einer unglücklichen Verkettung von Umständen zum Tatverdächtigen, was ihm ein ebenso peinliches wie unangenehmes Verhör einbringt sowie Zeit in einer Gefängniszelle. Nachdem er auf Kaution freigelassen wird, beschließt er seinen Namen reinzuwaschen und stellt sich dabei wahnsinnig unbeholfen an.


    Meine Meinung:
    Ian Sansom hat einen netten Wohlfühlkrimi geschrieben. Die Krimihandlung ist dabei aber so reduziert, dass mir der Roman in der Kategorie Krimi/Thriller wie eine Mogelpackung vorgekommen wäre. Im Endeffekt geht es in "So schnell wackelt kein Schaf..." weniger um das Verschwinden des Kaufhausbesitzers als vielmehr um das desaströs-skurrile Verhalten von Israel Armstrong - 29 Jahre alt, Engländer, Vegetarier und Jude. In Nordirland stößt er auf eine Welt, die er nicht versteht. Seine Verhaltensmuster helfen ihm wenig, sich einzuleben und das Vertrauen der Landbevölkerung zu gewinnen. Seine einzige Verteidigung während des Verhörs ist der Satz "Ich bin der Bibliothekar!". :rollen:
    Statt Dinge anzusprechen, lässt er vieles schleifen oder in der Luft hängen, was dazu führt, dass sein Leben viel umständlicher als notwendig wird. Von niemandem ernst genommen, hält er sich selbst doch für das intelligenteste Wesen in der Antrimer Gemeinde. Dies mag vielleicht auch stimmen, am überlebensfähigsten ist er jedenfalls nicht und wird bestenfalls als liebenswert-schrullig von seinen Mitmenschen wahrgenommen, schlimmstenfalls als arroganter Einwanderer.


    Normalerweise machen mich solche Charaktere wahnsinnig, aber Ian Sansom beschreibt Israel und seine Umwelt so liebenswert und gleichzeitig spitzzüngig, dass ich den Roman kaum aus der Hand legen konnte.


    Das Ende ist so offen gehalten, dass klar wurde, dies ist nicht das Ende der Armstrongschen Abenteuer. Eine Internetrecherche erbrachte das gleiche Ergebnis:


    Auf deutsch bisher erschienen:
    Bücher auf Rädern (Orig.-Titel: The Mobile Library Mysteries 1 - The Case of the Missing Books)
    So schnell wackelt kein Schaf mit dem Schwanz (Orig.-Titel: The Mobile Library Mysteries 2 - Mr. Dixon disappears)


    Auf englisch außerdem erhältlich, bzw. geplant:
    The Mobile Library Mysteries 3 - The Delegates' Choice
    The Mobile Library Mysteries 4 - The Book Stops Here


    Fazit:
    Die Reihe eignet sich perfekt für verregnete oder ruhige Wochenenden und zog mich unwiderstehlich an. Die wie nebenbei eingestreuten Gedanken zu Literatur, Bibliotheksnutzern und Leseverhalten gaben der Berieselung etwas Tiefe und Nachdenkliches. Der Vorgänger- und Nachfolgebände werden ihren Weg in mein Regal finden!

    Hallo Valentine! Schön zu lesen, dass der Roman noch andere Fans hat! Ich habe ihn im Januar gelesen und war begeistert!


    Man stelle sich folgendes Szenario vor: die alten Olympier leben in einem heruntergekommenen Bungalow in Islington. Im Pestjahr 1665 billig als Spekulationsobjekt erstanden, konnten sie es nach dem großen Brand Londons (1666) nicht wieder veräußern. So sitzen sie seit Jahrhunderten im eigenen Dreck in ihrem "Heim" fest und denken wehmütig an die "guten alten Zeiten" in Griechenland und Rom. "Sie" sind die Vollgötter der griechischen Mythologie: Apollo und Artemis, Aphrodite und Hephaistos, Hera und Zeus, Ares und Athene, Hermes, Athene und Eros. Seitdem der menschliche Glaube auf Jesus und Gott überging, ist nichts mehr beim Alten und sie werden täglich schwächer...


    Doch im 21. Jahrhundert kommt die Wende in Form der Putzfrau Alice und ihres Freundes Neil. Alice hat das Pech die Frau zu sein, auf die Apollos Blick fällt, nachdem ihn Eros' Liebespfeil erwischt. Der Sonnengott entzündet vor Liebe zu der Sterblichen und muss ihr nah sein. Schade nur, dass diese sich nicht für ihn interessiert... Rache muss her, auch wenn er sie aufgrund eines bindenden Schwurs auf Styx nicht selbst töten kann. Wozu hat man allerdings einen Vater, der allmächtig ist (Zeus)? Damit nimmt die Katastrophe allerdings erst Fahrt auf...



    Ich habe mich wirklich erstklassig unterhalten gefühlt und die Erinnerung an einige Episoden lässt mich jetzt beim Schreiben noch immer schmunzeln.
    Wie man sich vorstellen kann, wirken sich die Jahre der Unzufriedenheit gepaart mit dem beschränktem Raum und den unendlich großen Egos nicht besonders förderlich auf den Familienfrieden aus. Intrigen sind an der Tagesordnung und daraus entsteht so manche (aber)witzige Situation. Über Dyonysos, Aphrodites und Apollos Berufe hat Valentine ja schon einiges gesagt. Ares hingegen führt Planspiele durch und Athene erforscht die Grundlagen der schwindenden göttlichen Kräfte. Hera bewacht Zeus, der unter Alzheimer zu leiden scheint. Eros erforscht sein Gewissen und versucht sich als Christ, während Hermes wie immer der Bursche für alles ist. Artemis scheint halbwegs normal zu sein - doch ist das wirklich so?


    Mit viel schrägem Humor und Witz geschrieben, war diese etwas andere Heldengeschichte für mich ein echter Überraschungserfolg! Die viele kurzen Kapitel verleiten dazu zu sagen "nur noch ein Kapitelchen bevor ich das Buch niederlege und mich den wichtigen Dingen im Leben stelle" - bis man es kurzerhand doch durchgeschmökert hat.


    4ratten


    Zitat von Valentine


    Etwas nervig zu Beginn die häufig verwendete Fäkalsprache und der ewige Sex (wobei sich auch da durchaus Schmunzelszenen ergeben).


    Einerseits fand ich es auch etwas überflüssig - andererseits hates mich von Apollo und Aphrodite nicht besonders überrascht.


    Ich habe Früh am morgen beginnt die Nacht als ein trauriges Buch empfunden weil Dominik gefühlsmäßig so zerissen war. Das hat mich noch einige Zeit nach der Lektüre beschäftigt.


    Liebe Grüße
    Kirsten


    Hallo Kirsten,
    das ging mir genauso! Gerade Dominiks Zerrissenheit hat für mich den Roman "authentisch" und glaubwürdig gemacht. Der Roman kroch mir doch sehr unter die Haut. Eine Reaktion, die mir auch einige andere Leser, mit denen ich darüber sprach, bestätigten.

    Originaltitel: I know this much is true

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    Inhalt:

    Dominick (Domenico) und Thomas sind eineiige Zwillinge. Sie wachsen in den 50er Jahren im Norden der USA auf, ohne zu wissen wer ihr Vater ist. Ihre Mutter schweigt bis zu ihrem Tod zu diesem Thema und was die Jungen als Vaterfigur erleben (ihren cholerischen Stiefvater Ray), macht entweder stark oder zerbricht den Geist. Dominick entschließt sich früh, einen Schutzwall um sich aufzubauen, während Thomas dies nicht gelingt.
    Im Jahr 1969 verändert sich Thomas. Seine Schizophrenie ist der Auftakt zu einem Leben mit Ärzten, Diagnosen, Medikamenten. "Früh am Morgen beginnt die Nacht" ist nicht nur die Geschichte von Dominicks Versuchen, sich um Thomas zu kümmern, sondern auch ein Ausflug in die Vergangenheit der Familie.

    Anmerkungen:

    Der Roman beginnt auf einer Gegenwartsebene, driftet dann in die Vergangenheit ab, um wenig später eine zweite, spätere Gegenwartsebene einzuführen. Ausschlaggebend für diesen zweiten Erzählstrang ist Thomas Birdseys Opfer:
    er betritt eine Bibliothek, setzt sich in eine Leseecke und amputiert seine eigene Hand, um gegen die "Operation Wüstensand" zu protestieren und das amerikanische Volk aufzurütteln. Aufgrund dieser Aktion wird er nach einer Notoperation polizeilich abgeführt und in die forensische Klinik "The Hatch" eingewiesen. Sein eineiiger Zwillingsbruder Dominick kämpft gegen diese - seiner Meinung nach - polizeiliche Willkürtat an, hat er doch seiner Mutter auf dem Sterbebett vesprochen, auf seinen Bruder aufzupassen. Sein großes Ziel ist es, Thomas wieder in einer liberaleren Einrichtung unterzubringen. Die Begegnung mit Thomas neuer Psychiaterin Dr. Patel wird auch für Dominick eine Art Therapie und zwingt ihn, sich mit der Vergangenheit und den eigenen Gefühlen auseinander zu setzen. Dass es bei ihren Gesprächen nicht nur um die Beziehung zwischen den Brüdern handelt sondern auch um die erschreckende Familiensituation während ihrer Kindheit und Pubertät, Dominicks Wunsch ein eigenständiger Mensch zu werden und seine Beziehungen zu Frauen, versteht sich hoffentlich von selbst. So entsteht ein vielschichtiges Geflecht.


    Angenehm finde ich, dass nicht zu häufig zwischen den Zeitebenen gesprungen wird. Somit ist immer genügend Zeit, sich neu zu orientieren. Innerhalb der ersten 500 Seiten erfährt der Leser Thomas und Dominicks Lebensgeschichte bis 1969- dem Sommer, in dem beide 20 Jahre alt sind und Thomas Krankheit unübersehbar wird. Die restlichen 500 Seiten schildern dann vermehrt das Leben mit der Krankheit. Spät im Buch kommt ein weiterer Themenstrang dazu, als die Lebensgeschichte des Großvaters eingeführt wird, die Thomas heftig abstößt. Der von seiner Mutter verehrte Vater zeigt sich in seiner eigenen Lebensdarstellung als altmodisch und grausam. Unliebsame Parallelen zu Dominicks Erfahrungen mit Ray aber zum eigenen Verhalten werden hierbei sichtbar.


    Fazit:
    Das Buch ist überaus liebevoll geschrieben. Gerade Dominicks widersprüchliche Gefühle gegenüber seinem Bruder machen ihn glaubwürdig. Insgesamt zieht sich das Thema "Ambivalenz" durch den gesamten Roman - egal um welche Beziehungsgeflechte es sich handelt. Mir hat das sehr gut gefallen! Die Personen sind vielschichtig, die Verflechtungen ebenfalls. Insgesamt war es für mich eine runde Sache. Statt eines Heldens, der tapfer und untadelig erst mit der sehr ausgeprägten Sensibilität des Zwillingsbruders und später mit der Krankheit umgeht, wird Dominick vom Autor gestattet, sowohl Liebe, Anhänglichkeit und Verantwortungsgefühl für Thomas zu empfinden, ABER AUCH egoistische Handlungen, Schwäche, Unverständnis und Ablehnung zuzugeben. Die Suche nach der eigenen Identität ist ein schwerer und steiniger Weg...


    Sehr empfehlenswerte Unterhaltungsliteratur mit der einen oder anderen Überraschung! Falls ihr diesen seitenstarken Schmöker noch auf dem SUB habt und euch von der Dicke habt abschrecken lassen - fürchtet euch nicht und traut euch ran. Bei mir stand es jahrelang ungelesen im Regal (obwohl ich "Musik der Wale" vom selben Autoren geliebt habe) und konnte mich einfach nicht überwinden, diesen über 1000 Seiten starken Schmöker zu beginnen. Doch ich habe wie erwartet erkennen müssen, dass ich mir in dieser Zeit ein sehr besonderes Buch habe entgehen lassen.
    5ratten

    illy und Valentine haben den Inhalt ja bereits hinreichend wiedergegeben. Ich möchte deshalb nur noch ein paar Kleinigkeiten ergänzen:


    Die Gegenwartsebene (1948) ist geprägt vom Nachkriegsengland. London erholt sich vom Blitz, viele Arbeitsplätze können nicht gefüllt werden und so erinnert sich das Commonwealth an seine Kolonialbürger - billige Arbeitskräfte sollen ins Land gezogen werden und möglichst nur eine Saison bleiben.
    Die "Empire Windrush" bringt in diesem Jahr auf ihrem Rückweg von Australien 492 Jamaikaner ins "Motherland". Andere Schiffe folgen und wenn auch viele der Passagiere anfangs dachten, England bald wieder den Rücken zu kehren, blieb letztlich doch die Mehrheit in London und Südengland. Eine Situation, die über die folgenden Jahrzehnte zu enormen Spannungen führte...


    Aber zurück zu "Eine englische Art des Glücks":


    Die Engländerin Queenie heiratet Bernard Bligh, weil er ihr die Möglichkeit bietet, sich zu etablieren. Nicht aufgeklärt, glaubt sie, dass jede Ehe so abläuft wie die ihre: ruhig, beständig, mitunter etwas dröge und langweilig mit klaren Rollenverteilungen. Bernard versorgt sie und seinen Vater und sie spielt Hausfrau. Der 2. Weltkrieg bietet ihr die Möglichkeit, tätig zu werden und Bernards Weltanschauung zu umgehen: sie beginnt als Hilfskraft in den Hilfsunterkünften der Ausgebombten zu arbeiten. Als Bernard sich zum Kriegsdienst meldet, ist sie erschüttert, lernt ihre neue Selbständigkeit aber bald zu genießen. Als er nach Ende des Krieges nicht zurückkehrt, weiß sie nicht, wie sie damit umgehen soll und erklärt ihn letztlich für tot. Als er überraschend wieder auftaucht, sorgt er für viel Unruhe...


    Bernard selbst kommt erst im letzten Drittel des Romans zu Wort und führt die Handlung nach Indien, wo er stationiert war. Seine Erlebnisse dort untermauern sein zuvor latent imperialistisch geprägtes Weltbild mit all seinen Vorurteilen negativ. Man kann sich vorstellen, was er empfindet, als er nach seiner Heimkehr nach London feststellen muss, dass seine Frau Räume seines Hauses an westindische Immigranten vermietet hat...


    Meine Eindrücke waren die, dass Andrea Levy hier ein Werk geschaffen hat, das jeden Leser, der genug Durchhaltevermögen zeigt, mit einem fesselnden Roman beschenkt, der sehr persönlich ist und unter die Haut kriecht. Die Hauptbotschaft drückt Gilbert Joseph aus, als er gegen Ende des Romans Bernard Bligh entgegenschleudert:


    Zitat von "Small Island - S. 525"


    You know what your problem is, man? [...] Your white skin. You think it makes you better than me. You think it give you the right to lord it over a black man. But you know what it make you? You wan' know what your white skin make you, man? It make you white. That is all, man. White. No better, no worse than me - just white.


    (Weißt du, was dein Problem ist, Mann? Deine weiße Haut. Du denkst, sie macht dich zu etwas besserem als mich. Du denkst, sie gibt dir das Recht, über einen schwarzen Mann zu richten. Aber weißt du, was es dich macht? Willst du wissen, was deine weiße Haut bewirkt, Mann? Sie macht dich weiß. Das ist alles, Mann. Weiß. Nicht besser, nicht schlechter als mich - nur weiß.)


    Viele Erlebnisse, die Gilbert erlebt, sind zutiefst verachtlich, herabwürdigend und ungerecht. Mir ist eine Szene in Erinnerung geblieben, die vor seiner Rekrutierung bei der RAF spielt: als sein älterer Bruder sich für den Kriegsdienst meldet, wird dieser abgewiesen - man glaubte noch, ohne die farbigen Kolonialbürger den Krieg gewinnen zu können. Als Gilbert alt genug ist, sich zu melden, haben sich die Zeiten geändert und wird eingezogen...
    es wird aber ganz klar gesagt, dass er seine Arbeit zu leisten hat und ansonsten nicht auffallen soll. Doch wie soll man das bewerkstelligen, wenn die Hautfarbe gegen die fahlen Engländer heraussticht und daran nun mal nichts zu ändern ist?!


    Hortense dagegen dient als Beispiel dafür, dass Vorurteile und Hierarchiedenken nicht auf die Kolonialherren beschränkt sind. Ihre hohen Erwartungen und tiefen Überzeugungen von dem, was ihr zusteht, sind auch nicht ohne...


    "Small Island" lässt mich nachdenklich und beeindruckt zurück. Die neutrale und gradlinige Darstellung der Erlebnisse war sehr gelungen.


    Obwohl ich gerade am Anfang mit dem Roman gekämpft habe, wurde er für mich letztendlich doch zum LESETIPP! 5ratten


    Ich wünsche dem Roman noch viele Leser!

    Originaltitel: The Rotter's Club (2001)


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    Inhalt:
    Der Roman startet 2003 im Restaurant des Berliner Fernsehturms, wo sich zwei junge Menschen unterhalten. Sophie und Patrick haben sich an diesem Tag des erste Mal in ihrem Leben getroffen und warten darauf, dass ihre Eltern zurückkehren. Sophie besucht Berlin mit ihrer Mutter und Patrick mit seinem Vater, welche gemeinsam zur Schule gegangen sind.


    Im Gespräch kommen sie auf die Vergangenheit ihrer Eltern zu sprechen und Sophie erzählt Patrick einen Teil ihrer Familiengeschichte und somit auch Teile aus der Vergangenheit seines Vaters: Birmingham in den 1970ern.


    Sophies Geschichte konzentriert sich auf die Mittelstandsfamilie Trotter: die Eltern Sheila und Colin und die Kinder Benjamin, Lois & Paul sowie deren Umgebung mit den Familien Anderton (Bill, Irene & Doug) und Chase (Sam, Barbara & Phil) und ihren Freunden Sean Harding, Claire Newman, Emily, Cicely, Malcolm und und und.... Während der Erzählung spricht sie über Pubertät, die Gewerkschaftsbewegung, Klassenunterschiede, Rassismus und die IRA.


    Meine Meinung:
    Aus dieser Mischung entsteht ein breites Spekrum an Themen und Beziehungen, die zu weit gefasst sind, um sie hier einzeln vorzustellen. Im Mittelpunkt steht jedoch Benjamin Trotter - ein introvertierter Junge, der sonst im Leben immer eine Spur neben der Handlung herhinkt und mit dieser Erzählung eine Bedeutung erfährt, die er normalerweise nur ersehnt. Als Leser hängt man seine Sympathien an ihn - spätestens nach seiner Gotteserfahrung beim Schulschwimmen. Eine meiner absoluten Lieblingsszenen im Buch - sehr süß, naiv und wichtig für Benjamins weitere Entwicklung. Die Pubertät ist eine harte Zeit aber auch voller Wunder und als solche wird sie im Leben der Trotters auch geschildert. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und manche sind fast zu hart zu ertragen.


    Der Roman überzeugte mich auch durch unterschiedliche Schriftarten, Schreibstile und Erzählperspektiven. Zwischendurch ist es manchmal verwirrend, wenn eine Figur über ein aktuelleres Datum berichtet hat und danach jemand anderes in der Zeit zurückspringt. Aber insgesamt empfinde ich solche Stilmittel als auflockernd.


    Als ich mit dem Lesen des Buches begann, hatte ich befürchtet, dass es Tony Parsons "Als wir unsterblich waren" zu ähnlich ist als das ich es genießen könnte, doch zum Glück hat sich diese Angst nicht bestätigt. Es gibt zwar Parallelen aber nur in kurzen Ausschnitten. "Erste Riten" ist wesentlich breiter angelegt.


    Bis zum Schluss war ich gespannt, wessen Kinder Sophie und Patrick sind und musste mich mehrmals zusammenreißen, um nicht vorzublättern. Während des Romans gibt es mehrere Hinweise auf mögliche Verbindungen der Figuren untereinander und die Spekulation hat das Lesen für mich bereichert.


    Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen - Jonathan Coe versetzt den Leser zurück in die 70er und trägt ihn durch das Jahrzehnt. Eine Ära, die zwar vor meiner Zeit liegt, aber von der ich eine bestimmte Vorstellung habe, die Coe perfekt eingefangen hat.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Der Romane hat wirklich seine Momente und ich freue mich schon darauf, die Fortsetzung mein Eigen zu nennen, um das Leben der Trotters, Chases und Andertons in den 90er Jahren mitzuerleben: "Klassentreffen" ("The Closed Circle").


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    Marilu, danke für die Rezi.
    Ich habe mir das Buch letzte Woche gekauft da ich seit One for my Baby von dem Autor ziemlich angetan bin.


    One for my Baby fand ich auch absolut umwerfend. Die Thematik beider Bücher ist zwar unterschiedlich, aber in beiden hat der Ton und die geschaffene Stimmung mich auf dem richtigen Fuß erwischt. Ich hoffe, du wirst auch Spaß mit "Als wir unsterblich waren" haben!

    Originaltitel: The Stories we could tell

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    16.8.1977 - der Tag, an dem Elvis Presley starb, wird zu einem Wendepunkt im Leben dreier Jungjournalisten der fiktiven Musikzeitschrift "The Paper".


    Ray, Terry und Leon wachsen in einer Zeit des musikalischen und politischen Umbruchs auf, sind wild aufs Leben und stürzen sich in das Londoner Partyleben auf der Suche nach einem Sinn im Leben, der großen Liebe und Authenzität.


    Ray begann bereits mit 15 Jahren für "The Paper" zu arbeiten, selbst Hippie mit einer unstillbaren Sehnsucht nach den 60er Jahren. Nun, 5 Jahre später muss er sich beweisen - ausgerechnet durch ein Interview mit seinem Idol John Lennon, der sich für eine Nacht in London aufhält. Seine Schüchternheit seinem Idol gegenüber ist nur der Anfang seiner Probleme, weiß doch niemand wo sich John Lennon aufhält...


    Terry bricht aus seinem Leben als Ginfabrikarbeiter aus und ergattert einen Job bei "The Paper". Sein Stern steigt stetig und nach einem Kurztripp nach Berlin, wo er sein Idol Dag Wood interviewte und Freundschaft mit ihm schließt, freut er sich am 16.8. darauf, seinen Erfolg mit seiner Freundin Misty und Dag zu feiern. Doch alles kommt anders als erhofft und die Nacht hält noch so manche unerfreuliche Überraschung für ihn bereit.


    Leon, Sohn eines bekannten und renommierten Journalisten, flieht aus seinem bürgerlichen Zuhause, als er einen Job bei "The Paper" annimmt, sich verstärkt politisch engagiert und aus Prinzip und Trotz in einem besetzten Haus zu leben beginnt. Er wünscht sich nichts mehr, als in "The Paper" Schriften gegen Neonazis zu platzieren und so seine Mitbürger wach zu rütteln. Am 16.8. erhält er seine Chance, als er ein Konzert der Band "Leni and the Riefenstahls" als Aufhänger für einen politischen Artikel nutzen darf. Doch statt das Konzert, das ihn innerlich zutiefst anwidert, zu besuchen, lernt er das schönste Mädchen der Welt kennen, was unvorstellbare Folgen für sein Leben haben wird...


    Mich hat der Roman sehr angesprochen. Eine melancholische Grundstimmung liegt über der Geschichte. Große Sehnsucht, naive Hoffnungen und optimistische Wünsche für die Zukunft treffen auf trostlose Realität und Gewalt des Alltags. Die Kraft, die in diesen Widersprüchen liegt, erweckt eine großartige Atmosphäre. Ich bin zu jung, um diese Zeit mitgemacht zu haben, aber die Themen an sich sind zeitlos und omnipräsent solange es die Pubertät geben wird.

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    Heinrich Krauss berichtet in "Die Engel" über die Engelsrezeption im Wandel der Zeit. Er geht auf die Erwähnung von Engeln im Alten und Neuen Testament ein und lässt dabei den geschichtlichen Hintergrund nicht aus den Augen. Neben diesen Beobachtungen gibt er auch Auskunft über die Aufgaben und Funktionen dieser Himmelswesen, ihrer Rollen sowie ihren Einfluss auf die Glaubensgeschichte.
    Die Gliederung des Buchs folgt einer chronologischen Reihenfolge. So beginnt er mit der Zeit, in der Altes und Neues Testament entstehen, äußert sich im zweiten Teil zu Spätantike und Mittelalter und erläutert im 3. Teil, wie sich der Engelsglaube seit der Neuzeit entwickelt.


    Im Folgenden werde ich ein wenig dessen wiedergeben, das ich gelesen habe - mit Schwerpunkt auf die Zeit vor Jesu Geburt.


    Mir war z. B. nicht klar, dass die im Alten Testament erwähnten Engel im Text nicht so bezeichnet werden, sondern als abstrakte Himmelswesen auftreten. Sie sind der "Hofstaat Gottes", der aus "Heerscharen" (Begriff für Naturphänomen wie Elemente, Gestirne und Wolken) und "Gottessöhnen", den "bene elohim" (wahrscheinlich Relikte aus heidnischen Zeiten) besteht. Diese Himmelswesen sind Gottes Mittler und Botschafter in Situationen, in denen Menschen wichtige Entscheidungen treffen müssen.
    Bleibt ihre Rolle schon vage, so schweigt sich das Alte Testament erst recht über ihr Erscheinungsbild aus. Erst später werden die Beschreibungen der Engel detaillierter und ihr Aussehen definiert.


    Im 1. Jahrhundert beeinflusst die Lehre des Zarathustra auch die Israeliten, als Babylon von den Persern besetzt wird - wo sich viele Israeliten im Exil befinden. Er lehrt ebenfalls einen Monotheismus und glaubt an "Ahuramazda" (den weisen Herrn), der in seinem Reich von 6 Engeln umgeben ist. Zarathustra wird in den Himmel geführt und lernt dort vieles über das Weltgeschehen. Er erkennt, dass die Weltgeschichte aus einem immerwährenden Kampf zwischen dem Reich Ahuramazdas und der Welt der Finsternis besteht. Der Mensch hat einen freien Willen und kann zwischen Gut und Böse entscheiden. Letztendlich wird jedoch das Gute siegen und Ahuramazda den Frieden und das Glück auf Erden durch einen Erlöser schaffen.
    Diese Lehre hat auch Einfluss auf die Bibelschreibung:
    Engel erhalten eine neue Wertigkeit, neue Engel tauchen auf und erhalten Namen. So gibt es nun neben Cherubim und Seraphim auch Deuteengel, die prohetische Aussagen übermitteln, und Heilungsengel sowie 7 Engel, die Gebete an Gott weiterleiten.
    Neu sind auch apokalyptische Engel, die Ausdruck des jüdischen Widerstands gegen die Herrschaft Alexanders des Großen sind.
    In apokryphen Schriften werden zudem älteren biblischen Figuren Informationen über urzeitliche Anfänge und zukünftige Ereignisse in den Mund gelegt. Die zur gleichen Zeit sprießenden gnostischen Glaubensgruppen schmücken den in der Genesis erwähnten Fall der Engel aus. In den Schriften Henochs (des späteren Metatrons - Stimme Gottes) z. B. erlebt der Leser dessen Reise in das Himmelsreich mit. Henoch trifft vier Erzengel: Uriel, Raphael, Mchael und Gabriel.


    Was mir neu war, ist die Tatsache, dass "-el" für Gottheit steht und der Rest des Namens für die Aufgabe des Engels steht.


    Zurück zu Henoch: er sieht auch das Gefängnis der gefallenen Engel. Spekulationen über die Gründe des Sturzes gab es zur Genüge. Hier nur zwei:
    Eine besagt, dass einige Engel ihrer sexuellen Lust nachgaben und den Reizen der Menschenfrauen verfielen. Sie vereinigten sich und schufen aus dieser Vereinigung eine Generation aus Riesen, die zu Kannibalen wurden. Auch wenn Gott die gefallenen Engel im Folgenden gefangen nahm und die Riesen vernichtete, konnte er nicht verhindern, dass die Menschen durch die Engel Wissen erhalten hatten, das er nicht zurückholen konnte.
    Klingt für mich ein wenig nach der griechischen Sage von Prometheus.


    Krauss geht auf einen weiteren Mythos ein:
    den des Sturzes Satans und seines Gefolges im Zusammenhang mit der Anerkennung des Menschen. Als Satan sich vor Adam und Eva verbeugen sollte, weigerte er sich aus Stolz. Ein Drittel der Engel folgen seinem Beispiel. Gott verstößt sie aus dem Himmelsreich. Um sich zu rächen, verführte Satan Eva zum Biss in den Apfel.


    Satan kommt übrigens von "ha-satan", dem Ankläger, Widersacher. In der Zeit persischer Beeinflussung erhält Satan darüber hinaus die Rolle, die Menschen zu prüfen, zu verführen und Gott darüber Auskunft zu geben.


    In diesem Teil des Sachbuchs folgen zudem noch interessante Informationen über den Schutzengelglauben sowie die Vorstellung von Todesengeln. Außerdem spielen die Engel im neuen Testament häufig als Stilmittel eine Rolle, wenn es darum geht, besondere Stellen hervorzuheben und das Christentum zu verbreiten.


    Im 2.Teil erläutert Krauss die Engelslehre vor dem Hintergrund philosophischer Strömungen mit zahlreichen Beispielen. Er bezieht sich dabei auch auf die antiken Kirchenväter und ihre Schriften. Erwähnen möchte ich hier nur exemplarisch Dionysios Areopagita (Pseudo-Dionys), der mit seiner Schrift "Über die Himmlische Hierarchie" ein Werk schuf, auf das sich später viele bezogen. Er berichtete über Gesetze und Bedeutungen der Engel und baute eine Himmelshierarchie auf, die der Kirchenhierarchie auf Erden entsprach.
    In diesem Teil habe ich sehr viel Neues gelernt und möchte mich noch mehr damit auseinandersetzen.
    Der im 13. Jahrhundert erreichte Grundkonsenz ist auch heute noch in vielen Teilen bekannt: z. B. dass sich Engel und Menschen durch ihre Körperlichkeit unterscheiden, beide über einen freien Willen verfügen und dem Reich Gottes angehören. Das Verhältnis Engel - Mensch ist übrigens 99-1.


    Zum Abschluss noch der Hinweis, dass Magersucht kein Phänomen unserer Zeit ist, sondern schon im 13. Jahrhundert bekannt war. Viele Frauen aßen nur noch Hostien in dem Glauben "irdische Engel" zu werden. Könnte sich dahinter nicht aber auch Protest gegen Zwangsheirat und aufgezwungenem Klosterleben verborgen haben?


    Im 3. Teil geht es um Engel in der Kunst, den Engelsglauben in der Neuzeit und die heutige Rezeption.


    Mir hat der kurze Band gut gefallen, weil er mir viel Neues vermittelt hat, aufgrund der Kürze aber noch viel zu recherchieren bleibt. Für mich der geeignete Einstieg in die Materie - zumal er neutral gehalten ist und nicht durch persönliche Wertungen geprägt wird. Auch für Laien gut nachvollziehbar und sehr anschaulich und lebendig beschrieben.
    Ich glaube noch immer nicht an die Existenz von Engeln, kann aber besser verstehen, welche Faszination von den Engeln für viele Menschen ausgeht.
    Für mich war diese Lektüre eine positive Überraschung!

    Originaltitel: Blink! The Power of Thinking without Thinking


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    "Blink" ist das Plädoyer dafür manchmal den Verstand bei der Entscheidungsfindung auszuschalten und der Intuition zu vertrauen. Anhand diverser psychologischer Studien, Fallbeispiele und Fakten zeigt Malcolm Gladwell, was bei der Einschätzung von Situationen im Berufs- und Privatleben im Gehirn vorgeht. Anschaulich wird erklärt, dass zu viel Faktenwissen in manchen Situationen eine gute Entscheidung negativ beeinflussen kann.


    So beginnt die Argumentation mit einem Fallbeispiel aus der Kunst. Experten untersuchen eine Statue des Kouros, die 1983 dem Paul-Getty-Museum in Los Angeles angeboten wird. Sie bestätigen die Echtheit der Statue und so wird sie angekauft. Doch es gab Zweifel von anderen Experten, die entdeckten, dass etwas nicht stimmt. Ohne beweisen zu können, was sie störte, waren sie sich sehr sicher darüber, dass es sich um eine Fälschung handelt.
    Innerhalb zweier Sekunden (innerhalb eines Blinzeln - daher der Titel - nahmen diese Fachleute etwas wahr, das andere nicht erkennen konnten). Bis heute ist die Sachlage nicht geklärt und so wird die Statue nun mit dem Hinweis ausgestellt, dass es sich um ein Kunstwerk aus der Zeit von "ca. 530 v. Chr. oder eine moderne Fälschung" handele.


    Im Folgenden geht Gladwell auf eine Studie ein, in der Testpersonen an einem Glücksspiel teilnehmen. Vor ihnen legen 4 Stapel mit Spielkarten. Ihr Ziel ist es, möglichst viel Geld mit dem Umdrehen von Karten zu verdienen. Hohe Karten vermehren den Gewinn, niedrige führen zum Verlust.
    Dabei ist zu beachten, dass zwei Kartenstapel mit roten Karten sehr viele hohe und niedrige Karten umfassen, so dass Gewinn und Verlust jeweils sehr hoch ausfallen. Zwei Stapel mit blauen Karten halten mittelmäßige Werte bereit. Der Gewinn und Verlust ist moderat und führt langfristig zu einer Gewinnsteigerung. Dies wissen die Teilnehmer natürlich nicht.


    Interessant hieran ist, dass die Testpersonen nach ca. 50 Karten intuitiv ihre Strategie des Aufnehmens an die Gegebenheiten anpassen. Aber erst 30 Karten später erkannten sie das Muster bewusst und konnten es erklären.


    In sechs Kapiteln erfährt man einiges über die Vorhersagbarkeit der Erfolgschancen von Ehen und Beziehungen ohne das Paar lange zu kennen, darüber wie Vorurteile auch bei den tolerantesten und liberalsten Menschen Entscheidungen beeinflussen, wie Spontanität und Intuition die größte Militärstrategie der USA zum Scheitern brachte und vieles mehr.


    Letztes Jahr hatte ich "Tipping Point" vom Autoren gelesen und mochte seinen Schreibstil gerne, weshalb ich mir "Blink!" dieses Jahr zum Geburtstag gewünscht habe. Insgesamt war ich recht begeistert. Der Fokus des Buches liegt zwar auf amerikanischen Interessen, ist aber auch für Europäer ganz interessant zu lesen.


    Ich hatte mir insgesamt mehr erwartet, aber nehme einiges an neuen Informationen mit. Zahlreiche Literaturangaben am Ende geben dem Leser die Möglichkeit, sich weiter mit den Thematiken zu beschäftigen, die ihn angesprochen haben. Das empfinde ich bei Sachbüchern immer als Plus. Schön auch, dass es nicht so hochintellektuell gehalten ist und sich das Nachschlagen fieser Fachwörter erübrigt. So liest sich "Blink" flüssig und ist eine nette Ablenkung vom Alltag.


    Eine große Begeisterung blieb bei mir zwar aus, aber enttäuscht bin ich auch nicht. Wie immer muss jeder für sich entscheiden, ob er/sie sich darauf einlassen möchte.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Erst musst ich soo lange auf die Taschenbuchausgabe warten und dann konnte ich nicht aufhören zu lesen und innerhalb weniger Tage hatte ich den Roman durch. Typisch... :rollen:


    Der 5. Band um Thursday Next beginnt sehr beschaulich im Jahre 2002. Sie und Landen führen ein harmonisches Eheleben. Ihr Sohn Friday ist inzwischen Teenager und die Töchter Tuesday und Jenny bereichern das Leben der Familie. Landens Schriftstellerkarriere fehlt der Schwung und so versucht er, wieder ein Bein in das Literaturgeschäft zu bekommen, in dem er es mit dem Verfassen von Ratgebern versucht, während er an seinem „Magnum Opus“ arbeitet.


    Thursday ist die Ernährerin der Familie. Nachdem die SpecOps aufgelöst wurden, arbeitet sie bei Acme Carpets. Doch es braucht nicht lang und man atmet erleichtert aus, stellt sich doch heraus, dass Acme nur als Scheinfirma für die Untergrundarbeit ehemaliger SpeOps-Agenten existiert. Was wiederum ein Deckmantel für Thursdays hauptsächliche Arbeit in der BookWorld dient.


    Ist dies alles nicht schon verwirrend genug, findet man bald heraus, dass die Welten mal wieder kurz vor einer Katastrophe stehen. Und wer könnte sie retten, wenn nicht Thursday Next?


    Die ersten ca. 100 Seiten sind wie ein nettes Vorgeplänkel, um sich wieder mit Swindon, der BookWorld und altbekannten Figuren vertraut zu machen, die wir bereits kennen. Die kurzen Zitate vor jedem Kapitel sind diesmal Zusammenfassungen der altbekannten Organisationen. Der Einstieg fällt also ziemlich leicht.


    Wieder haben mich die rasante Entwicklung der Handlung und der immerwährende stille Humor von Jasper Fforde begeistert. Für mich kommt gerade in diesem Buch seine Liebe zu den Klassikern sowie sein Wunsch, diese populärer zu machen, noch stärker durch als bisher. Er nimmt sich auch zwischenzeitlich die Freiheiten, die Buchwelt mit mehr liebevollen Details zu füllen. Ich liebe so etwas! Selten steht etwas für sich allein – meist gibt es zwischen scheinbaren Einzelphänomenen Verbindungen in andere Subplots und so gestaltet sich das Abenteuer schön rund. Einige Erzählstränge bleiben unaufgelöst, was mich auf eine spätere Wiederaufnahme in einem späteren Band hoffen lässt!


    In diesem Band spielt „Pride and Prejudice“ („Stolz und Vorurteil“) häufiger eine Rolle. Insbesondere gegen Ende gibt es einen „Kampf“ um Existenz und Zerstörung des Romans der etwas anderen Art. Ich möchte nicht zuviel verraten. Nur soviel: fällt euch eine Verbindung zwischen den Bennetts und Bienen ein? Nein?! Nun, das allein ist schon Grund genug, euch an diesen Band zu wagen. Das entstandene Bild in meinem Kopf werde ich wohl nie wieder vergessen und spätere Wiederholungslektüren des Romans immer mit Jasper Fforde in Verbindung bringen – wie es mir auch schon mit „Jane Eyre“ ergeht.


    Ich kann auch diesen Band allen Fans der Serie nur wieder wärmstens empfehlen und halte die Rezi so knapp wie möglich, um nicht versehentlich irgendetwas vorweg zu nehmen. Richtet euch auf spannende Lesestunden ein. Ihr werdet sicher nicht enttäuscht werden!


    Wie nicht anders zu erwarten: LESEHIGHLIGHT! :herz:


    5ratten

    Originaltitel: All my friends are superheroes! (2003)


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    Die Geschichte lässt sich in 5 Sätzen zusammenfassen:


    Tom und die Perfektionistin lieben sich. Bei ihrer Hochzeitfeier wird der Perfektionistin von ihrem Ex-Freund dem Hypnotiseur suggeriert, dass Tom sie verlassen hat und so wird er für sie unsichtbar. Nach Monaten des Wartens entscheidet sich Perf (die Perfektionistin) ihr Leben neu zu ordnen. Sie verlässt Toronto inkl. aller Erinnerungen und fliegt nach Vancouver, um ein neues Leben zu beginnen. Der Flug dorthin ist Toms letzte Chance, seine Ehe zu retten.


    Was hat diese Liebesgeschichte nun aber mit dem Titel zu tun? Wo sind die erwähnten Superhelden (im Klappentext ist von 249 in Toronto ansässigen Superhelden die Rede)?


    Zwei treten schon in der Kurzbeschreibung auf (zu erkennen an den Einleitungen „die“ und „dem“ :zwinker:). Aber Toms Bekanntenkreis bietet noch eine Menge mehr: so z. B. den Amphibienmenschen, den Tom vor dem Ertrinken rettet. Oder Ohr, der die Intrige des Hypnotiseurs belauscht, aber nicht verhindern kann. Auch der Couchsurfer, das Stresshäschen, die Froschküsserin, das Faultier, der Moodswinger, Mrs. Stetsadrett u.v.a. bereichern Toms Leben.
    Wie sich einige von euch nun sicher denken können, handelt es sich hier nicht um geheime Identitäten oder Menschen mit Fähigkeiten, die ihnen immense Vorteile bringen. Nur die wenigsten von ihnen tragen Kostüme und viele sind selbst nicht glücklich mit der Art ihrer besonderen Fähigkeiten…


    Davon wie es ist, "Superhelden" zu lieben, erzählt der viel zu kurze Roman auf 107 Seiten. Außerdem davon, wie Superhelden gebrochene Herzen behandeln und davon, wie man für seine Liebe kämpft.


    Meine Meinung:


    Der Kauf dieses Romans war eine meiner seltenen Spontanentscheidungen. Der knuffig-spillerige Mann und die nostalgische Färbung auf dem Cover haben mich ebenso fasziniert wie der Titel. Mit dem Gedanken entweder werde die Lektüre „Top oder Flop“ habe ich es zur Kasse getragen und innerhalb zweier Abende durchgelesen. Und ich bin froh über den Kauf! Für mich hielt die Geschichte das, was mir der Klappentext versprach – eine warmherzige, komplett irrwitzige Geschichte für zwischendurch, bei der man wenig nachdenken muss, aber sehr gut unterhalten wird. Driften die Gedanken dann doch mal ab, dann sicher um zu überlegen, welche Superhelden im eigenen Umfeld ihr Dasein fristen.


    Denke ich über die eigentliche Handlung nach, hätte ich mir sehr viel mehr gewünscht:
    mehr Details, weniger Zeitdruck, ausgereiftere Personen. Aber komischerweise stört mich das Fehlen dieser eigentlich essentiellen Punkte in diesem Roman nicht wirklich. Die Atmosphäre ist sehr dicht; Toms und Perfs Leiden stark komprimiert, aber doch direkt greifbar. Kaufman baut viele Abschweifungen bezüglich verschiedener Superhelden ein, die mit der Geschichte an sich selten etwas zu tun haben. Er widmet ihnen mehrzeilige Absätze und reißt so die wenige Handlung, die da ist, auseinander. Insbesondere, wenn die Rede von den Superhelden ist, klingt ein klar ironischer Unterton durch. Es ist, als halte Kaufman der Welt den Spiegel vor, um zu sagen: „Nehmt euch nicht so ernst!“


    Also: meinen Geschmack traf das Gesamtkonzept.


    „Alle meine Freunde sind Superhelden“ ist ein bizarrer Roman, der sicher ebenso viele Fans finden wird wie gelangweilte und entnervte Leser. Ein roter Faden existiert, ihn nicht aus den Augen zu verlieren, ist hier die Kunst. Und das Dauergrinsen, das mir die humorvolle Art des Autoren auf das Gesicht gezaubert hat, ist unbezahlbar!

    Zum Autoren:

    Andrew Kaufman ist ein kanadischer Autor, Filmemacher und Radioproduzent. „Alle meine Superhelden“ ist sein erster Roman. (Dem Buchumschlag entnommen).


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Originaltitel: The Beet Queen (1986)


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    Inhalt:


    1932 springen zwei Kinder in Argus, North Dakota, aus dem Zug. Während die elfjährige Mary Adare ein neues Leben mit der Familie ihrer Tante Fritzie Kotzka beginnt, flüchtet sich ihr vierzehnjähriger Buder Karl zurück in den Zug, nachdem er von einem Hund angegriffen wird. Ihre Zukunft driftet auseinander, wie schon die abenteuerliche Flucht ihrer Mutter implizierte. Bei einem Volksfest übergibt diese (Adelaide) ihr kleines Baby, springt in das Flugzeug eines Piloten und entschwindet aus dem Leben ihrer Kinder.


    Während Karl zum Vertreter wird und immer unterwegs sein wird, erobert sich Mary ihren Platz in der Stadt. Kämpfe mit ihrer eifersüchtigen Kusine Sita steht sie ebenso durch wie die unglückliche Liebe zu dem Bruder Russell ihrer besten Freundin Celestine. Als sie in der Grundschule nach einer Rutschfahrt auf eine vereiste Stelle fällt, erkennen die Nonnen, die sie unterrichten, in der Aufprallstelle das Gesicht von Jesus. Sie selbst erkennt darin jedoch ihren Bruder. Dieses Erlebnis ist für sie eine wichtige Erfahrung, die ihr sagt, sie sei übersinnlich begabt. Ihr ganzes Leben lang ist sie der Esoterik verhaftet.


    Episodenhaft vermischen sich die Schicksale von Karl, Mary, Russel, Celestine und Sita über eine Zeit von 40 Jahren. Eine neue Generation wächst heran, Wallacette (Dot) und wirbelt das Leben aller durcheinander bis es scheint, dass sich die Geschichte wiederholen würde...

    Meine Meinung:


    Nun bin ich schon zum dritten Mal zu Gast in Argus und finde mich immer besser in dieser fiktiven Welt zurecht. Wer "Club der singenden Metzger" (Der Gesang des Fidelis Waldvogel) gelesen hat, kennt die Kotzkas schon. Aber bis auf die Namensgleichheit gibt es kaum Verbindungspunkte zwischen den Romanen.


    Liebevoll und fantasievoll strickt Louise Erdrich hier erneut eine Familiengeschichte, der etwas anderen Art. Statt ein perfektes Leben zu pflegen, schlagen sich hier verschiedene Individuen durch ihre jeweiligen Existenzen. Der Schwerpukt liegt auf den Erlebnissen der Frauen, die starke Charaktere sind. Dabei fehlten mir manchmal mehr Details zu den männlichen Randfiguren.


    Es gibt vier Teile, die die dreißiger, vierziger/fünziger, sechziger und siebziger Jahre abdecken. Die Zeitsprünge sind mitunter recht groß, aber nicht so, dass man den Überblick verliert. Allerdings ist mir der Umgang mit der Namens- und Figurenreichtum gerade am Anfang etwas schwergefallen, so dass ich zwischendurch eine Pause eingelegt habe. Vielleicht war der Zeitpunkt für die Lektüre aber auch nur schlecht gewählt. Nachdem ich es Anfang der Woche wieder in die Hand genommen habe, platzte der Koten und ich las die letzten zwei Drittel innerhalb der letzten 5 Tage.


    Das Ende hat mir ziemlich gut gefallen, abgesehen davon, dass ich jetzt noch mehr wissen möchte! Es lässt soviel offen, dass man daraus einen neuen Roman schreiben könnte. *habenwill* - schade, dass er nicht existiert.


    Fazit:


    Wer amerikanische Erzähltradition liebt, wird sich hiermit wohlfühlen und eine warmherzige Geschichte über etwas durchgeknallte Personen erleben, die sich durch ihr Leben wurschteln. Es hat mir insgesamt wieder gut gefallen!


    4ratten

    Gern geschehen! :winken:



    Zwei Fragen habe ich aber noch:
    Ist der neue Rhett dem Original-Rhett Butler denn sehr ähnlich oder ist "Rhett" so geschrieben, dass es zwei unterschiedliche Charaktere sind? Das ist nämlich mein größter Zweifel. Ich habe Angst, dass der neue Rhett mit dem Original nichts mehr zu tun hat.


    Doch der Rhett wird ganz gut getroffen. Aber er steht nicht so im Mittelpunkt, wie der Titel suggeriert und ich es mir gewünscht hätte. McCraig spart gern an Details und "innerer Rede". Gerade was das Gefühlsleben seiner Protagonisten angeht, bleibt er gerne vage. Den einen gefällt's, andere werden dadurch sicher enttäuscht sein. Aber man erkennt Rhett auf jeden Fall wieder.


    [quote author=Mrs.Dalloway]Und dann würde ich noch gerne wissen, wie viel des Buches denn die Geschichte aus "Vom Winde verweht" abdeckt? Ist das eher so am Rande erzählt oder doch der Großteil?
    [/quote]
    Der Handlungsrahmen aus "Vom Winde verweht" bleibt präsent, aber einmal dort erzähltes wird hier nicht neu erzählt, d.h. man sollte grob die Handlungsabfolge von "Vom Winde verweht" im Kopf haben, um alles nachvollziehen zu können.


    Setzt eure Erwartungen nicht zu hoch an, dann kann euch das Buch gut unterhalten. Aber wie gesagt, als Meisterwerk würde ich es nicht bezeichnen. Nach zwei Monaten habe ich noch immer nette Erinnerungen daran, aber im Vergleich zum Original ist es sicher nichts, was ich erneut lesen will. Es liegen doch Welten zwischen den Büchern.

    Originaltitel: The Cry of the Owl (1962)


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    Robert Forester hat New York verlassen, um Abstand zu seiner Ex-Frau Nickie zu erlangen. Sein Leben ist ruhig und beschaulich bis er seinen Impulsen folgt und ein junges Mädchen, Jenny Thierolf, in ihrem Haus heimlich beobachtet. Jennys Alltag und Beziehung zu dem jungen Greg geben seinem Leben etwas Struktur und Wärme.


    Eines Tages lernen sie sich kennen und Jenny reagiert auf seine Beobachtungen überraschend positiv. Statt ihn als Bedrohung zu empfinden, lädt sie ihn zu sich ins Haus ein. Beide werden Freunde, wobei Jenny bald mehr für Robert empfindet. Sie verlässt ihren Verlobten Greg, weil sie erkennt, dass in ihrer Beziehung etwas fehlt. Sie weiß jedoch, dass Robert ihr gegenüber keine Liebe empfindet. Dennoch fühlen sie sich beieinander wohl und verbringen viel Zeit zusammen und mitunter übernachtet Jenny bei Robert. Die Gerüchteküche im Ort beginnt zu brodeln und bald verselbständigen sich die Dinge und die Geschichte steuert unaufhaltsam auf eine Katastrophe zu.


    Meine Meinung:
    Wo Highsmith draufsteht, ist auch Highsmith drin. Ein psychologischer Krimi erwartet die Leser und lässt ihn alles um sich herum vergessen. Aus kleinen Begebenheiten entwickelt sich unter bestimmten Umständen ein unheimlicher Sog. Intrigen, Selbstsucht, verletzter Stolz und schiere Boshaftigkeit fördern ein ungesundes Klima und zerstören das Leben vieler Menschen.


    Mehr will ich nicht verraten, aber für mich ist "Der Schrei der Eule" nach einigen Anlaufschwierigkeiten einer der besseren Romane von ihr!

    Ich habe den Roman im April gelesen und dachte, hier bereits dazu gepostet zu haben. Da ich es anscheinend vergessen habe, reiche ich meine Rezi hiermit nach:


    Originaltitel: Rhett Butler's people


    Rhett Butler - geheimnisvoller, faszinierender Fremder, Liebhaber von Scarlett O'Hara... wer kennt ihn nicht und schwärmt heimlich für diesen Mann?! Vorausgesetzt, sein Charme hat den Leser bei der Lektüre von "Vom Winde verweht" bezirzt.


    Donald McCaig ist von den Erben Margaret Mitchells authorisiert worden, die Lücken in Rhett Butlers Biographie zu füllen. In seinem Roman begegnen wir zuerst dem jugendlichen Rhett, der im Begriff steht, wegen Belle Watling sein erstes Duell auszutragen. Ein schicksalhaftes Erlebnis, das den Rest seines Lebens immens beeinflussen wird.


    In Rückblicken erfährt man dann noch so einiges über seine unglückliche Kindheit und und sein gespanntes Verhältnis zu seiner Familie. Früh wird klar, dass er ein naturbegeisterter Junge ist, der sich über viele Gepflogenheiten hinweg setzt und mit seinem festen Charakter gegen so manche moralische Mauer läuft. Sein Vater Langston Butler ist tief enttäuscht von seinem Erstgeborenen, in den er viele Hoffnungen gesetzt hat. Rhett dagegen verachtet alles, für das sein Vater steht: seine Habgier ud Geltungssucht, seine Begeisterung für die Sezession ebenso wie seine fehlende Liebe für die anderen Mitglieder seiner Famile und das mangelnde Mitgefühl für seinen "Besitz", die Sklaven seiner Plantage Broughton. Wie zu erwarten, prallen diese zwei starken Charaktere in regelmäßigen Abständen aufeinander.


    Als Langston seinen Sohn dadurch bestraft, mit den Reispflanzern auf Broughton zu arbeiten, erhält Rhett einen schmerzenden Einblick in den Alltag der Sklaven. Wen wundert es, dass einen solchen Freigeist deren Schicksal nicht kalt lässt und er seine Sympathien eher ihnen zukommenlässt als der Klasse aus der er stammt?
    Nach seinem Rausschmiss aus West Point und dem oben erwähnten Duell ist der Bogen überspannt und sein Vater verstößt ihn - sehr zum Kummer seiner Mutter und heißgeliebten Schwester Rosemary.


    Sein Schicksal führt ihn nach Kuba, in den Wilden Westen und die Aufregung des Goldrausches. Aus dem rastlosen Rhett wird ein erfolgreicher Kaufmann mit festen Prinzipien. Auf einer Geschäftsreise in den Osten erhält er unvermutet eine Einladung auf die Plantage Twelve Oaks, wo er Scarlett O'Hara begegnet und ihrem Temperament verfällt.


    Ab hier ist der Rahmen der Geschichte durch "Vom Winde verweht" vorgegeben, weshalb ich hier nicht weiter inhaltlich ins Detail gehen werde. Abgerundet wird die große Liebesgeschichte durch ein neu erdachtes Ende...



    Ich hatte wenig Erwartungen an diesen Roman und war noch beim Anlesen unsicher, ob ich ihn überhaupt lesen möchte. "Vom Winde verweht" ist einfach wunderbar und wie sollte jemand daran herankommen?


    Aber ich wurde positiv überrascht: Donald McCaig hat darauf verzichtet, den Stil von Margaret Mitchell nachzuahmen und schreibt sehr neutral und gradlinig. In einem Interview äußerte er sinngemäß, dass Margaret Mitchell selten ein Wort nutzte, wenn ihr stattdessen zwei zur Verfügung standen, um den gleichen Sachverhalt zu schildern. Da ihm bewusst war, dass er selbst so nicht schreiben könnte, hat er sich entschieden, seinem Stil treu zu bleiben. Mir hat das bei der Lektüre gut gefallen, weil ich eine Distanz hatte und nicht ständig zwischen beiden Romanen verglich. Vielleicht wird andere Leser gerade dies abstoßen.


    Man erhält viele zusätzliche Informationen zum Bürgerkrieg und der entsprechenden Zeit. Rhett Butlers Person ist zwar der Aufhänger des Romans, aber zugleich werden auch viele weitere Charaktere (sein bester Freund John Haynes, seine Schwester Rosemary, Belle Watlings Familie und ihr Sohn Tazewell, der galante Gentleman Andrew Ravanel u.a.) eingeführt. Dadurch finde ich den deutschen Titel "Rhett" weniger treffend als den Originaltitel "Rhett Butler's People" (Rhett Butlers Leute). Hoffmann & Campe führt damit meiner Meinung nach seine potentiellen Kunden bewusst in die Irre und hat mit der gesamten Werbekampagne unglaubliche Erwartungen geschürt, die nicht den Tatsachen entsprechen.
    Hätte ich den Roman nicht aus der Bibliothek entliehen, hätte ich auch auf das Hardcover verzichtet und auf das Taschenbuch gewartet.


    Wer die Fortsetzung "Scarlett" gelesen hat, sollte sich bewusst machen, dass sich "Rhett" auf "Vom Winde verweht" bezieht und dabei "Scarlett" nicht berücksichtigt. Dies wird besonders deutlich bei der Fortschreibung des Endes. Mich hat das nicht gestört, aber ich wusste dies bereits vorher und war darauf vorbereitet.


    Fazit:
    Ein nettes Büchlein für zwischendurch (trotz seiner 600 Seiten), das keine neue Welt erschafft und sicher kein Meisterwerk ist. Für Unterhaltung wird gesorgt, wenn manches vielleicht auch etwas vorhersehbar ist und an emotionalen Stellen oberflächlich bleibt. Ohne "Vom Winde verweht" zu kennen, sollte man "Rhett" nicht lesen, weil dadurch Bekanntes nicht erneut thematisiert wird.


    3ratten

    Originaltitel: July's People (1981)


    Inhaltlich haben Bluebell und whiskers das Essentielle bereits erwähnt, deshalb nur noch ein paar ergänzende Worte von mir dazu:


    Bam und Maureen Smales haben Anzeichen für den drohenden Umsturz ignoriert und müssen sich nun vor den Aufständischen verstecken und mit den neuen Gegebenheiten und unzähligen Unsicherheiten leben lernen. Ihre Kinder Gina, Royce und Victor passen sich schneller als die Eltern an die neue Umgebung an und finden Freunde unter den afrikanischen Kindern. Die Haltung von Julys Familie gegenüber den ehemaligen Dienstherren ist von Misstrauen und Distanz gekennzeichnet. Da die beiden Städter noch über Geld, einen Wagen und ein Gewehr verfügen, können sie dem Misstrauenn anfangs mit den begehrten Gütern begegnen und allmählich wird ihre Anwesenheit zu einer beunruhigenden Normalität.


    Die neuen Verhältnisse haben große Auswirkungen auf viele Ebenen des Zusammenlebens (neben der neuen Abhängigkeit der Smales von July):
    das Verhältnis der Eheleute Bam und Maureen ist von einer bedrückenden Sprachlosigkeit geprägt, deren Basis unter anderem in der neuen Einordnung der eigenen Personen begründet liegt.
    Außerdem müssen July und seine Familie sich daran gewöhnen, viel Zeit miteinander zu verbringen. In ihrem alten Leben war es normal, viel Zeit getrennt voneinander zu verbringen. July und seine Frau Martha hatten sich eigene Lebensstile zu eigen gemacht, die nun aufeinanderprallen und gezwungenermaßen zu einem Kompromiss führen müssen.



    "July's Leute" hat mich sehr beeindruckt. Nadine Gordimer versetzt den Leser in eine Umgebung, in der man sich ebenso fremd wie ihre weißen Protagonisten fühlt. Wechselnde Perspektiven eröffnen einen Einblick in unterschiedliche Welten. Vieles wird nur angedeutet und so bleibt Raum für eigene Gedanken und Interpretationen. Mir erscheint diese offene Form sehr passend für dieses Thema voller Aggressionen und fehlender Gewissheiten. Die Grundstimmung ist bedrückend und der Einstieg nicht unbedingt einfach, aber das Durchhalten hat sich für mich definitiv gelohnt. Das vorgestellte Gedankenexperiment, das zur Zeit seines Entstehens nur ferne Zukunftsmusik war, hat sich inzwischen durch die Abschaffung der Apartheid teilweise überlebt, ist aber dennoch beeindruckend zu lesen.


    Nadine Gordimer ist eine Autorin, von der ich nun noch viel lesen möchte!