Agnes Hammer: Dorfbeben
276 Seiten, 12,90€
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Inhalt
Schon seit Jahren wohnt Mattes, 19, im Dorf Auroth bei seiner Oma. In Köln, wo seine Mutter lebt und arbeitet, hält er es nicht aus, es ist ihm dort zu laut. Mattes mag das Dorfleben, er spielt in einer Band und Orgel in der Kirche. Doch mit der Ruhe im Dorf ist es vorbei, als Mattes' Nachbar auf einem Ausflug der Gemeinde brutal ermordet wird. Schnell gibt es einen ersten Verdächtigen, doch die Polizei kommt bei den schweigsamen Dörflern mit ihren Ermittlungen nicht weit. Mattes und seine nur unwesentlich ältere Tante Lena haben dagegen ihre ganz eigenen Methoden.
Der erste Satz
Die Klänge im Dorf gehörten zu einem späten, aber sonnigen Oktobertag.
Meine Meinung
Dass Mattes das Dorf- dem Stadtleben vorzieht, fand ich für einen Jungen in seinem Alter zuerst etwas ungewöhnlich, aber die Erklärung ist folgende: Mattes hat eine Art absolutes Gehör, nicht nur auf Musik bezogen, auch ansonsten hört er einfach zu gut und kann dann die einzelnen Höreindrucke, die auf ihn einprasseln, nicht mehr verarbeiten und filtern, was bei ihm zu Anfällen und Zusammenbrüchen führt, zu "Seelentaubheit", wie er es nennt.
Bei den Nachforschungen zu Jakob Bähners Tod ist ihm sein Gehör dann aber eher hilfreich - genau wie die Kenntnisse seiner Tante Lena in forensischer Linguistik. Diese Passagen fand ich wirklich interessant und haben mich an ein Uniseminar dazu erinnert, das ich mal zu dem Thema gemacht habe.
Musik spielt eine große Rolle in Mattes' Leben - entweder er hört welche, macht welche, denkt darüber nach oder er schreibt Songs. (Manchmal war mir persönlich das ein klein bisschen zuviel, aber ich bin auch kein so "auditiver Mensch" wie Mattes). Ich habe allerdings nicht ganz verstanden, warum er, der er mit seiner "Seelentaubheit" doch eigentlich ein möglichst geräuscharmes Leben führen sollte, in einer Band spielen kann, die wohl häufig eher schlecht als recht spielt, dafür aber keinen Beruf ausüben kann.
Das Dorfleben mit seinen täglichen Arbeiten, den kirchlichen Ritualen, dem Jeder-kennt-Jeden, den Tratschereien und den eventuellen Reibereien ist meiner Meinung nach gelungen dargestellt und lässt die ganze Geschichte sehr authentisch wirken.
Den eigentlichen Kriminalfall fand ich ziemlich spannend. Für den Leser läuft die Aufklärung dabei auf zwei Ebenen: zum einen sind da die Recherchen von Mattes und Lena, zum anderen finden sich kursiv gedruckte Passagen, die sich auf die Vergangenheit des Dorfes beziehen. Diese chronologisch ungeordneten Passagen sind zunächst etwas verwirrend, bis sich am Ende das Mosaik zusammenfügt. Dabei taucht man ganz tief ein in das aktuelle und vergangene Dorfleben, wobei ich manchmal ein paar Probleme hatte, die verschiedenen Dorfbewohner und die Verwandtschaftsverhältnisse auseinanderzuhalten.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und fand vor allem Mattes als einen angenehmen Charakter und Ich-Erzähler, auch wenn er sich, meiner Meinung nach, gerade am Ende des Buches selbst ziemlich oft wegen seiner "Behinderung" (wie er es nennt) abwertet. Und auch wenn das Ende nicht unbedingt offen ist, hätte ich doch gerne noch mehr darüber erfahren, wie es mit Mattes beruflich weitergeht, nachdem sich ja privat schon einiges getan hat.
Auf das Buch bin ich aufmerksam geworden, weil mir Titel und Cover unheimlich gut gefallen, ich finde das wirklich toll und originell gemacht.
Meine Wertung: