James Meek - Die einsamen Schrecken der Liebe

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 3.230 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

  • Hi, alle! :winken:


    Mein Zukünftiger hat mir am Wochenende ein Buch geschenkt:

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    Kurzbeschreibung
    Die große Liebe zu ihrem im Ersten Weltkrieg verschollen geglaubten Mann verschlägt die schöne Anna Petrowna in den postrevolutionären Wirren in das kleine sibirische Städtchen Jasyk. Von einer mystischen Gemeinschaft bewohnt, wird der Ort kurz darauf durch die Ankunft eines geheimnisvollen Fremden in seinem Frieden bedroht. Wer ist dieser Fremde, der durch Schnee und Eis aus einem Gefangenenlager im hohen Norden bis nach Jasyk geflohen ist? Und was hat es mit seinem angeblichen Verfolger auf sich, der Unaussprechliches getan hat und nun die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt? Und welchen Zauber verübt der fremde Ankömmling auf Anna Petrowna?


    Über den Autor
    James Meek wurde 1962 in London geboren und wuchs in Dundee auf. Seit 1985 arbeitet er als Journalist, darunter von 1991 bis 1999 als Auslandskorrespondent des "Guardian" in der ehemaligen Sowjetunion. Im Juli 2004 wurde ihm der Titel "Foreign Correspondent and Amnesty Journalist of the Year" für seine Berichterstattung aus dem Irak und aus Guantanomo Bay verliehen. James Meek lebt heute in London. Er schreibt für "The Guardian", "The London Review of Books" und das Magazin "Granta". Auf Englisch sind von ihm bislang zwei Romane und zwei Erzählbände erschienen. "Die einsamen Schrecken der Liebe" ist das erste Buch, das in deutscher Sprache erscheint.



    Kennt das jemand von euch?


    Ich habe gestern abend angefangen und hätte fast nicht aufhören können! Nach einer stressigen Woche und einem anstrengenden Wochenende genau das richtige Buch! Deshalb hab ich es lieber nicht mit zur Arbeit genommen. :breitgrins:



    EDIT
    Huhu, ich habe den Betreff angepasst. LG Seychella

    Einmal editiert, zuletzt von Seychella ()

  • Hallo Geli,


    da ich alles Russische und erst recht Sibirische spannend finde, habe ich das Buch auch auf meinem SUB. Deine ersten Leseeindrücke klingen ja vielversprechend. Erzähl gerne Weiteres!


    HG
    finsbury

  • Ich war noch nie in Sibirien, deshalb muss ich mich darauf verlassen, dass der Autor nicht schummelt, aber bisher gefällt es mir wirklich sehr gut. Schade dass ich unter der Woche nicht viel Zeit zum Lesen habe. Dieses Sibirien wirkt so grausam und lebensfeindlich, wie ich es mir vorstelle. :entsetzt:


    Zwischen den Kapiteln wechselt die Perspektive, aber man erfährt nur, was den Leuten selbstverständlich ist. Sie sind mir alle ziemlich rätselhaft. Aber toll gemacht!

  • Hallo Geli,


    danke für die weiteren Informationen;


    Zwischen den Kapiteln wechselt die Perspektive, aber man erfährt nur, was den Leuten selbstverständlich ist.


    Das verstehe ich nicht ganz: Wie meinst du das?


    HG
    finsbury

  • Nachdem ich das Buch nun ein paar Tage verdaut habe, gibt es endlich meine abschließende Meinung dazu.



    Leider waren sowohl das Cover als auch der Klappentext sehr irreführend. Was sich als eine Liebesgeschichte im winterlichen Russland präsentierte, war völlig anders als erwartet.


    James Meek versuchte zu Beginn des Romans noch stark an den Stil der russischen Schriftsteller heranzukommen. Entweder flachte dies dann ab, oder ich hatte mich soweit daran gewöhnt. Ich weiß es nicht recht zu sagen.


    Die einsamen Schrecken der Liebe ist ein Titel, der einem erst einmal ratlos zurück lässt. Im Verlauf der Geschichte jedoch kristallisiert sich dieser einsame Schrecken immer weiter heraus.
    Die Liebe ist mit ein zentrales Thema in diesem Roman. Aber nicht auf die Weise wie man erwarten möchte. Da ist eine Frau, die verzweifelt versucht ihre Liebe zurückzubekommen. Ihr gegenüber stehen Menschen, die der Liebe entfliehen wollten. Andere stellen ihre Ideologie über jede Art von Liebe.


    Das Ganze spielt sich hauptsächlich in einem kleinen Ort namens Jasyk in Sibirien ab. Es ist das Jahr 1919 und das Land kommt nicht zur Ruhe. Die Roten und die Weißen kämpfen weiterhin um die Macht. Eine etwa hunderköpfige Soldatengruppe der Tschechischen Legion besetzt weiterhin den Ort. An ihrer Spitze steht ein selbstverliebter Mann, Matula, der seine Männer dort festhält, obwohl alle nur nach Hause in das neue Land Tschechoslowakei wollen.


    Josef Mutz ein deutschstämmiger Jude verkörpert dabei in der Legion den gesunden Menschenverstand, als Gegenspieler von Matula.
    Anna Petrowna, die ihre Mann bei einem Gefecht verlor, lebt mit ihrem Sohn ebenso in Jasyk wie eine Gruppe von religiösen Männern und Frauen.
    Gestört wird das Leben durch die Ankunft eines Fremden. Samarin ist ein Flüchtling, der einem Arbeitslager entkommen konnte. Aber ist er wirklich so harmlos wie er sich darstellt?


    Während Anna versucht sich ihre Portion Liebe zu sichern, kämpft Balaschow, ein Sektenmitglied, mit seinen inneren Dämonen. Fehlgeleitet scheinen nicht nur diese beiden zu sein. Ob religiöse oder politsche Fanatiker, eines haben sie gemeinsam - die Liebe als feindliche Regung, die es auszumerzen gilt.


    Meine anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Stil besserten sich im Laufe der Zeit und es entwickelte einen schwer zu beschreibender Sog. Trotz seiner teilweisen Vorhersehbarkeit.
    Manche Szenen sind sehr brutal und blutig beschrieben, daher ist es sicher nicht für jedermann geeignet. Waren diese grausamen Bilder nötig? Zumindest bilden sie einen starken Kontrast zu mancher zarten Regung, die man oftmals nicht mehr erwartet hatte.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • So, hier kommt auch meine Rezi. Ich habe das Buch in einer Leserunde mit yanni und Cuddles gelesen und das war sehr nett. :winken:


    James Meek: Die einsamen Schrecken der Liebe


    Inhalt:


    In dem sibirischen Dorf Jasyk kreuzen sich im Oktober 1919 die Lebenswege mehrerer Personen: Anna Petrowna mit ihrem Sohn, deren Mann angeblich im ersten Weltkrieg gefallen ist. Mutz, ein Leutnant der tschechischen Legion, die während des Bürgerkrieges in Jasyk stationiert ist, und Matula, sein Hauptmann. Dann gibt es noch Balaschow, der in Jasyk lebt und einer Kastratensekte angehört. Die Lage eskaliert, als der rätselhafte Samarin, offenbar ein entflohener politischer Gefangener aus einem sibirischen Lager, in Jasyk eintrifft und gleichzeitig die Roten sich dem Dorf nähern, um die tschechische Legion anzugreifen...


    Meine Meinung:


    Der Inhalt des Buches läßt sich schwer zusammenfassen, der Klappentext (den ich hier bewußt nicht wiedergebe) trifft absolut nicht das Wesentliche des Geschehens im Buch. Zudem heißt es im Klappentext, dieses Buch sei eine abgründige Liebesgeschichte in der Tradition der großen russischen Romane des 19. Jahrhunderts. Zutreffend ist davon am ehesten „abgründig“.


    Allerdings habe ich die Handlung, besonders am Anfang, als sehr verwirrend und chaotisch empfunden. Der Autor versucht tatsächlich, den Stil der russischen Schriftsteller nachzuahmen, aber dies gelingt ihm nur ansatzweise und was dem Buch entscheidend fehlt, ist die Tiefe der echten russischen Romane.


    Gerade am Anfang häufen sich im Buch ausführlich beschriebene und meiner Meinung nach sinnlose Brutalitäten. Zwar wurde das gegen Mitte/Ende des Buches weniger, auch die Handlung entwirrte sich, Handlungsfäden liefen zusammen und Rätsel wurden gelöst. Am Ende gibt es sogar so etwas wie ein teilweises Happy End (für einige Personen).


    Viele Personen haben extreme Ansichten und sind nicht immer nachvollziehbar geschildert, allen voran Anna Petrowna, die mir im Laufe des Buches immer unverständlicher wurde. Am vielschichtigsten (und sympathischsten) wurde noch der tschechische Leutnant Mutz dargestellt, auch Balaschow und Samarin sind zwar interessant, rätselhaft, aber nicht immer nachvollziehbar.


    Die Liebe, oder was verschiedene Personen für Liebe halten, was sie aus Liebe tun oder entgegen der Liebe für ihre Pflicht halten, spielt tatsächlich eine Rolle im Buch.
    Immer wieder taucht die Ansicht auf, daß Sex etwas Böses und Schmutziges, den Menschen Verderbendes und zu sündigem Handeln Verleitendes ist. Für mich arbeitet der Autor nicht klar genug eine Stellungnahme, oder eine Entwicklung der Personen zu diesem Thema heraus - mit Ausnahme von Balaschow (ansatzweise). Im Gegensatz zu den bereits erwähnten russischen Romanen kratzt James Meek nur an der Oberfläche der wirklich wichtigen menschlichen Fragen. Es genügt eben nicht, eine Ansammlung von mehr oder weniger extremen Sonderlingen in einem Dorf, in dem die meisten Einwohner einer kuriosen Sekte angehören, aufeinander loszulassen und das Ganze mit ein bißchen Kannibalismus zu garnieren.


    Meine Bewertung:


    Mit etwas gutem Willen
    3ratten

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Leider waren sowohl das Cover als auch der Klappentext sehr irreführend.


    Bezüglich Klappentext stimme ich dir vollkommen zu und was das Cover betrifft, zu 99% auch, aber dann fiel mir auf, daß das Cover genau das Geschehen auf den letzten 3-4 Buchseiten - die Abreise der tschechischen Legion - illustriert.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Bezüglich Klappentext stimme ich dir vollkommen zu und was das Cover betrifft, zu 99% auch, aber dann fiel mir auf, daß das Cover genau das Geschehen auf den letzten 3-4 Buchseiten - die Abreise der tschechischen Legion - illustriert.


    Wobei ich mir hierbei dann eher einen abfahrenden Zug vorstelle. Für die Soldaten ist es ein Aufbruch in ein neues Leben, aber vom Leser nehmen sie Abschied.


  • Wobei ich mir hierbei dann eher einen abfahrenden Zug vorstelle. Für die Soldaten ist es ein Aufbruch in ein neues Leben, aber vom Leser nehmen sie Abschied.


    :confused: Ich kann dir nicht ganz folgen - einen abfahrenden Zug? Man sieht doch keinen Bahnhof (das Zäunchen ganz vorne interpretiere ich nicht als solchen), das Bild könnte also einen gerade abgefahrenen Zug ebenso darstellen wie einfach nur einen fahrenden Zug... Oder meinst du, man müßte den Zug eigentlich von hinten sehen? :gruebel:

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Also, für mich ist das einfach ein fahrender Zug - ob er nun ankommt oder abfährt, lässt sich nicht genau sagen, finde ich.


    Meine Rezi folgt auch noch in den nächsten Tagen. :winken:

  • Hier nun meine Rezi:


    Ich hatte so meine Schwierigkeiten in das Buch hineinzukommen. Am Anfang werden viele Ereignisse nur kurz angerissen und es gibt viele Zeitsprünge und scheinbar unmotivierte Handlungen der Hauptpersonen. Die ersten 100 Seiten hatte ich ständig Fragezeichen auf der Stirn, weil die Verwirrung nicht weichen wollte, was wohl auch daran lag, dass das Cover und der Klappentext ein ganz anderes Buch versprechen.


    Erst nachdem die Hintergrundgeschichte der Anna Petrowna geschildert wird und sich die Handlung auf das sibirische Dorf Jasyk zu konzentrieren beginnt, kam bei mir so etwas wie Lesefluss auf. Eigentlich ist die Ausgangssituation sehr spannend: Wir befinden uns an einem abgelegenen Ort nach Ende des ersten Weltkriegs - abgeschnitten vom Rest der Welt, mit zwei unterschiedlichen Personengruppen (die tschechische Legion und die Sektenmitglieder) – dessen Ruhe durch das Auftauchen eines Fremden namens Samarin empfindlich gestört wird und zudem von einem Mörder heimgesucht wird.


    Auch wenn es nach einer Weile einigermaßen spannend wurde, wurde ich nie so recht warm mit dem Buch. Das lag zum einen an Meeks Stil. Ich habe zwar noch keinen der großen russischen Schriftsteller gelesen, dennoch hatte ich das Gefühl, dass Meek sich dort seine Inspirationen hergeholt hat. Zeitweise kam es mir so vor, als würde ich etwas Nachgemachtes lesen. Zumindest hat es Meek geschafft, einige großartige Bilder in meinem Kopf zu produzieren. Zum anderen fand ich die Charakterzeichnungen nicht ausführlich genug. Von allen auftretenden Personen konnte ich noch am meisten mit Leutnant Mutz etwas anfangen. Anna Petrowna war mir am Anfang noch sympathisch, doch ihr Verhalten wurde mir mit Fortschreiten der Handlung immer unerklärlicher.


    Die Figur des Samarin wurde ebenfalls viel zu wenig beleuchtet. Da hätte ich mir mehr Hintergründe gewünscht, um die Motivation für sein Handeln zu verstehen. Hier wurde meiner Meinung nach viel Potential verschenkt. Vermutlich wollte der Autor nicht zu viel von Samarin verraten, um am Ende einige Überraschungsmomente in petto zu haben. Auf diese hätte ich auch verzichten können, mich hätte das Innenleben dieser Figur viel mehr interessiert.


    Fazit:
    Insgesamt gesehen ist „Die einsamen Schrecken der Liebe“ kein schlechtes Buch, nur etwas völlig anderes, als ich eigentlich erwartet habe. Aber auch als ich von meinen Erwartungen losgelöst habe, konnte mich der Roman nicht überzeugen.


    3ratten

  • Na so wirklich begeistert wart ihr ja nicht von dem Roman. Ich hatte ihn ja vor einiger Zeit (sicher auch schon Jahre *gg*) angefangen und dann abgebrochen. Der Leseversuch ist daher auch schon länger her aber ich kann mich noch erinnern das ich einfach nicht warm mit den Figuren wurde und die Handlung mich auch nicht wirklich packen konnte. Ich bin am überlegen es doch aus zu sortieren weil mich ein zweiter Versuch im Grunde gar nicht lockt... mal sehen.

  • Ich kann gut verstehen, warum du den Roman einmal abgebrochen hast. Mit dem Anfang hatten wir alle so unsere Probleme. Das wird mit der Zeit zwar besser, zeitweise konnte mich die Handlung schon packen, aber ingesamt war ich am Ende nicht wirklich befriedigt, wenn man das so sagen kann. :zwinker: Wenn das Buch dich gar nicht mehr reizt, wäre Aussortieren wahrscheinlich die bessere Alternative. :winken:


  • Na so wirklich begeistert wart ihr ja nicht von dem Roman.


    Ich habe ihn vor einer gefühlten Ewigkeiten gelesen und war damals schwer begeistert!
    Bei mir hat es möglicherweise sogar daran gelegen, dass der Roman überhaupt nicht das war, von dem ich ausgegangen bin! :zwinker:


    Bei mir subben auf jeden Fall seither Kurzgeschichten von Meeks und ein weiterer seiner Romane steht auf der Wunschliste.


    Also ich würde dir ja zu einem weiteren Versuch raten, nur um dir die Entscheidung schwerer zu machen... :zwinker:

    Auch ungelebtes Leben<br />geht zu Ende<br />- Erich Fried

  • Yklamyley
    Ich glaub ich hab damals einfach nur den Titel gemocht und gar nicht so auf den Inhalt geachtet. Von daher kann ich jetzt durchaus nochmal neu an die Handlung herangehen. Mal sehen, momentan ist mein Bild so negativ das es vielleicht beim Lesen besser wird als gedacht :breitgrins: Ein zweiter Versuch wird also wohl doch irgendwann gestartet aber wenn es mir dann nicht gefällt kommt es endgültig weg.