Bei keinem Schriftsteller, auch bei Kafka nicht, ist es so, dass jeder einfach drin finden kann, was ihm passt oder ihn spiegelt ...
Wenn Du diese Aussage generell nimmst, dann hast wohl recht, man kann nicht jeden Autor so interpretieren, wie man möchte. (Andererseits halte ich gleich noch entgegen, daß wir immer stets das lesen, was wir verstehen können, weil es in unserem Horizont liegt.)
Aber gerade bei Kafka liegt mir Moosbummerls Aussage näher. Kafka fordert, so stark wie ich es von keinem anderen kenne, dazu auf, seine eigenen Vorstellungen mit in das Geschriebene zu legen. Wenn ich mir so seine Biographie anschaue, dann macht das auch Sinn. Lange Zeit drehte er sich um sich selbst - nahm immer wieder andere Standpunkte an in seinen inneren Kämpfen. (Von diesen Kämpfen ahnten die meisten wohl nicht einmal etwas, war er doch ein liebenswürdiger, aufgeschlossener und herzlicher Zeitgenosse)
Die Sünde selbst sehe ich bei Kafka auch eigentlich nirgends. Wohl aber die Schuldgefühle. Es gibt einen wunderschönen Brief von Kafka an seinen Vater, in dem er diese Schuld zurückweist. Das Thema gegleitete ihn, aber ich kenne jetzt nichts von ihm, in dem er die Schuldgefühle zur allgemeinen Sünde transportiert hätte.