Alles anzeigenWie Pynchon immer wieder Kritik an der Wirklichkeit äußert, wird durch folgendes Zitat hinsichtlich der Schlachthöfe deutlich:
"Lew (…) begriff einigermaßen perplex, dass es sich um eine Gruppe von Ausflüglern handelte, die zu einer Besichtigung der Schlachtsäle und Wurstherstellungsräume hier war, zu einer lehrreichen Stunde des Halsaufschlitzens, Enthauptens, Abhäutens, Ausweidens und Zerlegens – ›Nun schau dir bloß mal die armen Viecher an, Mutter!‹ –, bei der sie dem Vieh bei seinem traurigen Gang zusahen, von der Ankunft in den Eisenbahnwaggons bis hinein in die Gerüche nach Scheiße und Chemikalien, nach altem Fett und krankem, sterbendem und totem Gewebe und in einen anschwellenden Hintergrundchor von Tierangst und Gebrüll in Menschensprachen, die nur wenige von ihnen schon einmal gehört hatten, ehe die Förderkette die Rümpfe endlich in feierlicher Parade in die Kühlräume brachte. Am Ausgang würden die Besucher einen Souvenirladen vorfinden, wo sie stereoskopische Bilder, Ansichtspostkarten und Dosen mit Souvenir-Frühstücksfleisch in ›erstklassiger Gourmetqualität‹ kaufen konnten, die bekanntermaßen auch Finger und andere Körperteile von unvorsichtigen Arbeitern enthielten."
Bissiger kann man das kaum formulieren.
Nur gehen solche Stellen (leider) im Gesamttext unter, da sie durch so viel Irreales eingeschlossen sind, dass sie nicht in gleicher Weise erschüttern wie Sinclairs "Sumpf".
Oder wirken auf Euch solche Stellen aufwühlend?
Schöne Grüße,
Thomas
Nein, aufwühlend ist für mich das nicht. Aber ich muss wenigstens lachen, denn die Vorstellung, dass in einem Souvenirladen neben Postkarten auch Frühstücksfleisch mit Fingern von denen, die das eingedost haben, verkauft werden, hat schon eine gewisse komische Note.
Ich weiß nicht ob er aufwühlen will, ich werde jedenfalls oft atemlos aufgrund dieser Stakkatosätze, die kaum Atem lassen.
Aber solche Stellen sind wirklich Highlights, an denen ich ein bißchen Einblick bekomme wie Pynchon tickt.
Judith