Ross King - Das Labyrinth der Welt

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    Ross King - Das Labyrinth der Welt


    Klappentext:
    Als Isaac Inchbold, Buchhändler im London des 17. Jahrhunderts und Büchernarr aus Leidenschaft, eines Tages zu einem halb verfallenen Landsitz bestellt wird, ahnt er nicht, dass er sich auf ein lebensgefährliches Unternehmen einlässt. Lady Alethea Marchamont beauftragt ihn, nach dem "Labyrinth der Welt" zu suchen. Dieses geheimnisumwitterte Manuskript der Schriften von Hermes Trismegistos hat bereits Vater und Ehemann der Lady das Leben gekostet. Die Recherchen erweisen sich als hochkompliziertes Rätsel, das in eine Welt voller Fragen und Trugschlüsse führt - sie ist bevölkert von Gelehrten und Scharlatanen, von Ketzern und Inquisitoren, von Alchimisten und Weisen. Nur wenn der Detektiv wider Willen den Text dieser Welt entschlüsseln kann, wird er sein Leben retten.


    Meine Meinung:
    Bei diesem Roman fällt es mir richtig schwer eine Meinung zu bilden. Erstmal ist es ein tolles Buch über Bücher! Der Protagonist Isaac Inchbold ist Buchhändler in London und schon lange habe ich mich nicht mehr an einem fiktiven Ort so wohl gefühl, wie in seiner Buchhandlung :zwinker: Überhaupt schafft Ross King eine tolle Atmosphäre, die jedem Bücherliebhaber das Herz höher schlagen lässt. Was die Story angeht, da bin ich weniger überzeugt. Isaac Inchbold wird auf die Suche nach dem "Labyrinth der Welt" geschickt und gerät dadurch selbst in mysteriöse Vorfälle, was teilweise so spannend ist, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen kann. Dann gibt es wiederum Szenen, die sich wahnsinnig ziehen und ich habe mich manches Mal gefragt, was das nun mit der Handlung zu tun haben soll. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass jemand, der gerne detailreiches liest, daran seinen Spaß haben wird :breitgrins:


    Von mir gibt es deshalb 3 1/2 Ratten!
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    ~ The world is quiet here ~

  • Was für ein Abenteuer


    Dieses Buch habe ich vor langer Zeit schon einmal gelesen, als Taschenbuch. Vor einiger Zeit konnte ich noch eine gebundene Ausgabe ergattern und habe mir das Vergnügen noch einmal angetan. Und eines weiß ich jetzt schon. In ein paar Jahren werde ich es auf jeden Fall noch einmal verschlingen.


    London, 1660. Isaac Inchbold ist einer von sechs Buchhändlern auf der London Bridge.


    Zitat

    Da sich das Angebot dieser Läden nicht auf die Bedürfnisse von Vikaren, Anwälten oder sonstwem beschränkte, boten sie eine breitere Auswahl als diejenigen in den anderen Bezirken, daher konnte man in ihren Regalen so ziemlich alles finden, was jemals auf ein Stück Pergament gekritzelt oder gedruckt und zwischen zwei Buchdeckel gepreßt worden war. Das größte Angebot von allem barg die Buchhandlung im Nonsuch House, etwa auf halber Höhe der London Bridge gelegen, über deren grüner Tür und den beiden blankgeputzten Schaufensterscheiben ein Schild hing, dessen verwitterte Inschrift folgendes besagte:



    NONSUCH BOOKS

    Ankauf und Verkauf sämtlicher Titel

    Isaac Inchbold, Inhaber



    Isaac Inchbold erzählt hier seine Geschichte. 1635 ging er mit 14 Jahren in diesen seinen Buchladen in die Lehre, nachdem sein Vater bei einer Pestepidemie starb. Wegen der Schulden, die dieser der Familie hinterließ, nahm sich seine Mutter das Leben. Mit seinem Eintritt als "freier Bürger in die Zunft der Papierhändler" starb auch sein Lehrmeister an der Pest.


    Zitat

    Und so wurde ich an diesem folgenschweren Tag Eigentümer von Nonsuch Books, wo ich seither im Durcheinander mehrerer tausend in Saffianleder und Leinen gebundener Gefährten meine Zeit verbracht habe.


    Isaac war ziemlich weltfremd, auch wenn er sich als Mensch der Großstadt bezeichnet. Eine enge Wohnung hatte er über seinem Buchladen und er verließ das Haus nur, wenn es unbedingt nötig war. Er war kurzsichtig, hatte Asthma und einen Klumpfuß.

    Am liebsten hätte Isaac sein beschauliches Leben bis an sein Lebensende weitergeführt. Doch dann flatterte ihm eines Tages eine Einladung einer Lady Marchamont ins Haus. Sie bat um sein Kommen.

    An dieser Einladung fiel Isaac etwas Eigenartiges auf. Das "ursprüngliche Wassersiegel schien abgepaust, aufgebrochen und später mittels eines gefälschten Stempels mit Schellack wieder verschlossen" worden zu sein.

    Bei Lady Marchamont angekommen, ließ man ihn in einem ziemlich dunklen Zimmer warten.


    Zitat

    Als ich mich umdrehte, knarrte eine Diele unter meinem Stiefel. Dann stieß der Zeh meines verkrüppelten Fußes gegen ein Hindernis. Ich senkte den Blick [...]


    Aber dann... etwas Vertrautes. Ich bemerkte, daß der Geruch nach etwas Altem den Raum durchzog, ein Geruch, den ich besser kannte und mehr liebte als jedes Parfüm. Ich drehte mich nochmals um, hob den Blick und sah eine Regalreihe voller Bücher neben der anderen, die augenscheinlich jeden Zoll der Wände bedeckten. Über der auf halber Höhe angebrachten, mit einem Geländer versehenen Galerie erstreckten sich weitere Bücherwände bis zur unsichtbaren Decke empor.


    Eine Bibliothek...


    Die Bibliothek, in der er sich befand, wird fünf Seiten lang beschrieben. So schön beschrieben, aber zu viel, um es hier als Zitat einzufügen.


    Lady Marchamant erzählt Inchbold, wie es dazu kam, dass Pontifex Hall so heruntergekommen ist. Vor gut fünfzehn Jahren wurde der Besitz wegen verräterischer Aktivitäten gegen das Parlament beschlagnahmt. Viele Möbel wurden verbrannt, so einiges sicher auch verkauft.


    Aber erst am nächsten Tag erfuhr er mehr über die Bibliothek und seinen Auftrag. Er soll ein bestimmtes Buch suchen: Das Labyrinth der Welt. Doch nicht irgendeine Ausgabe, sondern das mit dem Ex Libris von Lady Marchamants Vater.


    Und nun beginnt ein Abenteuer, wie es sich Inchbold in seinen kühnsten Fantasien wohl nicht ausmalen konnte.


    Ich liebe ja nicht nur "Bücher über Bücher", sondern auch Geschichten, die in England, insbesondere in London spielen.


    Zitat

    Acht Uhr. Der Morgen kam in blaßrosafarbenen und perlgrauen Lichtadern über London gekrochen. Schon seit Stunden war die Stadt dröhnend, klappernd, rülpsend, lärmend, singend und seufzend auf den Beinen. Doch obwohl es Sommer war, hielt sich die Dunkelheit am Himmel. Knorrige Rauchsäulen stiegen hoch empor, um das Morgenlicht zu filtern und auseinanderzuzupfen, als hätten sich Dutzende orientalischer Geister aus ihren entkorkten Flaschen befreit und sich von Smithfield bis Ratcliff und soweit das Auge reichte entlang der Flußmündung verteilt. Dann kehrten sie zurück, um sich wie ein feines schwarzes Pulver, das alles ummantelte, beschmutzte und zerfraß, auf der Stadt niederzulassen, ein unaufhörliches Rieseln, vor dem es kein Entkommen gab. Die gräucherten Speckseiten, die auf dem Leadenhall Market aushingen, waren bereits vom schwarzen Rauhreif überzogen, ebenso jeder Kragen, jede Hutkrempe, jede Markise und jedes Fensterbrett in der ganzen Stadt. Und es würde noch schlimmer kommen, da schon diese frühe Morgenstunde unerträgliche Hitze versprach, und der Hitze folgte unweigerlich der Gestank. Nahe am Themseufer vermengte sich der muffige Geruch des Schlicks aus dem unausgehobenen Flußbett mit den süßlichen Ausdünstungen von Melasse, Zucker und Rum aus den verfallenden Lagerhäusern und Fabriken, die sich vom Kai heraufdrängten. Hinzu kam der beißende Gestank des Blasentangs und der Schnecken, die bei Ebbe bloßgelegt wurden. Der Wind wehte von Osten, was für diese Jahreszeit ungewöhnlich war, und schob so die faulig riechende Wolke flußaufwärts, durch das endlose Gewirr gepflasterter Straßen, lichtloser Innenhöfe, halboffener Einfahrten und Fenster, hinein in jede Nische und jeden Schlupfwinkel der Stadt.


    Liest sich das nicht toll? Jedenfalls, wenn ich in meinem gemütlichen Lesesessel sitze.


    Ein wunderbares Buch. Historische Romane sind ja nicht so meins, aber wenn darin Bücher vorkommen und sie so toll geschrieben sind, bitte mehr davon. Ich selbst kann mir kein Urteil erlauben, aber von anderen Rezensenten habe ich gelesen, dass die geschichtlichen Hintergründe sehr gut recherchiert sein sollen.


    Ich werde das Buch auf jeden Fall auch noch ein drittes Mal lesen.


    5ratten