F.M. Dostojewskij - Schuld und Sühne (2. Teil)

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  • *klopf, klopf* Noch keiner da? Ich habe gestern mit dem 2. Teil begonnen und finde ihn sogar noch spannender als den ersten.


    1. & 2. Kapitel
    Der Wahn(sinn) Raskolnikows, die enorme psychische und physische Belastung, hervorgerufen durch seine "Schuld", drückt sich wieder einmal in seinen widersprüchlichen Gedanken und seiner Empfindlichkeit/Reizbarkeit/Nervosität aus. Allerdings habe ich das Gefühl, dass Raskolnikow die Tat "nur" bereut, weil es ihn seelisch und körperlich belastet, ihn krank macht, und nicht, weil er den Tod der Wucherin und ihrer Schwester aufrichtig bedauern würde.


    3. Kapitel
    Raskolnikow lehnt jede (lebensrettende) Art von Hilfe ab. Er scheint sich dessen nicht bewusst zu sein, dass er mit dieser "Kasteiung" seine Schuld bereits (unterbewusst) akzeptiert hat und damit seine Buße/Reue zum Ausdruck bringt.


    Zudem ist es merkwürdig zu beobachten, dass sich plötzlich Menschen um ihn kümmern. Im 1. Teil machte Raskolnikow deutlich, dass er keine wirklichen Ansprechpartner/Freunde etc. hätte. Nun zeigt sich jedoch, dass er selbst zu stolz (oder unwissend?) war, um sich jemals jemandem mitzuteilen und um Hilfe zu bitten.


    4. & 5. Kapitel
    Es ist merkwürdig und interessant zugleich zu lesen, dass Rasumichin den Tathergang bis zum kleinsten Detail rekonstruieren kann (ihm fehlt im Grunde nur noch der Name des Täters). Rasumichin ist es auch, der ein (mögliches) Motiv von Raskolnikow zum ersten Mal deutlich ausspricht: Der Mord wurde aus "stark eingewurzelter Untüchtigkeit" begannen, da er sich "möglichst rasch und mühelos auf fremde Kosten bereichern wollte".


    Im 1. Teil hatte es Raskolnikow so dargestellt, dass er arm & verzweifelt ist und keine andere Möglichkeit mehr sieht, als diesen Mord. Nun bekomme ich jedoch den Eindruck, durch das Gespräch seiner Studienkameraden, dass er sich einfach hat hängen lassen und keine andere Möglichkeit sehen und suchen wollte.
    Hatte ich im 1. Teil noch Mitleid und sogar etwas Verständis für Raskolnikows Handlungen, so hat sich dies im 2. Teil zu reinem Unverständnis entwickelt. Ich bin schon sehr auf den 3. Teil gespannt. :zwinker:



    Sehr gut gefällt mir zudem, dass wir nun einen anderen/objektiven Blick auf Raskolnikows Leben und (mögliche) Gründe für seine Taten bekommen - obwohl Raskolnikow selbst diese Gründe, zum jetzigen Zeitpunkt, nicht akzeptieren und als falsch kommentieren würde. Auch finde ich es spannend zu lesen, dass der Mord wirklich immer präsent ist und dass Raskolnikow einerseits zwar in den Hintergrund gerückt wurde und nur die 'zweite Geige' spielt, duch die ständige Präsenz des Mordes jedoch auch immer präsent ist.


    So, und nun muss ich erst einmal meine Gedanken entknoten. :zwinker:


    Liebe Grüße,
    bimo


  • Zudem ist es merkwürdig zu beobachten, dass sich plötzlich Menschen um ihn kümmern. Im 1. Teil machte Raskolnikow deutlich, dass er keine wirklichen Ansprechpartner/Freunde etc. hätte. Nun zeigt sich jedoch, dass er selbst zu stolz (oder unwissend?) war, um sich jemals jemandem mitzuteilen und um Hilfe zu bitten.


    Ja, ich finde es auch merkwürdig, das nun alle sehr um Raskolnikow besorgt sind. Auch finde ich sein Verhalten und seine Inneren Konflikte bemerkenswert.
    Seine Krankheit, rührt ja schließlich auch daher, dass er einfach nicht mit seiner Tat klar kommt und daher Fieber etc. bekommt.
    Mal sehen was weiter passiert.


    Liebe Grüße
    Kankra


  • Seine Krankheit, rührt ja schließlich auch daher, dass er einfach nicht mit seiner Tat klar kommt und daher Fieber etc. bekommt.


    Glaubst du, Raskolnikow ist sich dessen bewusst, dass er wegen seiner "Schuldgefühle" krank geworden ist? Bis jetzt habe ich nämlich nicht das Gefühl, dass er seine körperlichen Leiden auf seine seelischen Leiden (bewusst) zurückführt.


    Liebe Grüße,
    bimo

  • Hm, ich bin mir nicht mal wirklich sicher, ob er selbst wirklich merkt, dass er krank ist.
    Aber ich denke, wenn es ihm bewusst ist, so wird er es sicher nicht auf die Schuldgefühle schieben.


    Allerdings hat Raskolnikows Freund Rasumichin ja auch gemeint, dass Rodja wohl etwas Schweres bedrückt. Den genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr.
    Ich denke nicht, dass Rasumichin etwas ahnt, aber es könnte sein, dass er auch vermutet, dass seine Krankheit noch andere Gründe haben könnte, als nur eine einfache Erkältung, Grippe oder so.


    Liebe Grüße und Gute Nacht,
    Kankra

  • Stand: Teil II Kapitel 4




    Der Wahn(sinn) Raskolnikows, die enorme psychische und physische Belastung, hervorgerufen durch seine "Schuld", drückt sich wieder einmal in seinen widersprüchlichen Gedanken und seiner Empfindlichkeit/Reizbarkeit/Nervosität aus. Allerdings habe ich das Gefühl, dass Raskolnikow die Tat "nur" bereut, weil es ihn seelisch und körperlich belastet, ihn krank macht, und nicht, weil er den Tod der Wucherin und ihrer Schwester aufrichtig bedauern würde.



    Seine Krankheit, rührt ja schließlich auch daher, dass er einfach nicht mit seiner Tat klar kommt und daher Fieber etc. bekommt.



    Raskolnikows Krankheit deutet sich in Teil I Kapitel 6 an, seine Panik äußert sich schließlich in Teil II Kapitel 1 in Fieber und geistiger Desorientierung. Seine Angst entwickelt sich aus dem Nachdenken über eine Vielzahl kleiner Ereignisse im Vorfeld und während der Durchführung des Verbrechens sowie im Anschluss daran.


    Bevor Raskolnikow zur Polizei geht, will er beten, was ihm jedoch nicht gelingt. Fühlt er sich verdammt und sieht keinen Sinn darin?


    Mehrfach hat er vor zu gestehen und steigert sich in diese Notwendigkeit so hinein, dass er, als er endlich im Büro der Polizei ist, intime Details aus seiner Vergangenheit erzählt, Details über die Tochter seiner Vermieterin, die Verlobung, das Aussehen des Mädchens.


    Sein Verhalten wird nach wie vor deutlich bestimmt durch den ihm innewohnenden Widerspruch aus Verstand und Gefühl (musste sein :zwinker:).


    Am Tag nach dem Verbrechen verhält Raskolnikow sich ablehnend, wenn ihm jemand freundlich gegenübertritt. So nimmt er Rasumichins Mitarbeitsangebot nicht an. Glaubt er, solcher Zuwendung unwürdig zu sein?




    Auch finde ich es spannend zu lesen, dass der Mord wirklich immer präsent ist und dass Raskolnikow einerseits zwar in den Hintergrund gerückt wurde und nur die 'zweite Geige' spielt, duch die ständige Präsenz des Mordes jedoch auch immer präsent ist.



    Sein Verbrechen ist allgegenwärtig, bestimmt seine Perspektive, sodass er bei nahezu allen Dingen eine Verbindung zur Tat herstellt. Sogar in seinem privaten Bereich, seinem Zimmer, führen sein Freund Rasumichin und der Arzt Sossimow eine öffentliche Diskussion darüber.


    Teil II Kapitel 4 erwähnt den Ermittlungsrichter Porfirij Petrowitsch, der danach im Kapitel nicht mehr vorkommt. Da er Ermittlungsrichter ist, scheint er mir mit seltsamer Beiläufigkeit angekündigt und später eine größere Rolle zu spielen. Raskolnikow fantasiert ihn ja bereits als seinen Gegner.


    Dostojewskijs Umgang mit dem "Ton" ist markant. Der erste Mann, dem Raskolnikow auf der Straße begegnet, schreit ihn an, seine Wirtin ist sehr oft laut zu ihm, ruft, schreit, jammert, auf der Behörde wird fast nur gerufen oder geschrieen. Ich habe den Eindruck, dass kaum normal gesprochen wird. Geht es euch ähnlich? Eine erste Überprüfung stützt diese Wahrnehmung, aber vielleicht habe ich nur zufällig entsprechende Passagen gefunden.


    Liebe Grüße,
    mohan


  • Stand: Teil II Kapitel 4
    Bevor Raskolnikow zur Polizei geht, will er beten, was ihm jedoch nicht gelingt. Fühlt er sich verdammt und sieht keinen Sinn darin?



    Am Tag nach dem Verbrechen verhält Raskolnikow sich ablehnend, wenn ihm jemand freundlich gegenübertritt. So nimmt er Rasumichins Mitarbeitsangebot nicht an. Glaubt er, solcher Zuwendung unwürdig zu sein?


    Diese Fragen werden ja weder von Raskolnikow selbst, noch vom Autor direkt beantwortet. Ich glaube, Raskolnikow wird erst eine Antwort finden müssen (im Zuge seiner Entwicklung, seiner Anerkennung der Schuld etc.).




    Sein Verhalten wird nach wie vor deutlich bestimmt durch den ihm innewohnenden Widerspruch aus Verstand und Gefühl (musste sein :zwinker:).


    :breitgrins: Ich muss bei Raskolnikow immer an Zwiespalt der Seele denken.




    Ich habe den Eindruck, dass kaum normal gesprochen wird. Geht es euch ähnlich?


    Eine besondere Lautstärke ist mir nicht aufgefallen. Bis auf die genannten Beispiele, erscheint mir der Umgangston ziemlich normal. Ich werde es jedoch im Auge, oder Ohr?, behalten. :winken:

  • Ich bin nun auch nach einem langen Lese-Sonntag mitten in Teil 2.
    Die Menschen, die durch die Krankheit Raskolnikows zusammengekommen sind, verwirren mich ein wenig. Es ist schon merksürdig, dass lauter Leute in seiner kleinen Kammer ein und ausgehen.
    Ich bin total fasziniert davon, wie sehr man in Raskolnikows Situation gezogen wird. Ich kann die Gefühle und Gedanken, die er hat gut nachvollziehen. Ich fühle mich auch schon leicht im Delirium.
    Nur ist mir immer noch nicht klar, warum er die Tat eigentlich begangen hat.
    Ich meine, klar, er ist arm und haust wirklich in furchtbaren Verhältnissen, aber war das wirklich der einzige Weg?
    Eigentlich hat es ja nichts geändert. Die Beute ist versteckt und er wird wohl auch nicht dran kommen in nächster Zeit.
    Ich bin echt gespannt, was als nächstes passiert.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • Soo, Teil 2 habe ich soeben beendet.


    1. & 2. Kapitel
    Der Wahn(sinn) Raskolnikows, die enorme psychische und physische Belastung, hervorgerufen durch seine "Schuld", drückt sich wieder einmal in seinen widersprüchlichen Gedanken und seiner Empfindlichkeit/Reizbarkeit/Nervosität aus.


    Ich finde dieses hin und her immer noch irgendwie faszinierend. Generell hat Raskolnikow auf meine eine Wirkung wir Grenouille (Das Parfum). Eine Mischung aus Faszination und Abscheu. Sehr interessant und verwirrend.
    Ich finde es für mich fast schon erschreckend, dass ich seine Gefühle so gut nachempfinden kann. :entsetzt:


    Rasumichin finde ich irgendwie interessant als Figur. In der Unterhaltung mit Luschin wird deutlich, dass er sehr gebildet ist und auch eine Meinung zu vielen Dingen hat. Ihn kann ich mir als Studenten sehr gut vorstellen, während Rodja ja alles egal ist.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:


  • Ich finde es für mich fast schon erschreckend, dass ich seine Gefühle so gut nachempfinden kann. :entsetzt:


    Wie ich schon einmal erwähnte: Leg' dich auf meine virtuelle Couch und lass' uns darüber reden. (In dringenden Fällen bin auch am Wochenende erreichbar. Persönliche Beratung nur mit vorheriger Absprache.)


    :breitgrins:


  • Nur ist mir immer noch nicht klar, warum er die Tat eigentlich begangen hat.
    Ich meine, klar, er ist arm und haust wirklich in furchtbaren Verhältnissen, aber war das wirklich der einzige Weg?
    Eigentlich hat es ja nichts geändert. Die Beute ist versteckt und er wird wohl auch nicht dran kommen in nächster Zeit.


    Eine wirkliche Antwort auf diese Frage kann uns nur Raskolnikow geben. Im Augenblick scheint er aber selbst keine zu haben und wie ich bereits an mohan schrieb, wird Raskolnikow erst eine Antwort finden müssen.


    Liebe Grüße,
    bimo

  • Ich leg mich wirklich gleich mal auf die Couch. Ich bin schon ganz verwirrt. :breitgrins:



    Eine wirkliche Antwort auf diese Frage kann uns nur Raskolnikow geben. Im Augenblick scheint er aber selbst keine zu haben und wie ich bereits an mohan schrieb, wird Raskolnikow erst eine Antwort finden müssen.


    Ich bin echt gespannt, was jetzt passiert und ob Raskolnikow es schafft dauerhaft nicht durchzudrehen. Im Moment schwankt er ja ein wenig zwischen Klarheit und Wahnsinn.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • Eine wirkliche Antwort auf diese Frage kann uns nur Raskolnikow geben. Im Augenblick scheint er aber selbst keine zu haben und wie ich bereits an mohan schrieb, wird Raskolnikow erst eine Antwort finden müssen.


    Liebe Grüße,
    bimo


    Die einzige Erklärung, für die wir im Moment brauchbare Anhaltspunkte finden können, ergibt sich aus einem Widerspruch. Raskolnikow könnte eigentlich ein angenehmes Leben führen und seine aktuellen Probleme lösen - erinnern wir uns an den Brief seiner Mutter. Nur würden er und seine Schwester in eine Abhängigkeit geraten, die ihm zu missfallen scheint. Sie würde, wie früh im zweiten Teil gesagt wird, sich in die Leibeigenschaft begeben, er müsste ständig daran denken, dass die Basis für sein angenehmes Leben eben diese Abhängigkeit der Schwester wäre. In seiner Perspektive scheint es das wesentlich geringere Übel, einen Menschen zu töten, dem er vermutlich das Lebensrecht abspricht. Die dieser Sicht zugrundeliegende Differenzierung von Menschen wird auf eine eher abstrakte Weise mehrfach auf den zurückliegenden Seiten angedeutet. Das Absprechen des Lebensrechts und das Erschrecken über die eigene Tat schließen sich natürlich nicht aus.


    Liebe Grüße,
    mohan

  • Stand: Ende Teil II


    Petrowitsch vertritt Positionen, die mit religiösen Werten nicht vereinbar sind. Das fünfte Gebot: Liebe deinen Nächsten lehnt er entschieden ab, da sich aus dieser Haltung nur Nachteile für ihn ergeben hätten (Rockbeispiel). Für ihn gilt, aus seiner Sicht wissenschaftlich fundiert: „Liebe zuallererst dich selbst, dich allein…“. Bei Raskolnikow und Rasumichin trifft er mit dieser Sicht auf Ablehnung. Dennoch entspricht auch Raskolnikow dem Gebot der Nächstenliebe nur in (ausgewählten?) Momenten, er kann seinen Nachbarn nicht ausstehen und hat zwei Morde begangen, wodurch er gegen ein weiteres Gebot verstoßen hat.


    In Kapitel sechs festigt sich der Eindruck, Raskolnikow wolle entlarvt werden. Es entsteht eine Art Widerstreit in ihm zwischen diesem Wunsch und dem, der Verdächtigung entgehen zu können.


    Im 7. Kapitel spielt Vergebung eine große Rolle. Marmeladow bittet Sonja um Vergebung, auch die anderen Frauen, die für ihn Opfer erbracht haben. Er inszeniert sich als Sünder und gestaltet sein Sterben zu einer religiösen Szene. Dies weckt Erinnerungen an seine Selbstinszenierung in der Kneipe (Teil I).
    Ein wenig absurd wirkt auf mich, wie in Mameladows Sterben alle einander vergeben, weil es eine Sünde wäre, dies nicht zu tun, und wie in der zurückliegenden Zeit die Menschen sehr oft recht widerlich miteinander umgegangen sind, ihre Schadenfreude in übler Weise ausgelebt haben, andere Menschen demütigten...


    Kurz nach Marmeladows Tod bittet Raskolnikow das unschuldige Kind Polenka indirekt um Vergebung: sie möge ihn in ihre Gebete einschließen. Warum bittet er ein naives Kind, nicht hingegen einen Menschen, der z.B. Fragen stellen könnte, wie die nach dem Warum?


    Nach Marmeladows Tod fühlt Raskolnikow das Leben in sich: “daß auch er leben könne, daß es noch Leben gäbe und daß sein Leben mit dem der Alten noch nicht zu Ende gegangen sei.“ Kurz darauf steht er seiner Mutter und seiner Schwester gegenüber (Ende Teil II). Bestimmt sein verändertes Gefühl den Umgang mit der Familie zu Beginn von Teil III? Ich bin gespannt.

    Einmal editiert, zuletzt von mohan ()

  • Hallo Ihr,


    dann will ich mich auch mal wieder melden.


    Heute morgen habe ich die ersten drei Abschnitte des zweiten Kapitels gelesen und bin immer noch begeistert, schade, dass ich nicht schon früher weitergelesen habe.


    Besser wie bibliomonster kann man die Geschehnisse nicht interpretieren, auch ich denke, dass sich Raskolnikow's Schuld in seiner Krankheit ausdrückt und er sich selber bestraft, indem er jegliche Hilfe ablehnt. Mir kommt es so vor, als ob er sich nicht für würdig hält, Hilfe zu bekommen.


    Liebe - verspätete - Grüße


    gretchen :winken:

  • Ich binn mittlerweile beim vierten Kapitel, aber irgendwie reizt es mich momentan nicht so wirklich. :rollen: Ich weiß auch nicht so genau, woran es liegt, aber irgendwie greife ich momentan lieber zu anderen Büchern, als zu diesen. Ich frage mich auch, wie das ganze noch weiter gehen soll, nachdem der junge Herr den Mord begangen hat. Hat er jetzt das ganze restliche Buch über ... wie soll ichs nennen? ... Wahnvorstellungen?

  • Ich bin noch nicht soooo weit (also erst im dritten Teil), aber bis jetzt hatte er die.
    Allerdings dreht sich gerade der Wind.
    Ich finde das irgendwie interessant, gerade weil man nicht weiß, was jetzt kommt.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • Guten Morgen, liebe Mitleser,


    zwischenzeitlich habe ich auch weitergelesen und habe nun den zweiten Teil beendet.



    Es ist ausgesprochen interessant zu sehen, wie es Raskolnikow zum Tatort zurückzieht und wie er das Schicksal herausfordert, indem er es nicht lassen kann, über den Mord zu reden. Es sieht so aus, als versuche er das Schicksal.


    Nachdem nun auch Mutter und Schwester in St. Petersburg eingetroffen sind, bin ich gespannt, wie es weitergeht



    Liebe Grüße


    gretchen

  • Ende Teil 2



    In Kapitel sechs festigt sich der Eindruck, Raskolnikow wolle entlarvt werden. Es entsteht eine Art Widerstreit in ihm zwischen diesem Wunsch und dem, der Verdächtigung entgehen zu können.



    Es ist ausgesprochen interessant zu sehen, wie es Raskolnikow zum Tatort zurückzieht und wie er das Schicksal herausfordert, indem er es nicht lassen kann, über den Mord zu reden. Es sieht so aus, als versuche er das Schicksal.


    Ich habe das Gefühl, dass Raskolnikow lieber überführt werden möchte, als sich selbst stellen zu müssen. So klammert er sich an jeden Strohhalm, um seinen Entschluss sich zu stellen, noch ein wenig aufschieben zu können. Andererseits gibt er ständig irgendwelche Hinweise und macht äuffällige Bemerkungen, die ihn mit dem Mord in Verbindung bringen müssen.




    Im 7. Kapitel spielt Vergebung eine große Rolle. Marmeladow bittet Sonja um Vergebung, auch die anderen Frauen, die für ihn Opfer erbracht haben. Er inszeniert sich als Sünder und gestaltet sein Sterben zu einer religiösen Szene. Dies weckt Erinnerungen an seine Selbstinszenierung in der Kneipe (Teil I).
    Ein wenig absurd wirkt auf mich, wie in Mameladows Sterben alle einander vergeben, weil es eine Sünde wäre, dies nicht zu tun, ...


    Ich finde du bist hier etwas zu hart. Marmeladow ist mehr tot als lebendig und ich denke nicht, dass er in diesem Augenblick noch Kraft hat sich in "Büßer-Szene" zu setzen. Marmeladow stirbt und seine Bitte um Vergebung scheint mir aufrichtig und auch angemessen zu sein. In diesem letzten Augenblick gesteht er ja (erstmals?) seiner Familie gegenüber ein, dass er viele Fehler gemacht hat und nimmt diese schwere Schuld auf sich...


    Dass die Religion im Roman eine große Stellung einnimmt, muss wohl auf die Bekehrung Dostojewsijs zum Christentum zurückgeführt werden. Schon der Titel - "Schuld" und "Sühne" - verweist ja schon deutlich in diese Richtung... Auch habe ich das Gefühl, dass Raskolnikow mit steigender Seitenzahl immer 'religiöser' wird.


    Was mich jedoch bei der Sterbeszene aufgeregt hat waren die Schaulustigen und Gaffer. Ich musste sofort an die Berichterstattungen über Unfälle, Verbrechen... denken, bei denen sich eine Menge um den Tatort versammelt, eine paar Dumme Fotos mit ihren Handys machen und in die Kamera winken. Darüber bei Dostojewksij zu lesen hat mich wirklich umgehauen.



    Mehr von mir in Kürze.
    bimo :winken:

  • Stand: Teil II, Mitten in Kapitel 6


    Hallo zusammen. :winken:


    Mir geht es momentan ähnlich wie Avila. Das Buch reizt mich nicht so ganz, zwischendurch schiebt sich immer wieder eine interessantere Lektüre dazwischen. :rollen:


    Ich habe das Gefühl, dass Raskolnikow lieber überführt werden möchte, als sich selbst stellen zu müssen. So klammert er sich an jeden Strohhalm, um seinen Entschluss sich zu stellen, noch ein wenig aufschieben zu können. Andererseits gibt er ständig irgendwelche Hinweise und macht äuffällige Bemerkungen, die ihn mit dem Mord in Verbindung bringen müssen.


    Raskolnikow's Unterhaltung mit Sametow hat mich verwirrt. Es scheint, als überlasse er sein Schicksal nun dem Zufall, indem er Sametow recht eindeutige Hinweise zu dem Mord gibt. Er selbst verspürt währenddessen auch eine abstrakte Art von Freude. An diesem Punkt kam mir auch der Gedanke, dass er langsam wahnsinnig wird. Es scheint, als amüsiere er sich zeitweise an den Gedanken der ihn umgebenden Menschen zum Mordfall, während ihn andererseits bei Gesprächen über denselben Panik befällt.
    Vielleicht sieht er sein Schicksal nun auch als eine Art Spiel an - als wäre er ein Unbeteiligter, der mit dem Schicksal eines Anderen spielt und die Wirkung seiner Eingriffe gespannt beobachtet. Ob diese Wirkung nun positiv oder negativ ist, interessiert ihn nicht.


    Wie auch immer - seine Gedanken scheinen sich nur noch um den Mord zu drehen. An seine Schwester oder Mutter denkt er fast nicht mehr.


    Die Begegnung Raskolnikow's mit Luschin empfinde ich auch als sehr aufschlussreich. Dostojewskij skizziert mit der Person Luschin's eine intensive Kritik am Kapitalismus. Zur Erscheinungszeit von Schuld und Sühne wurde wenig später auch Das Kapital von Marx veröffentlich, man kann also davon ausgehen, dass Marx' Ideen eventuell auch schon vorher heiß diskutiert wurden und somit auch Dostojewskij prägten.

    &quot;Eine Welt ohne Magie ist unmöglich. Magie ist das, woran die Menschen glauben, und an irgendetwas werden sie immer glauben.&quot;