Lisa See - Eine himmlische Liebe

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Mudan, deren Name „Päonie“ bedeutet, steht kurz vor ihrem 16. Geburtstag. Sie lebt im China des 17. Jahrhunderts, wo insbesondere für Frauen strengste Sitten und rigide Vorschriften gelten. Männer dürfen sie nicht einmal sehen, um ihre Reinheit nicht zu kompromittieren, weswegen sich Frauen und Mädchen praktisch nur im Hausinneren aufhalten dürfen. Zu Mudans Geburtstag hat ihr Vater jedoch etwas Wunderbares organisiert: eine Aufführung der umfangreichen Oper „Der Päonienpavillon“, die Mudan über alles liebt. Das Libretto besitzt sie gleich in mehreren Ausgaben, und sie ist fasziniert von der Liebesgeschichte des Jünglings Meimeng, dessen Geliebte Liniang sich zu Tode gehungert hat, um danach als Geist zu ihm zurückzukehren.


    Während des ersten Aufführungstages tut Mudan etwas Undenkbares: im Garten trifft sie auf einen jungen Dichter und lässt sich auf ein Gespräch mit ihm ein. Sie ist im siebten Himmel und gleichzeitig zutiefst verstört, denn es ist nicht nur verboten, mit Männern zu sprechen, sondern sie ist schon seit Jahren mit einem Fremden verlobt, den sie noch nie gesehen hat, aber bald heiraten soll.


    Dreimal treffen sich die beiden heimlich am Rande der Opernaufführung, dann müssen sie Abschied nehmen. Mudans Mutter erfährt vom Treiben ihrer Tochter und schließt sie bis zur Hochzeit in ihrem Zimmer ein – doch Mudan kann sich jetzt diese Ehe erst recht nicht mehr vorstellen und tritt, ihrem großen Vorbild Liniang gleich, in Hungerstreik …


    Lisa See beschwört eine lang vergangene Welt herauf, das kaiserliche China, in dem nach einigen Jahren relativer Freiheit die Frauen wieder ans Haus gefesselt sind, um nicht ihre Ehre einzubüßen, mit gebundenen Füßen und strikten Verhaltensregeln. Offiziell ist auch Literatur verpönt, doch Mudans Vater sorgt dafür, dass sie Zugang zu seiner Bibliothek hat, und sie versenkt sich ganz besonders in die erotisch angehauchte Oper, bis sie sich selbst in der Rolle des hungernden Mädchens sieht, das für seine Liebe kämpft. Doch ihre Beschäftigung mit diesem Werk ist nicht nur romantische Spinnerei, sie setzt sich ernsthaft damit auseinander, hält ihre Gedanken dazu fest, vergleicht verschiedene Ausgaben, was später die Grundlage zum tatsächlich existierenden „Kommentar der drei Ehefrauen“ bilden wird.


    Die festgefügten Sitten gelten zu jener Zeit auch für den Geisterglauben. Böse Geister sind überall, umherstreifende, ruhelose Tote, die vertrieben werden müssen, damit sie kein Unheil anrichten. Diese Aspekte beleuchtet das Buch aus einem originellen, unerwarteten Blickwinkel. Auf Basis einer guten und umfangreichen Recherche gibt es unzählige Beispiele für die „Geisterbräuche“, der skurrilste davon vielleicht die „Geisterhochzeit“, bei der ein lebendiger Mann mit dem Geist einer Toten vermählt wird, um diesen zur Ruhe zu bringen.


    Zu bemängeln gibt es allerdings, dass Mudan und die anderen Hauptfiguren eher distanziert und entrückt geschildert sind, so dass man zwar durchaus Mitgefühl für sie empfinden kann, aber eine wirkliche Identifikation nicht stattfindet. Womöglich ist das aber so beabsichtigt, da die Gedankenwelt des alten China der unseren, heutigen doch ziemlich fern liegt. Insgesamt für China-Interessierte eine gute, fundierte Lektüre; besser hineinfühlen konnte ich mich allerdings in den „Seidenfächer“ derselben Autorin.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen