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Inhalt: Freddy Mancini, übergewichtiger Amerikaner, macht eine Europareise und beobachtet bei einem nächtlichen Streifzug auf der Suche nach etwas zu essen die Entführung eines Mitreisenden. Zurück in den USA wird er John Marks, Ostblockspezialist beim Geheimdienst, über seine Beobachtungen befragt, denn es ist gut möglich, daß eine Doppelagentin in Prag Schwierigkeiten hat. John hatte vor Jahren ein Verhältnis mit einer anderen Frau, und diese Marian ist just die Frau des frisch eingesetzten niederländischen Botschafters Hoffman in Prag. Marian und Felix haben sich in ihrer Ehe nach dem Tod der Töchter nicht mehr viel zu sagen, Felix leidet an chronischer Schlaflosigkeit, Freßsucht und ein paar weiteren Störungen. Unter den Hinterlassenschaften eines Vorgängers hat er Spinozas Abhandlung über die Verbesserung des Verstandes gefunden, die Beschäftigung damit hält aber seine geistige Zerrüttung nur vorübergehend auf.
Meine Meinung: Wenn diese Inhaltsangabe den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit, Zerfahrenheit und konstruiertheit erweckt, so ist dies genau der Eindruck, den der Roman bei mir auch hinterlassen hat. Um mehr zu sein versagt er nämlich an allen denkbaren Fronten. Der politische Hintergrund des Zusammenbruchs der politischen Systems Osteuropas 1989 könnte interessant sein, ist dafür aber entschieden zu dünn geraten. Für eine ordentliche Spionagegeschichte gibt es zu wenig geheimnisvolle Geheimdienstler und die, die auftauchen, sind dann auch eher dröge und nihct dramatisch genug. Für ein Familiendrama waren der Abschweifungen in andere Richtungen zu viele, insbesondere in Hoffmans Verdauungstrakt. Hoffman, ein psychisch eher labiler Typ, und seine Verdauungs- und sonstigen körperlichen Probleme sind wirklich nur von eher mäßigem Interesse, erst recht, wenn sie einen derart signifikanten Umfang annehmen wie hier geschehen. Ich habe noch in keinem Buch soviel Zeit auf der Toilette verbracht egal ob zur Erleichterung über den unteren oder oberen Ausgang. Auch über Hoffman hinaus bleiben die Charaktere ausgesprochen blaß und holzschnittartig.
Das beste an diesem Roman waren daher die Auszüge aus Spinozas Abhandlung über die Verbesserung des Verstandes. Es wirkte zwar ausgesprochen aufgesetzt, denn Hoffman war nun keineswegs der Typ, dem man diese Lektüre ernsthafterweise abnimmt. Und wie Winter hier die Erklärungen in Form von Hoffmans Überlegungen dazu einflicht, war auch recht einfallslos weil immer gleich gelöst. Allerdings hätte man deshalb wohl mehr davon, direkt Spinozas Werk statt dieses Romans zu lesen. Wie die diversen, auf der Rückseite zitierten Zeitungskritiken zu der Einschätzung gelangt sind, der Roman sei „grandios“, „unvergeßlich“ und ein „großer europäischer Gegenwartsroman“ erschließt sich mir jedenfalls nicht, ich fand ihn einfach nur banal.
Schönen Gruß,
Aldawen