Richard Morgan - The steel remains (dt. Titel: Glühender Stahl)

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.610 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von illy.

  • Hinweis: Diese Rezension bezieht sich auf die englische Originalausgabe. Im Frühjahr 2010 erscheint eine deutsche Übersetzung unter dem Titel 'Glühender Stahl'.
    Ich habe allerdings gerade gesehen, dass das Buch von Alfons Winkelmann übersetzt wird, und nachdem ich die absolut grauenhafte Übersetzung eines anderen Richard Morgan Titels von ihm gelesen habe (Martial Arts => Marsianische Kunst, um mal eine von 100 Stilblüten zum Besten zu geben :breitgrins:, und das geht am laufenden Band so), würde ich dringend empfehlen, zum englischen Original zu greifen.


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    Inhalt:
    (grob übertragen aus dem englischen Klappentext):
    Ein dunkler Herscher wird sich erheben. Dies ist die Prophezeiung, die Gil verfolgt - einen hartgesottenen Söldner und ehemaligen Kriegshelden, dessen zynischer Blick auf die Welt nur übertroffen wird von seinem heißblütigen Temperament und der Schnelligkeit seiner Klinge. Dieses Schwert, Relikt einer verschwundenen elfischen Rasse, der Kiriath, begründete einen Teil seines Rufes als berüchtiger Kämpfer. Der andere Teil seines fragwürdigen Ruhms rührt von seiner Angewohnheit, die Nase in Dinge zu stecken, die ihn eigentlich nichts angehen.
    Gil hat sich von seiner aristokratischen Familie enfremdet, dennoch wendet sich seine Mutter an ihn mit der Bitte, nach einer Cousine zu suchen, die durch unglückliche Umstände in die Sklaverei verkauft wurde und seither verschwunden ist.
    Wiederwillig nimmt Gil ihre Spur auf. Doch bald findet er heraus, dass es um viel mehr geht als nur das Schicksal einer glücklosen jungen Frau. Boshafte Zauberei, vergessen seit Hunderten von Jahren, erwacht überall im Land. Manche flüstern von der Rückkehr eines legendären Volkes, der Adrain: Dämonen, deren Grausamkeit ihre Schönheit Lügen straft und die selbst von den Kiriath gefürchtet werden.
    Schließlich bleiben nur Gil und zwei seiner alten Kriegskameraden - Egar, ein wilder Krieger der Majak-Stämme, und Archeth, die zur Hälfte Kiriath-Blut in ihren Adern trägt, um eine Prophezeiung aufzuhalten, deren Erfüllung die Welt in Blut ertränken wird.
    Doch mit Helden wie diesen ist das möglicherweise das kleinere Übel...



    Der Autor:
    Richard K. Morgan erntete viel Beachtung für seine ScienceFiction Romane, erntete für Altered Carbon ausgezeichnete Kritiken u.a. in der NewYork Times und erhielt dafür den Philip K. Dick Award. Joel Silver und Warner Bros. kaufte die Filmrechte für mehrere seiner Werke.
    Morgan lebt in Schottland.
    'The steel remains' ist sein erster Ausflug in die epische Fantasywelt.


    Meine Meinung:
    Dieses Buch ist für mich einer der wenigen herausragenden Titel, die mir wahrscheinlich noch lange im Gedächtnis bleiben werden und ohne Zweifel eines der besten Fantasywerke, dass ich in den letzten Jahren gelesen habe.
    'The steel remains' ist ein in sich abgeschlossener Roman, nur verfügbar in englischer Sprache, und ganz klar Erwachsenen-Fantasy. Die Protagonisten befleißigen sich einer rüden Sprache, der zynische Tonfall sorgt für raues Amüsement und an Blood, Sex & Violence mangelt es nicht. Beides - sowohl Sex wie auch Violence - werden explizit und ungeheuer intensiv dargestellt, ohne dabei zum Selbstzweck zu werden, eine kunstvolle Balance.
    Die Protagonisten und Schauplätze sind bemerkenswert eindringlich und realistisch, man vergißt beinahe, dass man in einer Fantasy-Welt unterwegs ist. Das ist Ringil Eskiath, kurz Gil, ein zynischer und desillusionierter Söldner, der seine Ideale nicht loslassen kann, selbst wenn sie unter Schichten von Schmutz und Blut begraben sind. Gil tötet ohne Zögern, und schleppt Gespenster mit sich, die zwanzig Jahre in die Vergangenheit reichen. Er haßt die Welt und kann trotzdem nicht von ihr lassen. Dann Egar, der einen Clan von Nomaden führt, sich aber von der Erinnerung an die luxuriösen und dekadenten Städte der 'zivilisierten' Welt nicht lösen mag, sich Gespielinnen ins Zelt holt, die halb so alt sind wie er, und der Stammesjugend ein schlechtes Vorbild zeigt. Und dann Archeth, eine kaiserliche Beraterin, drogenabhängig, ein langlebiges Relikt der Vorzeit, nachdem alle anderen ihres Volkes diese Welt vor Jahrhunderten verlassen haben.
    Sie alle haben ein komplexes Innenleben, das sie zu lebenden und atmenden Personen macht, denen man am Ende des Buches voller Trauer Lebewohl sagt.
    Die Geschichte selbst ist vielfach verflochten, voller Überraschungen, gewoben mit viel Phantasie und prächtigen Farben.
    'The steel remains' ist voll intensiver Action, tiefreichender Emotionen, ohne jemals in Kitsch abzugleiten, und gleichzeitig von einem Tiefgang, den man im Genre sonst nur selten findet.
    Vielleicht ist das überhaupt die größte Qualität des Buches: So fesselnd und unterhaltsam und spannend zu bleiben, über die ganze Länge seiner 400 Seiten, und trotzdem eine Tiefe zu entwickeln, dass man sich am Ende seltsam berührt fühlt, zum Nachdenken angeregt und mit dem Gefühl zurück bleibt, man habe eine tiefere Einsicht gewonnen.


    Ich bin vollkommen begeistert von diesem Buch. Ich kannte den Autor zuvor nicht, habe es mir auf Empfehlung hin bestellt und kann immer noch kaum fassen, was für ein Glücksgriff das war.
    Wer sich vom Englischen nicht abschrecken läßt und sich an einem rauen Umgangston nicht stört, dem sei das Buch wärmstens empfohlen.
    Es ist wie ein Donnerhall.



    - Elena

    :lesen: Anna im blutroten Kleid

  • Zitat

    'The steel remains' ist ein in sich abgeschlossener Roman

    Er ist zwar in sich abgeschlossen, aber dennoch der erste Teil einer geplanten Trilogie.



    [Kurze Anmerkung:
    der folgende Beitrag bezieht sich zum Teil auf diesen Thread in einem anderen Forum, in dem ein schlechter Klappentext gepostet wurde und die Befürchtung aufkam, es könne in dem Buch zu sehr um die Bettgeschichten des Protagonisten gehen. (Und ich bin zu faul, ihn für dieses Forum noch mal umzuschreiben.)]



    Sooo... bin durch. So ganz schlüssig bin ich mit im Moment noch nicht, was mein abschließendes Urteil angeht, aber insgesamt ist mein Eindruck doch sehr positiv.


    Zuerst mal: Vergesst bitte ganz schnell den dämlichen Heyne-Klappentext. Eine größere Anhäufung von Klischees, die allenfalls am Rande mit dem Buch zum tun haben, hätte man sich wirklich nicht einfallen lassen können.


    Ringil Eskiath, meist einfach Gil genannt, ist ein Krieger, ja. Und er hat sogar einen gewissen Ruf als Held. Der Krieg, aus dem dieser Ruf stammt, ist allerdings schon einige Jährchen her und verhilft ihm jetzt gerade mal dazu, sich mit Geschichten aus seiner glorreichen Vergangenheit die Unterkunft in Schenke in irgendeinem Kaff zu verdienen. Denn auch wenn er eigentlich aus reichem Hause stammt, so hat mit seiner Familie doch nicht viel zu tun, weil die, bzw. besonders sein Vater, genau wie die ganze Gesellschaft, aus der er stammt, ein gewaltiges Problem mit Homosexualität haben - was für die Betroffenen durchaus zu einem sehr unschönen Tod führen kann. Dann taucht eines Tages seine Mutter bei ihm auf und verlangt von ihm - nein, nicht, dass er irgendein Königreich rettet - sondern, dass er seine Cousine findet, die in die Sklaverei verkauft wurde, nachdem ihr Mann sein Vermögen verschleudert hat. Und da seine Mutter doch sehr überzeugend sein kann, willigt Gil ein und begibt sich zurück in die Stadt seiner Jugend...


    Diese Rückkehr führt natürlich dazu, dass Gil mit Erlebnissen aus seiner Vergangenheit konfrontiert wird, die er eigentlich gern hatte vergessen wollen, und auch mit dem Konflikt mit seiner Familie, speziell mit seinem Vater - sodass die Homosexualität des Hauptcharakter in diesem Buch nicht nur einen Nebenbemerkung ist, sondern ein sehr präsentes Thema, wenn es darum geht, wie er, seine Familie, die Gesellschaft damit umgehen. Da heißt jedoch nicht, dass das Buch in eine einzige Sexorgie ausartet.


    Genau genommen gibt hat Gil exakt zwei tatsächlich Sexszenen in diesem Buch. Explizit? Ja. Nicht jedermanns Geschmack? Mit Sicherheit. Zu ausführlich, das ganze Buch einnehmend? Imo Nein.


    Was mich dennoch gestört hat - warum genau an der Stelle, mit der Person? So richtig für die Handlung notwendig schien mir das nicht, aber der ganze Abschnitte, innerhalb dessen sich diese zwei Ebenen abspielten, war sowieso der, mit dem ich die meisten Probleme hatte. (Darauf jetzt näher einzugehen wäre allerdings zu spoiler-lastig.)


    Was es in diesem Roman aber auch vorkommt: Inflationärer Gebrauch des Wortes "fuck", Vergewaltigung, Gewalt, Tote, zum Teil recht grausame Todesarten, achja, und Sex zwischen einem Mann mittleren Alters und einer Magd, die wohl eher noch ein Teenager ist, Sklavenhandel...


    Was ich damit sagen will: Wieso manche Leute ein Problem mit dem dem dem Thema "Sex zwischen zwei Männern" haben, während all das andere nicht der Rede Wert scheint, erschließt sich mir nicht so ganz....


    So, und nachdem nun klar sein sollte, dass das Buch nichts für, egal in welcher Hinsicht, extrem Zartbesaitete ist, zurück zu den Dingen, die den Roman eigentlich ausmachen:


    Da wäre zuerst mal Morgans Stil, der, wie schon gesagt, mich von vorn herein in die Geschichte hineingezogen hat. Er lässt sich sehr flüssig lesen, ohne dabei zu simpel zu sein, lässt Welt und Charaktere lebendig werden und vor allem schwingt immer ein trockener Humor mit, der sich auch in den Charakteren widerspiegelt - ja, dass Buch hat mich, trotz der eigentlich nicht sehr erheiternden Geschehnisse, immer wieder zum Grinsen gebracht.


    Und dann natürlich die Charaktere, von denen der Roman meiner Meinung nach vor allem lebt. Keiner von ihnen ist ein strahlender Held. Alle drei Hauptfiguren haben den gleichen Krieg überlebt und sind in ihrem jetzigen Leben mehr oder weniger desillusioniert. Wobei man über ihr Innenleben nicht anhand langer Beschreibungen, sondern anhand ihrer eigenen Gedankengänge informiert wird, was mir gut gefallen hat, zumal sie eben fast alle eine gewisse Ironie und Galgenhumor an den Tag, legen.


    Meine klare Lieblingsfigur ist Archeth, letztes Überbleibsel einer hoch entwickelten Rasse, Beraterin eines leicht dekadenten Herrschers, leicht... nunja, wenn nicht drogensüchtig dann diesen aber doch sehr zugetan, und mit ihrer Geduld gegenüber den normalen Menschen langsam am Ende.


    Aber auch Egar, der Anführer des Nomaden-Clans, der sich insgeheim doch in den zivilisierten/dekadenten Süden zurücksehnt, ist nicht uninteressant.


    Und Gil wurde ja oben schon beschrieben.


    Die Welt, in der das ganze Spielt, muss sich der Leser im großen und ganzen selbst erschließen, sehr viel erklärt wird da nicht. Insgesamt spielen phantastische Elemente in der Welt an sich eine eher kleinere Rolle. Archeths Volk war technisch sehr fortgeschritten, im Gegensatz zum Rest der Welt, Drachen gehörten bis vor relativ Kurzer Zeit noch ins Reich der Legenden und auch die mächtigen Dwenda gehören ins Reich der Phantasie, sind allenfalls Hirngespinste, mit denen sich dekadente Adlige beschäftigen... oder?


    Religiöse Unterschiede der einzelnen Völker und Charaktere werden zum Teil sehr deutlich und insgesamt ist diese Welt sicher kein nettes Märchenland, sondern ein Ort an dem es doch eher rau zugeht.


    Achja, gekämpft wird auch, aber da der Krieg, den die Hauptfiguren überstanden haben, schon einige Jahre zurückliegt, eher in kleinerem Maßstab, sodass Freunde großer Schlachten eher weniger auf ihre Kosten kommen werden.


    Insgesamt überwiegen für mich deutlich die positiven Aspekte in Form von Charakteren Stil und Welt. Und obwohl das Buch wirklich sehr in sich abgeschlossen ist, bin ich extrem gespannt auf die Fortsetzung. Nur gegen Ende gibt es eben einen Abschnitt, mit dem ich nicht so viel anfangen konnte - irgendwie läuft das etwas zu schnell/zu einfach/nicht ganz logisch? Ich kann es im Moment nicht klar benennen.


    Auf jeden Fall bin ich schon sehr gespannt auf Teil 2.

  • Leider wurde die Ankündigung des 2. Bandes gerade um über ein halbes Jahr nach hinten geschoben. War mal März 2011... jetzt September 2011.
    Die deutsche Übersetzung wird dann wohl noch mal um ein Jahr versetzt folgen.


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    :lesen: Anna im blutroten Kleid

  • „The Steel Remains“ ist keine 08/15-Fantasy, dafür sorgen schon die Hauptfiguren: eine halbausserirdische Frau, ein schwuler Kriegsheld (in einer Welt, in der darauf die Todesstrafe steht) und der Anführer eines Nomadenvolk-Clans. Alle Drei haben gemeinsam, dass sie sich nach ihren Erlebnissen im letzten Krieg (vor ein paar Jahren) nicht wieder in ihr altes Leben einfügen können. Die neu auftauchende Bedrohung der Welt ist da schon fast eine willkommene Abwechslung für die drei Veteranen.


    Die Figuren waren tatsächlich ganz interessant, die Welt gut ausgestaltet und stilistisch kann ich auch nicht meckern, aber insgesamt konnte mich der Roman leider trotzdem nicht begeistern, ich kam hauptsächlich mit den Science-Fiction-Elementen in der ansonsten klassischen Fantasy-Welt nicht zurecht, das mag ich prinzipiell nicht so sehr. (Andersherum, Fantasy-Elemente in einem SF-Roman, macht mir das grundsätzlich immer weniger Probleme.) Wer damit aber keine Schwierigkeiten hat, sollte sich von meiner Bewertung nicht abschrecken lassen, das Buch ist gut gemacht, nur halt nicht mein Genre(-Mix).


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus: