Pascal Mercier - Perlmanns Schweigen

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.486 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von cori.

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    Inhalt: Perlmann ist ein Sprachwissenschaftler und trifft sich mit einigen Kollegen aus Europa in mediteranen Gefilden zu einem Herbstseminar in einem Luxushotel, das eine renommierte Firma bezahlt.
    Von Tag zu Tag flüchtet er sich in sich selbst und denkt sehr viel über seine, vor einem Jahr, verstorbene Frau Agnes nach. Auch der Besuch seiner Tochter Kirsten reißt ihn nicht aus seiner Gedankenspirale heraus.
    Er geht durch die Tage wie eine Kamera und beschreibt seine Umgebung, bzw. sein Umfeld akribisch.


    Meine Meinung:


    Unerträglich! Ich habe selten soetwas unerträgliches gehört. Habe mir die Hörbuchversion über Tage angehört und es war wirklich schön gelesen worden, da gibt es nichts auszusetzen.
    Der Protagonist ist in meinen Augen ein verrückter Professor mit Hang zur Selbstverliebtheit und Egoismus pur.
    Der Autor, der mich schon in "Nachtzug nach Lissabon" überzeugt hat, hat auch diesmal die schönste Sprache verwendet und lässt extrem schöne Sätze einfließen, jedoch macht das den Inhalt nicht sympathischer.
    Was tut also dieser Perlmann den lieben langen Tag.... NICHTS, außer:
    1.) rauchen (er hat nach Jahren wieder angefangen)
    2.) rauchen
    3.) rauchen
    4.) Tabletten nehmen, egal ob Aspirin oder Schlaftabletten
    5.) wieder rauchen
    6.) übersetzen
    7.) rauchen


    Das ist so eine pure Lähmung,ich kann es nicht beschreiben! Auch so unlogisch, ich mag das nicht, wenn Bücher unlogisch sind... also am Anfang verknackst oder verstaucht er sich den Knöchel, humpelt auf einer Seite und dann nie wieder. Er geht durch die Straßen, als ob nichts wäre. Bäh....
    Dann kauft er sich eine Chronik des 20.Jahrhundert und geht anhand der Ereignisse zurück in seine Vergangenheit. Den Gedanken fand ich sehr genial, muss ich sagen, aber es hört irgendwann auf und dann aus, die Chronik hat er anscheinend irgendwo in der Trattoria liegen gelassen und nie wieder geholt.
    In meinen Augen ist Perlmann längst am Tag des Todes von Agnes verrückt geworden. Definitiv.
    Ein Egomane dürfte er immer gewesen sein und ich weiß nicht so recht, ob Agnes ihn auf Dauer so noch ausgehalten hätte, somit erscheint mir ihr Tod fast erlösend für sie. Auch, wenn das jetzt etwas heftig klingen mag.
    Er macht manchmal Aktionen, wo ich denke: Wo lebt der? Wieso kam der soweit?
    Da sitzt er im Seminar und macht als Einziger gar nichts. Nichts. Null. Bringt sich überhaupt nicht ein und versinkt immer mehr in Selbstmittleid und Oh Gott! Allein der Schluss....!


    In meinen Augen ein Verrückter, den wir auf 100erten Seiten begleiten und ich frage mich, ob ich mit der Zeit nicht etwas anderes schönes hören hätte können.
    Ich gebe diesmal 2 Wertungen, weil mich die sprachliche Qualität dennoch, trotz meines Horrors beeindruckt hat:


    1.) sprachlich: 5ratten
    2.) inhaltlich: 1ratten (und da bin ich lieb!)


    [size=1]EDIT: Hörbuchlink eingefügt. LG, Saltanah[/size]

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Vielleicht sollte man hinzufügen, dass die Hörbuchfassung eine gekürzte Lesung ist. Wer weiß, welche (und wieviele) Szenen da weggefallen sind. Von daher glaube ich, dass es nach dem "nur" Hören schwierig ist, dem Buch gerecht zu werden. (Sage ich, die ich weder das eine noch das andere kenne :rollen: .)


    Jedenfalls verschiebe ich die Rezi in den Hörbuchteil.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich fürchte, ich muss - meiner verblassenden Erinnerung konform - cori beipflichten, hab vor einigen Monaten mir ca. die ersten 200-250 Seiten dieses Romans "erlesen", sprich von der handlungsmäßigen Anämie fühlte ich mich auch ziemlich paralysiert.


    Aus den Reminiszenzen Perlmanns an seine Ehe mit Agnes bzw. wie in diesen auf subtile Art sein Verlust deutlich wird, wird immer wieder - meinem Empfinden nach - klar, wie sehr er sie gebraucht hat, generell und im Alltag, und wie sie quasi eine Art Fremdenführer für ihn gewesen ist mit dem Leben in all seinen Facetten, ausser dem Übersetzen vielleicht, als die Fremde.


    Nun könnte man natürlich den Autor, mit dem ich auch im "Nachtzug nach Lissabon" gesessen und die Reise wirklich sehr, sehr genossen habe, zugute halten, dass er diesen Mangel des Protagonisten so plastisch schildert, aber durch die wohl nicht nur mir mehr als bewusst gewordene Handlungsarmut des Romans kann man sich hierbei nicht mittels Empathie mit Perlmann mehr und mehr identifizieren, man wünscht sich beinahe eher, dass Agnes lieber jetzt als sofort auferstehen möge, da man durch die seitens Perlmann erfolgende Glorifizierung ihrer Art, ihres Wesens und ihrer Gegenwart tatsächlich glaubt, der Protagonist, der Roman, das Leben gewönnen womöglich deutlich mehr an Fahrt, da man sicher ist, dass man die herrlichen Sprachlandschaften Merciers, die cori anspricht und die wohl den allermeisten, die ihn gelesen haben, noch aus dem "Nachtzug nach Lissabon" in Erinnerung sind, auch bei höherem narrativen Tempo genießen könnte.


    Vielleicht sogar erst dann, denn bei dieser erzählerischen, plotmäßigen Flaute vermögen wohl sogar besagte, eigentlich eindrucksvolle verbale Landstriche den Leser anzuöden.


    Aber, wie gesagt, sind dies auch nur die Eindrücke nach ca. einem Viertel oder Fünftel des Buches.

    Einmal editiert, zuletzt von Hildegunst ()

  • @Salti: Allein der Gedanke, dass dieses Hörbuch noch länger gewesen wäre, lässt meinen Atem stocken. Noch mehr "un-"Plot vertrüge mein Gemüt wohl nicht.
    Vielen Dank für Deine Bemühungen!!!!(wie immer Bussis dafür)


    @Hildegunst: Keine Sorge, das Buch geht in diesem Tempo weiter und weiter und es hört nicht auf sich um nichts zu drehen. Super Kritik!


    Al cori