Nick Hornby - A Long Way Down

Es gibt 22 Antworten in diesem Thema, welches 8.434 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

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    Kurzbeschreibung:
    Vier Menschen auf dem Dach eines Londoner Hochhauses, die sich an Silvester das Leben nehmen wollen, schließen einen Pakt: neuer gemeinsamer Selbstmord-Termin ist der Valentinstag. Es bleiben sechs Wochen, die gemeinsam überlebt werden müssen.
    Silvester, auf dem Dach eines Hochhauses: Pech, dass gleich vier Menschen auf die Idee gekommen sind, sich dort das Leben zu nehmen. Da man sich schlecht umbringen kann, wenn einem andere dabei zusehen, steigt die seltsame Gruppe erst mal vom Dach, um das Problem der jüngsten Kandidatin, die nicht weiß, warum ihr Freund sie verlassen hat, zu lösen. Nach und nach erzählen sie sich ihre Geschichten. Da ist die altjüngferliche Maureen, deren Sohn Matty schwerstbehindert ist und die diese Belastung allein tragen muss - da ist Martin, der berühmte Talkmaster, den nach einem Gefängnisaufenthalt niemand mehr auf dem Bildschirm sehen will - Jess, die aufmüpfige Tochter eines Politikers, ist so direkt, dass sie alle vor den Kopf stößt - und JJ, der von seinem besten Freund, dem Sänger seiner Band, im Stich gelassen wurde.
    Die vier verabreden, mit dem finalen Sprung bis zum Valentinstag zu warten - und so findet eine Gruppe von Menschen zueinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die einander doch auf wundersame Weise zu helfen wissen.


    Teilnehmer:
    Ink-heart
    Breña
    Doris
    [hr]
    Viel Spaß!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo, ihr Lieben,


    und danke für den Thread, Saltanah! :klatschen:


    "A Long Way Down" ist ja wirklich die ultimative Silvesterlektüre (wenn auch nicht unbedingt für Silvesterliebhaber :breitgrins:). Inzwischen bin ich ganz gemächlich bis Seite 50 der englischen Ausgabe gediehen:


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    Wie ich das von Hornby erwartet habe, liest es sich leicht und unanstrengend, im lockeren Plauderton. Trotzdem und bei aller Lockerheit wird hier immerhin das Tabuthema Suizid in den Mittelpunkt gestellt, und bei aller Schnodderigkeit der erzählenden Charaktere hatte ich den Eindruck, dass es hier - unter der Oberfläche - vielleicht ernster genommen wird als in vielen anderen Romanen, die sich damit beschäftigen.


    Die Erzählsituation, vier Charaktere, die aus sehr unterschiedlichen Perspektiven über ihre sehr unterschiedlichen Schicksale und über die Reaktionen auf die Schicksale der anderen berichten, finde ich interessant, und es gelingt Hornby auch tatsächlich, sehr unterschiedliche "Tonarten" zu finden. JJ ist, soweit ich Hornby kenne, sicher der typischste Charakter für ihn, irgendwie ein Peter-Pan-Typ, der mir aber am stärksten die Autor-Perspektive zu übernehmen scheint. Martin - na ja, die erste Reaktion auf ihn ist natürlich: selbst schuld (aber immerhin kapiert er, was schief gelaufen ist). Jess hat das Pech in einem echten Mistalter zu sein, aber das anfängliche Mitleid und die Kenn-ich-Haltung gewöhnt sie ihrem geneigten Leser ja schnell ab :zwinker:. Maureen ist sicher der "ernsteste" Fall, sehr anrührend geschildert, finde ich. Ob hier Hornbys eigene Erfahrungen mit seinem autistischen Sohn einfließen?


    Trotz der sehr unterhaltsamen und interessanten Komposition merke ich übrigens zwischendurch immer wieder, dass ich etwas irritiert bin von der Erzählsituation. Wem erzählen die vier eigentlich wann und warum ihre Geschichte? Manchmal scheint es ja klar zu werden, dass das tatsächlich wir, die Leser des Romans, sind (z. B. wenn Jess sich über die "alten Säcke" auslässt), aber irgendwie finde ich das unbefriedigend unfiktional.

  • Hallo, ihr beiden,


    ich "musste" heute früher als geplant aufstehen, nahm mir als Belohnung das Buch vor und bin gleich daran hängen geblieben. Anders als gemächlich zu lesen geht bei englischer Lektüre gar nicht, aber ich bin erst etwa bei Seite 25.


    Der schwarze Humor, der immer wieder durchkommt, gefällt mir sehr gut und passt auch zu dem lockeren Stil des Buches. Die Geschichte an sich ist ja sehr skurril, und anders als mit einer guten Portion schwarzem Humor kann man sie wohl nur schwer bewältigen. Für jemanden, der mit dem Thema Selbstmord schon konfrontiert war, mag es schon fast etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen zu sein.


    Mit den vier Figuren hat Hornby sehr unterschiedliche Charaktere geschaffen, die bestimmt noch einiges an Unterhaltung bieten werden. Dass Hornbys Sohn autistisch ist, wusste ich noch gar nicht. In dem Fall kann er gut aus erster Hand über die Probleme berichten. So aus der Erinnerung sehe ich Maureens Sohn allerdings im Rollstuhl sitzen :gruebel: ?



    Wem erzählen die vier eigentlich wann und warum ihre Geschichte?


    Ich empfinde es so, dass sie es als Therapie aufgeschrieben haben, in erster Linie für sich selbst, aber an den Leser gerichtet.

  • Hallo ihr beiden,


    bevor ich es mir mit Erkältungstee auf dem Sofa gemütlich mache gibt es auch von mir eine kurze Zwischenmeldung. Da ich es am letzten Tag des alten Jahres tatsächlich geschafft habe noch zwei Bücher zu beenden (zusammengenommen immerhin rund 350 Seiten, ich bin ein bissl stolz auf mich), habe ich ebenfalls gestern mit dem Hornby begonnen. Ich lese die (geschenkte) Übersetzung, was zwar etwas schade ist, aber meinem Lesetempo zugute kommt. In anderen Leserunden mit verschiedenen Ausgaben hat es sich gut eingespielt, kurze Zitate anzugeben, damit man besser zuordnen kann wo die anderen gerade sind, das würde ich gerne übernehmen, in Ordnung? - ich bin auf Seite 93 (nächstes Kapitel: JJ, "Die Ohrfeige für Chas war zwar...").


    Der lockere Ton, hinter dem sich mehr verbirgt, gefällt mir wieder sehr gut, und auch wie Hornby es schafft, auf wenigen Seiten seine Charaktere entstehen zu lassen. Deine Einschätzung, ink-heart, teile ich, nur dass ich Jess von Anfang an unsympathisch fand - so ein Rotzblag! :zwinker: Das ändert sich aber inzwischen; die Überlegung, dass die Vier durch die zufällig Begegnung auf dem Dach mehr verbindet als z.B. Geschwister hätte ich ihr anfangs nicht zugetraut. JJ hingegen war mir direkt sympathisch, auch wenn er der etwas weltfremde Möchtegern-Rockstar ist. Martin gewinnt durch sein Verhalten (und seine Einsichtigkeit) ebenfalls nach und nach Pluspunkte. Maureen fällt etwas aus dem Bild, wahrscheinlich weil ihre Situation die zugleich persönlichste und am wenigsten greifbare ist. Sie wirkt am realistischsten, oder besser: am wenigsten so, als sei sie für einen Roman erfunden worden, den Sprung zu ihr empfinde ich immer am härtesten. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass hier Hornbys eigene Erfahrungen mit einfließen.


    Ich empfinde es so, dass sie es als Therapie aufgeschrieben haben, in erster Linie für sich selbst, aber an den Leser gerichtet.


    Das irritiert mich ebenfalls, auch wenn ich es mir genauso wie Doris erkläre. Ich hoffe, dass dieses Rätsel gegen Ende aufgelöst wird. Sowieso bin ich sehr gespannt, wie es mit dem bunten Haufen weitergehen wird, daher lese ich jetzt fix weiter.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Gestern habe ich den ersten Teil beendet.
    Aus dem zusammengewürfelten Haufen ist nun also eine Gruppe geworden. Dass es für die Vier anders kommen würde als geplant war ja bereits klar, aber mir gefällt, was Hornby sich für seine Protagonisten ausgedacht hat. Ich bin gespannt, was nach dem zufälligen Aufeinandertreffen, dem ratlosen Miteinander und der etwas widerspenstigen Absprache als nächstes folgen wird. Und vor allem, ob Teil 2 sechs Wochen später einsetzen wird.


    Ich greife zunächst nach einem anderen Buch (die Gelegenheit ist gerade zu günstig :zwinker:) und warte neugierig eure Meinungen ab.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Hier meldet sich die Leseschnecke :breitgrins:. Weiter als bis Seite 47 bin ich noch nicht gekommen.


    Über Jess habe ich mir am Anfang wenig Gedanken gemacht, aber mittlerweile wird sie mir zunehmend unsympathisch. Ihre Art, alles lächerlich zu machen oder negativ darzustellen zeigt, dass sie noch viel zu lernen hat. Auch wenn sie erst 18 ist und gerade ihren persönlichen Super-GAU durchmacht, ist das kein Grund, sich so taktlos zu verhalten. So aggressiv, wie sie sich gibt, macht sie nicht den Eindruck einer verzweifelten jungen Frau, die Selbstmord für den letzten Ausweg hält.


    Mit dem Auftauchen von JJ auf dem Dach hat sich die Stimmung spürbar verändert. Wo vorher einzelne Personen standen, hat sich nun eine Gruppe gebildet. Ein Schritt in die richtige Richtung? Im Moment versuchen alle, Chas zu finden, um wenigstens Jess' Problem zu einem Abschluss zu bringen. Ob damit die Selbstmordabsicht begraben wird, bleibt fraglich.


    Ob es mit dem Gleichklang der Namen Chas und Jess etwas auf sich hat?


  • Hier meldet sich die Leseschnecke :breitgrins:.


    Sag doch sowas nicht! Morgen haben die freien Tage bei mir wieder ein Ende und es kommt ein zweites Leserundenbuch dazu, dann presche ich auch nicht mehr davon.



    Ob es mit dem Gleichklang der Namen Chas und Jess etwas auf sich hat?


    Das ist mir gar nicht aufgefallen... aber jetzt, wo Du's sagst.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich bin heute bei Seite 116 angelangt. Obwohl mir Jess noch immer nicht sonderlich sympathisch ist, kann ich mich in sie am besten hinein versetzen und nachvollziehen, dass sie aus Liebeskummer Selbstmord begehen wollte. Allerdings schätze ich sie als so tough ein, dass sie damit normalerweise zurecht kommen würde, wenn da nicht noch etwas anderes wäre, das an ihr nagt. Wie es scheint, hängt das mit ihrer Schwester Jen zusammen. Mit Jess' Ausdrucksweise habe ich ähnliche Probleme wie Maureen, vor allem, weil die Umgangssprache manchmal schwer zu übersetzen ist, aber die Beschreibung von dem Zusammentreffen der vier in Maureens Wohnung, als die Fäkalausdrücke immer mehr zunehmen mit einer angedeuteten Entschuldigung hie und da in Maureens Richtung, das war schon köstlich.


    JJ hat den anderen inzwischen gestanden, dass er nicht unheilbar an CCR erkrankt ist. (Heißt die Krankheit in der deutschen Ausgabe auch so?) Bei ihm bin ich mir auch nicht ganz sicher, ob der Zusammenbruch seiner Band und die beendete Beziehung alles ist, was hinter seinen Problemen steckt. Vielleicht wurde da aber auch noch nicht alles aufgedeckt.


    Am ehesten bringe ich für Maureen Verständnis auf. Da sie ihren Sohn Zuhause alleine pflegt, steckt sehr viel Selbstaufgabe und Aufopferung darin. Ich schätze, dass sie auch vor ihrer kurzen Beziehung zu Mattys Vater sehr alleine und auf sich selbst gestellt war, und mit dieser großen Aufgabe, sich um Matty zu kümmern, gerät sie ständig an ihre Grenzen.

  • Hallo, Ihr Lieben!


    momentan bin ich wohl am schneckigsten hier - sorry. :redface: In den letzten Tagen hatte ich Computerumbau; das war ein ziemlicher Zeit- und Gelassenheitsfresser. Dafür hab ich jetzt aber das Gefühl, ich sitze an einem Porsche. :zwinker:


    Ich bin inzwischen immerhin auch am Ende von Teil 1 gelandet und habe so viel Neues gar nicht zu berichten. Im wirklichen Leben hätte ich wohl mit allen vieren so meine Probleme, aber hier ist die Mischung der 'Musketiere' und die Tatsache, dass es eine so völlig unwahrscheinliche Mischung ist, nicht nur sehr unterhaltsam, sondern auch irgendwie rührend.


    Ich gehe davon aus, dass sich die vier jetzt regelmäßig sehen werden. Der Valentinstag war ja nur als Datum benannt, vor dem ehrenhalber keiner einen neuen Selbstmordversuch unternehmen sollte. Vermutlich werden wir dann ja auch noch einige Hintergründe erfahren. Das, was du über Jess sagst, Doris, klingt ja interessant. Bei ihr habe ich immer gleichzeitig ganz viel Mitleid und bin schrecklich genervt. Warum ist es bloß so, dass (fast) alle Teenies denken, sie seien der Nabel der Welt? :rollen:


    Ich versuche gleich noch etwas weiter zu lesen. :winken:

  • Schneckig ist gut - ich bin aber auch nicht sehr schnell. Ich habe gestoppt, dass ich in einer Stunde ca. 20 - 22 Seiten lese und dabei einzelne Wörter nachschlage. Am meisten Zeit nehmen Jess' Kapitel ein, die ohne Absatz durchgehen, so, wie sie wahrscheinlich in natura auch erzählen würde.



    Warum ist es bloß so, dass (fast) alle Teenies denken, sie seien der Nabel der Welt? :rollen:


    Vielleicht weil sie noch nicht so viele Erfahrungen gesammelt haben oder noch realisieren müssen, dass es Schlimmeres gibt als ihre vermeintlichen Super-GAUs?


    Über Maureen mache ich mir immer noch am meisten Gedanken. Leider erfährt man zu wenig aus ihrem Leben, um sich ein genaues Bild davon machen zu können. Matty alleine kann nicht der Beweggrund sein, dass sie vom Dach springen möchte. Damit wäre weder ihr noch Matty geholfen. Wenn ihr die Pflege zu viel wird und sie mehr Zeit für sich selbst haben möchte, könnte sie Matty auch in ein Heim geben und nur tageweise zu sich holen. Es wäre verständlich, wenn sie langsam den Zug für sich abfahren sieht und noch einige schöne Jahre ohne ständige Sorgen erleben möchte, aber weil die Schuldgefühle wegen ihrem Egoismus zu groß sind, denkt sie an Selbstmord. Aber wem ist damit geholfen? Auch ihr steht ein bisschen Freude zu, und es liegt an ihr selbst, das zu verwirklichen. Sich auf diese Weise aus der Verantwortung zu ziehen, ist Matty gegenüber nicht fair.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Hallo ihr beiden,


    ich habe heute auch wieder weitergelesen - und zwar den kompletten zweiten Teil. Das Buch liest sich aber auch einfach so runter (ihr erinnert euch, ich lese die Übersetzung) und ich war froh, neue Eindrücke von euch zu sehen und weiterlesen zu können. :redface: An verschiedenen Stellen habe ich mir gedanklich eine Notiz gemacht, ich hoffe, mir fällt jetzt alles wieder ein...


    Daran, dass die Presse sich einmischen könnte, habe ich ja gar nicht gedacht! Umso mehr hat mich die Geschichte über die Engelserscheinung amüsiert. :lachen: Matt Damon im "Während du schliefst"-Shirt als Engel - ich muss gleich mal nachschauen - ja, er hat 1999 in Dogma einen Engel gespielt.


    Jess überrascht mich immer wieder durch ihre Überlegungen, zum Beispiel der, wie Personen durch einen Faden miteinander verbunden sind, oder weshalb sie keine Bücher mag. In stillen Momenten kann man also hinter ihre Fassade schauen. Ihre Geschichte erklärt meiner Meinung auch ihr Verhalten, sie ist also nicht nur ein verzogener Teenager mit Liebeskummer und Geltungsbedürfnis.
    JJs Leben wird durch die Rückblicke und Überlegungen auch vielschichtiger, man kann förmlich mitfühlen wie er immer weiter in die Tiefe gezogen wird.
    Maureens Geschichte offenbart keine großen Überraschungen, aber die Beschreibung ihres von allen abgeschnittenen Lebens ist schwere Kost. Ihre Erkenntnis, dass nicht die Pflege Mattys das Problem ist sondern wie sie sich ihrer Umwelt gegenüber geben muss, war bitter, dennoch scheint sie neuen Lebenswillen zu entwickeln.
    Martin bleibt mir am gleichgültigsten, auch wenn er die Schuld bei anderen sucht, ist seine traurige Wahrheit schließlich, dass er es selbst verbockt hat. Auch wenn dies bei JJ eigentlich der gleiche Schluß war, hat man das Gefühl, dass ihm die Zügel entglitten sind, Martin jedoch offenen Auges ins Verderben gesteuert ist. Immerhin verucht JJ nicht, seine Schuld abzuwälzen.


    Mein Bett ruft, daher kann ich nichts sinnvolles mehr schreiben. Vielleicht fällt mir morgen mehr ein, für heute war's das.


    :winken:
    Breña



    (Heißt die Krankheit in der deutschen Ausgabe auch so?)


    Ja, "Craniale Corno-Dingenskirchen".



    momentan bin ich wohl am schneckigsten hier - sorry. :redface: In den letzten Tagen hatte ich Computerumbau; das war ein ziemlicher Zeit- und Gelassenheitsfresser. Dafür hab ich jetzt aber das Gefühl, ich sitze an einem Porsche. :zwinker:


    Porsche klingt doch gut! :zwinker: Und schneckig ist ein Wort, das ich mir auf jeden Fall merken muss. :breitgrins:



    Im wirklichen Leben hätte ich wohl mit allen vieren so meine Probleme, aber hier ist die Mischung der 'Musketiere' und die Tatsache, dass es eine so völlig unwahrscheinliche Mischung ist, nicht nur sehr unterhaltsam, sondern auch irgendwie rührend.


    Das kann ich so unterschreiben.


    Es tut mir leid, dass ich nicht näher auf eure Beiträge eingehe, aber ich möchte mich nicht verplappern. Beim letzten Teil halte ich mich zurück, versprochen!

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Jess überrascht mich immer wieder durch ihre Überlegungen...


    Bei Jess bin ich mir ziemlich sicher, dass mir einige bedeutende Kleinigkeiten ihrer Erzählung entgehen. Sie verwendet viele umgangssprachliche Ausdrücke und Schimpfwörter, die mein Dictionary nicht kennt. Daher bin ich es leid geworden, ständig nach nicht vorhandenen Übersetzungen zu suchen, es stört ja obendrein auch den Lesefluss. Die Figur gibt auch so noch sehr viel her, eigentlich am meisten von den Vieren.



    Martin bleibt mir am gleichgültigsten, auch wenn er die Schuld bei anderen sucht, ist seine traurige Wahrheit schließlich, dass er es selbst verbockt hat.


    Richtig. Irgendwo hat er auch erzählt, dass er bei der Begegnung mit dem Vater der 15-Jährigen so pampig wurde, dass der Vater zur Polizei ging. Wäre er weniger ausfallend gewesen, wäre er vielleicht nochmal mit einem blauen Auge davongekommen. Außerdem ergeht er sich zu sehr im Selbstmitleid, das bringt ihm jetzt auch nichts mehr. Ich habe aber das Gefühl, dass gerade die Sorge um seine drei Leidensgenossen ihn ablenkt und auf neue Bahnen bringen könnte.


  • Bei Jess bin ich mir ziemlich sicher, dass mir einige bedeutende Kleinigkeiten ihrer Erzählung entgehen.


    Vom Gefühl her würde ich sagen, dass sich ihre Sprache in diesen ruhigen Momenten ebenfalls ändert, ich hoffe daher, dass Dir diese kleinen Perlen nicht vorenthalten werden!



    Ich habe aber das Gefühl, dass gerade die Sorge um seine drei Leidensgenossen ihn ablenkt und auf neue Bahnen bringen könnte.


    Bei mir ist's genau das Gegenteil: ich habe den Eindruck, dass er weiter im Selbstmitleid versinkt, weil er sich mit diesen "Verlierertypen" rumschlagen muss. Seine Pluspunkte hat er schon längst wieder verspielt, aber vielleicht kriegt er trotzdem noch die Kurve?

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich habe inzwischen auch den dritten Teil angefangen und festgestellt, dass ich mich in Martins Beweggründen geirrt habe. Am Anfang erschien er mir als ambitioniert, aber das hat sich mittlerweile gelegt. Man sollte sich zwar nicht anmaßen, über jemanden zu urteilen, der meint, seinen Problemen nur noch durch einen Selbstmord ein Ende zu setzen, aber Martin hat in meinen Augen nur selbstgemachte oder selbst verschuldete Probleme, und bisher ist ihm das noch nicht aufgegangen. Oder er weigert sich, das vor sich selbst einzugestehen.


    Jess hat sich in dem Urlaub der Gruppe wieder unmöglich benommen und wenig zu einer harmonischen Stimmung beigetragen. Auf irgendeine Weise kippt die Stimmung im Buch jedes Mal, wenn sie wieder loslegt. Solchen Leuten würde ich immer gerne mal den Kopf zurecht rücken, aber Jess ist sich dessen wohl gar nicht bewusst.


    Gleich am Anfang des dritten Teiles stoßen die Vier bei einem erneuten Besuch auf dem Hochhaus auf einen anderen Selbstmörder. Ich bin schon gespannt, welche Auswirkungen dieses Erlebnis auf sie hat.

  • Hallo ihr! :winken:


    Jetzt habe ich den zweiten Teil auch durch (was für ein schreckliches Ende; bei allem Leichten und Schnodderigen wohl auch eine Erinnerung, dass es hier um endgültige Dinge geht) und finde die Mischung der Charaktere, die uns hier geboten wird, weiterhin ziemlich interessant.


    Was Martin betrifft, kann ich euch nur zustimmen. In seinem Selbstmitleid und elitärem Gehabe wird er immer unerträglicher. Scheint wirklich ein hoffnungsloser Fall zu sein.


    JJ ist deutlich sympathischer, hat aber ähnliche Probleme, Selbstbild und Wirklichkeit übereinander zu bringen. Als unverstandenes Genie hat er ziemlich deutliche Werther-Züge, und ich vermute, dass Hornby hier auch wirklich bewusst Parallelen gezogen hat, vor allem dort, wo JJ von seiner "Krankheit zum Tode" redet.


    Maureen ist diejenige, die sich innerlich am meisten verändert, ihr bisheriges Leben am stärksten in Frage stellt. Bei aller Naivität ist sie wahrscheinlich diejenige, die am ehrlichsten auch sich selbst gegenüber ist.


    Jess' Familiensituation ist in der Tat komplexer, als man am Anfang der Geschichte annehmen konnte. Schrecklich dieser Vater voller Ideale, guter Absichten und schlechten Gewissens. Und kein Wunder, dass Jess diejenige ist, der die "Ersatzfamilie" am wichtigsten zu sein scheint. Ganz häufig ist sie es, die die Fäden in der Hand hält und es gerade dadurch, dass sie sich weniger um Konventionen schert als die anderen, schafft, die Verbindung zwischen ihnen zu halten.


    Im Zusammenhang mit Jess ist mir übrigens ein Abschnitt zu der anfangs angesprochenen Erzählsituation aufgefallen (S. 108 in der englischen Ausgabe):

    Zitat

    Oh, and one more thing - especially if you're reading this in the future, when everyone's forgotten about us and how things turned out for us: don't sit around hoping for her to pop up later on, to rescue me. She doesn't come back, OK? ... It's not that sort of story.

    Die Figuren selbst erzählen also nicht nur ihre Geschichte, sondern schreiben ihren eigenen Roman. - Ich hätte gerne etwas "Runderes" gehabt, aber gut - das Lesevergnügen stört es nicht nachhaltig. :zwinker:


    A propos Lesevergnügen: Sehr interessant fand ich die Überlegungen von Jess und JJ nach der gescheiterten Lesegruppe. Beide zeigen aus unterschiedlichen Perspektien, wie das Lesen auf Nichtleser wirken kann: beängstigend, weil es da eine ganze Welt gibt, an der sie keinen Anteil haben und von der sie sich ausgeschlossen fühlen.


    Liebe Grüße von der weiterhin hinterherhechelnden Leserin! :breitgrins:


  • Jess' Familiensituation ist in der Tat komplexer, als man am Anfang der Geschichte annehmen konnte. Schrecklich dieser Vater voller Ideale, guter Absichten und schlechten Gewissens.


    Da ja Jess die Geschichte erzählt, erfährt man nur wenig über die Empfindungen ihrer Familie zum Verlust der Schwester, deshalb dürfte darin der Knackpunkt zu finden sein. Vermutlich leidet sie zutiefst darunter, dass nicht sie, sondern ihre Schwester verschwunden ist, die das Lieblingskind der Eltern war. Jess ist ein völlig anderer Charakter (vielleicht hat sie sich auch erst nach dem Verschwinden dazu entwickelt) und wird ihren Eltern die Schwester nie ersetzen können. Wahrscheinlich wurde dieses Unglück nie richtig aufgearbeitet, nie wirklich darüber gesprochen, und nun versucht eben jeder, auf seine Art damit fertig zu werden. Wobei Jess mit ihrer sehr eigenwilligen Persönlichkeit ständig nur aneckt und gerade mit den guten Absichten des Vaters kollidiert. Tia könnte uns da sicher noch einiges Interessantes dazu erzählen.


    Der Vergleich zwischen JJ und Werther ist mir noch gar nicht aufgefallen, aber jetzt, wo du es sagst...


    Mit Martin wird es nicht besser im Verlauf des 3. Teils, wogegen Maureen anscheinend langsam aus dem Sumpf herauskommt.


  • Liebe Grüße von der weiterhin hinterherhechelnden Leserin! :breitgrins:


    Inzwischen dürftest Du mich überholt haben. Ich habe das Buch zwischenzeitlich nicht weitergelesen und habe jetzt wohl etwas aufzuholen. :zwinker:



    Als unverstandenes Genie hat er ziemlich deutliche Werther-Züge, und ich vermute, dass Hornby hier auch wirklich bewusst Parallelen gezogen hat, vor allem dort, wo JJ von seiner "Krankheit zum Tode" redet.


    Es wird wirklich Zeit, dass ich den Werther mal lese, statt immer nur verblüfft davon zu lesen, wo überall Anspielungen auftauchen. :rollen:



    Jess' Familiensituation ist in der Tat komplexer, als man am Anfang der Geschichte annehmen konnte.


    Ja, hier hat Hornby dem Leser geschickt eine Falle gestellt und mal wieder bewiesen, dass man nicht zu voreingenommen an jemanden herangehen sollte, auch wenn es nur eine literarische Figur ist. Ich fand es wirklich spannend, wie sich die Andeutungen schließlich immer konkreter, wie ein Puzzle, zu einem Gesamtbild gefügt haben.



    Vermutlich leidet sie zutiefst darunter, dass nicht sie, sondern ihre Schwester verschwunden ist, die das Lieblingskind der Eltern war. [...] Wahrscheinlich wurde dieses Unglück nie richtig aufgearbeitet, nie wirklich darüber gesprochen, und nun versucht eben jeder, auf seine Art damit fertig zu werden.


    Ich glaube nicht, dass sie darunter leidet, nicht selbst im Mittelpunkt des Unglücks zu stehen, sondern eher unter dem Nichtverarbeiten innerhalb der Familie und der fehlenden Aufmerksamkeit ihr gegenüber. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Eltern so mit ihrer eigenen Trauer und eventuellen Schuldzuweisungen beschäftigt sind, dass sie sich nicht ausreichend um ihre andere Tochter gekümmert haben - bis sie so widerspenstig und eigenwillig wurde wie sie jetzt eben ist.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich glaube nicht, dass sie darunter leidet, nicht selbst im Mittelpunkt des Unglücks zu stehen, sondern eher unter dem Nichtverarbeiten innerhalb der Familie und der fehlenden Aufmerksamkeit ihr gegenüber. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Eltern so mit ihrer eigenen Trauer und eventuellen Schuldzuweisungen beschäftigt sind, dass sie sich nicht ausreichend um ihre andere Tochter gekümmert haben - bis sie so widerspenstig und eigenwillig wurde wie sie jetzt eben ist.


    Ich meinte nicht, dass Jess lieber selbst verschwunden wäre, damit man sich um sie Sorgen macht, sondern dass sie darunter leidet, dass ihre viel versprechende und hoffnungsvolle Schwester verschwunden ist und sie selbst außerstande ist, diese Lücke zu schließen, um den Kummer ihrer Eltern zu erleichtern. Es ist nicht selten, dass Geschwisterkinder so reagieren. Natürlich leidet sie auch darunter, wenn ihre Eltern nur noch an ihre Schwester denken, und kann das nur durch Aggressivität zum Ausdruck bringen, worauf dann die Eltern mit Ablehnung reagieren, und so geht das hin und her und schaukelt sich immer weiter hoch. Das ist sicher ein wesentlicher Grund für ihre Entwicklung, auch wenn dafür gewisse Anlagen vorhanden sein müssen.

  • Ich bin heute fertig geworden. Über den Rest schreibe ich vorerst noch nicht, warte erst mal eure weiteren Kommentare ab.


  • Es wird wirklich Zeit, dass ich den Werther mal lese, statt immer nur verblüfft davon zu lesen, wo überall Anspielungen auftauchen. :rollen:


    Über das beste Werther-Alter bist du zwar hinaus :breitgrins:, aber trotzdem solltest du's irgendwann nachholen. :zwinker:


    Ich hab's jetzt auch zerbissen und fand bis zum Schluss, dass es sich angenehm unanstrengend und unterhaltend liest. Und um mal was ansatzweise Kritisches zu sagen: Auch inhaltlich ist es eher leichte Kost geblieben, finde ich. Da gibt es einige interessante Wendungen, mehrere Erkenntnisse und Wahrheiten, die im Laufe der Zeit so ausgesprochen werden, aber ganz, ganz wenig, woran ich mich in vier Wochen noch erinnern werde, und nichts, was einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen hat (so wie bei Hustvedt, die ich bis heute nicht wieder losgeworden bin).


    Maureen und ihre Situation entwickeln sich in diesem Teil gewaltig, was natürlich auch mit ihren bescheidenen Ansprüchen zusammenhängt, die für meinen Geschmack etwas zu oft etwas zu sehr betont werden. Ganz stark zum Beispiel ihr Gespräch mit Jess' Mutter, das ja tatsächlich einiges leichter zu machen scheint für Jess. Deren Idee der Zusammenkunft aller Beteiligten ist auch ganz schön schräg und ein witziger Einfall (nicht nur von Jess, auch von Hornby). Überhaupt finde ich, dass die Frauen die deutlich interessanteren Figuren sind, vielleicht allerdings auch ein bisschen zu klischeehaft extrem gezeichnet. Auch JJs Perspektivwechsel ist gewaltig, allerdings nicht sehr realistisch. Mit sowas kämpfen die meisten Leute vermutlich Jahrzehnte lang. :zwinker: Einzig Martin bleibt ein Idiot und Unsympath bis zum Ende, das ja eigentlich gar keins ist. Und irgendwie ist es ja auch schön, dass er trotz all seiner Verkorkstheit ganz selbstverständlich dazugehört.


    Auch die Schlussmetapher mit dem Millenium Wheel mag ich gerne und finde, dass sie wunderbar zum Roman passt: leicht verständlich, ein bisschen poetisch und resignativ-hoffnungsvoll.


    Übrigens war dieses (vielleicht zusamen mit 'About a Boy", aber da ist das Lesen schon ganz lange her) das Buch von Hornby, das mir bisher am besten gefallen hat. In den anderen (vor allem "Fever Pitch" und "High Fidelity") sind mir die männlichen Hauptfiguren, denen man sehr viel weniger gut entrinnen konnte als JJ und Martin, furchtbar auf den Wecker gefallen.


    Es hat Spaß gemacht mit euch zu lesen. :smile: Wenn du mich nicht angeschubst hättest, Breña, würde das Buch wahrscheinlich in zehn Jahren noch meinen SUB zieren. Hoffentlich klappts bald mal wieder! :winken: