Gatien de Courtilz de Sandras – Ich, d'Artagnan

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    Schon die Einordnung des Buches ist ein bißchen schwierig, was auch an seiner Entstehungsgeschichte liegt. Courtilz de Sandras war ein Zeitgenosse d'Artagnans und selbst Offizier bei den Musketieren. Etwas jünger als d'Artagnan könnte er diesen trotzdem persönlich gekannt haben, mit Sicherheit aber andere Leute, die den berühmten Musketier live erlebt haben. Die militärische Karriere Courtilz wurde durch eine recht erfolgreiche schriftstellerische abgelöst, am erfolgreichsten war er mit „Biographien“ (eher Romanen), von denen eine, und sozusagen die „folgenschwerste“, jene mit dem Titel Mémoires de M. d' Artagnan, capitaine-lieutenant de la première compagnie des mousquetaires du roi, contenant quantité de choses particulières et secrètes qui se sont passées sous le règne de Louis le Grand war. Da in seinen Schriften und Pamphleten das französische Königshaus und andere wichtige Leute als Ziel der Kritik erkennbar war, verbrachte Courtilz de Sandras viel Zeit in den Niederlanden, wo er anonym publizierte, aber auch zweimal für jeweils mehrere Jahre inhaftiert in der Bastille.


    Courtilz de Sandras hat behauptet, er habe nur Papiere d'Artagnans gesichtet, geordnet und etwas bearbeitet, was wohl nicht der Wahrheit entspricht, da in d'Artagnans Nachlaß keine Papiere aufgeführt wurden. Wahrscheinlicher ist, daß Courtilz de Sandras aus dem, was er von Freunden, Bekannten und anderen über den Musketier erfahren hat, und seinen eigenen Erfahrungen mit Phantasie diese „Biographie“ zusammengestellt hat. Dieses Buch erlebte mehrere Auflagen, und ein Exemplar fiel Alexandre Dumas in die Hände, dem es als Inspiration für seinen Roman Die drei Musketiere diente.


    Courtilz de Sandras' Original umfaßt mehrere Bände und soll vor Bandwurmsätzen und Dialogen in indirekter Rede strotzen. Außerdem wird man dort wohl ellenlang über höfische Intrigen und die Kriegszüge, an denen d'Artagnan teilgenommen hat, informiert. Für diese deutsche Ausgabe wurde daher eine Bearbeitung vorgenommen. Die Exkurse zu den Intrigen, Kriegen u. ä. wurden ersatzlos gestrichen, die Dialoge zu beträchtlichen Teilen wieder als solche formuliert und die Sätze auf lesbare Länge gestutzt, ohne völlig modern zu wirken, was sicher nicht nur der Tatsache geschuldet ist, daß diese bearbeitete Übersetzung ihrerseits auch schon aus dem Jahr 1919 stammt.


    Übrig geblieben ist dabei eine trotz ihres etwas altmodischen Duktus flüssig lesbare, streng chronologische Aneinanderreihung von Episoden, die sich um d'Artagnans Berufs- und mehr noch sein Liebesleben drehen. Ersteres ist von einer etwas mühseligen Karriere geprägt, da ihm die finanziellen Mittel fehlen, sich hochzukaufen, letzteres ist dafür umso reichhaltiger und Unterschiede zwischen adligen Mätressen und deren Dienstmädchen werden kaum gemacht. Insgesamt präsentiert sich d'Artagnan durchaus so, wie man das von diesem Musketier erwartet, vielleicht etwas weniger edel und etwas freizügiger als gewohnt. Wer die Freunde Athos, Porthos und Aramis sucht, findet diese hier zwar auch, aber bei weitem nicht so prominent wie in Dumas' Roman. Das Ganze entwickelt sich recht kurzweilig, und da Courtilz de Sandras selbst noch jener Zeit entstammte, kann man es sicher als Sittengemälde jener Zeit lesen, die historisch-politischen Details sollte man aber wohl eher kritisch hinterfragen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Was? Gab es d'Artagnan und seine 3 Musketierfreunde wirklich? Ich hatte sie immer für rein fiktionale Romanfiguren gehalten.
    Ich bin schockiert. Und an diesem Roman interessiert.


    Dabei fällt mir auf, dass Dumas' Musketiere noch im klassischen Sektor dümpeln. Muss ich gleich mal verschieben...

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()


  • Was? Gab es d'Artagnan und seine 3 Musketierfreunde wirklich? Ich hatte sie immer für rein fiktionale Romanfiguren gehalten.


    Ich auch bis vor kurzem :breitgrins: Womit wieder einmal bewiesen wäre, daß Lesen bildet ...

  • Ich auch bis vor kurzem :breitgrins: Womit wieder einmal bewiesen wäre, daß Lesen bildet ...


    Jetzt bin ich aber auch baff! Die drei Musketiere (bzw. die Verfilmungen :breitgrins: ) haben mich mehrfach durch meine Jugend begleitet und ich will deshalb auch schon lange das Buch von Dumas lesen, aber ich hätte auch nie erwartet, dass die Figuren real sind! Danke für diese interessante Info!

  • Genau da wollte ich hin, nachdem ich Aldawens Rezi gelesen habe....Danke! Und: Lesen bildet wirklich ;)


    lg, Frau 32