Dolf Verroen - Wie schön weiß ich bin

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    Inhalt
    Zu ihrem zwölften Geburtstag bekommt Marie von ihrem Vater einen jungen Sklaven geschenkt. Aber eigentlich hätte sie lieber endlich einen Busen wie ihre Cousinen. Mit dem Sklaven kann sie zunächst nichts anfangen. Im Gegenteil: durch sein schlechtes Benehmen stört er sie ihren Alltag. Deshalb muss sie oft die Peitsche gebrauchen, die ihr die Tante passend zum Geschenk des Vaters geschenkt hat. Dann ergibt sich eine Möglichkeit, den unbequemen Sklaven zu ersetzen.


    Meine Meinung
    Wie schön weiß ich bin hat gerade mal 68 Seiten. Deshalb fällt es ein bisschen schwer, über das Buch zu schreiben ohne zu viel vom Inhalt Preis zu geben. Der Leser könnte meinen, dass er in einem Tagebuch liest. Marie erzählt in kurzen Episoden aus ihrem Leben. Ihre Wort wirken unschuldig, aber ihren Augen entgeht nicht. Auch wenn sie die Zusammenhänge oft nicht erkennt, der Leser erkennt sie sehr wohl und macht sich seine Gedanken. Vielleicht sieht das ein jüngerer Leser anders, aber ich fand es sehr interessant was im Kopf von Marie vorging. Sie wirkt auf mich wie eine verwöhnte Prinzessin, deren einziges Problem ist, dass die neue Peitsche nicht in ihre neue Handtasche passt.
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Dolf Verroen - Wie schön weiß ich bin


    Meine Meinung:


    In 40 kurz gehaltenen Tagebucheinträgen berichtet die zwölf Jahre alte Erzählerin Marie von ihrem Leben auf einer Teeplantage auf der Sklaven die Arbeit verrichten. Zu ihrem Geburtstag bekommt Marie dann einen eigenen Sklaven Koko geschenkt, mit dem sie nach Gutdünken verfährt.


    Als Tochter eines Sklavenbesitzers hat sie das rassistische Weltbild ihrer Familie mit der Muttermilch aufgesogen, sie hinterfragt nichts, sie zeigt keinerlei Mitgefühl. Einerseits ist sie naiv wie ein Kind und versteht viele Zusammenhänge nicht, andererseits erschreckt ihre enorme Gefühlskälte den Sklaven gegenüber.


    Die vierzig Episoden sind kurz gehalten und umfassen jeweils nur ein bis zwei Seiten. Durch den wie ein Prosagedicht angeordneter Text und der großen Schrift ist das Buch sehr schnell durchgelesen. Der Inhalt beschäftigt einen jedoch über das Lesen hinaus.


    Ich denke das Buch ist für ältere Kinder und Jugendliche geeignet um sie an das Thema Sklaverei heranzuführen und begreifbar zu machen, was Sklavenhandel ist. Eine Aufarbeitung des Gelesenen durch die Eltern oder den Lehrer ist hierbei m.E. aber unerlässlich, da seitens des Autors keinerlei Wertung oder Kritik innerhalb des Textes stattfindet und so nur das einseitige, rassistische und sexistische Bild der weißen Kolonialherrschaft stehen bleibt.


    Auch für Erwachsene ist das Buch durchaus interessant, da es mal einen anderen Blickwinkel auf ein altes Thema bietet, das auch heutzutage nicht an Wichtigkeit verloren hat.


    Dennoch ist "Wie schön weiß ich bin" für mich kein Lesemuss, im Gegensatz zu anderen Büchern zu diesem Thema. Für ein Buch, das man in einer halben Stunde durchgelesen hat, ist der Neupreis von 12 Euro zudem ziemlich happig.


    3ratten

    Ich hieß hier mal caithlin.<br /><br />&quot;If I had a dollar for every time i felt more emotion for a fictional character than people in real life, I could pay for the psychiatric help I obviously need.&quot;

  • Als ich den Thread gesehen habe war mein erster Gedanke "wirklich, das habe ich gelesen?". Ich kann mich bei diesem Buch nur noch daran erinnern, dass ich das Buch wohl für die Weltreise gelesen habe. Mehr ist nach der langen Zeit leider nicht hängen geblieben :redface:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe das Buch jetzt aus Neugier nach dem ganzen Lob (Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher, Rezis) jetzt auch mal gelesen und war in mehrfacher Hinsicht enttäuscht.


    Zunächst mal die Sprache: Die Texte sind mir für Tagebucheinträge oder gar Gedanken einer Zwölfjährigen zu einfach geschrieben und zu knapp. Die Formulierungen würde ich eher einer Sechs- bis Achtjährigen zuschreiben.
    Wer mit 12 Tagebuch geführt oder Briefe geschrieben hat, die noch existieren, möge mal nachsehen - die Formulierungen dort dürften komplexer und persönlicher sein, wenn man nicht erst mit 12 angefangen hat, mal etwas Persönliches zu schreiben.


    Ich persönlich empfinde Marias Kälte und Gleichgültigkeit gegenüber verschiedenen Menschen - nicht nur den Sklaven - als etwas seltesam. Jedenfalls so seltesam, dass es auffielt. Selbst für jemanden, der nicht aufgeklärt ist.
    Einerseits weint ihre Mutter und wird von ihr getröstet, andererseits beschreibt sie diese Situationen auch sehr distanziert, nicht so, als hätte sie echtes Mitgefühl oder würde sich gar Gedanken über die Gründe machen.
    Einerseits fragt sie Koko nach seiner Herkunft, zeigt also Interesse an ihm als Person, andererseits reagiert sie an ihm ihre momentanen Stimmungen/ Launen ab.


    Jetzt würde man sagen, okay, Koko ist ja auch aus ihrer Sicht kein Mensch. Dem widerspricht aber mMn ihr Interesse an seiner Vergangenheit (als Kind habe ich mir keine Gedanken über die Eltern meiner als Jungtiere gekauften Haustiere gemacht.)


    Allg. wirkt Maria auf mich seltsam distanziert von ihrem eigenen Leben und auch von ihrer Mutter, sie hat also gar keinen emotionalen Halt.
    Marias "Empathie" wechselt ständig hin und her - mal hat sie Mitleid mit ihrer Mutter, dann versteht sie die Wut ihrer Mutter auf die Sklavin des Vaters nicht, mal kann sie genau erklären, warum der Aufseher in Gegenwart ihrer Mutter nervös ist, oder zieht ihren Vater von der jungen Frau auf dem Sklavenmarkt weg, dann wieder versteht sie zwar, dass die Sklavin "in Panik" in die Küche rennt, aber offenbar nicht, warum.


    Es entsteht auch der Eindruck, die gedankenlos schlechte Behandlung der Sklaven wäre allein aus der Langeweile der Skalvenhalter entstanden. Das war m.W. ja nicht zwingend so, im Gegenteil, viel wurde ja bewusst getan, um die Sklaven in ihrer Position zu halten. Nach dem Lesen des Buches könnte man auf den Gedanken kommen, nur Sklaven in Haushalten mit gelangweilten Tanten und Ehemännern hätten es schlecht gehabt.


    Am intensivsten habe ich allerdings über die Aussage im Nachwort nachgedacht, dass Schwarze nicht mit Weißen befreundet sein können, weil die Weißen ja von Sklavenhaltern abstammen (selbst, wenn dieser Satz bestimmten Menschen in einer bestimmten Situation zugeschrieben wird).
    Das würde bedeuten, dass deutsche "Nicht-Juden" auch nicht mit Juden befreundet sein können und Deutsche allg. nicht mit Menschen aus Ländern, die im Zweiten Weltkrieg gegen das Dritte Reich kämpften.


    Mir jedenfalls kommt diese Haltung befremdlich, für die heutige Zeit unpassend und intolerant vor - und ich weiß nicht, was sie in einem preisgekrönten Kinderbuch zu suchen hat.
    Mich hat der Satz an das Experiment von Jane Elliott vor. Die sagte auch, jeder, der abbrechen wollte, müsste sich bei den anwesenden schwarzen Schülern entschuldigen.
    Wie wirkt so ein Satz auf junge Leser?
    Haben sie das Gefühl, sich nun permanent bei den schwarzen Mitschülern "entschuldigen" zu müssen, vielleicht nicht "wirklich" mit ihnen befreundet sein zu können - wird da nicht ein Graben geschaffen, der vor dem Lesen des Buches nicht zwingend vorhanden oder bewusst war?
    Ist diese "Erbsünde" nicht überholt bzw. heutzutage sehr weit hergeholt?


    Bin ich als einzige über diesen Satz gestolpert?



    Fazit:
    Ich hätte dieses Buch Kindern nicht zum Alleinelesen gegeben, weil ich finde, dass sie mit sehr vielem allein gelassen werden, und nicht sicher sind, was sie verallgemeinern sollen und was nicht. Der Satz im Nachwort könnte mMn Auswirkungen auf dem Umgang mit schwarzen Gleichaltrigen oder vielleicht sogar noch weiteren Personengruppen (s.o) haben. Also Minderwertigkeit bei weißen Lesern auslösen, das Gefühl, sich für die Vergangenheit, an der sie nicht teilhatten, entschuldigen zu müssen.
    So ein Gefühl hemmt eine echte Toleranz, ein Miteinander und unbefangenen Umgang ungemein, dadurch wird vielleicht erst ein Vorurteil geschaffen, das vorher gar nicht vorhanden war.


    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.