Elisabeth Herrmann - Zeugin der Toten (Judith Kepler 1)

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  • "Zeugin der Toten" - Elisabeth Herrmann


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    Inhalt: Judith hatte keine leichte Kindheit. Aufgewachsen als Heimkind in der DDR, abgehauen, abhängig von Drogen gewesen, mehrere Entzüge hinter sich gebracht ... erst seit einigen Jahren bekommt sie ihr Leben halbwegs auf die Reihe. Da hilft ihr auch ihr Job - sie ist Putzfrau mit Spezialausbildung ... sie ist ein Cleaner. Sie bringt die Wohnungen von Toten wieder auf Vordermann, setzt sie in einen bewohnbaren Zustand zurück. Dabei reinigt sie auch ab und an Tatorte. Und bei einem dieser Tatorte fängt sie dann einen Brief mit ihrer Heimakte ab. Ihre Heimakte? Warum existiert diese noch wo man Judith doch sagte sie wäre geschreddert worden? Was wollte die Tote mit der Akte? Als Judith in der Wohnung der Toten auf einen technischen Mitarbeiter des Geheimdiensts trifft, der gerade dabei ist Kameras zu entfernen und diesen enttarnt beginnt sie nachzuforschen.


    Meine Meinung: Judith ist eine gute wenn auch keine einfache Buchpersönlichkeit. Misstrauisch, distanziert, impulsiv, klug - man könnte sicher noch mehr Worte wählen um Judith zu beschreiben. Sie präsentiert sich eher sperrig, der Leser hat es schwer einen Zugang zu ihr zu finden. Sympathisch war sie für mich weniger, sich mit ihr zu identifizieren ist eher schwer. Manchmal hatte ich Mitleid, manchmal schüttelte ich nur den Kopf. Dennoch waren Charakter und Verhalten vor dem Hintergrund ihrer Erlebnisse durchaus logisch.


    Es gibt noch mehr Personen, aus deren Perspektive Elisabeth Herrmann die Geschehnisse beschreibt. Manchmal sind das nur zwei Seiten, bei anderen Personen mehrere Kapitel. Ihnen allen versucht Elisabeth Herrmann dabei eine Vergangenheit und ein Gesicht zu geben indem sie einen mit Informationen über die jeweilige Person füttert. Bei Personen, die nur kurz auftauchen, fand ich diese Informationen etwas nervig. Ansonsten hat es mir gut gefallen, dass die Autorin die Perspektive wechselt. So bekommt man einen besseren Blick als Judith auf das Geschehen auch wenn man wie sie im Dunkeln tappt.


    Der Stil der Autorin ist eher sachlich, das passt jedoch zur Geschichte. Spannend ist das Buch auch - Geheimnisse, die nach und nach enthüllt werden, im Kopf des Lesers, der eine Ahnung bekommt oder im Buch selbst sorgen für eine unterschwellige und leise, aber ständig begleitende Spannung. Dabei ist "Zeugin der Toten" jedoch keineswegs ein Pageturner. Elisabeth Herrmann nimmt sich Zeit diese Geschichte aufzubauen. Das mag manchen langweilig erscheinen, ich bevorzuge in diesem Fall aber einen solchen Einstieg gegenüber dem Wurf ins kalte Wasser.


    Mein Fazit: Nein, dieses Buch reißt mich vielleicht nicht vom Hocker. Es lässt mich nicht "Wow!" rufen oder ähnliches. Aber es war spannend und hat mir einige Stunden gute Leseunterhaltung beschert. Deswegen gebe ich sehr gute 4ratten.

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    Inhaltsangabe:


    Judith Kepler arbeitet als Putzfrau für ein Reinigungsunternehmen, das manchmal ganz besondere Aufträge erhält: wenn es darum geht, einen Tatort zu reinigen. Judith Kepler kennt sich also aus mit dem Tod und seinen Hinterlassenschaften. Doch sie rechnete nie damit, dass sie an einem Tatort auch einmal einen Bezug auf ihre Person finden würde. Als dies geschieht, nimmt Judith die Spur in ihre Vergangenheit auf, denn da sind noch ein paar alte Rechnungen offen. Und unversehens findet sie sich zwischen den Rädern von Geheimdiensten, die heute zwar zusammenarbeiten, aber in manchen Fällen doch noch eigene Interessen verfolgen ...


    Die Geschichte spielt in der heutigen Zeit in Berlin, teilweise erfolgen Rückblenden in das Jahr 1984/85 auf Rügen.


    Der erste Satz:


    „Martha Jonas stand von ihrem geöffneten Kleiderschrank und presste die Bakelit-Hörer noch enger an die Ohren.“


    Meine Meinung zum Buch:
    Ein sagenhaft spannendes Buch! :tipp:


    Als ich von dem Buch das erste Mal hörte, war ich zuerst etwas überrascht und enttäuscht, dass es hier nicht mehr um das mir inzwischen liebgewonnene Ermittlerpärchen Joachim Vernau/Marie-Luise Hoffmann geht, sondern um eine neue Hauptperson. Doch Judith Kepler ist eine genau so interessante Person, wenn auch auf eine andere Art: Judith Kepler hat in ihrer Vergangenheit sehr viel mitmachen müssen, was sie der Welt gegenüber misstrauisch gemacht hat. Sie ist kratzbürstig, undiplomatisch, ungeduldig und hat ihren eigenen Kopf. Ein toller Charakter für eine rasante und spannende Geschichte.


    Ich kann inhaltlich bzw. über die anderen Personen gar nicht so viel schreiben, ohne zuviel über den Inhalt der Geschichte zu verraten. Als Leser bekommt man die Informationen immer nur häppchenweise – aber nie so viel, dass man sich einen Reim auf die Sache machen könnte. Die Autorin wirft für Judith eine Frage nach der anderen auf, und beim Lesen wird man genauso ungeduldig, wie die Hauptperson selbst. Die Rückblenden auf die Ereignisse der Vergangenheit erhöhen die Spannung, denn immer denkt man als Leser, man weiß mehr als die Hauptperson, doch beim nächsten Ereignis stellt man fest: man wusste gar nichts. Das ist von der Autorin toll gemacht und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.


    Das kann nur die Höchstnote geben: 5ratten


    Viele Grüße von Annabas :winken:

  • Schon wieder so ein spannendes Buch - Annabas du bist schuld wenn mein SuB wieder mal erhöht wird. Ist schon notiert... :breitgrins:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane


  • Schon wieder so ein spannendes Buch - Annabas du bist schuld wenn mein SuB wieder mal erhöht wird. Ist schon notiert... :breitgrins:


    :unschuldig:

  • Judith Kepler war ein Heimkind mit verkorkster Kindheit und Jugend, doch schließlich hat sie sich gefangen und führt ein ruhiges Leben als Putzfrau. Dabei ist sie die Spezialistin ihres Arbeitgebers, wenn es um besonders unzumutbare Aufträge geht – das Reinigen von Orten, an denen ein Mensch gestorben ist. Als sie eines Tages die Wohnung einer ermordeten Frau reinigt, findet sie Hinweise, die zu ihrer eigenen Vergangenheit führen und auch ein Geheimdienst scheint sich für die tote Frau zu interessieren. Der einzige Mensch, der ihr einfällt, der etwas zur Aufklärung beitragen könnte ist Quirin, Exgeheimdienstler, der nach einem missglückten Einsatz als Verschwörungstheoretiker gilt und einige Bücher über die Szene geschrieben hat.


    Elisabeth Herrmann beweist mit „Zeugin der Toten“, dass es gute deutsche Geheimdienstthriller gibt – etwas, was ich bis dahin eher bezweifelt habe. Ihre Heldin Judith ist weder besonders hübsch, noch besonders freundlich – im Gegenteil, sie wirkt so manches Mal reichlich burschikos, aber sie besticht durch ihre starke Persönlichkeit. Sie hat ihre Schwächen, aber sie weiß um sie und bekämpft sie: sie lässt sich nicht unterkriegen und das macht sie in gewisser Weise schon sympathisch – allerdings nur als Buchfigur, im wahren Leben wäre man wohl eher froh, wenn man nichts mit ihr zu tun hat. Die männliche Hauptfigur, Quirin, passt zu ihr. Auch er hat eher schlechte Zeiten erlebt, er hat mit seinem Beruf auch seinen Lebensinhalt verloren und nicht ernst genommen zu werden, nagt an seinem Selbstwertgefühl, aber auch er lässt nicht locker.


    Diese Starrköpfigkeit benötigen die beiden auch, um aufzudecken, was damals zwischen Stasi und westlichen Geheimdiensten geschah und wer wofür die Verantwortung trug und vor allem auch, wer heute noch versucht, die Geschehnisse von damals zu vertuschen – und aus welchem Grund. „Zeugin der Toten“ ist nicht ganz simpel aufgebaut, es gibt durchaus ein paar Nebenstränge, so dass das Buch für einen Action-Fan zu langsam sein dürfte. Mir hingegen hat die sorgfältige Konstruktion der Geschichte gut gefallen.


    4ratten

  • Lügen auf Rügen


    Gleich vorweg: ich bin ein großer Fan von Elisabeth Herrmanns Krimis und habe sie alle verschlungen. Ihnen gemein sind die intelligenten Einblicke in und Verweise auf verschiedene Stationen historischer Art sowie auf die Gesellschaft und soziale Phänomene in unserem Land. Im Mittelpunkt sind stets Figuren mit Macken - Menschen, denen es - vor allem psychisch, gelegentlich auch finanziell - an etwas mangelt und die definitiv nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, die dies jedoch häufig nicht oder nur teilweise selbst verschuldet haben. Sie müssen im Alltag - oft gegen gesellschaftliche Einflüsse - ihren Mann - oder wie im Fall der Cleanerin Judith - ihre Frau stehen und geraten auch noch in den Strudel krimineller Machenschaften, deren Ursache bei Hermann oft in der Vergangenheit liegt. Wer wie ich dieser Art von Lektüre etwas abgewinnen kann, ist bei dieser Autorin gut bedient und wird das Buch nicht aus der Hand legen könne.


    Der neue Herrmann startet wie soviele andere: mit einem Knaller aus der jüngsten deutschen Geschichte, der sich mithilfe vieler Schnörkeleien und Verwinklungen bis in die Gegenwart verdichtet. Hier wird der Faden in der DDR der 1980er Jahre aufgenommen: Christel kommt ins Heim in Sassnitz/ Rügen und heisst ab jetzt Judith. Die Betreuerin wird bestochen, um ab sofort dicht zu halten. Der Leser hingegen ist irritiert. Wer ist Christel und warum heisst sie ab jetzt Judith? Wer ist die erwachsene Judith, der wir im 21. Jh in ihrem Job als Cleanerin in Berlin begegnen? Das Buch entwickelt sich zur Suche Judiths nach ihrer Identität, diese wiederum gestaltet sich zu einer Verbrecherjagd unter Einbindung aktueller und ehemaliger Agenten.


    Herrmanns gefälliger, durchaus anspruchsvoller Schreibstil unterstreicht noch die Entwicklungen, die den Leser neben dem Dreh- und Angelpunkt des Geschehens - oder sollte man sagen, des Bösen? - Sassnitz auf Rügen auch nach Berlin, München und ins schwedische Malmö führen und ihm einen Einblick in die Welt der Geheimdienste nicht ersparen.


    Ein Geheimnis rankt sich um Elisabeth Herrmanns neuestes Romansujet. Eingebettet in eine ereignisreiche Epoche der deutschen Geschichte, ist es wie so oft bei dieser Autorin lehrreich und unglaublich unterhaltsam zugleich. Die Mosaiksteine aus Vergangenheit und Gegenwart fügen sich auf geschickte und unerwartete Weise zusammen, das Ende ist zwar absehbar, aber doch anders als erwartet.


    Geht nicht?


    Doch! Selber lesen - man wird sich wundern!
    5ratten

  • Meine Meinung:
    Ich lese Elisabeth Herrmanns Romane sehr gerne, weil sie für meinen Geschmack einfach gut konstruierte Kriminalromane schreibt, die nebenbei auch Tiefgang besitzen.
    "Zeugin der Toten" hat mich tatsächlich interessiert, weil Judith, eine der Hauptfiguren als Tatortreinigerin arbeitet. Mich hat einfach neugierig gemacht, wie die Autorin diese Ausgangssituation in die Handlung einbaut.


    Judiths Geschichte ist dann auch sehr interessant und traurig zugleich. Als Kind seiner eigenen Identität beraubt zu werden um fortan nicht mehr Christel sondern Judith zu heißen, diesen Aspekt hat Elisabeth Herrmann spannend und glaubwürdig herausgearbeitet. Zu Mal Heimkinder in der DDR oftmals genauso ein Schicksal hatten, wie es im Roman nach und nach ans Licht kommt. Man versteht gut, wie Judith zu dem Wurde, was sie ist. Manchmal hätte ich mir mehr Informationen zu ihrem Leben als Kind gewünscht. Etwa über Rückblenden in ihrem Leben im Heim. Andererseits konnte der Fokus so auf die momentanen Ereignisse gelegt werden. Es gibt kaum Rückblenden, dafür wirkt die Geschichte sehr dynamisch und treibt die Handlung schnell voran.


    Was mir tatsächlich nicht ganz so gut gefallen hat, ist die Einbindung verschiedenster Geheimdienste, von ehemaligen Stasibeamten bishin zum amerikanischen Geheimdienst. Das liegt aber vor allem an meinem ganz persönlichen Geschmack und nicht an der Erzählkunst der Autorin.
    Außerdem fand ich auch, das die Auflösung und das Ende des Romans hi und da etwas übertrieben konstruiert war. Da bin ich zugebener Maßen manchmal etwas sehr kritisch. ;) Alledings gefällt es mir gut, das Herrmann kritische Fragen aufwirft, etwa die Frage nach den Verbrechen in der DDR, dessen Ausmaß auch durch die Zerrstörung der Stasieakten, nicht immer durchschaubar ist. Manchmal vergisst man, das die BRD in ihrer heutigen Form momentan noch nicht mal 30 Jahre alt ist.


    Am Ende war ich aber nicht mit allen Entwicklungen der Geschichte zufrieden und daher gebe ich:
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • illy

    Hat den Titel des Themas von „Elisabeth Herrmann - Zeugin der Toten“ zu „Elisabeth Herrmann - Zeugin der Toten (Judith Kepler 1)“ geändert.
  • Meine Meinung

    Ich habe tatsächlich den ersten Teil der Reihe zum Schluss gelesen. Auch wenn ich aus den anderen Teilen schon von Judiths Vergangenheit wusste, fand ich es doch bedrückend zu lesen, wie ihr altes Leben einfach ausgelöscht wurde. Wie sehr sie das geprägt hat, wird gerade in diesem Teil klar. Später wird oft nur noch angedeutet. Was ich besonders rührend finde ist, dass Judith oft Dinge aus den Wohnungen die sie säubert, "rettet". Ob sie damit die Lücke aus der Vergangenheit schließen kann?


    Der Fall selbst war kompliziert. Jedes Mal, wenn Judith eine Spur findet, stößt sie nur die Tür zu einem neuen Geheimnis auf. Manchmal finde ich ihre Art, zu ermitteln, ein bisschen zu professionell, aber ohne diese Professionalität hätte sie es nie geschafft, das Geheimnis ihrer Vergangenheit zu lösen. Ein gelungener Auftakt für die Reihe, auch wenn das Buch für mich der Schlusspunkt war.

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Für mich ist die Bezeichnung "Kriminalroman" für Elisabeths Herrmanns "Zeugin der Toten" irreführend, da es sich nicht um einen klassischen Krimi, sondern um einen Agententhriller handelt. Das ist eigentlich nicht unbedingt mein Lesestoff, weil dabei oft die Gefahr besteht, dass die Konstruktion der Handlung und auch die eingesetzten Figuren für mich einfach etwas "drüber" sind - zu unrealistisch und unglaubwürdig. Das ist zum Glück bei diesem Roman mit Ausnahme des Endes nicht der Fall, deshalb habe ich auch noch leichten Anfangsschwierigkeiten gespannt weiter gelesen.


    Judith Kepler ist eine interessante Protagonistin, gerade weil sie aufgrund ihres Schicksals die eigenen Stärken und Schwächen sehr gut kennt und eine Kompromisslosigkeit entwickelt hat, ohne die sie die Nachforschungen nach ihrer eigenen Geschichte sicher nicht gut überstanden hätte. Gleichzeitig hat die Figur Entwicklungspotential genug, um auf die beiden Folgebände gespannt zu sein.


    4ratten