[Nautik] Richard Woodman - An Eye of the Fleet (Nathaniel Drinkwater 1)

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 2.447 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Morwen.

  • deutsch: Die Augen der Flotte. Nat Drinkwaters Feuertaufe auf der Fregatte Cyclops


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt
    1779 während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges: der junge Nathaniel Drinkwater beginnt seinen Dienst als Kadett (midshipman) auf der Fregatte Cyclops. Schnell lernt er die rauhe Wirklichkeit auf einem britischen Kriegsschiff kennen und muß sich in mehreren Seegefechten und einer militärischen Aktion an der amerikanischen Küste beweisen. Dabei wird schnell deutlich, daß er das Zeug zum Helden hat, mehrmals schafft er es, Schiff und Mannschaft aus einer gefährlichen Lage zu retten. Auch privat ist das Glück ihm hold - er lernt eine gleichermaßen hübsche wie tugendhafte Pfarrerstochter kennen und lieben, die in späteren Folgen sicher noch eine Rolle spielen wird.


    Den Gegenpol zu dieser recht gradlinigen Heldengeschichte bildet die Darstellung des Lebens und Leidens unter Deck. Je beliebter der smarte Drinkwater bei seinen Vorgesetzten wird, desto unbeliebter ist er bei dem älteren midschipman Morris, der sich zu seinem Intimfeind entwickelt. Hier greift der Autor tief in die schmuddelige Bilge unter Deck und schildert schonungslos Terror und Vergewaltigung unter den Seeleuten..


    Meine Meinung
    Ich bin etwas zwiespältig in meiner Bewertung: kein Zweifel. das Buch ist ordentlich erzählt, Nautik und Zeitkolorit stimmen und wer ein action-geladenes Seemannsgarn sucht, wird hier gut bedient. Ich werde sicher die Folgebände nach und nach lesen, auch weil die Bücher so angenehm kurz sind taugen sie gut als "Zwischenmahlzeit".
    Andererseits muß sich jede nautische Serie den Vergleich mit O'Brians Aubrey & Maturin Büchern gefallen lassen und im direkten Vergleich wirken die Personen doch etwas holzschnittartig und der Aufstieg Drinkwaters vom absoluten greenhorn zum gefeierten Seehelden geht doch arg zügig und gradlinig vonstatten. Hierin erinnert das Buch eher an Jugendbuchklassiker a'la Ballantyne, Collingwood oder Kingston, in denen die jugendlichen Helden von einem Abenteuer in's andere stolpern, aber immer unbeschadet daraus hervorgehen.
    Auch die Aktion an der amerikanischen Küste, bei der die Revolution mit Hilfe von Falschgeld diskreditiert werden soll, scheint mir ein wenig unglaubwürdig. Welcher Kapitän steuert seine Fregatte in eine unbekannte Flußmündung und schlägt mal eben die Masten zur Hälfte ab, nur um einen Agenten zu treffen und einen Koffer Falschgeld zu übergeben? Da hätte man auch ein Kommando an Land schicken können, während die Fregatte an der Küste patroulliert, aber dann hätte die Story nicht ihren geplanten Verlauf nehmen können.


    Fazit
    Ordentliches Seemannsgarn das aber nicht an den Altmeister O'Brian heranreicht. Die Folgebände sollen aber nach einigen Amazon-Rezensionen besser sein, daher werde ich sicher gelegentlich zu Nathaniel Drinkwater zurückkehren.


    knapp 3ratten


    Morwen


    Betreff etwas angepaßt und deutschen Titel im Beitrag ergänzt. LG Aldawen

    "What we remember is all the home we need."

    Roberet Holdstock, Avilion


    Mein SuB: Link<br />Mein Goodreads-Account

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Zwar habe ich schon viel Gutes, um nicht zu sagen: Begeistertes, von O'Brian und der Aubrey/Maturin-Serie gehört, aber selbst noch keinen Band gelesen, obwohl sie auf Deutsch und Englisch im Regal stehen. Trotzdem bezweifle ich schon angesichts der Biographien von O'Brian und Woodman, daß ein Vergleich sinnvoll ist. Im Gegensatz zu O'Brian war Woodman selbst Seeoffizier und er hat auch marinehistorische Fachbücher veröffentlicht. Dieser Ansatz macht sich m. E. auch in der Drinkwater-Reihe bemerkbar, von der ich bislang die ersten beiden Bände gelesen habe. O'Brian dagegen scheint mir, wenn man das so nennen will, die „kompletteren“ Stories zu erzählen, also mit mehr Geschichte rund um den eigentlichen Marine- und Seekriegsanteil herum. Beides ist legitim, dürfte aber den direkten Vergleich erschweren. Ich würde, nach dem, was ich bisher von Nat Drinkwater weiß, diesen eher in einer Reihe mit Horatio Hornblower und Richard Delancey sehen.


  • Trotzdem bezweifle ich schon angesichts der Biographien von O'Brian und Woodman, daß ein Vergleich sinnvoll ist. Im Gegensatz zu O'Brian war Woodman selbst Seeoffizier und er hat auch marinehistorische Fachbücher veröffentlicht. Dieser Ansatz macht sich m. E. auch in der Drinkwater-Reihe bemerkbar


    Och, vergleichen kann man alles, sogar Äpfel mit Birnen (ich mag Äpfel lieber) :breitgrins: Und ich denke schon, daß man zwei marinehistorische Romanserien, die beide in der gleichen Epoche auf britischen Kriegsschiffen spielen, vergleichen kann. O'Brians Bücher gelten auch als sehr genau recherchiert, und ob die Tatsache, daß Woodman auf einem Cargo-Liner gefahren ist, etwas über seine Romane aussagt, darf bezweifelt werden.


    Mir ging es auch eher um die Qualitäten des Romans als solchem, und da ist O'Brian m.M.n. der "reifere" Autor. Seine Figuren sind viel realistischer, vielschichtiger gezeichnet und auch für den Plot nimmt sich O'Brian mehr Zeit, um ihn sehr plastisch zu entwickeln, während Woodman (zumindest im ersten Buch, das ich gerade gelesen habe), ziemlich zügig von Action-Höhepunkt zu Action-Höhepunkt steuert. Man verstehe mich nicht falsch: alles das macht aus Woodmans Buch keine schlechtes Buch, ich habe es gerne gelesen, ich finde es halt nur etwas "schlichter gestrickt". Und ich halte Woodman sehr zugute, daß er das Thema "sexual harassment" so offen und direkt in seine Story einbaut. Aber auch hier fand ich, daß Nathaniel doch etwas zu glatt und unbeschadet durch diesen Terror hindurchkommt: eines Tages beschließt er, daß er Morris' Tun nicht länger ertragen kann, läßt sich zwei Knüppel schnitzen und besiegt den älteren Kollegen ratz-fatz im Stockkampf. Hm ja, wie gesagt, mir geht das a bisserl zu glatt.



    Ich würde, nach dem, was ich bisher von Nat Drinkwater weiß, diesen eher in einer Reihe mit Horatio Hornblower und Richard Delancey sehen.


    Die Hornblower-Bücher habe ich vor ein halber Ewigkeit als Jugendliche gelesen (mein Vater hatte ein paar davon) und ich kann mich an keine Details mehr erinnern - sollte ich vielleicht mal wieder lesen, dann aber sicher im Original, gut möglich, daß wir nur eine gekürzte Ausgabe hatten.


    Liebe Grüße


    Morwen

    "What we remember is all the home we need."

    Roberet Holdstock, Avilion


    Mein SuB: Link<br />Mein Goodreads-Account


  • Zwar habe ich schon viel Gutes, um nicht zu sagen: Begeistertes, von O'Brian und der Aubrey/Maturin-Serie gehört, aber selbst noch keinen Band gelesen, obwohl sie auf Deutsch und Englisch im Regal stehen.


    Echt jetzt? (Ich hätte meinen Allerwertesten verwettet, dass Du die alle kennst :elch: )

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Mir ging es auch eher um die Qualitäten des Romans als solchem, und da ist O'Brian m.M.n. der "reifere" Autor. Seine Figuren sind viel realistischer, vielschichtiger gezeichnet und auch für den Plot nimmt sich O'Brian mehr Zeit, um ihn sehr plastisch zu entwickeln, während Woodman (zumindest im ersten Buch, das ich gerade gelesen habe), ziemlich zügig von Action-Höhepunkt zu Action-Höhepunkt steuert. Man verstehe mich nicht falsch: alles das macht aus Woodmans Buch keine schlechtes Buch, ich habe es gerne gelesen, ich finde es halt nur etwas "schlichter gestrickt".


    Ich habe schon vielfach gehört, daß der erste Drinkwater-Band nicht als der beste empfunden wird. Vor allem denke ich aber, daß Woodman und O'Brian für mindestens leicht unterschiedliche Zielgruppen geschrieben haben und deshalb auch die Konstruktion ihrer Bücher in sich wie auch der Reihen insgesamt eine andere ist, vom weit geringen Umfang der Drinkwater-Bände im Vergleich zu den Aubrey/Maturin-Bänden mal ganz abgesehen. Das macht nicht den einen per se besser oder schlechter als den anderen, und natürlich darf man Vorlieben haben (ich habe derzeit mangels genauerer Kenntnis weder eine Präferenz für Drinkwater noch für Aubrey/Maturin :breitgrins: ), aber wie ein Vergleich unter diesen Bedingungen nun trägt ...



    und ob die Tatsache, daß Woodman auf einem Cargo-Liner gefahren ist, etwas über seine Romane aussagt, darf bezweifelt werden.


    Zumindest hat er auch Erfahrung mit rahgetakelten Schiffen. Ob und inwieweit das etwas über seine Romane aussagt, kann man natürlich diskutieren, aber sein deutscher Übersetzer, seinerseits selbst Kapitän a. D., hat diesbezüglich nichts an ihm auszusetzen :zwinker:


  • Mir ging es auch eher um die Qualitäten des Romans als solchem, und da ist O'Brian m.M.n. der "reifere" Autor. Seine Figuren sind viel realistischer, vielschichtiger gezeichnet und auch für den Plot nimmt sich O'Brian mehr Zeit, um ihn sehr plastisch zu entwickeln, während Woodman (zumindest im ersten Buch, das ich gerade gelesen habe), ziemlich zügig von Action-Höhepunkt zu Action-Höhepunkt steuert.


    Ich glaube, der Vergleich "hinkt" insofern ein wenig, weil es für mich eigentlich zwei unterschiedliche Genres sind. Woodman, von dem ich, wie ich gerade nachlesen konnte, interessanterweise Band 1 und 10 gelesen habe (was nicht dafür spricht, dass er mich sonderlich beeeindruckt hat) schreibt klassische marinehistorische Romane, während O'Brian eher "normale" historische Romane geschrieben hat, die halt im Marinemilieu spielen. Aber deshalb ist O'Brian auch sehr viel tiefergehend. Das macht ihn gleichzeitig auch weniger flutschfreudig, aber es hängt halt immer ab von den eigenen Präferenzen. Bei den typischen marinehistorischen Romanen, bei denen ich den alten Klassiker Forester und den modernen Klassiker O'Brian (wenn wir ihn eben doch in den Topf tun wollen) außen vor halte, hat sich bei mir Gefallen oder Nichtgefallen hauptsächlich an den Helden und/oder einer gewissen Andersartigkeit entschieden. Drinkwater konnte mich persönlich da leider nicht genug beeindrucken, um ihn weiter zu verfolgen.

  • OK, so langsam fällt bei mir der Groschen :gruebel:. Ich glaube, da können wir uns drauf einigen, daß Woodman und O'Brian ein anderes Zielpublikum haben. Woodman schreibt recht testosteron-haltig, voll in der Tradition des klassischen Abenteuerromans ("da ist der Mann noch ein Mann"), wo die Helden heldenhaft und die Schurken schurkenhaft sind. O'Brian schreibt dagegen schon fast Gesellschaftsromane - ich bin gerade in Bd 7 ("Verfolgung im Nebel") dabei, mich durch einen Ball zu ackern, bei dem es über Seiten darum geht, welche Dame wie gekleidet ist und wieviel Karat im Ausschnitt trägt. Mir gefällt's, das macht das Gesamtbild umso runder, aber der typische Woodman oder Forester-Leser wird vermutlich genervt vorblättern. Trotzdem bleibe ich dabei, daß auch die nautischen Teile bei O'Brian erstklassig sind.


    Habe mir übrigens gestern bei Booklooker weitere 7 Bände Woodman bestellt, für 0.99€ je Buch - just couldn't resist :breitgrins:. Der Anbieter hat auch noch einige Bände Pope, O'Brian und Kent im Angebot - alles englische Tbs aus den 80ern.


    Schönes Wochenende


    Morwen

    "What we remember is all the home we need."

    Roberet Holdstock, Avilion


    Mein SuB: Link<br />Mein Goodreads-Account