Marlies Ferber - Null-Null-Siebzig Operation Eaglehurst

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    Man ist so alt wie man sich fühlt.


    James wäre nach dieser Redensart in der Blüte seines Lebens, dabei ist er schon siebzig Jahre alt und denkt aber keineswegs daran, sein Dasein als trostloser Rentner zu fristen. Als Ex-Geheimagent wartet nämlich schon der nächste und gleichzeitig sehr persönliche Fall auf ihn.
    Sein bester Freund William Morat hat sich nach dem Tod seiner Frau in eine Seniorenresidenz in Hastings, Südengland zurückgezogen und starb nur kurze Zeit später völlig überraschend an einem angeblichen Herzstillstand. Eine Postkarte mit einem Limerick und der dringenden Bitte um Rückruf lässt bei James aber die Alarmglocken klingeln. War sein Freund in Schwierigkeiten?
    Ohne zu zögern mietet er sich ein Zimmer in dem schönen Altersheim „Eaglehurst“ und stolpert beinahe über die nächste Leiche. Was hat das alles zu bedeuten?


    „Who is the cat,
    who is the mouse,
    beware of the trap
    and try to find out.“


    Bei literarischen Reisen in das schöne London packt mich immer das Fernweh und ich würde am liebsten sofort zum Ort des Geschehens fliegen, weil die Uhren dort im wahrsten Sinne anders ticken und bei einer schönen Tasse Tee die heimtückischsten Morde stattfinden.
    Bei diesem Buch ist es ein ganz besonderer Ausflug, denn ein Pflegeheim ist eigentlich kein Schauplatz für einen humorvollen Krimi, doch die Umsetzung dieser Idee ist einfach nur amüsant und überzeugt mich von der ersten bis zur letzten Seite. Mit britischem Humor werden wir durch die teilweise gefährlichen Ermittlungen geleitet und die Verbindung zu der unvergleichlichen Miss Marple endet nicht mit dem Namensvetter und Polizisten „Ruthersford“, sondern fängt da erst an und führt wie ein roter Faden an gelungener und spannender Täter-Suche durch die Lektüre.


    Im Epilog wird deutlich, wie sehr der Autorin ihre Charaktere ans Herz gewachsen sind und genau darum macht das Lesen so viel Spaß, weil es nicht einfach Personen sind, die schnell zu Papier gebracht wurden, sondern wie alte Freunde auf den Leser wirken und mit ihrer herrlich skurrilen Art bezaubern.
    Ältere Menschen werden ja sehr gerne als meckernde Rentner oder unzufriedene Greise verspottet, doch Marlies Ferber schafft Protagonisten, die so fit in Kopf und Körper sind und dazu noch viel Humor beweisen, dass ich in manchen Situation als 22-Jährige gerne mit ihnen Zeit verbracht hätte. Wie kleine Kinder freuen sie sich auf ihren monatlichen „Eaglehurst-Ball“ und schmuggeln von außerhalb massenweise Alkohol in ihre Zimmer, zudem hat James von seiner reizenden Assistentin einen futuristischen Rollator bekommen, der beweist, dass auch mit siebzig Jahren der Spaß an schnellen und außergewöhnlichen Fahrmobilien bei Männern nicht stirbt. ;)


    Auf 272 Seiten habe ich so viele tolle Charaktere kennen gelernt und über noch mehr witzige Szenen gelacht, sodass ich mich gar nicht entscheiden könnte, wer mein absoluter Liebling ist – doch selbst eigentlich unscheinbare Personen, wie ein eifriger Taxi-Fahrer habe ich in mein Herz geschlossen, deshalb freue ich mich riesig auf eine Fortsetzung, die voraussichtlich im Winterprogramm 2012 des dtv-Verlags erscheinen wird.


    Ich habe nur einen einzigen James Bond Film gesehen und das hat mir gereicht um seitdem einen großen Bogen um Pierce Brosnan & Co. zu machen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass Marlies Ferber uns Frauen ein echt sympathisches „Bond-Girl“, welches nicht nur gut aussieht, sondern die Fahne von starken Damen hochhält, und zusätzlich noch einen Bond-Opi geschenkt hat, der viel cooler, liebenswürdiger und tougher ist, als jeder amerikanische Mitvierziger. :)


    Thank you for such a wonderful time.

  • Ich kann mich Gurke hier nur anschließen, das Buch hat mich in den Lesestunden, die ich damit hatte (und das waren leider viel zu wenige) absolut begeistert. Die Geschichte war witzig und locker geschrieben, die Personen waren charmant und liebevoll beschrieben. Ein rundum gelungenes Buch!


    Von mir gibt es dafür 5ratten von 5 :)

    Liebe Grüße von Babsi

  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


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    Marlies Ferber: Null-Null-Siebzig: Operation Eaglehurst – Kriminalroman, München 2012, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-21345-5, Softcover, 270 Seiten, Format: 12 x 19 x 2,2 cm, EUR 9,95 (D), EUR 13,30.


    „Warum trompetest du hier herum, was ich früher gemacht habe?“, fragte James, nachdem sie die Tür seines Apartments hinter sich geschlossen hatten. (…) „Dank deiner überflüssigen Plauderei mit Mrs Simmons ist meine Tarnung jetzt dahin.“
    Rupert lachte amüsiert auf. „Tarnung? Als was denn? James, du bist nicht mehr beim SIS. Du bist jetzt ein harmloser Rentner, genau wie alle anderen hier.“
    (Seite 46)


    Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt ist der ehemalige britische Geheimagent James Gerald, 70, ins Seniorenheim Eaglehurst im südenglischen Hastings gezogen. Weniger, weil er alleinstehend und pflegebedürftig ist, mehr, weil sein alter Freund und Kollege Willam Morat vor kurzem hier verstorben ist. James hatte eine merkwürdige Nachricht von ihm erhalten, doch bevor er darauf reagieren konnte, war William tot.


    Hier stimmt etwas nicht! Davon ist der Ex-Agent des Secret Intelligence Service überzeugt. Ausgestattet mit allerhand technischem Schnickschnack – so sprüht z.B. sein Rollator auf Knopfdruck Reizgas – und mit Unterstützung seiner ehemaligen Sekretärin Sheila Humphrey, die ihn regelmäßig besucht, ermittelt er zwischen Bingo-Nachmittagen und Gehhilfen, Limerick-Abenden und Tanztees.


    Es dauert nicht lange, bis sich ein zweiter mysteriöser Todesfall ereignet: Der von Demenz gezeichnete ehemalige Chemieprofessor Thomas Maddison bricht bei Tisch tot zusammen. Hat er tatsächlich im Zustand geistiger Verwirrung eine Überdosis seines Herzmedikaments genommen –oder wurde diese ihm vorsätzlich verabreicht?



    Schade nur, dass Polizist Rupert Ruthersford so gar keine Hilfe ist! James kennt ihn noch aus seiner aktiven Zeit und hat keine hohe Meinung von ihm: „Dieser Kerl war in der Zwischenzeit noch dümmer geworden.“ (Seite 45) Also bleibt die ganze Ermittlungsarbeit an ihm und Sheila hängen. Oder gibt es überhaupt keinen Fall und sie bilden sich die Zusammenhänge nur ein? Hat William sich vielleicht das Leben genommen und Maddisons Tod war ein Unfall? Aber warum hätte dann jemand die Warnung gedichtet? Und weshalb wurde die blutjunge Praktikantin Katie niedergeschlagen, als sie für James etwas aus seinem Zimmer holen sollte? Nein, das kann alles kein Zufall sein, hier ist etwas faul!


    James entwickelt die verschiedensten Theorien und fühlt einem Verdächtigen nach dem anderen auf den Zahn. Jetzt gerät der Drahtzieher in Panik – und die zwei Rentenagenten in tödliche Gefahr!


    James Bond ist im Ruhestand und gerät in einen Miss-Marple-Häkelkrimi. Dem spleenigen Haufen Verdächtiger, wie man ihn aus einschlägigen englischen Kriminalromanen kennt, rückt er mit seinen Geheimdienstmethoden und allerlei technischem Firlefanz auf den Leib. (Die Szene im Fast-Food-Restaurant ist der Brüller!) Und natürlich ist der regulär ermittelnde Polizeibeamte ein Trottel, wie er im Buche steht. (Warum soll’s James und Sheila diesbezüglich besser gehen als Miss Marple und Hercule Poirot?)


    Eine witzige Idee – und amüsant umgesetzt. Die Geschichte schlägt Haken, und immer, wenn Leser und Ermittler meinen, jetzt des Rätsels Lösung gefunden zu haben, ist doch wieder alles ganz anders.


    Wie die Personen und Ereignisse tatsächlich zusammenhängen, kann man als Leser nicht erraten. Aber das ist bei Agatha-Christie-Krimis ja auch so. Am Schluss enthüllt jemand ungeahnte Vorgeschichten und Verbindungen, und der Leser kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. So auch hier. Diese Art der „englischen“ Krimis ist eben so gestrickt – oder gehäkelt: Du wirst als Leser nie schlauer sein als die Ermittler. Aber egal. Das eigentlich Unterhaltsame sind sowieso die Ermittlungen selbst: wie James und Sheila sich im Mikrokosmos der schrulligen Alten bewegen und versuchen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen.


    Charakterköpfe hat’s da schon ein paar: Da ist die überengagierte Mrs White, die die Heimbewohner als ihre Familie betrachtet und sie mit liebevoller Herablassung fast wie kleine Kinder behandelt. Vor den Problemen ihrer Tochter verschließt sie lieber die Augen. Sehr interessant sind die Schwestern Hideous. Beide haben ein Faible für Limericks und lieben das Meer. Doch da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Während Edith eine intelligente und misstrauische olle Giftspritze ist, wirkt Eleonora seltsam weltfremd und naiv. Julius Peabody, der ein Auge auf Eleonora geworfen hat, trinkt gern einen und redet zu viel. Und er freut sich, wenn Passanten auf der Straße zufällig im Takt der Musik gehen, die er in seinem Zimmer hört.


    So ganz ohne Macken sind James und Sheila freilich auch nicht. In dieser Hinsicht fügen sie sich prima in Eaglehurst ein. James ist ein Eigenbrötler, der nie verheiratet war. Er ist nach eigenem Bekunden „nicht sehr gesellig“ und schon die Art, wie ein Mensch lacht oder isst, kann ihn rasend machen. Ein Tierfreund ist er auch nicht. „Aber mit Menschen geht’s“, bemerkte Sheila. James lächelte charmant. „Ich mag Menschen. Auch wenn ich mir nicht unbedingt einen anschaffen würde.“ (Seite 201)


    Sheila, die seit den 60-er Jahren niemals der Minirock-Mode abgeschworen hat, ganz egal, was gerade im Trend war, ist meist eine Spur zu schnell beleidigt. Und sie schafft es immer, dass Leute genau das tun, was sie will. Nur James erweist sich in dieser Hinsicht als harter Brocken.


    OPERATION EAGLEHURST ist der erste Fall der beiden Rentenagenten. Weitere Abenteuer sind in Arbeit bzw. in Planung. Gut! Dieses eigenwillige Senioren-Team kann mit Sicherheit noch ganz andere Sonderlings-Biotope aufmischen als nur dieses Seniorenheim.


    Die Autorin
    Marlies Ferber wurde im Jahr von 'Man lebt nur zweimal' geboren, nicht weit entfernt vom Geburtsort von Ian Flemings James Bond, der bekanntermaßen in Wattenscheid das Licht der Welt erblickte. Marlies Ferber erhielt als Buchlektorin die Lizenz zum Töten von Schusterjungen und Hurenkindern. Die freie Autorin und Übersetzerin lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern im Ruhrgebiet.

  • 0070 - Mit der Lizenz, zu altern


    Autor:


    Marlies Ferber, geboren 1966, ist freie Autorin und Übersetzerin. Von Jugend an hatte sie ein Faible für alles Englische, vor allem für den britischen Kriminalroman. Nach Abschluss ihres Sinologiestudiums arbeitete sie als Buchredakteurin, bevor sie sich selbstständig machte. Immer wieder zieht es sie nach Großbritannien, auf ausgedehnte Reisen von der Südküste bis nach Schottland. Marlies Ferber lebt mit ihrer Familie in Hagen.
    (Info im Buch)



    Inhalt:


    Ex-Agent James Gerald (70) zieht vorübergehend in das Seniorenheim Eaglehurst in Hastings, um den Tod seines Freundes und Kollegen William Morat aufzuklären. Kurz nach James' Ankunft kommen zwei weitere Heimbewohner zu Tode. Bald kommt er mit Hilfe seiner früheren Kollegin Sheila Humphrey einem dunklen Geheimnis auf die Spur.
    (Verlagsinfo)



    Meine persönliche Meinung:


    James Gerald ist ehemaliger Geheimdienst Agent und erholt sich gerade von einer längeren Krankheit. Er ist geistig Topfit, körperlich ist er aber noch sehr geschwächt, so dass er zwar selbständig gehen, aber noch auf einen Rollator angewiesen ist. Er erhält von seinem Freund William ein rätselhaftes Schreiben: Ein Limerick mit der Bitte, ihn anzurufen. Doch James´ Anruf kommt zu spät. William stirbt und James Gerold kann das nur schwer akzeptieren und beschließt in der Altersresidenz „Eaglehurst“ in Hastings, wo William zuletzt gelebt hat, seine eigenen Ermittlungen anzustellen. Da er gesundheitlich noch Erholung und Pflege benötigt, kommt ihm das gerade recht und er mietet in „Eaglehurst“ ein Zimmer. Bei seiner Ankunft in der noblen Seniorenresidenz mit ihren, teilweise doch recht schrulligen Bewohnern, setzt der Krimi ein. Die fürsorgliche Leiterin, Mrs. White, legt sehr großen Wert auf intensive persönliche Betreuung und möchte nicht, dass sich ihre „Leutchen“ mit Hilfe von Rollatoren selbständig bewegen können. Doch James geht das zu weit. Seine ehemalige Sekretärin beim Geheimdienst, Sheila Humphrey, bringt ihm seinen Rollator vorbei, den sie noch mit ein paar Extras wie ein Navigationsgerät, sowie Tränengassprays ausgestattet hat. Sie fährt nicht gleich wieder nach London zurück, sondern verbringt eine spannende Zeit mit James in Hastings, wo sie mit ihm Ermittlungen zu seltsamen Todesfällen in Eaglehurst anstellt.


    Der Krimi ist nach dem klassischen Whodunit- Modell aufgebaut. Eine in sich abgeschlossene relativ kurze Handlung ohne viele Nebenschauplätze, die Anwesenden sind die Verdächtigen und ermittelt wird vor allem mit Intelligenz und Witz. James als 0070-Agent, Sheila, eine emanzipierte Miss Moneypenny, mit einer Prise „Q“ an technischem Erfindungsgeist und charmante „elderly ladies and gentlemen“, die einen etwas an „Fawlty Tours“ erinnern, garantieren für humorvolles Lesevergnügen.


    Sprachlich lässt sich der Krimi sehr flüssig lesen. Die Ausdrucksweise ist abwechslungsreich und kommt locker-flockig daher. Für mich ist das genau die richtige Mischung aus anschaulichen Beschreibungen, Handlung und Dialogen.


    Die Aufklärung des Kriminalfalles ist spannend und bringt einige unerwartete Wendungen, auch wenn für mich das eine lose Ende nicht wirklich so zusammengefunden hat, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich fand es ganz interessant und inspirierend, in diesem besonderen Umfeld zu rätseln. Auch wenn die Idee nun nicht ganz neu ist, so habe ich es doch sehr erfrischend empfunden.


    Mir hat dieser Krimi insgesamt ganz gut gefallen, ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt und dazu das eine oder andere feine Tässchen Tee geschlürft.


    Von mir bekommt dieses Debüt 4ratten

  • Leider kann ich nicht ganz in die begeisterten Stimmen mit einstimmen.
    Momentan ist mir nach Cosy-Krimis. Da ich die Glady Gold-Reihe mit den alternden Detektivinnen durchaus mag, warum also nicht mal ein alternden Spion, der in einem Altenheim einen vermeintlichen Mord aufklären möchte ausprobieren?


    Auch wenn ich durchaus Spaß mit diesem Buch hatte, so bin ich doch etwas enttäuscht. Ganz zufrieden lässt mich dieser Roman nicht zurück und so schnell wird der nächste Band auch sicher nicht auf meiner Wunschliste landen.


    Die Grundidee ist witzig und originell.
    Ein alternder Geheimagent, dem Assistentin, die eine Mischung aus Miss Moneypenny, Bond-Girl und Q ist, zur Seite steht ermittelt also in einem Senioren-Luxusheim.
    Leider ist der Protagonist James nicht sympathisch genug um den ganzen Roman zu tragen. Zwar ist es durchaus erfrischend einen Charakter vor sich zu haben, der alles andere als glatt gebügelt ist und mit dem Rollator durch die Gegend stapft, aber das griesgrämige Verhalten war mir dann doch des Öfteren zu viel.
    Zum Glück reißt es seine Begleiterin Sheila dann aber wieder heraus. Die Dynamik zwischen beiden ist spritzig und sorgt immer wieder für Highlights.
    Leider ziehen sich die Ermittlungen aber dann zwischendurch etwas zäh dahin. Auf den Mörder kann man als Leser eigentlich kaum kommen, aber so bietet der Roman am Ende tatsächlich noch einmal eine überraschende Wendung.


    Fazit: Nett, muss man aber nicht gelesen haben.


    3ratten