Daniel Tammet - Elf ist freundlich und Fünf ist laut

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    Kurzbeschreibung:
    Eine einzigartige Innenansicht des Autismus und zugleich ein faszinierender Einblick in die Kraft des menschlichen Geistes


    Daniel Tammet ist ein Genie: Er rechnet schneller als jeder Computer dieser Welt und spricht zehn Sprachen. Zahlen nimmt er als Formen, Farben und Charaktere wahr. Für Hirnforscher ist er ein besonderer Fall: Seine erstaunlichen mentalen Fähigkeiten sind auf das Savant-Syndrom und eine gemäßigte Form des Autismus zurückzuführen. In seiner Autobiografie gibt der 29-Jährige Einblick in seine Wahrnehmung der äußeren Welt, seine Suche nach innerer Ruhe und die kurzen Momente des Glücks.


    Meinung:
    Die Gesellschaft wäre nicht das, was sie ist, wenn alle gleich wären


    Eine Frage die sich nun zu Anfang der Buchbesprechung stellt, ist wer Gleichheit und die in dieser Welt so oft angestrebte Maßeinheit der Normalität bestimmt. Daniel Tammet, ein Mann mit einer Störung des autistischen Spektrums ist zu aller erst ein Mensch.
    Dank der politischen und ethischen Richtlinien ist es seit kurzer Zeit in Deutschland verpönt, Individuen mit geistigen Besonderheiten entsprechend dieser zu bezeichnen.
    Als angehende Psychologin beschäftigte ich mich sehr lange mit dem Unterschied von psychischer Krankheit und psychischer Störung, denn vor nicht langer Zeit waren Betroffene einfach psychisch krank. Ihre Besonderheit galt als Mangel, als Krankheit die verschmäht wurde.
    Doch, zum Vorteil der gesellschaftlichen Strukturen und des menschenwürdigen Umgang heißt es nun nicht mehr: der Depressive oder der Autist, sondern politisch und vor allem auch psychologisch/psychiatrisch korrekt: ein Mensch der die Kriterien einer Depression/ einer Störung des autistischen Spektrums erfüllt.
    Es mag sein, das es einigen Lesern von Ihnen egal ist oder das Ihnen der Unterschied zwischen den Bezeichnung nicht auffällt, aber dennoch ist dieser, vor allem für Betroffenen oder behandelnden Fachleuten essentiell. Es wird das in den Vordergrund gerückt, was seit jeher das wichtigste sein sollte: Individualität und Menschlichkeit.


    Daniel Tammet ist ein Junge wie jeder andere auch. Er hat ganz spezifische Vorlieben, Eigenschaften und Interessen. In manchen Dingen ist er beinahe zu beneiden.
    Mit diesem Buch spricht er für alle Menschen, die ein ähnliches Schicksal teilen wie er!
    Autismus ist eine Störung der Informationsverarbeitung, die sich wie bei Daniel, bereits sehr früh im Kindesalter zeigen kann. Hierbei unterscheidet man bereits verschiedenste Formen Zum einen der frühklindliche Autismus mit Beginn vor dem 3. Lebensjahr und beispielsweise dem Asperger-Syndrom wobei Symptome erst im weiteren Entwicklungsverlauf auftreten.
    Einige gehen mit einer erhöhten kognitiven Leistungsfähigkeit einher, andere zeichnen sich durch starke sprachliche und auch allgemeine Behinderungen aus.


    Daniel leidet unter einem High-Funktion-Autismus mit ausgeprägten Savantfähigkeiten/Inselfähgikeiten. Übersetzt bedeutet dies, das seine Intelligenz den Durchschnitt übersteigt und er in ganz bestimmten, für ihn charakteristischen Bereichen die Höhe der menschlichen Fähigkeiten bei Weitem überschreitet. Doch lange bleibt diese Hochbegabung unentdeckt, weil sich Daniel durch seine fehlenden sozialen Fähigkeiten und Interaktionswünsche schon früh isoliert. Er hat Mühe einer Unterhaltung zu folgen, antwortet nur einsilbig und versteht den Zweck von alltäglichen, freundschaftlichen Gesprächen kaum.
    Wendet sich beispielsweise der Lehrer mit einer Aufforderung statt einer Frage an ihn, wie „Beschreibe mir das Bild!“ fühlt er sich nicht angesprochen und versteht nicht, das er nun etwas tun soll. Dies ist typisch für einen verschobenen Stand des autistischen Spektrums.
    Ebenso besitzt Daniel eine ausgeprägte Synästhesie, dies bedeutet das sich in seiner Wahrnehmung die unterschiedlichen Sinneseindrücke vermischen. Zahlen erlebt er als bunter Gebilde die Landschaften formen und erreicht dadurch eine übermenschliche Leistungsfähigkeit bei allem was mit Zahlen und Daten zu tun hat.


    Diese kindlichen Entwicklungsschritte und Gedanken zu erinnern und dem Leser nahezubringen, gelingt Daniel erstaunlich gut. Das Buch ist durchgängig sehr ruhig und einfühlsam geschrieben. Es drückt die Gefühle und das Unverständnis dieser Zeit auf eine ganz besondere Art und Weise aus.
    Es gelingt ihm, sein Unwissen sehr authentisch wiederzugeben. Sicherlich merkte Daniel früh, das die Kinder im Kindergarten oder in der Schule sich anders verhielten und ihn auch hänselten, dennoch berührte es ihn lange Zeit nicht. Er verstand es einfach nicht, wieso es im kindlichen Gedränge oder beim Fangen spielen, schöner sein sollte als in seinem Zimmer, bei seinen Büchern oder bei seinen Rundgängen durch die Wohnung.
    Schnell war es ihm zu laut. Unvorhergesehen Dinge brachten ihn aus seinem Gleichgewicht.
    Er liebt Zahlen, fremde logisch aufgebaute Sprachen, Ordnung und detailreiche Pläne.
    Irgendwann stellte er sich jedoch die Frage, die sich ein jeder Heranwachsende irgendwann stellt: Was will ich nun machen, mit mir?


    Doch diese Frage beantwortete er für sich alleine! Allein, wie die gesamten Jahre seines bisherigen Lebens. Hierbei meine ich „allein“ keineswegs kritisierend oder traurig. Es ist eine nicht leicht zu akzeptierende Tatsache die mit einer solchen Störung einhergeht. Vor allem zu dieser Zeit in der Daniel aufwuchs, war eine Störung des autistischen Spektrums noch nicht als eigenständiges Störungsbild anerkannt, und hätte man es frühzeitig gewusst, hätte doch keiner das sehen können was Daniel sah.
    Ich bin beinahe so stolz auf ihn, als hätte ich ihn gekannt. Ohne individuelle Förderung und Therapie ist es ihm gelungen, einen Lebensweg einzuschlagen, den auch heute nicht jeder für sich wählen würde.


    Ich bewundere Daniel Tammet, für sein Geschick und Feingefühl uns diese ganz besondere Welt, aus Zahlenlandschaften, ruhigen Räumen und alleiniger innerer Balance näher gebracht zu haben.
    Er beweist damit nicht nur ein ausgereiftes Verständnis für seine Welt sondern auch für die Unterschiede und Charakteristika unserer Umgebung. Er versetzt sich in eindrucksvoller Weise zurück in seine Kindheit, schreibt an vielen Stellen kindlich-naiv über seine kognitiven Denkfehler, ergänzt diese jedoch mit weiteren Erfahrungen und seinem Wissensschatz den nur Betroffene entwickeln können.


    :tipp:

    Ich bin, was du träumst.<br />Ich wache immer über dich.<br />Ich bin, was deine Hand lenkt.<br />(gez. Seele)