William Shakespeare - Othello

Es gibt 30 Antworten in diesem Thema, welches 25.126 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Ich habe den vierten Akt beendet und Othello wird so richtig rasend. Die arme Desdemona. Jago dieser Schuft, entkräftet aber auch alles positive, was Othello trotz allem immer wieder über Desdemona sagt. Hier sieht man, wie er sie und warum er sie liebt. All ihre guten Eigenschaften und trotzdem lässt er es zu, dass man sie verleumdet und glaubt stattdessen diesem windigen Jago, der ja auch mit Rodrigo sein übles Spiel treibt.
    Es wird immer spannender und es ist faszinierend zu sehen, wie aus dem liebenden Mann, ein Mann voller Hass und Zorn wird.



    Das bezieht sich darauf, dass Iago vermutet, dass Othello etwas mit Emilia hatte. Deshalb will er aus Rache Desdemona.


    Das ist interessant und anscheinend habe ich da etwas überlesen. Wo stand das oder vermutet man dies nur aus dem Satz Weib um Weib?
    Wie auch immer, sind Deine Beiträge immer ein Gewinn für die Leserunde, denn ohne Dich, würde uns mit Sicherheit so manches entgehen. :smile:


    So nun lese ich den letzten Akt, quasi den Showdown. Oh, mir graust es schon.


    Viele Grüße Tina

  • Das ist interessant und anscheinend habe ich da etwas überlesen. Wo stand das oder vermutet man dies nur aus dem Satz Weib um Weib?


    Nein, Iago erwähnt die Vermutung des öfteren mal:


    For that I suspect the lusty Moor
    Hath leapt into my seat, the thought whereof
    Doth, like a poisonous mineral, gnaw my inwards;
    (2.1)


    Man sieht aber auch, dass das wieder nur eine merkwürdige Ausrede zu sein scheint, weil er Cassio (nur wenige Zeilen später) desselben bezichtigt:


    For I fear Cassio with my nightcap, too (2.1)




    Wie auch immer, sind Deine Beiträge immer ein Gewinn für die Leserunde, denn ohne Dich, würde uns mit Sicherheit so manches entgehen. :smile:


    Danke. :smile:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Du meine Güte, jetzt hab ich den Starttermin verpasst :ohnmacht: Hatte Mitte Oktober im Gedächtnis. Na da kann ich ja jetzt noch was aufholen...

    :lesen: Sabine Weigand - Die Tore des Himmels

  • So, ich bin jetzt auch durch. Meine Güte, so ein von der Seitenzahl her kurzes Werk und so vieles ist passiert. Nun muss ich mir das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen lassen, aber eines kann ich schon einmal sagen :



    Wie auch immer, sind Deine Beiträge immer ein Gewinn für die Leserunde, denn ohne Dich, würde uns mit Sicherheit so manches entgehen. :smile:


    Das stimmt :daumen:

    Das sind keine Stirnfalten. Das ist ein Sixpack vom Denken.

  • Ich habe es beendet. Ein Stück, welches mich bis zur letzten Seite gefesselt hat. Am Schluss sind sie fast alle hin und das ganze wegen einer widerlichen Verleumdung, welcher blind vertraut wurde. Eine Lüge hat eine ganze Kaskade von Unheil nach sich gezogen und das alles nur wegen einer Pissnelke mit gekränktem Stolz. :grmpf:


    Ein schönes Stück. Mehr kann ich jetzt zum Schluss gar nicht sagen, aber ich denke nach diesem Akt bedarf es auch gar keines Kommentars mehr.


    Viele Grüße Tina

  • Das Stück ist wirklich gut, es ist nicht zu Unrecht eines der bekanntesten Dramen Shakespeares. Mich wundert nur ein bisschen der Name, denn für eine Titelfigur blieb Othello zu blass. Im Mittelpunkt stand für mich Jago, auch wenn Othello im letzten Akt noch Boden gut gemacht hat.


    Am besten gefiel mir im letzten Akt Emilia. Obwohl sie bis auf die Geschichte mit dem Taschentuch gar nicht in die Sache verwickelt war, blieb sie die Einzige, die immer völlig selbstlos handelte. Am Ende stellte sie sogar ihre eheliche Zuneigung zu Jago hintenan und bewies ihre Loyalität für Desdemona. Überhaupt waren die Frauen in diesem Stück stark, die Männer dagegen schwach, leider in beiden Fällen mit negativem Ausgang. Neid und Eifersucht machen genauso blind wie Liebe. Abgesehen von Jago handelten alle zu sehr aus dem Bauch heraus, aber wie man bei Jago sieht, hilft auch genaues Planen nicht immer.


    Ein Stück, an dem es nichts zu mäkeln gibt. Ich würde es gerne einmal auf der Bühne sehen.


  • Das Stück ist wirklich gut, es ist nicht zu Unrecht eines der bekanntesten Dramen Shakespeares. Mich wundert nur ein bisschen der Name, denn für eine Titelfigur blieb Othello zu blass. Im Mittelpunkt stand für mich Jago, auch wenn Othello im letzten Akt noch Boden gut gemacht hat.


    Hmm... Darüber hab ich mir noch nie so wirklich Gedanken gemacht, aber du hast recht. Ich nehme an, dass das einfach mit den Theatergegebenheiten. In jeder großen Tragödie der Renaissance gibt es eigentlich einen Helden mit einem sogenannten "tragic flaw". Das ist die Eigenschaft, die zu guter letzt zu seinem Fall führt: Hamlet = Handlungsunfähigkeit, Macbeth und Richard III als typische "Overreacher" die mehr wollen als ihnen zusteht, der Kaufmann von Venedig mit seiner Rachsucht, King Lear und sein Zorn... und eben Othello und die Eifersucht. Und nach diesen ist üblicherweise das Stück benannt. Außerdem erlaubt "Othello" natürlich den reißerischen Untertitel "the Moor of Venice".


    Das was mich an Iago immer am meisten fasziniert hat, ist übrigens, dass er der einzige Fiesling im Gesamtwerk Shakespeares ist, der ungeschoren davonkommt. Alle anderen sterben auf der Bühne, aber Iagos Schicksal bleibt zu einem gewissen Grade ungewiss. Viele interpretieren das - zusammen mit Iagos vielen Ausreden aber des Fehlen eines triftigen Grundes - so, dass Iago einfach der personifizierte Böse ist, eine Representation des Teufels quasi bzw. die Gestalt, die einfach nur Ängste und Gefühle hervorruft, die aber eigentlich schon in uns vorhanden sind. Iago ist also weniger ein Charakter als viel mehr der Katalysator, der in Othello die schon vorhandene Eifersucht entflammt.
    Ich persönlich mag aber auch den Gedanken, dass Shakespeare Iago als Bösewicht vielleicht so sehr mochte, dass er es nicht über sich gebracht hat, ihn auf der Bühne hinzurichten. :breitgrins: :breitgrins:


    Interessant ist auch Othellos letzte Rede, in der deutlich wird, wie sehr er die rassistische Sicht von anderen auf sich selbst projiziert. Er spricht darin von Indians, Arabian trees, malignant and turbaned Turks, circumciséd dogs... alles Bilder von sozialen Außenseitern und fremden Völkern. Man erkannt dabei sehr gut, wie Othello sich selbst zum Außenseiter macht, was ja auch seine Eifersucht mit schürt, da er sich stets als "schlechter" als Cassio ansieht.


    Othello ist ein Stück, das ich auch sehr gerne mag, da es durch den einen durchgängigen Plot recht leicht zu verfolgen ist und man sich noch heute sehr gut mit den Charakteren identifizieren kann. Eifersucht ist einfach ein sehr universelles Gefühl. Außerdem mag ich es auch wegen Emilia, die wohl mitunter Shakespeares feministischste und progressivste Frauenfigur ist.


    An Verfilmungen würde ich unbedingt die mit Orson Welles empfehlen, die damals für einigen Aufruhr gesorgt hat, weil ein Welles als weißer sich einfach schwarz schminkte, um die Rolle zu übernehmen und der Ton seiner Haut daher stark variiert. Dass der Film Schwarz/Weiß ist unterstützt für mich noch einmal die Symbolik des Stücks:


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    Für noch mehr Aufruhr sorgte Janet Suzmans Inszenierung von Othello. Ursprünglich für das Theater inszeniert, kann man ihre Version auch als DVD kaufen. Berüchtigt ist sie dafür, dass Suzman mit ihrem Othello zu Zeiten der Apartheit durch Südafrika tourte. Ihr Othello ist weniger "romantisch" als der von Orson Welles und deutet bewusster auf die Rassenproblematik und Sexualität des Stücks.


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    Ein Stück, an dem es nichts zu mäkeln gibt. Ich würde es gerne einmal auf der Bühne sehen.


    Solltest du unbedingt, wenn du mal die Möglichkeit erhältst. Othello wirkt wunderbar auf der Bühne. Ich hab eine DVD von einer Vorführung im Globe Theatre hier liegen. Wenn dich nicht stört, dass sie nur auf Englisch ist, kann ich sie dir gerne mal leihweise schicken. :winken:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • Solltest du unbedingt, wenn du mal die Möglichkeit erhältst. Othello wirkt wunderbar auf der Bühne. Ich hab eine DVD von einer Vorführung im Globe Theatre hier liegen. Wenn dich nicht stört, dass sie nur auf Englisch ist, kann ich sie dir gerne mal leihweise schicken. :winken:


    Auf das Angebot würde ich gerne eingehen, auch wenn ich glaube, dass ich nicht viel verstehe. Aber wenn es im Globe aufgeführt wurde, kann ich nicht widerstehen. Ich schicke dir meine Adress per PN.


    Auf den Rest deines Beitrages gehe ich morgen noch kurz genauer ein.

  • Ein ganz tolles Stück, mir hat es auch richtig gut gefallen. Emilia taucht zwar relativ zum Schluss auf, hat aber eine starke Rolle, eine loyale Frau, die sich nicht rückhaltlos hinter ihren Mann stellt, wie es ja vielleicht für Frauen in gewissen Epochen üblich war. Sie tritt für Desdemona ein mit den anschließenden Konsequenzen.


    Mrs.Dalloway
    Danke auch für deine Verfilmungstipps, die Suzman-Verfilmung werde ich mir bei der amazon-onleihe besorgen und ansehen.

    Das sind keine Stirnfalten. Das ist ein Sixpack vom Denken.


  • Das was mich an Iago immer am meisten fasziniert hat, ist übrigens, dass er der einzige Fiesling im Gesamtwerk Shakespeares ist, der ungeschoren davonkommt. Alle anderen sterben auf der Bühne, aber Iagos Schicksal bleibt zu einem gewissen Grade ungewiss.


    Das stimmt. Bei Cassio wäre ich mir gar nicht so sicher, dass er Jago tatsächlich hinrichten lässt. Lodovico legt ihm nahe, das Urteil zu fällen und "die Zeit, den Ort, die Marter" selbst zu bestimmen. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass Jago sterben muss. Cassio erschien mir immer als ein sehr redlicher Mensch, der nicht auf Rache aus ist, nachdem er sich Gedanken über die Situation gemacht hat. So bleibt dem Zuschauer/Leser die Möglichkeit, sich selbst ein das passende Ende für den Bösewicht vorzustellen. Zu Shakespeares Zeiten war es zum Glück noch nicht so, dass solche Schlussszenen der Auftakt zu einem zweiten Teil waren, in dem der Böse zurückkehrt.



    Interessant ist auch Othellos letzte Rede, in der deutlich wird, wie sehr er die rassistische Sicht von anderen auf sich selbst projiziert.


    Das kommt auch in den anderen Akten immer wieder einmal durch und ist verständlich, wenn man überlegt, dass er als Farbiger unter Weißen sein Leben lang solchen Anfeindungen ausgesetzt war. Unmöglich, dass das spurlos an ihm vorübergeht. Eifersucht ist auch ein Zeichen von mangelndem Selbstbewusstsein, daran sieht man schon, dass er emotional nicht gerade stabil ist.


  • Ein Stück, an dem es nichts zu mäkeln gibt. Ich würde es gerne einmal auf der Bühne sehen.


    Lang ist's her, dass wir das Stück gelesen haben. Jetzt konnte ich es endlich im Theater sehen. Leider war Jago teilweise nicht gut zu verstehen, und wie üblich hatte ich anfangs Probleme mit der leicht modern angehauchten Inszenierung, aber davon abgesehen war es toll. Meine Favoriten waren auch hier Emilia und Jago, der ein Intrigant ist, wie er im Buch steht. Emilia rückt ja erst zum Ende des Stückes in den Mittelpunkt, aber dann läuft sie zur Höchstleistung auf.


    Wirklich sehenswert! Natürlich sind nicht alle Inszenierungen überall gleich, aber wer die Möglichkeit hat, sollte sich diese Tragödie ansehen.