Keigo Higashino - Verdächtige Geliebte

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 1.717 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von MacOss.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Klappentext


    Ishigami, der Mathelehrer, gegen Dr. Yukawa, den Physiker: Die beiden haben seit Langem eine Rechnung miteinander offen. Nun kämpfen sie gegeneinander: Ishigami, um die Wahrheit zu vertuschen, und Yukawa, um sie aufzudecken. Gelingt es ihm, der geliebten Mörderin und deren Tochter ein Alibi zu verschaffen, oder werden sie am Ende allesamt des Mordes und der Lüge überführt? Gewinner dieses Zweikampfes zweier Genies sind die Leser: Keigo Higashino dreht in seinem Bestseller die gängigen Krimi-Rollen raffiniert um und lässt uns mit der Täterin mitfiebern.


    Mein Eindruck


    Falsch ist, dass die beiden erstgenannten eine offene Rechnung haben (zumindest ergibt sich das nicht aus der Story), richtig hingegen, dass der Krimi raffiniert konstruiert und spannend bis zuletzt ist, auch wenn von Anfang klar ist, wer die Mörderin ist.


    Anders als in bereits 2003 übersetzten Krimi "Mord am See"

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    greift Higashino allerdings keine gesellschaftlichen Probleme kritisch auf. Hier geht es nur um die Konstruktion eines perfekten Alibis.


    Der Titel des Originals (als Buch 2005 erschienen, aber schon ab 2003 in 4 Folgen in einer Zeitschrift veröffentlicht) lautet "yōgisha X no kenshin", also soviel wie "Die Aufopferung der/des Verdächtigen X", während der deutsche Titel arg murakamisch klingt. Im Klappentext wird auch für die Übersetzerin Ursula Gräfe entsprechend geworben: "Besonders gelobt wurden ihre [U.G.s] Übertragungen des Werks von Haruki Murakami."


    Zu recht, die Übersetzung ist flüssig geschrieben und gut zu lesen. Insgesamt


    5ratten


    auch wenn ich mir einige kleine Anmerkungen zur Übersetzung nicht verkneifen kann.


    Bei Ortsnamen gibt's gelegentlich Ungenauigkeiten: Der Park in der Nähe des Tatorts heißt nicht "Seicho-Garten" (S. 5), sondern "Kiyosumi-kōen" (kōen = Park/Garten); die Straße zur Kiyosu-Brücke heißt "Kiyosubashi-Straße" und nicht "Kiyobashi-Straße" (S. 19) und der U-Bahnhof "Hamachō" heißt nicht "Hamamatsu" (S. 124; auf S. 181 bekommt er allerdings seinen richtigen Namen wieder). Mathematik ist auch nicht jedermanns Stärke: Die "unvorhergesehene Variable" (S. 172) ist eine "Unbekannte" (michisū 未知数) - wenn auch nicht das X aus dem Titel - und es ist nicht eine "algebraische Lösung" (S. 222) gemeint, sondern eine "funktionale" (kansū 関数, nicht daisū 代数 - was immer das heißen soll). Schließlich steht auf Seite 183 der Satz "Die Sonne stand noch hoch, und die Umgebnung war ausreichend beleuchtet", obwohl es Mitte März (also ungefähr Tag-Nacht-Gleiche) abends um 17:50 ist (also eine Viertelstunde vor Sonnenuntergang): im Japanischen Original das mir vorliegt (Taschenbuchausgabe von 2008) fehlt ein solcher Satz; vermutlich liegt der Übersetzung eine ältere Ausgabe zugrunde.


    Das einzige an der Übersetzung, das mir als unpassend auffiel, war die wiederkehrende Übersetzung von " 何でしょうか。nandeshōka" als "Was kann ich für Sie tun?" in Situationen an der Haustür, am Telefon oder auf eine Bitte um ein Gespräch (S. 29, 32, 148, 222). Die wörtliche Übersetzung "Was ist? / Um was geht es?" klingt hier m.E. natürlicher, während "Was kann ich für Sie tun?" im Deutschen besser in ein Kundengespräch passt - wie z.B. im "Klub Marian" (S. 203):

    Zitat

    "Guten Abend Was kann ich für Sie tun?", fragte sie liebenswürdig.

    Im Original sagt die Bar-Hostess

    Zitat

    「いらっしゃいませ。何か御用がおありだとか」おさえた声で尋ねてきた。

    also vielleicht so viel wie "'Seien Sie willkommen. Es heißt, Sie hätten ein Anliegen', fragte sie mit gedämpfter Stimme als sie hinzutrat."


    Wie dem auch sei: lange nicht mehr eine so gute Übersetzung und so eine spannende Story gelesen!

    Einmal editiert, zuletzt von Voyageur ()

  • Klappentext
    Gibt es das perfekte Alibi?
    Wer die Mörderin ist, steht von Anfang an fest: Yasuko hat ihren gewalttätigen Ex-Mann mit dem Elektrokabel erdrosselt. Doch dann erklärt sich der unsterblich in sie verliebte Nachbar bereit, ihr ein absolut wasserdichtes Alibi zu verschaffen. Womit das Mathe-Genie allerdings nicht rechnet, ist, dass er einen brillanten Gegenspieler hat, der die Polizei bei ihren Ermittlungen unterstützt.


    Meine Meinung
    Wer gerne Krimis liest, sollte sich diesem Buch widmen, denn es beschreibt ein Verbrechen aus einer eher ungewöhnlichen Perspektive. Als Leser weiß man von Anfang an, dass Yasuko ihren Ex-Mann zusammen mit ihrer Tochter ermordet hat und dass ihr ihr Nachbar Ishigami bei der Vertuschung hilft. Jedoch weiß man nicht, wie Ishigami das perfekte Alibi erschafft, denn ab diesem Zeitpunkt tappt man wie die Polizei im Dunkeln. Man bekommt zwar immer wieder Ereignisse aus der Sicht von Yasuko oder Ishigami mit, aber nicht, wie Ishigami es letztendlich angestellt hat. Das erzeugt natürlich ziemlich viel Spannung, auch, weil Ishigami einen ebenbürtigen Gegenspieler hat.


    Die Handlung hält einige Wendungen bereit, die ich so nicht erwartet habe. Man macht sich natürlich so seine Gedanken über den Ablauf, aber ich persönlich bin nicht auf die Lösung gekommen und auch zwischendurch erlebt man die ein oder andere Überraschung. Den Schluss (und damit meine ich wirklich die letzte Seite) fand ich ziemlich erschütternd und ich hätte mir für die Beteiligten ein anderes Ende gewünscht.


    Langeweile kommt also nicht auf, was neben der Spannung auch an den interessanten und abwechslungsreichen Charakteren liegt. Ishigami z.B. ist ein Mathe-Genie, er denkt rein logisch und unemotional. Anfangs habe ich mich gewundert, wie er sich mit dieser Gefühllosigkeit in Yasuko verlieben konnte, aber auch das wird plausibel erklärt.


    Ein paar Kritikpunkte habe ich aber dennoch. Ursula Gräfe hat das Buch direkt aus dem Japanischen übersetzt und für mich klangen manche Formulierungen etwas holprig. Obwohl sich das Buch an sich gut lesen lässt, bin ich an manchen Stellen richtig gestolpert, was nicht unbedingt zu einem konstanten Lesefluss beigetragen hat. Die Formulierungen waren nicht falsch, aber eben irgendwie unpasssend.
    Außerdem wäre es meiner Meinung nach noch etwas spannender gewesen, wenn man den Mord moralisch verwerflicher gestaltet hätte. Versteht mich nicht falsch, Mord ist keine Lösung, aber Yasukos Ex-Mann ist so ein A..., dass man seinen Tod kein bisschen bedauert. Wenn man hier als Leser eine nicht so klare Einteilung vorgelegt bekommen hätte, hätte mir das noch besser gefallen.


    Aber auch so konnte mich das Buch überzeugen. Ich vergebe
    4ratten

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • mondy
    Mir geht es mit dem Ehemann gerade genauso. Irgendwie wäre das für mich das I-Tüpfchelchen gewesen. So ist man schon sehr schnell klar auf der Seite der Mörderin und dadurch wird für mich der psychologisch interessante Teil abgeschwächt. Schade finde ich übrigens auch das Ende, es war zwar einerseits erschüttternd, aber andererseits mir irgendwie zu brav.


    Meine Meinung:
    Einerseits gefällt mir der Roman, vor allem deshalb weil man einem perfiden Katz und Maus Spiel bewohnen darf, das erinnerte mich mehrmals an Patricia Highsmith. Andererseits war es manchmal irgendwie nervig Ishigama zu folgen, ich mochte ihn einfach nicht und musste wegen ihm mehrmals die Augen verdrehen.
    Das Verbrechen war eigentlich eher Nebensache, wobei der Leser/die Leserin von Beginn an in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. Wer mit Yasuko nicht zumindest irgendeine Form von Mitgefühl hat, erscheint mir fast Herzlos. Man kann nachvollziehen warum sie überhaupt dazu fähig war. Schade das hier nicht mit etwas mehr Raffinesse konstruiert wurde, irgendwie wäre für mich eine etwas schwierigere Konstellation interessanter gewesen. Vor allem weil so auch Ishigamas Hilfe für Yasuko eine andere Dimension bekommen hätte. Trotzdem wurde mir bei ihm mulmig zu Mute, er ist schon eine unheimliche Figur. Da fragt man sich unwillkürlich wer bei einem selbst so in der Nachbarschaft wohnt...
    Für mich waren dann auch die Figuren selbst das Salz in der Suppe. Ihre Reaktionen und Gegenreaktionen, die Schritte die Ishigawa unternimmt um alles zu vertuschen. Das ist das wirklich Wichtige was den Roman dann trotz seiner manchmal etwas schwachen Handlungstränge, interessant macht. Denn es geht vor allem um das WIE und das ist wirklich genial gelöst. Damit hatte ich im Grunde meinen meisten Spaß. :breitgrins:
    Von mir gibt es dafür solide:
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ich glaube, dieser Roman war der erste Krimi, der im Physik Journal (der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Physikalischen Gesellschaft) besprochen wurde. Als Physiker blieb mir also gar keine andere Wahl, als ihn zu lesen. Und ich wurde nicht entäuscht.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • Inzwischen gibt es eine seitengleiche "Ungekürzte Taschenbuchausgabe"

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    im Piper Verlag, in der die oben ganannten Fehler in der Wiedergabe von Ortsnamen korrigiert wurden: Kiyosumi-Garten statt Seicho-Garten (S. 5), Kiyosubashi-Straße statt Kiyobashi-Straße (S. 19, S. 133) und der Bahnhof Hamacho statt Hamamatsu (S. 124). Die "Unbekannte / unbekannte Größe" (michisū) ist aber immer noch eine "unvorhergesehene Variable" (S. 172) und der im Taschenbuch-Original sinnvollerweise fehlende sinnlose Satz über den angeblich hohen Sonnenstand bei Sonnenuntergang (S. 183) wurde nicht gestrichen.
    Dafür erscheint in zwei Wochen ein weiterer Krimi von Higashino

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    und - Edit: - im April 2016 ein weiterer.

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Einmal editiert, zuletzt von Voyageur ()

  • Im Zuge meiner neuen japanophilen Neigungen :zwinker: habe ich kürzlich auch diesen Roman gelesen. Eigentlich bin ich gar kein Krimileser und habe mit zeitgenössischen Werken, insbesondere aus dem Bereich der Blut- und Folterthriller, eher schlechte Erfahrungen gemacht. Aber dieses Buch hat mir gut gefallen, wahrscheinlich weil es sich, unblutig wie es ist, wohltuend abhebt von all den "Gewaltpornos", wie Denis Scheck sie gerne nennt.


    Obwohl das Buch relativ gewaltfrei ist und auch die Morde selbst beinahe schon beiläufig geschildert werden, ist es unheimlich spannend. Das Katz-und-Maus-Spiel, das die beiden Protagonisten – der verliebte und hilfsbereite Mathematiklehrer Ishigami und sein alter Studienfreund, der Physikprofessor Yukawa – miteinander spielen, wie sie kühl und berechnend einander Herzlichkeit und Freundschaft vorgaukeln, immer wieder mal mit der einen oder anderen Information im Vorsprung sind, ohne dem anderen zu viel preiszugeben, und daneben die beinahe schon bemitleidenswerte tatsächliche (!) Mörderin und ihre Tochter, die ständig in der Angst leben, jeden Moment aufzufliegen – das alles fand ich sehr fesselnd. :daumen:


    Also, wenn ich künftig Krimis lesen möchte, dann solche.


    Ich gebe 4ratten