Karin Lowachee - Warchild

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 3.763 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Grisel.

  • Ich habe gerade entdeckt, dass ich Karen Lowachees SF-Bücher trotz meiner Begeisterung wohl nie hier rezensiert habe und kopiere mal eben meine Notizen von 2005(!) hier rein.


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    (Band 1)


    Die Kindheit des achtjährigen Jos Musey endet jäh, als das Handelsschiff seiner Eltern von Piraten überfallen, alle Erwachsenen getötet und sämtliche Kinder in die Sklaverei verkauft werden. Nur Jos behält der Pirat Falcone für sich, doch der Junge kann ihm entkommen - um erneut in fremde Hände zu fallen. Diesmal in die einer außerirdischen Rasse, die sich im Krieg mit der Menschheit befinden. Von ihnen wird Jos zum Krieger und Spion ausgebildet…


    Mit dieser Autorin habe ich womöglich schon im Januar meine SF-Neuentdeckung des Jahres zu feiern.
    Warchild glänzt mit interessanten Figuren und grossen Gefühlen.


    Im Klappentext wird das Buch mit Orson Scott Cards Ender verglichen, diessem Vergleich kann ich aber nur bedingt zustimmen. Zwar mag ich beide Bücher sehr gerne, und ich denke, ich bin damit nicht alleine, so dass dieser Hinweis insofern zutreffend ist, dass die gleiche Lesergruppe innnerhalb der SF-Leser angesprochen wird. Allerdings liegen die Schwerpunkte bei Lowachee stärker auf persönlichen Motiven und Aspekten wie Loyalität, Treue und Freundschaft als bei Card, dessen Bücher eher systemkritisch an sich sind.
    Lowachee gelingt es, die inneren und äusseren Konflikte der Hauptfigur Jos sehr schön auszuarbeiten und es gibt Momente, in denen man das Buch am liebsten in die Ecke werfen und die Autorin verdammen möchte für die Probleme und Qualen, die sie dem armen Kerl aufbürdet. Dabei bleiben aber die Motive praktisch aller Figuren, auch die der "Bösen" nachvollziehbar, so dass in manchen Momenten schwer zu entscheiden ist, wie man selbst entschieden hätte und was denn nun wirklich "das Richtige" ist.
    Das Ende ist abgeschlossen und doch bleibt einiges, gerade in der äusseren Welt, offen für weitere, interessante Entwicklungen. Insofern freue ich mich auf die Lektüre der Fortsetzung "Burndive", auch wenn diese mit einer anderen Hauptfigur aufwartet.


    5ratten

  • Ah, super illy!
    Das Buch habe ich schon eine ganze Weile auf dem Radar, aber nach dem, was Du hier schreibst, ist es gerade wieder ein gutes Stück höhergerutscht auf dem Wunschzettel...

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.

  • Ach, wie schön! Ich liebe Lowachees Bücher und das hier ganz speziell. Damit hat sie sich damals sofort unter meine Allzeitlieblinge hochkatapuliert. Das sind so Bücher, wie man sie echt nicht oft trifft, und dass es SF ist, wo die, die mich wirklich umhauen können, echt selten sind, hat sie gleich noch mal zu was ganz besonderem gemacht.
    Es ist hier einfach alles, der Stil (speziell, wie sie die Perspektive als Stilmittel einsetzt), die Figuren, von denen jeder für mich ein Liebling hätte sein können und die Geschichte, die teilweise unglaublich schmerzhaft ist, aber sehr gut.

  • Hallo ihr Lieben!


    Auch ich entdecke gerade Karin Lowachee für mich. Ich bin ungefähr bei der Hälfte des Buches angelangt und habe bisher enorme Schwankungen verzeichnet. Anfangs war ich absolut begeistert, auch davon, dass Lowachee es schafft so lange in der Du-Perspektive zu schreiben ohne dass es nervig wird. Dann kam eine ruhigere Phase, die mich teilweise ein bisschen gelangweilt hat.
    Jetzt ist Jos auf seiner ersten Mission und die Spannung hat mich total gepackt. Den Ender-Vergleich kann ich auch nur teilweise nachvollziehen. Zwar hat Jos gerade andere Jugendliche kennen gelernt und das könnte sich zu einer ähnlichen Geschichte entwickeln, aber rein vom Ton des Buches zu schließen sehe ich hier eher ein erwachsenes Lesepublikum (was natürlich jüngere Leser nicht abschrecken soll!).


    Mir gefällt am besten, dass Jos eigentlich immer für sein zuhause kämpfen muss, auch wenn das schrecklich klingt. :redface: Der ständige Konflikt, endlich irgendwo zuhause sein zu wollen, sich bei jemandem geborgen zu fühlen, bietet jedenfalls großes Lesevergnügen, auch wenn nich nicht in Jos' Schuhen stecken will. Ich habe zudem nicht die leiseste Ahnung, wie diese Geschichte endet. Es könnte ein mehr oder weniger glückliches Ende geben, es könnte aber genausogut alles in Tragik und Tränen enden. Wie erfrischend, dass hier nichts vorhersehbar ist und ebenso schön, dass es noch zwei Folgebände gibt. :breitgrins:

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Guten Morgen!


    Manchmal brauch es ein paar Jahre und einen SLW um so tolle Autorinnen wie Karin Lowachee zu entdecken. Warchild hatte ich schon einmal zu lesen begonnen, dann aber - und das ist wichtig - aus Zeitgründen, nicht aus Langeweile weggelegt. Dank zweiter Chance beim diesjährigen SLW freue ich mich jetzt schon auf die anderen Bücher von Lowachee.


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    Inhalt:
    Jos' Raumschiff Mukudori wird von Piraten überfallen, Jos' Eltern getötet und der Junge von den Angreifern entführt. Doch Jos kann fliehen - nur um in die Hände des größten Feindes der Menschen zu fallen - die Außerirdischen, gegen die seit jeher Krieg geführt hat. Nun sieht sich Jos gezwungen, als Spion für die andere Seite zu arbeiten...


    Meine Meinung:
    Karin Lowachee hat mit Warchild etwas geschafft, von dem andere Autoren nur träumen können. Mehr als ein "etwas" sogar. Was zuerst ins Auge springt und was keinem neuen Leser entgehen wird, ist die Du-Perspektive, die sich durch den ersten Teil des Romans zieht. Wenn ihr, wie ich, bei dem Gedanken sofort zurückschreckt und euch vor holprigen Sätzen und gezwungen wirkenden Szenen fürchtet - keine Sorge. Es hat ein paar Absätze gedauert, bis mir überhaupt bewusst wurde, dass ich, die Leserin, dieses "du" bin. Keine Sekunde lang reißt einen die Erzählart aus der Geschichte, im Gegenteil fühlt man sich noch mehr als sei man selbst der Protagonist.
    Gerade der Beginn des Buches ist enorm wichtig für Jos Museys Charakterentwicklung. Der 8-Jährige verliert auf einen Schlag sein Zuhause (das Schiff Mukudori), seine Eltern und seine Freiheit! Und wir fühlen uns als steckten wir in seinen Schuhen. Als der Piratenkapitän Falcone, besonders angetan von Jos' hübschem Gesicht, den Jungen persönlich unterrichtet, wird klar, dass das hier kein Kinderbuch ist.


    Es wird nie explizit erwähnt oder gar beschrieben, was Jos auf dem Piratenschiff Ghengis Khan durchmacht, aber die Hinweise auf sexuelle Misshandlung sind vielzählig. Dass die Autorin diese bedrückende Stimmung, diesen Unterton so subtil einbaut, ist für mich einfach faszinierend. Sie braucht keine brutalen Vergewaltigungsszenen oder Beschreibungen von Folter um zu vermitteln, dass Jos aus dieser Erfahrung ein anderer Mensch geworden ist. Auch in der späteren Ich-Perspektive wird nie klar, was genau Falcone Jos angetan hat. Jos unterdrückt diese Erinnerungen entweder um nicht komplett zu zerbrechen, oder er hat diese Zeit tatsächlich mit anderen Erinnerungen ersetzt. Oder es ist wirklich nichts passiert... Die Interpretation bleibt dem Leser überlassen, doch jeder, der Jos beobachtet und sieht wie er mit zwischenmenschlichem (oder zwischen-alien :breitgrins:) Kontakt umgeht, weiß, dass er traumatisiert ist. Diese Kindheitserinnerung trägt Jos für immer mit sich und sie beeinflusst sein Handeln durch den gesamten Roman.


    Für mich war die Entwicklung des Protagonisten also ein Hauptgrund, warum das Buch so großartig ist. Aber Karin Lowachee stürzt sich fröhlich auf andere Science-Fiction Klischees und wirft sie über den Haufen. Die Aliens, die mit den Menschen Krieg führen, sind nicht nur optisch anders als Menschen. Sie haben ihre eigene Kultur, mit einem strengen Kastensystem, sie sprechen eine eigene Sprache - und es kostet Jos viel Mühe und einige Jahre, sie zu lernen - etwas, das viele Science Fiction Romane gerne wegerklären. Jos lernt wie ein striviirc-na zu sprechen, zu kämpfen und die Kunst des Burndiving (Computer hacken). Jos' Beziehung zu seinem Lehrer Niko war für mich die erste, bei der ich mich für Jos freuen konnte. Niko scheint sich wirklich um Jos zu kümmern und es schwingen auch romantische Untertöne mit - wobei hier wieder Leserinterpretation gefragt ist und ich womöglich ein bisschen viel reingelesen habe. :zwinker:


    Kaum hat Jos sich bei den Aliens und deren menschlichen Unterstützern eingelebt, muss er auch schon eine Mission erfüllen. Er soll auf dem Schiff Macedon spionieren - für die striviirc-na. Jos ist also sein ganzes Leben lang eine Schachfigur im Spiel anderer Menschen. Diese Tragik hat mich manchmal wirklich überwältigt, auch wenn Jos sich in allem was er tut, gut schlägt. Dieser Junge hat kein richtiges Zuhause, keine Familie, und weiß gar nicht so recht, wo er hingehört. Er kennt mehrere Blickwinkel des Krieges und eine Seite zu wählen ist nicht so einfach wie zwischen Gut und Böse zu entscheiden.


    Wenn das Buch jetzt eher trocken oder langsam klingt, kann ich beruhigen. Es bietet sogar relativ viele Actionszenen, die es unmöglich machen, das Buch wegzulegen. Wer also weniger an der Psyche des Protagonisten interessiert ist, sondern lieber über Kämpfe im Weltall lesen will, der ist hier gut aufgehoben. Das Ende - ich hatte es vor zwei Jahren ja schon erwähnt - war nicht vorhersehbar, aber für mich schlussendlich perfekt. Mehr sage ich auch nicht dazu, denn jeder Kommentar wäre zu viel verraten.
    Karin Lowachee hat mich jedenfalls komplett überzeugt und jetzt kann ich es kaum erwarten ihr Buch The Gaslight Dogs zu lesen. Und zum Glück bietet das Warchild-Universum noch zwei Folgebände, die sich mit anderen Charakteren beschäftigen.


    5ratten


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Interessant, wie die Erinnerung funktioniert: Ich habe das Buch vor ziemlich vielen Jahren gelesen (fand den Anfang großartig, verlor dann aber das Interesse an der weiteren Handlung) und hätte schwören können, dass der Protagonist eine Protagonistin war.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • :breitgrins:
    Er heißt zwar Joslyn (was für mich auch weiblich klingt), wird aber immer wieder von allen als Junge bezeichnet. Aber jetzt wo du's sagst - Jos erzählt die Geschichte ja selbst in der Ich-Form. Theoretisch könnte er auch ein Mädchen sein, das uns anlügt.

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  • Niko scheint sich wirklich um Jos zu kümmern und es schwingen auch romantische Untertöne mit - wobei hier wieder Leserinterpretation gefragt ist und ich womöglich ein bisschen viel reingelesen habe. :zwinker:


    Ich persönlich lese da zwar auch eine tiefe Liebe heraus, aber keine romantisch-erotische. Das wäre für mich wohl auch insofern ein bisschen falsch, weil Jos als Kind zu Niko gekommen ist und der sein Lehrer/Ziehvater war. Hätte für mich ein bisschen was von Ausnützung eines Abhängigkeitsverhältnisses, speziell mit Jos' Vorgeschichte ...


    Karin Lowachee selbst hat dazu mal eine Frage beantwortet, hier:
    http://warchilduniverse.tumblr.com/page/3


    Musst ein bisschen runterscrollen, bis zur Frage von thestargazeruniverse, natürlich nur, wenn Du Dir Dein eigenes Bild nicht durch die lästige Autorin :zwinker: zerstören willst.

  • Karin Lowachee hat gerade ihre Geschichten-Sammlung aus dem Warchild-Universum als ebook veröffentlicht.


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    :laola:


    PS: Habe dem Buch nun eine eigene Rezension gegönnt.

    Einmal editiert, zuletzt von Grisel ()

  • Oh ja - das hab ich mir auch sofort geholt! :laola:

    Und bei dieser Gelegenheit sehe ich gerade, dass ich hier noch gar keine Rezi zu dem Buch gepostet habe, obwohl ich es richtig super fand. Wird wohl Zeit für einen Reread ;)

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  • Oh ja - das hab ich mir auch sofort geholt! :laola:

    Und bei dieser Gelegenheit sehe ich gerade, dass ich hier noch gar keine Rezi zu dem Buch gepostet habe, obwohl ich es richtig super fand. Wird wohl Zeit für einen Reread ;)

    Rate, was ich gerade lese. :D

    Es war mir komplett unmöglich, nach "Omake" NICHT sofort zu "Warchild" zu greifen und die anderen beiden werden dann wohl zeitnah folgen.

    Ich freue mich auf Deine Rezension!